DreiDreiDrei | Tillas Versteck

  • Tillas Einladung folgend, machte sich der Germane während der Mittagspause im Ludus auf, um sie in ihrem Versteck zu besuchen. Er folgte ihrer Beschreibung, musste allerdings in Roms verwinkelten Strassen eine ganze Weile suchen, bis er schliesslich, drei Strassen hinter dem Forum Romanum, tatsächlich vor einem runtergekommenen Gebäude stand, das wie ein alter Stall aussah. Er schlüpfte durch einen schiefen, zahnlückigen Zaun in den Hof davor, und erblickte, wie beschrieben, einen Brunnen. Ja, hier musste es sein.
    Der Himmel war wieder einmal grau heute, es war nicht besonders kalt - eigentlich war es, dafür dass bald Jul war, seiner Meinung nach sogar unglaublich warm - aber windig. Graue Wolkenfetzen jagten über den Himmel, Fensterläden klapperten, und in den Strassen trudelte der Abfall umher. Das Unkraut, das den Hof überwucherte, bog sich im Wind, als Severus an dem Gebäude entlang ging, bis zu er zu einem mit Brettern vernagelten Eingang kam. Er sah sich nochmal um und wartete bis ein paar Passanten auf der Strasse ausser Sicht waren, dann fasste er an das dritte Brett von rechts. Tatsächlich, es liess sich einfach herausnehmen. Er spähte in den dunklen Spalt dahinter, roch Heu, sah aber erst mal gar nichts. Ein gewisses Misstrauen regte sich jetzt doch. Das Mädchen war gerissen. So unmöglich war es nicht, dass sie ihn hier in eine Falle locken wollte, damit er sie nicht als Diebin verpfiff...
    Dann gewöhnten sich seine Augen an das schummrige Licht. Pferdeboxen erkannte er jetzt, die leerstanden. Auf dem Boden lag schmutziges Stroh. Eine Leiter führte steil hinauf in den Dachstuhl. Nun gut. Severus ruckte an dem Brett daneben, bis es sich ebenfalls löste, und vergrösserte so die Lücke, damit nicht nur kleine Mädchen, sondern auch grosse Germanen da hindurchpassten. Dann quetschte er sich hinein, und zog die Bretter von innen wieder an ihren Platz. Er richtete sich auf, wischte sich ein paar Spinnweben aus den Haaren und blickte sich um. Als er, den Kopf in den Nacken gelegt, auch nach oben sah, erschien ein Lächeln auf seinem Gesicht.
    "Salve Tilla!", grüsste er freundlich den Irrwisch oben im Gebälk, und machte sich daran die Leiter zu ihr hinauf zu erklimmen.

  • Irgendwie hatte sie es geschafft, ihre Aufgaben mit jemandem zu tauschen und dafür die Besorgungen ganz schnell erledigt. Alles Eingekaufte lag schon bei Niki in der Küche und wartete darauf für die nächste Mahlzeit zubereitet zu werden. Tilla selbst nahm dann den Beutel, der einst Severus gehört hatte, mit zum Versteck. Der Wind war inzwischen stark aufgeflaut. Sie musste sich regelrecht dagegen anstemmen, um überhaupt voranzukommen. Wegen der Anstrengung beinahe außer Atem öffnete und verschloß sie nacheinander die Zugänge zu ihrem Versteck und machte einen weiten Bogen um den Brunnen herum. Die Leiter war schnell überwunden. Tilla begab sich zu einer Heuecke, wo sie drei zusammengerollte Seile herausholte. Diese hängte sie sich quer um und kletterte auf den nächsterreichbaren Balken. Den Beutel band sie an einem Seilende fest und knotete das andere Seilende an einem Deckenbalken genau über den Heuboden fest. Das zweite Seil band sie zwischen den Balken fest, die den Balken mit dem Beutel trugen. Denn an den Deckenbalken selbst konnte, oder sollte man sich besser nicht festhalten. Zuviele Splitter... daher das Seil als Ersatz zum Festhalten. Neben den drei neuen Seilen hingen weitere von ihr befestigte Seile an den Balken. Dank ihnen hatte sie Balken klettern und drüber balancieren gelernt.


