Karg war das kleine Officium, ein einfacher Schreibtisch, drei Stühle darum und an der Seite ein beinah gänzlich leeres Regal zur Aufbewahrung von Schriftrollen. Die kleine Statuette der alten capitolinischen Trias war das einzig persönliche Schmuckstück in diesem Raum und da sonstig kaum etwas zur Betrachtung anregte, ließ Gracchus seinen Blick taxierend über eben diese wandern, streckte sodann seine Hand und berührte leicht das bronzene Gesäß des kleinen Mamarce mit seinem Zeigefinger, so dass die drei göttlichen Abbilder langsam sich um das Zentrum der Gruppierung zu drehen begannen. Ein Saturnaliengeschenk war dies gewesen von seinem Vetter Furianus und noch immer gereichte es Gracchus zu außergewöhnlicher Freude. Iove, Mamarce und Quirinus unterlagen beinahe schon der Trägheit, als an der Türe es klopfte, ein Scriba herein trat und Lucius Minicius Natalis ankündigte, den derzeitigen Curator operum publicorum. Die Begrüßung fand auf einer distanziert, höflichen Ebene statt, ehe der Curator und Gracchus sich schließlich gegenüber saßen, getrennt durch die feine Maserung der hölzernen Tischplatte.
"Über den langsam dahin schleichenden Zerfall des Tempels des Mars Ultor bist sicherlich du im Bilde. Das Collegium Pontificium hat einheitlich beschlossen, dass lange genug dem tatenlos wurde zugesehen und eine Instandsetzung nun dringend von Nöten ist. An den Finanzierungsmitteln mangelt es nicht, indes scheint in Rom es dieser Tage nicht allzu leicht, einen geeigneten Architekten für solch ein Unterfangen zu finden."
"Es ist ein gewaltiges Unterfangen, nicht jeder Architekt wagt sich an so etwas, vor allem, da der Zorn der Götter im Spiel ist, wenn etwas schief gehen sollte"
, unterbrach der Curator Gracchus in seiner Rede und erntete dafür einen durchringenden Blick des Pontifex. Einige Augenblicke des Schweigens legten sich über die Szenerie, aufgrund derer Minicius schließlich erneut zögerlich zu Sprechen ansetzte.
"Die Stadt könnte einen Architektenverbund zur Verfügung stellen."
Fragend blickte er zu Gracchus, welcher nach einigen weiteren Herzschlägen des Schweigens den Kopf ein wenig schief neigte.
"Der Cultus Deorum veröffentlichte vor einiger Zeit eine Ausschreibung. Obgleich die Resonanz auf jenen äußerst dürftig war, so ist sie dennoch vorhanden. Der Magister Architecturae Senator Germanicus Avarus ist bereit, sich einer solchen Aufgabe zu stellen, doch nicht alle Mitglieder des Collegium Pontificium sind sich einig über seine Person, weniger ob seiner Kompetenz denn seiner Adäquanz. Ist es dir möglich, mir einen in architektonischer Fertigkeit und Sachverstand similären Mann zu benennen, welcher bereit könnte sein, die Instandsetzung des Tempel des Mars Ultor zu übernehmen?"
Officium | M'.F.G.
- Manius Flavius Gracchus
- Geschlossen
-
-
Es war nun an Minicius Natalis zu schweigen. Er blähte für einen Augenblick seine Backen und ließ langsam die Luft daraus entweichen, während Namen von Architekten durch seine Sinne streiften, er sie verwarf, sobald sie gefunden waren, durch andere wurden ersetzt, welche er alsbald ebenso bei Seite schob. Schlussendlich zauderte er ein wenig, rang sich ob fehlender Alternativen doch zu einer Antwort durch.
"Mir fällt niemand ein, der Germanicus Avarus an Erfahrung gleich wäre. Senator Flavius Furianus soll in Hispania ein beachtliches Bauprojekt geleitet haben, allerdings habe ich es selbst nicht gesehen. Doch ich hörte davon, dass es wirklich ganz außerordentlich fulimant geworden sein soll, prächtig und ohne Vergleich, doch leider ist er derzeit Proconsul in der Provinz und daher kaum abkömmlich."
Es kostete Gracchus durchaus ein wenig Mühe, nicht dem Drang seiner Augenbraue nachzugeben, sich einige Strich weit in die Höhe zu erheben. Ein Bauprojekt seines Vetters war ihm nicht geläufig, obgleich es wohl möglich sein konnte, dass jener dies beiläufig einmal erwähnt oder er auf anderem Wege davon Notiz hatte genommen, doch war es augenscheinlich nicht in jenem Maße relevant gewesen, dass in seinem inneren Archiv er einen Vermerk diesbezüglich hatte abgelegt, weshalb es um so mehr stupend anmutete, dass der Curator operum publicorum in solch betonter Weise darauf hinwies, was letztlich einzig der familiären Bande zwischen Furianus und Gracchus konnte zugesprochen werden, was nicht im Mindesten dazu gereichte, Gracchus' Ästimation für den Beamten zu erhöhen.
"Der Magister Architecturae Afranius Curvus wäre ebenfalls geeignet, doch er führt derzeit Aufsicht über den neuen kaiserlichen Tempel in Leptis Magna und dies kann durchaus noch ein paar Jahre dauern. Sonst wüsste ich augenblicklich niemanden. Wie gesagt, meine einzige Idee wäre sonst mehrere, sicherlich auch fähige Architekten mit der Bauaufsicht zu betrauen."
Unwillkürlich sog Gracchus seine Unterlippe zwischen die Zähne und kaute darauf, bevor er schlussendlich nickte.
"Ich werde dem Collegium Pontificium deine Einschätzung antragen. Sollten wir uns für deinen Vorschlag aussprechen, so wirst du von uns hören. Hab Dank für deine Hilfe."
Ebenso formell und von distanzierter Höflichkeit geleitetet wie die Begrüßung, fiel auch die Verabschiedung des Gastes aus.
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