Agonium des Sol Indiges

  • Längstens war auch im Zentrum der Welt der Hauch des Winters eingezogen, hatte ein frostiger Schleier sich über die Stadt der sieben Hügel gelegt, wenn auch nicht in weißfarbenem Glanze, so doch mit eisigem Griff. Nebelfetzen wehten am frühen Morgen über das Forum hinweg, verschluckten das Capitolium an dessen Ende, ließen den Palatin gegenüber verblassen und selbst das flavische Amphitheater am anderen Ende des Forum lag halb verborgen, so dass die Szenerie in sich geschlossen hätte erscheinen können, der Profanität der Welt enthoben, wäre nicht das Forum Romanum selbst zu dieser frühen Stunde bereits mit allerlei Menschen bevölkert. In dunklem Rot loderten die Flammen in den bereitgestellten Feuerschalen, konträr dazu leuchteten die weißfarbenen Gewänder der Priester und ihrer Gehilfen auf dem Platz vor der Regia und auch der gekalkte Widder, welcher dem Sol Indiges an diesem Tage des Agonium wurde offeriert. Fabius Antistes, seines Zeichens Rex Sacrorum, zog eine Falte seiner Toga über den Kopf und streute eine Hand voll Weihrauchkörner über das Feuer hinweg, so dass gräulichfarbener Rauch sich in die eisige Luft erhob, sich mit dem Nebel zu binden und durch den Schleier zur Sonne hin zu gelangen versuchte, einer stetigen Säule gleich. Leises Flötenspiel setzte ein, obgleich der Opferkönig längst so versiert war, dass dessen er nicht hätte um seiner Konzentration willen bedurft, während eben jener die rituelle Reinigung der anwesenden Priester vollzog und sich sodann dem Tier widmete. Trotz des trüben Tages glänzte das Gold der Hörner und Hufe des Widders, reflektierte den Feuerschein als das Opfer sich ein wenig unter der Hand des Rex Sacrorum wand, als jener den Kopf des Widders zwischen den weiß- und rotfarbenen Bändern mit mola salsa und Wein beträufelte und dem Sol Indiges weihte. Ein Sacerdos entrollte das traditionelle Opfergebet und trug mit lauter Stimme es vor.
    "Sol Indiges, strahlende Sonne am Firmament!
    Dir weihen wir unsere heiligen Riten,
    Unsere Gebete und Entsühnungen, erhabenstes Gestirn,
    Für alle Tage welche du uns erleuchtet hast.
    Dein goldfarbenes Antlitz ist uns Wärme,
    Dein strahlendes Abbild ist uns Licht,
    Mannigfaltiger, nimm Du unsere Gabe,
    Glückverheißender, hör unser Gebet, gib uns schuldloses Heil,
    Mit Frieden, Göttlicher, und dem notwendigen Wohlstand."

    Kaum waren die Worte verklungen, zog der Rex Sacrorum seine secespita über den Rücken des Opfertieres, entnahm ihm den Schmuck und trat zurück. Der cultrariuis trat an seiner Statt nach vorn, das scharfe Messer fest in der Hand und den Blick zum Opferkönig, als die Frage nach dem Beginn der Tat er stellte. Kaum war die Antwort verklungen, stieß er das Messer in die Kehle des Tieres, welches nicht um sich herum das Geschehen bemerkte, sich auch seines Todes nicht wurde gewahr, ehe auch dieser ohnehin bereits verklungen war. Ein junger minister hielt die Schüssel bereit, welche ein Teil des Blutes in sich zu bergen hatte, ehe das rotfarbene Nass ungehindert auf den Boden vor dem Altar floss, ihn einfärbte wie seit Jahrhunderten an diesem Tage. Längst war nicht das Tier gänzlich ausgeblutet, da der Schlächter begann es auszuweiden, auf dass die vitalia Fabius Antistes konnten vorgelegt werden. Versiert tanzten dessen Finger über die fleischlichen Stücke, drehten und wendeten sie, begutachteten jedes einzelne, bevor das letzte davon - das Herz - er zurück in die patera legte und sich den Anwesenden zu wandte.
    "Litatio!"
    Er sprach dies als gäbe es ohnehin keinen Zweifel, obgleich tatsächlich mehr als Zweifel war angebracht, doch für kein öffentliches Ohr war dies bestimmt. Eine kleine Feuerschale wurde heran getragen, auf dem Altar platziert, und in ihr die Eingeweide dem divinen Sol Indiges geopfert, gleichsam der aufgefangene Teil des Blutes, und damit jede Spur eines Zweifels vernichtet. Als der Rex Sacrorum die Togafalte von seinem Kopfe zurück schlug und mit hastigen Schritten zurück in die Regia strebte, war offiziell das Opfer beendet. Gleich dem Opferkönig zogen sich einige der Priester in die Regia zurück, andere traten den Weg zu den Tempeln der Stadt an, während Sklaven des Cultus Deorum zurück blieben, die Spuren des Opers zu beseitigen und das Fleisch des Widders zur Kochstelle zu schaffen, auf dass es später am Tage würde verkauft werden können.

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