    Immer noch ein wenig außer Atem liess sie sich im Gebälk nieder und lauschte den Geräuschen, die sie umgaben, behielt den Blick auf dein einzigen Eingang. Würde er wirklich kommen? Dann endlich bewegten sich die Bretter. Tilla verhielt sich muckmäuschenstill, gab Severus die Zeit sich umzuschauen und winkte schliesslich verschmitzt lächelnd zurück. Als er oben bei der Leiter ankam, liess sie das dritte Seil runter, an dem eine Tafel hing. *Hej.. schön, dass du da bist. Das Seil bekommst du zum Festhalten. Ich will nicht, dass du dir wehtust, auch wenn ein Heuboden unter dir ist. Ignoriere die roten Balken und gehe den weissen Kreidepfeilen nach. Hoffentlich bist du schwindelfrei.* Mit einem Ruck erhob sich Tilla und begann eine Vorführung des Kletterns und Balancierens nur für Severus. Markierte unterwegs die begehbaren Balken mit einem weissen Kreidepfeil. Balken, die tiefer und vom wenigen Licht weg in den Schuppen hineinführten, markierte sie mit einem roten Kreis. Und zeigte zum Schluss, wo der Beutel vom Seil herabhing. Lächelnd strich sie die wenigen Strähnen aus dem Gesicht, die sich aus ihrem zusammengebundenen Zopf gelöst hatten. Kommst du? Jetzt? Gleich? sofort?

  • Geschwind erklomm der Germane die Leiter, und schwang sich auf den Heuboden, sehr viel weniger geschwind entzifferte er dann das Täfelchen, das Tilla ihn hinunterliess.
    "...fes-thal-ten... schwin-del-frei..."
    Pah!
    "Aber ich brauch doch kein Extra-Halteseil!", verkündete er beleidigt. Flink wie ein Eichhörnchen turnte Tilla durchs Gebälk. Er betrachtete ihre Vorführung, erblickte dann den Beutel, der da am Seil baumelte, und beäugte ihn genauer. Der kam ihm doch verdammt bekannt vor.
    "Hmpf. Den kenn ich doch.", grummelte er, wenig erbaut davon, dass Tilla hier ein kleines Kletterspiel mit dem Beutel als Köder veranstaltete. Allerdings hatte sie seinen Ehrgeiz geweckt.
    "Na gut."


    Schliesslich war er als Kind vor keinem noch so hohen Wipfel zurückgeschreckt, da würde so ein Dachstuhl doch ein leichtes sein. Er bequemte sich auf die Balken, richtete sich auf und lief zügig, ohne nach unten zu blicken, einen schrägen Stamm hinauf, trat dann auf den nächsten Querbalken und kletterte gewandt höher hinauf. Immer entlang der Kreide-Wegweiser. So sehr vertrauenserweckend sahen die Balken zwar nicht aus, aber sie hielten, und - na also - der Beutel war fast in Reichweite. Severus verschmähte natürlich das Halteseil, reckte sich waghalsig nach dem Lederbeutel - und erhaschte ihn.
    "Hab ihn!"
    Mit einem breiten Grinsen drehte er sich auf dem schmalen, auch etwas modrig-schlüpfrigen Balken zu Tilla, hob den Beutel, präsentierte ihn ihr – und verlor, zu sehr beschäftigt mit seinem Triumph, dabei das Gleichgewicht... Seine Arme ruderten durch die Luft, er gab einen überraschten Laut von sich, dann rutschte sein Fuss ab und es gab kein Halten mehr. Der Beutel riss vom Seil ab, Severus fiel, und landete mit einem dumpfen 'Plumps' im Heu, das ihn erst einmal verschluckte. Eine Wolke von Staub stieg auf.


    "Garms Grimm!", drang es dann dumpf aus der Tiefe des Heuhaufens, der in seiner Gänze erbebte und wackelte als der Germane sich fluchend einen Weg zurück an die Oberfläche suchte. Ein zerzauster, Heu-gezierter Kopf, reckte sich dann heraus. Nur sein Stolz hatte etwas abbekommen, ansonsten war er unversehrt, dank der weichen Landung. Mit verkniffenem Gesicht spuckte er ein paar Halme aus, äugte hinauf zum Irrwisch, schwankend zwischen Fluchen und Lachen, nieste dann zweimal kräftig.

  • Jo, den Beutel kannte er. Das stumme Mädchen konnte sich an den Diebstahl errinnern, als ob er gestern erst stattgefunden hätte. Sie liess sich nach ihrer kleinen Vorführung rittlings auf dem Balken nieder an dem das Seil mit dem Beutel hing und liess die Beine runterhängen. Tilla saß nahe genug dem Seil, um es aufzuknoten, wenn er es erhascht hatte. Der große Blonde konnte ziemlich gut klettern, befand sie und sah ihm genau zu. Sie sah, dass seine Hände nicht nach dem extra angebrachten Halteseil griffen. Lobend klatschte sie lächelnd in die Hände, als er den Beutel, der ihm gehörte wieder in den Händen hatte. Da rutschte Severus auch schon ab. Sie drückte mit den Füßen das Halteseil ihm entgegen. Doch zu spät!! Er fiel runter!!


