Vorbereitung zur Hafensanierung

  • Es war ein herrlicher Tag, die Sonne stand im Zenit und verbreitete auch für diese Jahreszeit in Tarraco eine wohlige Wärme. Entsprechend aufgeregt und aufgewühlt war die Stadt. Einige Menschen, in Begleitung schwatzender Haussklaven oder bekannter und Verwandter flanierten durch die Verkaufsstände, blieben an den Einen oder Anderen neugierig stehen, verwickelten sich in heftige Verkaufsgespräche und wanderten entweder zum nächsten interessanten Laden weiter oder ließen sich etwas aufschwatzen, was ihnen sicher nicht von Nöten war, ihnen aber sichtlich Freude machte. Andere wiederum kamen an den Hafen, weil sie wichtige Geschäfte, die sie sicherlich schon seit längeren geplant hatten, hier her trieb. Manius konnte die einen von den anderen bereits am gang und an ihren Mienen deutlich unterscheiden. Die Flanierenden, meist wesentlich besser gekleidet, schlenderten über den Hafen, während die anderen förmlich rannten, und ihre Gesichtszüge grimmig und ungeduldig auf das Ankommen am Ziel ihres Begehrens konzentrierten. Aber es gab noch eine dritte Kategorie von Hafenbesuchern. Diese waren meist gelassen, versuchten sich ohne große Gefühlsregung durch das Gewühl zu quetschen und hoben nur hier und da die Hand zu einem Gruße. Dies waren die Menschen, zumeist Männer, die sich im Hafenviertel auskannten, entweder selbst Handelstreibende sind oder sich deshalb so gut hier auskannten weil sie hier zu wohnen pflegten.


    Manius sah sich das Treiben ohne große Gemütsregung an, sondern sah vielmehr suchend über die Köpfe der Passanten hinweg. Mit ihm war Redivivus Evander gekommen und in ihrer Begleitung hatten sie zwei Scriba, die Manius sich ohne lange Diskussionen aufkommen zu lassen im aedificium des Forums, also seiner Dienststelle geschnappt hatte. Weiters glaubte er auch eine Hand voll Stadtsklaven zu benötigen, um die Aufgaben, die er sich für heute und den nächsten Tagen gestellt hatte, zu bewältigen. Mitgebracht hatten sie allerlei Gerätschaft, einen Tisch, mehrere kleine Klappstühle, eine Kiste mit allerlei Materialien wie Schnüre, Senklote und andere Instrumente, von denen Manius glaubte sie zu gebrauchen, und obendrauf gepackt befinden sich zwei lange Stangen, an denen die Kiste mit Tauwerk verschnürt war und als Tragestangen dienten an denen zwei Sklaven die Kiste auf ihren von der Sonne gegerbten Schultern trugen.


    Ah ja, das währe doch ein gutes Plätzchen. Manius schaute, die linke Hand schützend vor der Sonne über seine Augen flach haltend, zu einer, direkt an der Kaimauer gelegenen, Stelle. Dort, wo nun sein Finger ausgestreckt hinzeigte war einst der Steg gewesen, der zusammengekracht war, und der von den abergläubigen Menschen Tarracos gemieden wurde.
    Genau das Richtige, genau das was ich gesucht habe, direkt an der Kaimauer, zentral gelegen aber doch ruhig genug um die nötigen Schreibarbeiten zu erledigen. Sedulus, und Labeo, dort stellt ihr den Tisch auf. er wandte sich zu den Sklaven Und ihr stellt dort die Kiste ab, und bindet schon mal die Stangen los, wir werden sie brauchen.
    Bedächtig und die Szenerie im Auge behaltend ging Manius auf die Stelle zu, sah sich kurz um, während die Scribae den Tisch aufbauten, ein Pergament entrollten, das die gesamte Fläche des Tisches ausfüllte und in wenigen Strichen und Linien den Umriss des Hafens widerspiegelte und ihre Schreibutensilien darauf verteilten, einen Calamus, einige Schreibtäfelchen sowie ein Tintenfässchen und einige Schwämme.

