Das riesige Haus wirkte wie ausgestorben. Kein Wunder, zu dieser Tageszeit waren bedeutende Römer wohl selten zu Hause anzutreffen. Und waren die Herren und Damen des Hauses nicht anwesend, ließ auch das Engagement der Hausdiener deutlich nach, wie Micipsa aus eigener Erfahrung wusste. Spätestens wenn der oder die Besitzer zurückkehrten, würde es wieder anstrengend genug für deren Sklaven werden. Einstweilen genoss auch der Nubier noch die Ruhe.
Der Ianitor am Tor hatte zwar gesagt, man erwarte den neuen Sklaven bereits. Diesem Flavius Aquilius, oder wie er auch immer hieß,
war Micipsa aber noch nicht begegnet.
Entfernte Geräusche ließen ihn aufhorchen: Ein Klirren, gefolgt von gedämpften, aber scheinbar erregten Stimmen.
Vielleicht war einem ungeschickten Küchendiener etwas heruntergefallen.
Der große, dunkelhäutige Mann kümmerte sich nicht darum und wandte seine Aufmerksamkeit stattdessen wieder der Betrachtung des Hauses zu:
Mit dem domus seines früheren Herrn in Leptis Magna hatte dies hier nicht viel gemein. Nicht nur die Größe, auch die Ausstattung waren imponierend für einen Menschen, der noch nie zuvor nördlich der Provinz Africa gewesen war.
Während das letzte Licht des Tages durch die compluvia hereinfiel, hatten ihn seine Füße unbewusst an einen besonderen Ort des Hauses geführt, zu einem kleinen Tempel, dem lararium. Masken und Abbilder römischer Götter und berühmter Ahnen der Familie waren darin abgebildet. Namen von Männern, von denen Micipsa nicht viel wusste, Geschichten aus der Familienhistorie, die er noch nie gehört hatte. Natürlich hatte auch die Familie des italischen Kaufmannes in Leptis ihre eigenen Hausgötter, Lares gehabt, und wenn auch verständlicherweise von primitiverer Form, so war der Sklave doch damals wie auch jetzt jedesmal von einer gewissen Ehrfurcht erfüllt gewesen, wenn er sie erblickte.
Es schadete wohl kaum, sich mit den Göttern gutzustellen, in deren Land beziehungsweise Haus man sich befand, auch wenn es nicht seine eigenen waren.
So in Gedanken versunken nahm er seine Umwelt kaum noch wahr.
Eigentlich Bridhe, aber...