    Tilla sprang eilig auf und balancierte zu den Balken die hinunter zum Heuboden führten und wartete recht angespannt ab, was nach dem Verfliegen der Staubwolke passieren würde. Da.. endlich tauchte er wieder auf. Ganz erschrocken sah sie ihn forschend an. Alles in Ordnung? Wenn er schon so niesen konnte... musste es wohl so sein. Trotz des Schreckens verzogen sich ihre Mundwinkel nach oben. Tilla grinste, schüttelte den Kopf und lachte lautlos über den Mann, der nun tief im Heuboden steckte. Sie knotete die Tafel vom Seil ab und band das Seil an dem Balken fest, wo sie draufsaß. Da.. schwing dich rauf. Nun hast du deinen Münzbeutel wieder. Erzählst du mir jetzt eine Geschichte? fragte sie langsam gebärdend, erinnerte ihn an seine Idee. Von dem der auf seinem Wagen über die Wolken fährt und den Hammer schwingt. Himmel und Erde erbeben und Donner grollen lässt. Thor, den Wettergott, der den Donner macht? Ah, warte... ich zeige dir was. Tilla wandte sich ab, kletterte in die Schatten hinein und brachte einen Weidenkorb mit. Aus diesem holte sie eine kleine leere vasenähnliche Amphore heraus, die sie zur Polsterung in dunkle Tüchern eingeschlagen hatte. Auf dieser pechschwarzen Amphore war ein eingeritztes Bild zu sehen, wie sie eben beschrieben hatte. Die weissen Linien des schwarz übermalten Tongefäßes schienen zu leuchten. Das ist er doch, oder?

  • Als die Stimmen sich ihnen näherten, ergriffen die Drei die Flucht. Trotz der Saturnalien, wäre es sicher nicht von Vorteil gewesen, mit fremden Leuten Ärger zu bekommen. Sie rannten einfach los, Tilla voraus.
    Fiona hatte sich nicht noch einmal umgeschaut, sondern folgte einfach nur Tilla, die den Eindruck erweckte, sie in diesem Teil Roms gut auszukennen. Glücklicherweise verfügte die Keltin über eine gute Kondition und so war es ihr gar nicht schwer gefallen, dem Mädchen zu folgen.
    Nach einer Weile erreichten sie ein von außen sehr heruntergekommen wirkendes Haus, dessen Inneres sich in keinster Weise vom äußeren Zustand unterschied. Tilla betrat das Haus, das doch eher einem Stall ähnelte, so als währe es ihr selbsternanntes Ziel gewesen. Die beiden claudischen Sklavinnen folgten dem Mädchen und sahen sich im Inneren sehr überrascht um. Im Gegensatz zu den römischen Villen, war dies hier ein schmutziges Loch!
    "Ähm, Tilla, was willst du denn hier?" fragte Fiona das Mädchen. Sie konne sich immer noch keinen Reim machen, was sie hier sollten. Dann sah sie zu Minna hinüber, die auch einen eher ratlosen Eindruck machte.

  • Nach einer Weile kam auch Minna bei ihnen an. Sie war die letzte gewesen, da sie noch einmal zurückgekehrt war um den Ball zu holen. Zudem war sie eh nicht die Schnellste, was das Laufen anbelangte. Daher war sie auch sehr erleichtert, als sie die beiden Anderen stehen blieben und sie endlich zu einer Verschnaufpause kam. Puh, was für eine Aufregung! Sie musste sich erst mal wieder beruhigen. Als sie nach einem Weilchen wieder ordentlich Luft bekam, blickte sie sich um und musterte das Gebäude vor ihnen. Verwundert zog sie eine Augenbraue hoch. Öhm... was sollten sie denn hier? Wie die Villa Aurelia sah diese Bruchbude aber nicht aus! Als Fiona sie verdutzt anguckte, zuckte Minna nur mit den Schultern. Sie hatte selbst nicht den blassesten Schimmer, was sie hier wollten. Sie war sich nicht einmal sicher, in welcher Gegend Roms sie sich überhaupt befanden. Einen vertrauenserweckenden Eindruck machte sie auf jeden Fall nicht. Nun gut, wenigstens hatten sie es geschafft ihre Verfolger abzuhängen und soviel stand fest: hier würde sie auch keiner finden! Das war doch schon mal etwas. Und sogar das Nasenbluten hatte endlich aufgehört! Das Stück Stoff von Fionas Umhang hatte seinen Zweck erfüllt und schmiss Minna es kurzerhand weg. In dieser verdreckten Straße fiel es ohnehin nicht weiter auf. Anschließend wandte sie sich ebenfalls zu Tilla - schließlich war sie es, die sie hier hergeführt hatte - und wartete gespannt ihre Antwort ab.