  • Schweigsam war Evander, überließ es Severus, die passende Stelle hier im Gewusel des Hafenbetriebs zu finden, wo sie ihren Tisch aufstellen konnten. Die Stelle, die er ausgesucht hatte, erschien ihm passend, Evander war nicht abergläibig. Nicht sehr, zumindest. Ausserdem musste es nichts böses heißen, wenn man ausgerechnet diese Stelle aussuchte, war sie doch in gewissem Maße auch die Causa für ihren Besuch und ihre Arbeit hier. Zu deutlich hatte sie der Verwaltung und der Bevölkerung vor Augen geführt, dass der Hafen einer Rundumerneuerung bedurfte. Und nun waren sie hier. Es konnte los gehen...

  • … Und Manius legte auch los. Er beobachtete aufmerksam, was die Sklaven an Gegenständen und Artefakten aus der Truhe herausnahmen und auf dem Platz verteilten. Auf dem kleinen, aber ausreichenden Areal, das er ausgesucht hatte versammelten sich allmählich alle wichtigen Gegenstände, die er für die Arbeiten einzusetzen gedachte. Besonderes Augenmerk erregte bei ihm ein Rad, das ein Sklave herbei schaffte, das etwa 4 Fuß groß war und an einer Stange mit einem Querbalken befestigt war. An diesem Rad war ein Zahn befestigt, der genau anzuzeigen vermag, wann das Rad genau um eine Drehung weiterbewegt wurde. Damit glaubte er, und damit war er nicht der einzige, die Ausmaße des Hafens genauer vermessen zu können, denn, bei einer Umdrehung des Rades, kann eine Wegstrecke von 5 Schritt gemessen werden.


    Manius zeigte gleich zu dem Rad hinüber Ah, da ist es ja. Gut, dann lasst uns beginnen. er winkte zu zwei Sklaven hinüber, die etwas gelangweilt in einer Ecke standen und sich über einen alten, gebrechlich wirkenden Mann belustigten, der krampfhaft versuchte eine Münze, die ihm aus der Hand gefallen war aufzuheben.
    Ihr da, schaut mal zu dass ihr das Rad da erwischt, und vergesst nicht die beiden Stangen mitzunehmen, ihr werdet sie brauchen. Mit dem Rad startet ihr dann hier. Grimmig sah er den beiden aufgeschreckten Sklaven in die Augen, die sich gleich auf den Weg machten, und zeigte mit dem Finger auf eine Stelle, unweit des aufgestellten Tisches. Wenn ihr mit dem Rad hier seid, startet ihr mit dem Rad in diese Richtung, … Er zeigt mit der ausgestreckten Hand in einer Richtung, die entlang der Kaimauer führt. … zählt jede Umrundung mit dem markierten Zahn. Wenn ihr bis Zehn gezählt habt hält ihr an, und einer von euch hält seine Stange in die Höhe. Dann läuft der andere wieder los, und zwar quer zur Kaimauer und zählt wieder bis Zehn. Wenn er dort ist, hält er seine Stange in die Höhe. Verstanden? Durch das Nicken der Beiden, die gerade nach den Stangen griffen war ihm klar, dass die beiden kapiert haben. Trotzdem sah er ihnen genau hinterher, und beobachtete jede ihrer Handlungen, um durch Rufe eingreifen zu können, wenn sich ein Fehler einschlich.


    Er wandte sich wieder an den neugierig neben ihm stehenden Evander.
    Mal sehen ob das auch so klappt, wie ich es in den Büchern nachlesen konnte.
    Und grinste, denn er hatte die Art der Vermessung schon einmal gesehen, daran Interesse gefunden, und aus einigen Lehrbüchern darüber studieren können. Vor allem die Schriften des Heron von Alexandria über das Dioptra fand er sehr interessant, und genau so ein Instrument, freilich in viel einfacherer Form gedachte er nun auch einzusetzen. Er zeigte mit dem Finger zu einem gerade aus der Kiste genommenen Instrument, das ein hölzernes Stativ besaß, und das von einer Scheibe mit einer Skalierung gekrönt wurde. Auf dieser Scheibe befand sich ein drehbarer Balken, an dessen Enden zwei rechteckig geformte Sehschlitze in die Höhe ragten.
    Damit hoffe ich den Hafen genauer vermessen zu können. Das Instrument werden wir nun hier, wo diese beiden Tölpel gestartet sind aufstellen, die erste Stange anvisieren, und die Scheibe danach ausrichten. Danach, wenn die zweite Stange aufgestellt ist werden wir die zweite Stange anvisieren, und den Winkel zwischen den beiden Stangen ablesen können. Der Rest, den werden unsere beiden Scribae erledigen. Die notierten Punkte auf die Karte übertragen und die Winkel richtig einzeichnen.
    Er setzte sich auf einen der mitgebrachten Klappstühle und wischte sich über die Stirn. Was meinst du, ein Schluck Wein kann nicht schaden oder? wandte er sich zu Evander.

