Ruhig strich Sivs Atem über die Brust des Mannes, während ihre Finger ebenso sachte darüber fuhren. Irgendwo, am Rand ihres Bewusstseins, zupfte ein Gedanke an ihr, aber noch war er zu weit weg und sie nicht wach genug, um ihn wirklich greifen zu können. Sie versuchte es dennoch, für einen Augenblick, aber schon begann er ihr wieder zu entgleiten, und da die Hand auf ihrem Rücken in diesem Moment weiter nach oben fuhr und nun ihren Nacken zu kraulen begann, ließ sie den Gedanken davon treiben. Stattdessen bewegte sie wieder ihren Kopf, einer Katze gleich, als wollte sie es den Fingern in ihren Haaren leichter machen, sie zu liebkosen, und in ihrer Kehle entstand ein leises Geräusch, das einem Schnurren nicht unähnlich war. Ohne nachzudenken drehte sie ihren Kopf etwas nach unten, brachte ihr Gesicht näher an seine Brust, und drückte kurz ihre leicht geöffneten Lippen auf seine Haut, einmal, zweimal, ein drittes Mal.
Wieder zupfte etwas, hartnäckiger diesmal, brachte einen leisen Missklang in die friedliche Stimmung, aber immer noch war es leicht, das zu ignorieren. Sie bewegte ihren Kopf erneut, glitt ein Stück von ihm herunter und öffnete dann, mit einem leisen Seufzen und immer noch mit einem Lächeln, endlich die Augen. Was sie sah, verwirrte sie allerdings. Der Raum war ihr unbekannt. Irritiert hob sie leicht den Kopf an und musterte ihre Umgebung, sah die römische Einrichtung, die Fenster, die beiden Sessel, über einem von ihnen ihre Tunika, den noch zur Hälfte gefüllten Weinpokal, aus dem sie gestern Abend noch getrunken hatte… Was!? Das Zupfen wurde schlagartig zu einem Zerren, das ihren ganzen Kopf auszufüllen schien, als ihr Gehirn die unterschlagenen Monate endlich wieder freiließ und die Brücke schlug zwischen Traum und Wachsein. Aber wer… Siv schloss für einen Moment die Augen, als ihr klar wurde, wer halb neben, halb unter ihr lag, dann drehte sie den Kopf und sah ihn endlich an. In ihren Augen spiegelte sich etwas von dem, was gerade in ihrem Inneren vorging: Erschrecken über die plötzliche Erkenntnis, Unsicherheit über die Situation, aber auch nach wie vor die Entspanntheit des langsamen Aufwachens und der Genuss über die Berührungen – aber vor allem Verwirrung. Siv bekam den Eindruck, dass sie dieses Gefühl nicht mehr loswerden würde.