  • Tilla lief weiter, sah sich ein paar Mal nach ihren Begleiterinnen um. Die Stimmen und Schritte hinter ihnen wurden immer leiser und leiser. Das hielt Tilla aber nicht ab weiterzulaufen. Immer wieder bog sie um eine Ecke ab und wartete hinter der Ecke auf Fiona und Minna, um dann gleich wieder weiterzulaufen. Kommt schon! Nach einiger Zeit und quälend langsam verlaufenen Minuten erreichten sie die dritte Strasse hinter dem Forum Romanum. Hinter dem Bretterzaun befand sich der alte Pferdestall. Inklusive Heudachboden. Und mitsamt einem Brunnen auf dem Hof. Das Gebäude war längst verlassen, aber dennoch gut in Schuß.


    Tilla sah die Älteren an, die ihr Fragen stellten. Was sie hier wollte? Konnte sie Ihnen vertrauen? Vor den anderen verstecken. erwiderte sie. Sie kniete sich vor dem Bretterzaun, hob die ersten drei Bretter von rechts an und drehte sie um. Das ist mein Versteck. Von früher. Tretet ein. gebärdete sie und hielt die drei Bretter hoch, solange die beiden durchstiegen. Als letzte stieg sie hindurch und drehte die Bretter wieder in die ursprüngliche Lage zurück. Von außen sah es wieder aus wie ein normeler Bretterzaun. Die meisten Passanten ahnten nichts von dem verlassenen Hof und Pferdestall.


    Es war recht dunkel. Der Mond war hinter einer Wolke verschwunden. So konnten die beiden gar nicht sehen, was sie gebärdete!! Tilla griff nach rechts und angelte eine Öllampe hervor. Vorsichtig drehte sie den Docht auf und lächelte als das Licht größer wurde. Jetzt konnte sie 'sprechen'. Verlassener Hof. Alter Pferdestall. Brunnen. Heudachboden. Einsam und doch gemütlich. Etwas außer Atem vom Rennen betrat Tilla den gepflasterten Hof und strebte dem Pferdestall zu. Die Leiter zum Heuboden war aufgestellt. Still wartete sie auf Fiona und Minna, fühlte sich in der vertrauten Umgebung wohl.

  • "Ein Versteck? Von früher?" Fiona verstand überhaupt nichts, was Tilla damit sagen wollte. Wovor hatte sie sich denn verstecken sollen?
    Fiona sah sich noch genauer um. Tillas Beschreibungen paßten genau! Dies war wohl einmal ein Hof gewesen, mit einem Pferdestall. Zum Heuboden stand sogar noch eine Leiter an. Naja gemütlich, das war so eine Frage! Sicher gemütlicher als eine Sklavenunterkunft war es allemal, wenn auch nicht unbedingt kompfortabler!
    "Kann man da hochgehen?" fragte Fiona und deutete auf die Leiter.
    Ihr kam eine Idee, doch sie verwarf sie sofort wieder. Im Falle einer Flucht, könnte man hier für´s erste Unterschlupf finden! Aber was dachte sie da! Wenn sie fliehen wollten, dann über´s Meer, nach Hispania, dort wo Aintzane einst lebte!
    Sie fragte sich, ob es jemals so weit kommen würde. Minna, Aintzane und sie, auf einem Schiff in die Freiheit! Doch sie verdängte sogleich wieder ihre sehnsüchtigen Gedanken und widmete sich wieder Tilla.

  • Tilla nickte und deutete nach oben. Ja, man kann. Gutes Heu. Riecht gut. Keine Mäuse. Sie nahm die Lampe in ihre Hand und kletterte, sich einhändig an der Leiter festhaltend, hinauf. Oben angekommen hängte sie die Lampe an einem Nagel am Balken neben der Leiter auf und spähte zu Fiona und Minna runter. Langsam kniete sie sich runter, rüttelte an der Leiter, um auf sich aufmerksam zu machen. Was ist? Kommt doch gucken. Alles trocken.


    Tilla winkte ihnen und trat weg vom Rand. Sie sah sich um. Die Seile waren alle da. Tilla zog sich an einem Seil hinauf ins Gebälk, wartete einen Moment, bis sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten und suchte die Balken nach einer weiteren Lampe ab. Mhm... hatte sie nur die eine? Mit Bedacht kletterte sie noch eine Etage höher und suchte noch einmal nach der Lampe. Schritt für Schritt balancierte sie auf die gegenüberliegende Seite das Balkens und kletterte von dort wieder zum Heuboden hinunter, fand die Decken in einem alten Weidenkorb. Auch gut! Fröhlich klatschte sie in die Hände, plumpste neben dem Korb nieder.