  • Ich ging dem Kai entlang und schaute dem lustigem Spiel nach wie die Vorbereitungen fallen.


    Severus hat bei mir in der Taberna einen Kompetenten Eindruck hinterlassen, und er wird die Sache schon schmeissen, doch irgendwie redet er mir zuviel.


    Nachdem ich mir das angeschaut habe, mache ich wieder Schritte ins Stadtzentrum um mir und Quiri vielleicht einen guten Wein zu bestellen.

  • Aufmerksam und neugierig beobachtete Evander, was sich Severus alles ausgedacht hatte. Er setzte sich auf den anderen Klappstuhl und überließ die Details der Vermessung den Scribae und den Sklaven, die die beiden Magsitrate hierher begleitet hatten, die sich fleißig ans Werk machten. Er lächelte, als Severus vorschlug, etwas Wein zu trinken.
    "Gewiss nicht..."
    antwortete er dem Kollegen. Die Mittagssonne machte die Kehle trocken und so nickte er auf den Vorschlag von Severus, ihre Arbeit mit einem Becher Wein etwas angenehmer zu gestalten.

  • Er fuhr sich über das Kinn und zog die Augenbrauen hoch, während er ein schelmisches Grinsen auflegte. Na dann sehen wir mal, was da noch so alles zu finden ist. Er drehte sich zu einen der Sklaven um, deutete ihm und dieser griff in die Kiste und holte einen prall gefüllten Weinschlauch heraus, samt den dazugehörenden Trinkbechern.
    Hier Evander. Frischer Wein, erst heute Morgen habe ich ihn geholt, und für die Arbeiten mitgenommen. Er reichte ihm einen Becher mit dem aus dem Schlauch angefüllten Wein. Er lies sich selbst einen Becher anfüllen, nahm einen Schluck daraus und machte sich nun über den Plan her, der ausgebreitet auf dem Tisch lag. Nachdenkleich schaute er den Plan an, ließ seinen Blick darüber gleiten, bevor er sich davon abwandte, und sich dem Hafen in Natura zuwandte.
    Ungefähr die 50 Schritt entfernt beobachtete er die Sklaven, die er zuvor losgeschickt hatte, als sich der eine die Stange schnappte, sie über die Schulter warf, und langsam das Rad wieder in Bewegung setzte, währen der andere sich fragend, und unsicher hinstellte, und die Stange in den Boden gerammt, senkrecht vor sich aufstellte.


    Sehr gut … er nahm noch einen überhasteten Schluck Wein, sodass er beinahe husten musste, wischte den Becher auf den Tisch, und stand mit einem Ruck auf. … Die Beiden scheinen doch nicht ganz so dumm zu sein. Lass uns nun die restlichen Instrumente aufbauen. Sagte er zu Evander gerichtet.

  • Evander nahm den Becher dankend entgegen und trank einen Schluck, während Severus den Plan vom Hafen studierte. Erstaunlich, dass alles bisher unternommene auf ungenauen oder gar nicht vorhandenen Plänen basierte. Er blickte aufs Wasser, sah die Wellen sich am Rumpf eines kleinen Handelschiffes in einiger Entfernung, dessen Ladung gerade gelöscht wurde, brechen. In Gedanken versuchte sich Evander bildlich vorzustellen, wie wohl der Hafen aussehen mochte, wenn der Umbau fertig war...


    Er nickte stumm, als Severus mit der Vermessung fortfahren wollte.
    "Übrigens, Severus..."
    begann er, als ihm eine Frage zu einem etwas anderen Thema einfiel
    "... was ist eigentlich aus dem geplanten Dichterwettbewerb geworden? Ist das Thema noch aktuell?"
    fragte er, als sie beide aufstanden.

  • Er winkte, versuchte Stoidus, einem stämmigen aber ruhigen und recht besonnenen Sklaven klar zu machen, dass er herkommen sollte und das Dioptra mitzubringen hatte. Dieser nahm es in seiner gewohnten ruhigen Art in seine Hände und stellte es vor Manius auf. Gut. So, nun lass mich mal sehen ob ich die Stange anpeilen kann. Er beugte sich vor, vergewisserte sich, dass die Scheibe richtig eingestellt war und begann sich um die Stange zu kümmern, die er durch die Sehschlitze anzuvisieren gedachte.


