Ein paar kleine Fragen bzgl. Tieropfer

  • Salvete. Hab da ein paar Details zum Thema "Opfer" nicht verstanden bzw. nicht gefunden. Und da fragen nichts kostet, tu ich's mal.


    a.
    Ich habe gelesen, dass Weihrauch beim Opfern eingesetzt wurde. Allerdings ist mir nicht ganz klar geworden, ob beim eigentlichen Tieropfer auch oder nur beim Voropfer, bei dem, wie ich verstanden habe, nur "Kleinkram" der Gottheit dargeboten und anschließend gebetet wurde (richtig?).


    b.
    In der Wiki steht: "die Kommunikation mit dem Kultbild fand auf einer persönlichen Ebene statt". Was heißt das? Wurde das Gebet nur gedanklich getätigt (blöde Formulierung, ich weiß, ich hoffe, es ist klar, was gemeint ist)? Wurde die Gottheit mit Du angesprochen?


    c.
    In der Wiki steht, dass das Blut des Opfertieres aufgefangen wurde. Allerdings finde ich nirgends, wo steht, was damit gemacht wurde? Wurde es wie Innereien auf irgendwelche Makel untersucht?


    d.
    Was tun, wenn z.B. die Gottheit in einer Stadt keinenTempel besitzt? Wo betet und opfert man dann? Improvisiert man? Oder dienen andere Tempel als Ersatz?


    e.
    Was geschah eigentlich mit dem Fleisch des Tieres, welches von der Gottheit als nicht angenommen galt? Wurde es dennoch verzehrt? Oder weggeschmissen?

  • a. Die Räucherung wurde am Anfang des Opfers dazu verwendet, die Aufmerksamkeit der Götter zu erlangen. Den lustigsten Vergleich, den ich dazu mal gelesen habe, war der zu einem Telefongespräch. Die Räucherung ist sozusagen das Klingeln, mit dem du sicher stellst, dass der Gott am anderen Ende auch zuhört. ;)
    Ritualtechnisch war es sicherlich (wie in vielen Riten heute auch noch) einfach auch eine Abgrenzung zum Alltag, der Übergang zum Ritus hin, der Beginn der Konzentration (viele Räuchersubstanzen haben ja auch einen klärenden und reinigenden Einfluss).
    Weihrauch, bzw. die Räucherung im Allgemeinen (es gibt ja noch viel mehr, was man Räuchern kann, neben Harzen eigenen sich auch viele weitere Pflanzenbestandteile, manche Pflanzen sind auch speziell Göttern zugeordnet) waren allerdings im gesamten Kultus ein wichtiger Bestandteil. So ist es durchaus nicht abwegig, dass auch bei der Tieropferung Räucherung nebenbei verbrannt wurde und eventuell auch mit ins Feuer kam (oftmals sind solche Dinge ja auch von praktischem Nutzen und wem schonmal ein rohes Stück Fleisch in die Grillkohle gefallen ist, der weiß, wie ungut das riecht).
    Das Tieropfer ist sozusagen die Steigerung des normalen Opfers. Beim alltäglichen Opfer wurden der Gottheit das gegeben, was du als 'Kleinkram' betitelst - Blumen, Obst, Gemüse, Wein, Kuchen, Geld, Votivgaben. Beim Tieropfer werden diese Dinge dann zum einleitenden Voropfer. Annähern kann man sich diesem Gedanken vorsichtig mit einem Essen: normalerweise isst du nur einen Teller Nudeln, zu besonderen Gelegenheiten werden die Nudeln zur Vorspeise und es gibt noch ein Stück Fleisch hinterher (der Vergleich hinkt natürlich, aber er verdeutlicht die Sache vielleicht ein wenig).