  • Grinsend schaute Fiona zu Minna, ohne auch nur ein Wort zu sagen. Auf einmal fühlte sie sich wie in eine andere Zeit zurück versetzt. Damals, als sie mit ihren Geschwistern im Wald und auf dem Gut ihrer Familie gespielt hatte. Sie war damals mehr als nur einmal auf Bäume geklettert. Einmal hatte sie sogar mit ihren Brüdern ein Baumhaus gebaut. Ja, klettern konnte sie schon immer gut. Deswegen zögerte sie auch keine Sekunde, um Tillas Aufforderung nachzukommen.
    Vorsichtig kletterte sie die Leiter empor, bis sie oben angekommen war. Dort erblickte sie Tilla, wie sie auf den Balken balancierte. "Oh, das will ich auch machen! Wie komm ich da hoch?" rief sie Tilla zu und sah sich nach einer Möglichkeit um, auch hinauf ins Gebälk zu kommen. Dann sah sie auch die Seile und versuchte, ebenso wie Tilla, hinauf zu gelangen.
    Vorsichtig balancierte sie auf den Balken. Sie hatte überhaupt keine Angst! Zu balancieren war eine gewisse Art der Freiheit und sie genoß diesen Augenblick.
    Tilla war in der Zwischenzeit wieder auf den Heuboden hinunter geklettert. Doch Fiona wollte noch ein Weilchen oben, in luftigen Höhen bleiben. Doch plötzlich verlor sie das Gleichgewicht und rutschte ab. Nur mit einer Hand konnte sie sich an dem Balken festhalten, auf dem sie gerade noch gestanden hatte. "Hilfe! Ich falle!" rief sie. Dann sah sie nach unten, um sich zu vergewissern, wie tief sie stürzen würde, ließe sie jetzt los.

  • Voller Skepsis wanderte Minnas Blick an der hölzernen Leiter entlang nach oben, wo sich Tilla bereits aufhielt. Wie bitte? Sie sollten da hoch? Allein bei diesem Gedanken wurde ihr schon ganz anders. Wie sehr hasste sie doch die Höhe! Normalerweise versuchte sie solche Situationen möglichst geschickt zu umgehen, doch was sollte sie jetzt tun? Hier unten warten und hoffen, dass die beiden schnell wieder hinunterklettern würden? Nein, das konnte sie nicht machen. Sicherlich würde sie Tilla vor den Kopf stoßen, wirkte diese doch so stolz auf 'ihren' Heuboden. Zudem machte das Mädchen nicht den Eindruck als wolle sie gleich wieder herunter kommen. Sie schaute noch einmal zu Tilla hoch. Wirklich beachtlich wie die Kleine nur mit einer Hand die Leiter hinaufgeklettert war. Bei ihr hatte es kinderleicht ausgeschaut. Ob sie es selbst auch so einfach hinbekommen würde? Wenn sie doch nur diese verdammte Höhenangst überwinden würde... Während Minna noch zögerte, schritt Fiona sogleich auf die Leiter zu. Zu Minnas Verwunderung grinste die Keltin sie sogar noch an bevor sie die Leiter erklomm. Ihr machte das Ganze wohl auch noch Spaß! Völlig perplex schaute sie ihr nach. "Sei bitte vorsichtig!" rief sie ihr noch zu und hielt die Leiter fest, auch wenn diese relativ fest auf dem Boden stand. Dennoch, sicher war sicher.


    Wie Tilla war auch Fiona in wenigen Augenblicken oben auf dem Heuboden angelangt. Scheinbar war es den Beiden noch nicht hoch genug, denn gleich darauf kletterten sie an Seilen noch ein Stückchen höher. Minna dagegen hielt sich immer noch ganz unten auf und beobachtete die Frauen. Na, hoffentlich ging das gut...


    ... natürlich ging es nicht gut! Als würde sie über hellseherische Fähigkeiten verfügen, hörte sie kurz darauf auch schon Fiona rufen. Erschrocken blickte sie hoch und sah, wie ihre Freundin nun in der Luft baumelte und sich gerade noch mit der einen Hand am Balken festhalten konnte. "Versuch dich mit beiden Händen auf den Balken hoch zu zerren! Oder..." In diesem Moment fiel ihr der Heuboden wieder ein. Aber ja doch! Zwar konnte sie es von ihrem Standpunkt aus nicht genau erkennen, doch eigentlich musste er sich genau unter Fiona befinden. "... lass dich einfach fallen! Das Heu wird deinen Sturz ganz sicher abfedern." Hoffentlich.