    Während er sich auf die Arbeiten konzentrierte vernahm er die Worte von Evander, und diese riefen ihm wieder das Gespräch mit Valens in Erinnerung.
    Der Dichterwettbewerb? Natürlich, den wollte doch Valens vorantreiben, und wir sollten ihn dabei unterstützen. Einiges wurde auch schon unternommen, soviel ich gehört hatte. Gespräche in der Bibliothek wurden geführt. Er sah angestrengt auf die Stange, brachte die Sehschlitze und die Stange in der Ferne in eine Linie und richtete sich dann auf. Er fixierte die Scheibe in dem er sie mit einem Keil gegen eine Strebe presste. Er sah auf, versuchte die Stelle auszumachen, wo er den zweiten Sklaven mit der Stange vermutete. Dieser hatte sich leicht im Gewühl auf dem Hafen verloren, hielt jedoch wie ihm geheißen wurde die Stange in die Höhe. Manius richtet abermals den Balken auf der Scheibe aus und beugte sich vor, um die Stange genau anvisieren zu können.


    Ich muss gestehen, seit den Vorfällen hier am Hafen ist mir das Thema etwas aus der Hand geglitten. Er drehte den Balken mehrmals leicht hin und her, versuchte die Stange genau auf Deckung mit den beiden Sehschlitzen zu bringen. Hast du von Valens gehört?... Er richtete sich auf. sieben Teile rief er und sah auch gleich zu einem der Scribae auf, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Diese verstanden sein Worte, und begannen gleich wild auf dem Plan herumzuhantieren. Er griff zum Becher und nahm einen Schluck und wandte sich wieder an Evander.
    …Ich hoffe doch, dass da nichts passiert ist?

  • Man konnte Severus so verstehen, als wüsste er etwas und hatte nur gefragt, ob Evander nicht ebenfalls etwas wisse. Doch er tat es nicht.
    "Ich nehme an, es ist alles in Ordnung..."
    sagte Evander daher unsicher.
    "Übrigens..."
    ihm fiel die Sache mit dem verschollenen Duumvir ein, eine Sache von Bedeutung, so dass sich das 'übrigens' als verharmlosend anhörte; doch nun war es ausgesprochen
    "... wollte ich kürzlich wie vorgehabt beim duumvir Annaeus vorstellig werden. Ist leider nichts draus geworden. Der Mann wird vermisst. Schon seit ein paar Tagen"
    Wenn dem so war, musste der Proconsul informiert werden. Evander hätte eigentlich längst einen Brief verfasst, wollte sich aber informieren, inwieweit Severus da bescheid wusste. Es würde unschön aussehen, wenn der Proconsul zwei Briefe bekommen würde, die deutlich würden erkennen lassen, dass in diesem Fall keine Kommunikation und Absprache zwischen den Magistraten stattgefunden hatte. Und da seine Information bisher auf einer Aussage irgendeines Scriba beruhte, den er nicht einmal kannte, konnte man es nicht als gesichert ansehen.
    "Du weißt nicht zufällig genaueres?"

  • Ich will hoffen, dass alles in Ordnung ist. Doch verlassen können wir uns darauf nicht. Ohne Valens sehe ich, was den Dichterwettbewerb angeht wenig Hoffnung. Manius runzelte die Stirn, machte einen leicht verzweifelten Eindruck, war ihm doch klar, dass ohne die erfahrene Hand eines Matinius Valens ein Scheitern mehr als nur Wahrscheinlich sei.
    Wenn du was Hörst, wenn du etwas von Valens hörst, sag es mir.


    Der Duumvir, ja, das war ihm auch bereits aufgefallen, und seine Nachforschungen waren nicht sehr ergiebig gewesen. Zum einen kannte er den Duumvir viel zu wenig, denn sein Kontakt beschränkte sich auf ein kleines aber nicht sehr ausgiebiges Gespräch das er mit ihm führen durfte, und zum anderen erlebte er ihn als streitgewaltigen Kämpfer, der für seine Meinung, und seine Überzeugung keine Auseinandersetzung scheute.
    Ja, auf den Märkten wird viel davon geredet. Einer, von dem ich für gewöhnlich Oliven zu kaufen pflege meinte, der Duumvir sei von den Furien des Neptuns verschlungen worden, wegen der Geschehnisse hier am Hafen. Manius musste lachen. Das scheint mir doch der Phantasie der Gerüchtemacher zuviel des Guten. Mein Barbier meinte er sei wieder zurück, in die Stadt oder Gegend aus der er einst hier nach Tarraco gekommen sei, irgendwo in der Baetica glaube ich, und das scheint mir schon viel glaubwürdiger. Doch mit letzter Sicherheit kann ich das nicht Bestätigen. Weist du mehr darüber? Er ließ sich wieder in den Hocker fallen und griff nach dem Becher. Er wurde nachdenklich, dachte über die Probleme nach, die noch auf sie zuströmen werden, wenn der Duumvir tatsächlich unauffindbar sein wird.