    b. 'Persönlich' bedeutet in diesem Fall, dass man sich direkt an den Gott vor sich wendet, wie an eine reale Person. Das krasseste Gegenteil dazu ist der christiliche Gott, von dem man sich nichteinmal ein Bild machen darf (soweit ich das weiß, sollte es nicht so sein, lasse ich mich gerne belehren). Die Kommunikation auf persönlicher Ebene hat meines Erachtens auch viel mit dem 'do ut des' (ich gebe, damit du gibst) zu tun. Man wendet sich nicht an einen allmächtigen, allumfassenden, übermächtigen Gott, der aus reiner Güte seine Gunst verteilt, sondern an ein personifiziertes Prinzip, einen Gott, der speziell für irgendetwas zuständig ist. Unterwürfigkeit ist da nicht nötig, ich gebe meine Gabe und der Gott gibt mir dafür etwas anderes.
    Da es im Lateinischen keine Unterscheidung von 'Du' und 'Sie' als Anrede gab, wird man die Götter zwangsläufig mit Du angesprochen haben. :)


    c. Untersucht wurde das Blut nicht (zumindest habe ich das noch nie irgendwo gelesen). Vermutlich wurde ein Teil davon mit den Innereien verbrannt. Allerdings bezweifle ich auch, dass das Blut bei jedem Opfer aufgefangen wurde. Ich habe diesen Artikel zwar geschrieben und dass es aufgefangen wurde, habe ich mir nicht aus den Fingern gesaugt, allerdings habe ich ebenfalls schon gelesen, dass es um Opferaltäre im Boden auch oft Spuren von Blut gibt. Wenn man zudem von der praktischen Seite aus an das Thema heran geht, dann stelle ich es mir ziemlich schwer vor, einem Stier, dem man gerade ein Beil in den Hals geschlagen hat, auch noch ein Schüsselchen vor den Kopf zu halten, in dem man das Blut auffängt (ich lasse mich natürlich gerne vom Gegenteil überzeugen, wenn jemand bereit ist, einen Stier zu opfern :] )


    d. In den Städten gab es eine Menge Schreine und Altäre ohne Tempel dazu. Der Altar war sehr wichtig für das Opfer, er konnte aber auch improvisiert werden (http://www.imperiumromanum.net/wiki/index.php/Altar). Nicht umsonst finden sich in vielen Museen völlig langweilige rechteckige Steine, an denen meist nur durch eine gemeißelte Inschrift deutlich wird, dass sie mal als Altar gedient haben (vor allem in den Provinzen des Reiches).


    Was ich selbst bei all dem noch nicht herausgefunden habe ist, wie genau der Altar beim Opfer zum Einsatz kam. Einen Stier z.B. hat man ja nicht 'über' dem Altar geopfert, während man einen Hahn sicher darauf postieren könnte, um ihm die Gurgel durchzuschneiden - dafür sprechen auch die Blutreste, die man mit modernen Mitteln auf solchen Altären nachweisen kann - aber, warum war er dann beim Stieropfer auch unbedingt vonnöten? Hat man auch die Schale mit dem Feuer auf dem Altar abgestellt? Oder stand die neben dran? Was passiert überhaupt bei einem Opfer, bei dem die Innereien nicht dem Feuer übergeben werden? Legt man die gekochten Stücke einfach auf den Stein? Bleiben sie hinterher liegen, bis alle Zuschauer nach Hause gegangen sind?


    e. Das Fleisch wurde auf jeden Fall entsorgt, meistens vermutlich vergraben. Es galt dann als 'unrein'. Vielleicht haben es auch die Sklaven bekommen, aber der römische Bürger hat es nicht mehr auf seinen Tisch gepackt.

  • Eine sehr gute Einführung, wenn auch schon recht theoretisch-wissenschaftlich, bietet "Die Religion der Römer" von Jörg Rüpke. Das Buch ist von 2001, also auf aktuellem Forschungsstand und erschienen im C.H. Beck-Verlag. Mit 20 Euro ist es auf jeden Fall auch erschwinglich. :)


    Wenn man danach immer noch nicht vom Thema abgeschreckt ist, dann kann man von dort aus weitere Literatur suchen. ;)


    Interessiert man sich nur eben mal für ein spezielles Thema (die Götter behandelt Rüpke z.B. nicht explizit, bei Feiertagen werden nur ein paar gesondert aufgegriffen, etc.) dann bietet der neue Pauly einen guten Einstieg (wie ja zu fast allen Themen der Antike), aber da braucht man eine gute Bibliothek in der Nähe (oder einen ziemlich dicken Geldbeutel).

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