  • Dass die Rothaarige inzwischen ebenfalls die Balken betreten hatte, bekam sie durch das Knacken der Balken mit. Es war schön anzusehen... und ganz toll auch mal etwas vorgeführt zu bekommen. Sie schwitzte vom Rennen, das führte zu leichtem Frösteln in der nicht gerade warmhaltenden Kleidung. Rasch breitete sie eine Decke um sich herum aus und kuschelte sich hinein. Gebannt verfolgte sie Fionas Balancierkünste. Die junge Frau war gar nicht mal so schlecht. Ob sie irgendwo in der Stadt auch ein heimliches Versteck hatte? Bei Fionas Ausrutschter zuckte Tilla zusammen.. sie wühlte sich aus der Decke hervor und kletterte am nächsten Balken hinauf.


    Sie knotete ein Seil ab, schlang es um ihren Oberkörper und kletterte zu dem Balken, wo Fiona hing. Balancierend tastete sie sich vorsichtig vor, bemüht den Balken nicht zu arg zum Wackeln zu bringen. Am Ziel angekommen knotete sie das Seil fest und liess es zu Fiona runter. Es langte gerade so noch bis zum Heuboden runter. Eine knappe Mannesstatur fehlte. Von Maßen und Größen hatte Tilla keine Ahnung. Tilla rutschte über den Balken, fasste nach dem Seil und kletterte selbst hinunter. Einen kurzen Moment direkt neben Fiona verharrend zeigte sie ihr wie sie die Füße im Seil verhaken sollte, damit sie nicht zu schnell hinunter rutschte. Tilla liess sich das kurze Stück in den Heu fallen fallen und machte sich sogleich aufrappelnd den Platz frei, krabbelte zu den Decken zurück. Jetzt war es an Fiona... Wie würde sie sich entscheiden? Seil oder freier Fall? Wo war eigentlich Minna? Leise klatschte sie in die Hände.

  • Angsterfüllt klammerte sich Fiona mit ihren Händen an dem Balken fest, doch sie spürte langsam, wie ihre Kräfte schwanden. Mit einem Ohr hörte sie noch die Zurufe der Freundin, sie solle sich am Balken hochzerren. Dann kam plötzlich Minnas Vorschlag, sich einfach ins Heu fallen zu lassen. Ungläubig schaute sie nach unten. Sie würde tief fallen, ließe sie nun los! Wollte sie das wirklich?
    Dann wurde ihre Aumerksamkeit wieder auf Tilla gelenkt, die wieder nach oben geklettert war und nun versuchte, ihr ein Seil herunter zu lassen, an dem sie sich hochziehen konnte. Dummerweise reicht des Seil nicht ganz an sie heran. Sie mußte versuchen, es mit einer Hand zu greifen und sich mit der anderen Hand weiter fest halten. Ein Versuch war es wert, dachte sie sich. Besser,als in die Tiefe zu stürzen und sich zu verletzen!
    Sie zählte bis drei, dann griff sienach dem Seil. Leider ohne Erfolg! Durch die erneute Kraftanstrengung verlor sie entgültig den Halt und stüzte mit einem Schrei hinab in die Tiefe.
    Sie fiel in einen Berg von Heu und blieb dort leblos liegen.

  • Wie gebannt verfolgte Minna den Rettungsversuch von Tilla, wie diese mit den Seilen hantierte und geschickt zu Fiona hangelte. Gerade als es so aussah, als könnte Fiona tatsächlich das Seil erhaschen, passierte es. Ihr Griff ging ins Leere und Fiona sauste mit einem lauten Schrei in die Tiefe. Es ging sehr schnell und gleich darauf konnte man den dumpfen Aufprall hören, der durch das Heu gedämpft wurde. Kein schönes Geräusch. Minna zuckte leicht zusammen, als sie es hörte. Aber was noch viel schlimmer war, dass sie danach gar nichts mehr hörte. Diese Stille verhieß nichts Gutes. Unweigerlich musste Minna an die Ereignisse denken, die damals in Ostia passiert waren. Nein, bitte nicht noch einmal, hoffte sie inständig. "Fiona?" Zaghaft hallt ihre Stimme von unten. Anscheinend war sie doch aus einer größeren Höhe gefallen, als Minna es zunächst vermutet hatte. Da noch immer kein Lebenszeichen von der Keltin zu erkennen war, fasste sie ihren ganzen Mut zusammen und beschloss nach ihrer Freundin zu sehen. Mit zittrigen Händen umklammerte sie die Sprossen der Leiter und kraxelte vorsichtig nach oben. "Bloß nicht nach unten sehen..." murmelte sie immer wieder leise auf germanisch vor sich hin. Und tatsächlich, es dauerte nicht lange, da war sie endlich oben angekommen. Erstaunt über ihre Tat, die sie soeben vollbracht hatte, hievte sie sich auf den Heuboden und blieb für einen kurzen Moment dort erschöpft liegen. Doch viel Zeit blieb ihr nicht darüber nachzudenken, denn Fiona brauchte ja schleunigst ihre Hilfe. Schnell rappelte sie sich auf, lief zum Heu und kniete sich schließlich neben ihre Freundin, die dort regungslos lag. "Fiona!" Ganz sachte schlug sie mit der flachen Hand mehrmals gegen ihre Wange. In der Hoffnung, dass sie darauf reagieren würde. "Sag doch etwas! Bitte!" Anschließend wandte sie sich zu Tilla und deutete auf die Decken. "Komm, hilf mir mal! Am besten wir legen sie auf eine der Decken hier."