  • "Selbstverständlich"
    sagte er. Valens war ein vielbeschäftigter Mann, was bei seinem Amt kein Wunder war. Wenn hin und wieder die Arbeit einen zu ersticken und erdrücken drohte, so dass anderes ins Stocken geriet... nun, damit musste man wohl oder übel leben.



    Evander schüttelte den Kopf.
    "Nein, genaueres weiß ich nicht. Soll man die Aussage, falls man die Gerüchte so nennen kann, deines Barbiers dahingehend verstehen, dass der duumvir sich eine Art... eine Art Urlaub gönnt?"
    Erstaunlich, dass Menschen auf der Strasse manchmal mehr und eher wussten, als die ernannten Magistrate. Aber so war es halt. Gerüchte und Neuigkeiten verbreiteten sich durch die Strassen schnell wie Feuer durch die stinkenden Gassen Roms.
    "Oder hat er Tarraco endgültig den Rücken gekehrt?"

  • Ich hoffe auf das Gegenteil. Tarraco kann auf einen solchen Mann kaum verzichten, und wenn mein Barbier Recht behalten sollte so hoffe ich dass er wieder zurückkehren möge. Weißt du, ist der Proconsul bereits informiert?
    Manius sah hinüber auf die Kaimauer, ließ seinen Blick über die Mauerkante gleiten und erfasste schließlich einen Mann, der dort verloren, an einem um den Hals getragenen, an einer Schnur befestigten Stein herumspielte und ab und an aufschaute, um sich nicht von irgend jemanden überraschen zu lassen. Der Stein war sicher ein Glücksbringer, eine Darstellung einer Gottheit, die der Sklave verehrte, und die ihm Kraft gab den Alltag zu bewältigen. Manius erkannte den Mann, hatte er ihn doch gerade zuvor mit einer Stange losgeschickt um den Hafen zu vermessen. Sofort fährt er hoch, und deutet zu dem Mann hin.
    Nicht einschlafen mein Bursche, weiter geht’s. Die Arbeiten müssen noch vor Sonnenuntergang erledigt sein.
    Er drehte sich zu einem der Scribae um.
    Sedulus, folgenden Auftrag habe ich jetzt für dich.


    Ja Severus. fuhr dieser erschrocken hoch.


    Also, du schnappst dir die Beiden dort draußen, und gehst nun in der gezeigten Weise die gesamte Kaimauer ab. Du beginnst zunächst an der Stelle wo dieser Faulpelz dort draußen Steht. er zeigte zu den Mann hinaus.
    Er sollte sich das Rad holen, und mit dem weitere 50 Schritt die Kaimauer entlang laufen. Dann kannst du mit diesem Instrument, genau wie ich zuvor die Winkel Messen. Dein Partner Labeo kann sie dann auf dem Plan eintragen. Verstanden?
    Aber natürlich. Mit Stolz gepellter Brust stapfte er nun los, durfte er nun selbst eine wie er meinte wichtige Aufgabe übernehmen.


    Manius sah ihm mit einem Lächeln hinterher.
    Tüchtige Männer. Muss ich immer wieder betonen, Evander. Er wandte sich zu einem der am Tisch liegenden Wachstafeln und ging zu Evander. Suchend sah er die Tafel an, und wandte sich, ohne den Kopf zu heben an Evander.
    So, lass uns nun Nägel mit Köpfen machen, Evander. Die beiden werden eine Weile beschäftigt sein, und wir haben noch einiges vor uns. Auf meiner Liste habe ich noch einige offene Punkte. Eine davon ist der gegenwärtige Zustand der Kaimauern und der Mole.

  • "Nun, ich denke nicht, dass er es ist"
    sagte er.
    "Der Mann weilt in Italia und wenn du oder Valens ihm nicht geschrieben habt, wird er noch im Dunkeln tappen. Doch spätestens bei seiner baldigen Rückkehr wird er davon erfahren"
    Es war eine seltsame Situation, da Evander und Severus nun - was die Stadtverwaltung anging - eigentlich niemandem mehr Rechenschaft schuldig waren, wenn der Duumvir weg war.


    Die Kaimauern und die Mole...
    "Ja, gewiss doch"
    sagte er. Hoffentlich gab es da nicht allzu viel zu beanstanden. Die Kosten für die bevorstehenden Baumaßnahmen stiegen geradezu mit jedem 'Kratzer', den sie entdeckten.

  • Manius sah auf, und ließ ein letztes Mal den Blick über den Hafen wandern, und blickte schließlich, mit gekniffenen Augen, zur Hafeneinfahrt, wo gerade einige Fischer versuchten Körbe, gefüllt mit den Fängen des Tages, an Land zu hieven. Sie waren spät dran, denn für gewöhnlich wurden die Fänge bereits seit den Morgenstunden am Markt zum verkauf angeboten, und entsprechend hektisch und mürrisch schienen sie auch gelaunt zu sein.
    Ich denke wir fangen dort an. Er wies in die besagte Richtung und stapfte gleich, gemächlichen Schrittes, los.
    Auf die verwendeten Gesteinsarten wird es ankommen, und wie wurden sie verarbeitet. Hier, an der Hafeneinfahrt, wo die Strömung am stärksten ist, müssen auch Gesteinsarten verwendet werden, die hart sind, und dem aggressivem Salzwasser widerstehen können. Das Salzwasser dringt in einen porösen, aber leicht zu verarbeitenden Stein, leicht ein, und kann ihn von innen heraus zerstören. Er blättert ab und bekommt Risse. Harter, glatter Stein hingegen verhindert das Eindringen von Wasser. Er seufzte kurz.
    Seit unserm Rundgang sollte sich ja nicht allzu viel verändert haben. Interessieren würden mich dort ja vorallem die Holzbohlen, die tief in den Boden gerammt wurden, um die Mole zu befestigen.


    Dort angekommen bückte er sich, und fuhr mit der flachen Hand über die Kante der Mauer.
    Festes Mauerwerk. Keine Schadhaften Stellen. Ich hoffe, dass es überall so sein wird. Doch ebenso glücklich über die Kaimauer selbst, so bedenklich fand er die Pflasterung auf den Wegen dahinter. Sie wies bereits einige Löcher auf, in denen Pfützen standen, und die lose Pflasterung, die aus einzelnen in den Boden gestampfte unförmige Steine bestand, war nur noch ansatzweise zu erkennen.


    Einer der Fischer die er noch zuvor beim Entladen beobachtet hatte, schwer belanden mit zwei Körbe mit Fisch, torkelte ihnen geradewegs entgegen. Ohne sich umzusehen, sich über eine freie Passage, die er zu nehmen vorhatte, klar zu sein, drängte er sich die Kaimauer entlang.
    Platz da, Platz da, Verdammt!
    Manius schnellte zur Seite, versuchte sich mit einem Satz auf eine Kiste in Sicherheit zu bringen bevor er im Hafenbecken landete, doch es wurde daraus nur ein Stolpert, und so landete er unsanft aber doch froh nich im Wasser schwimmen zu müssen auf der besagten Kiste.


    Was soll das, Mann! Schau wo du langläufst. Du bist nicht alleine hier.

  • Evander lachte.
    "Das musst du ihm nicht übel nehmen. Und vor allem nicht persönlich"
    sagte er. Er selbst war des öfteren hier am Hafen, nicht zuletzt, weil eine seiner Lieblingskneipen hier 'an der Ecke' lag.
    "Der gemeine Mann gibt nicht viel auf den magistratus, soviel wurde mir schon klar, als wir den Hafen inspiziert hatten"

  • Wahhhh! gab der Mann von sich und machte sich mit den Körben belanden aus dem Staub.