  • Tilla hörte augenblicklich mit dem Händeklatschen auf als sie sah dass Fiona daneben griff. Mit offenem Mund und angehaltenem Atem verfolgte sie den Sturz nach unten, blieb erschrocken sitzen. Nein, nicht schon wieder! Erst die Sache mit dem Ball! Nun dieser Sturz aus nicht ganz unbeträchtlicher Höhe! Sie regte sich erst wieder, als sie das Knacken der Leiter hörte, erkannte das Minna sich nun endlich zu ihnen hinauf bewegte. Immer noch still an ihrem Platz bei den Decken verharrend sah sie mit an wie Minna zu Fiona eilte und sich sogleich um sie kümmerte.


    Minnas Ansprache half ihr sich aus der Erstarrung zu befreien. Tilla sammelte sämtliche Decken ein und bewegte sich zu den beiden Frauen. Langsam liess sie sich in Minnas Nähe nieder und breitete eine Decke auf dem Heu aus. Fiona drauflegen? Wie denn? Tilla blinzelte die aufkeimenden Tränen weg. Heulen konnte sie später! Sie zog eine weitere Decke heran, rollte sie längs zusammen und stopfte diese unter Fionas rechte Körperseite. Sie soll aufwachen! Ich wollt doch nur helfen! fügte Tilla hektisch hinzu, kauerte sich neben Minna nieder und sah mit banger Miene auf Fionas regungsloses Gesicht hinab. Spontan griff sie nach Fionas Hand, drückte diese so fest sie konnte. Tilla kniff zusätzlich Fionas Handrücken. Vielleicht kam eine Reaktion? Sie schniefte stumm auf.

  • Fiona war recht sanft gelandet. Das viele Stroh hatte ihren Aufprall wesentlich abgemildert. Doch trotz allem blieb sie regungslos liegen. Doch dies geschah nicht, weil sie schmerzen hatte. Nein, sie führte etwas ganz anderes im Schilde!
    Es muß an diesem besonderen Abend gelegen haben, der ihr wenigsten kurzfristig ein wenig Freiheit zurück brachte. Früher hatte sie mit ihren Brüdern immer ein besonderes Spiel gespielt. Ob dies Tilla und Minna auch gefallen würde? Sie müßte es ausprobieren und hoffen, daß keine von beiden ihr danach böse war!
    Sie hatte Minnas Stimme gehört und sie spürte Tillas Gegenwart. Das Mädchen hatte ihre Hand ergriffen und in den Handrücken gekniffen. Genau in diesem Augenblick, riß sie ihre Augen auf und rief laut:"BUHHH!"
    Dann begann sie zu lachen und freute sich, wie ein kleines Kind.

  • Zusammen war sie mit Tilla nun drauf und dran erste Hilfe zu leisten. Denn schließlich waren sie in der Annahme, dass Fiona schlimme Verletzungen von dem Sturz erlitten hatte. Umso fassungsloser war sie, als die Keltin so plötzlich ihre Augen aufriss. Erschrocken wich sie ein Stück nach hinten und starrte Fiona völlig perplex an. Es dauerte einen Moment bis Minna begriff. "Du... du hast uns nur etwas vorgespielt?" fragte sie in einem ungläubigen Tonfall und schaute zu Tilla um zu sehen, wie das Mädchen auf diesen Schreck reagiert hat. Die Ärmste war vor Aufregung schon den Tränen nahe. Das schrie nach Rache! Natürlich war Minna erleichtert, dass Fiona sich keine ernsthaften Verletzungen zugetragen hatte, und zudem hatte sie auf diese Weise dafür gesorgt, dass sich Minna hinauf getraut hatte. Dennoch, solche Späße blieben bei ihr nicht unbestraft! So wandte sie sich mit finsterer Miene wieder zu Fiona. "Wie kannst du uns nur so etwas Gemeines antun? Wir waren voller Sorge um dich!" sagte sie empört und blickte ihre rothaarige Freundin vorwurfsvoll an. Ob es glaubwürdig rüberkam? Sie gab sich die größte Mühe todernst zu wirken, doch schnell wurden ihre Gesichtszüge wieder weicher. "Na warte... das bekommst du zurück!" Kaum hatte sie das gesagt, schnappte sie sich mit beiden Händen so viel Heu, wie sie auf einmal nehmen konnte, und bewarf Fiona mit einem hämischen Lachen damit. Hoffentlich bekam sie von Tilla Verstärkung!