    Ja, ja, Evander, wir sollten einiges hier bewegen, aber zum Schluss gibt’s keinen Dank dafür. Manius lächelte leicht verbittert, und wandte sich wieder wichtigeren Dingen zu.
    Also, die Pflasterung werden wir neu machen müssen. Er setzte sich wieder langsam in Bewegung, bückte sich hie und da um sich über den Zustand der Kaimauern ein Bild machen zu können. Dann blieb er auf einmal wie angewurzelt stehen, starrte eine Stelle an, die ihm zuvor, als er mit Evander hier her gekommen war bereits aufgefallen war, die er aber übersehen wollte und erst jetzt in sein Bewusstsein zurückdrängt.
    Sie dir das mal an Evander, heraus gebrochenes Mauerwerk, lose Steinfragmente. Und hier… Er bückte sich, fuhr mit der Hand über die Bruchstelle, wo noch Mörtelreste zu sehen waren. Er rieb den Mörtel zwischen seinen Fingern. …Der Mörtel zerfällt wie angeschwemmter Sand am Strand von Tarrraco. Diese muss unbedingt gemacht werden. er notierte sich die Stelle.

  • So war das halt. Einen großen Dank erwartete Evander von den Händlern, Fischern und Arbeitern hier unten nicht für die Arbeit. Sie war etwas, was der 'kleine Mann' hier von den Beamten erwartete, geradezu forderte. Gewiss waren sie zufrieden, dass hier was getan werden würde. Aber das war es dann auch schon.
    "Damit müssen wir wohl leben"
    antwortete er Severus daher leicht grinsend.


    "Hm, hm"
    Evander sah sich das an, was Severus ihm gezeigt hatte. Kein Wunder, dass vor kurzem ein Unglück passiert war. Der Hafen machte auf den ersten Blick einen passablen Eindruck, aber wenn man genauer hinsah - vor allem so genau wie Severus es konnte - entdeckte man die Mängel.
    "Der Hafen schreit ja geradezu nach einer umfassenden Sanierung"
    murmelte er.

  • Ja, Ja Evander. Die bevorstehende Sanierung trieb uns auch hier her.
    Er ließ den Griffel wieder los, der wie eine Traube am Ende einer Schnur baumelte, und ging langsam aber mit scharfem Blick die Kaimauer entlang. Hier und da schupste er ein Steinchen weg und schlurfte mit einem Fuß über die glatten Mauersteine, über den Lochsteinen an denen die Schiffe ihr Tauwerk festmachten oder über die Pflasterung, die immer besser und dichter zu werden schien, je weiter sie ans Zentrum des Hafens herankamen und runzelte immer wieder angestrengt die Stirn.


    Hier haben wir schon wieder so eine Stelle. Er machte Notizen. Wir werden am besten großflächig freilegen müssen, das Gussmauerwerk hinter der Verkleidung aus Steinquadern prüfen und zum Teil neu anlegen müssen. Er zeigte mit der ausgestreckten Hand über die Hafenanlage und machte dabei eine sehr besorgte Mine. Ich nehme mal an, dass es unten, dort wo der Steg gestanden hatte und wo die Hafenanlagen wesentlich stärkeren Belastungen auszuhalten hatten, noch schlimmer wird.


    Er griff sich wieder ans Kinn.
    Hmm … Mal sehen wie das Mauerwerk unter der Wasserlinie beschaffen ist.
    Er legte einen Zahn zu um wieder an den Tisch zu gelangen, wo sich die beiden Scribae über die Vermessungsarbeiten hermachten. Dort sah er sich zunächst um bis ihm ein Becher auffiel, den er dort auf einer Ablage stehen ließ. Er erinnerte sich wieder daran und griff unwillkührlich danach. Noch bevor er einen Schluck daraus nehmen konnte wandte er sich an Evander.
    Einige Muscheltaucher währen jetzt angesagt. Treiben sich solche hier in Tarraco herum?
    Er grinste, ging er doch nicht davon aus, dass es hier im Hafen solche geben würde. Nach Muscheln wurde weiter südlich, in der Gegend von Cartago Nova oder gar bei Malaca in der Baetica getaucht. Er wollte sich aber überraschen lassen.

  • "Muscheltaucher?"
    Evander kratzte sich am Hinterkopf. Eine gute Idee, aber diese Leute spontan und zeitnah zu organisieren war nur schwer vorstellbar.
    "Nein, ich fürchte, dass wir wohl selbst nachschauen werden müssen"
    antwortete er, dachte aber nicht im Traum daran, auchtatsächlich selbst zu tauchen. Das konnte gewiss ein Sklave oder einer der Scribae übernehmen. Oder Severus selbst, der in Tarraco als passabler Schwimmer bekannt war.

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