  • Ja. Tilla hatte sich schon ziemlich erschrocken bei dem Anblick den Fiona da abgab. Sie kniff noch einmal in Fionas Handgelenk und liess die Hand los, warf einen hilflosen Blick zu Minna hinüber, die anscheinend auch nicht weiter wusste, was sie für Fiona tun konnten. Plötzllich riss Fiona die Augen auf und gab einen seltsamen Laut von sich. Tilla wich nach hinten zurück, etwas mehr als Minna und beäugte Fiona aus sicherer Distanz. Was war denn nu? Minna sah kurz zu ihr zurück und sprach mit seltsam tiefer Stimme zu Fiona. Der Schreck über Fionas Sturz lag dem stummen Mädchen in den Knochen. Umso langsamer begriff Tilla, dass Fiona sich offenbar gar nicht wehgetan hatte. Die Tränen, die sie solange zurückgehalten hatte, rollten über ihre Wangen. Tilla nahm sich die Momente, die sie brauchte um sich beruhigen, derweil Minna die verletzt geglaubte Fiona schon mit Heu bewarf. Fiona sah mit dem vielen Heu bald gar nicht mehr so der Fiona ohne Heu ähnlich. Ein schwaches Lächeln zeigte sich auf Tillas verweintes Gesicht. Bald prustete und kicherte sie hinter vorgehaltener Hand los. Sie ergriff auch ein Bündel Heu, machte mit begeistert auffunkelnden Augen bei der Heuschlacht mit. Minna bekam auch etwas Heu ab...

  • Die Überraschung war perfekt. Minna und besonders Tilla hatten sich sehr erschrocken und die Germanin begann heftig zu schimpfen. Doch allein bei dem Schimpfen blieb es nicht!
    Fiona lachte immer noch lauthals. Allerdings landete nach kurzer Zeit die erste Ladung Heu in ihrem Gesicht. Angewidert spuckte sie das Heu aus, daß dabei in ihrem offenen Mund gelandet war. "Bäh, pfui! Na wartet!" Zuerst hatte nur Minna geworfen, doch Tilla fand an diesem Spiel auch gefallen und machte dann auch mit.
    Natürlich ließ sich das Fiona nicht gefallen und in kürzester Zeit entbrannte eine wilde Heuschlacht. "So, nehmt das!" rief sie und warf lachend das Heu in Minnas und Tillas Richtung. Das war ein Spaß! Bald konnte sie vor lauter lachen nichts mehr tun. Zwei gegen einen war au die Dauer zu viel!Lachend ließ sie sich wieder ins Heu fallen und blieb liegen.
    Lange war sie nicht mehr so ausgelassen gewesen.

  • Tilla warf Heu, traf Fiona, bekam auch etwas ab und konnte es nicht unterlassen auch Minna mit dem trockenen Halmen zu bewerfen. Das war lustig. Sie lächelte breit und zeigte eine fröhliche Mimik. Heuhalme aus der Stirn wischend griff sie nach dem nächsten erreichbaren Bündel Heu und bewarf Fiona. Die hatte sie vorhin ganz schön erschreckt, aber wie man sah und hörte, war sie quicklebendig. Tilla mochte es, wie Fionas lachte, ein wenig laut vielleicht, aber sie hatte ein schönes Lachen. Das Mädchen hockte sich in die Hocke, hörte dem Lachen von Fiona zu. Man konnte sehen, dass Tilla sich ablenken liess, wenn etwas ihre Aufmerksamkeit erhascht hatte. An ihre eigene Stimme konnte sie sich nicht mehr errinnern, sie wusste noch, dass sie recht wenig gesprochen hatte und dann auch nicht mit allen, nur mit bestimmten Leuten. Innerlich den Kopfschüttelnd drängte sie die Gedanken von früher beiseite und krabbelte durch das Heu zu Fiona. Tilla pustete ihr einen Windhauch ins Gesicht, stupste ihre Nase an und schenkte ihr ein seltenes Lächeln. Du hast ein schönes Lachen. gebärdete sie kurzerhand ihre Gedanken und setzte sich in Reichweite zu Minna. Tillas kleines Herz klopfte wie wild vom Toben im Heu.

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