Dura Europos - Das Lager der Prima

  • Meinungsverschiedenheiten...


    ...waren nichts, was dem Legatus Sorge bereitete. Meinungen waren unterschiedlich, Meinungen beruhten auf unterschiedlichen Interessen und unterschiedlichen Standpunkten. Im Senat konnte man man sich Tagelang über die unterschiedlichen Standpunkte austauschen, streiten und debatieren.


    Allerdings waren sie hier nicht im Senat, er war nicht im Senat, er stand an der Spitze an einer Legion und nicht nur das, drei weitere Legionen und ihre Hilfstruppen warteten darauf, was die Prima und ihr Legat tat.


    Meinungsverschiedenheiten...


    ...zählten einfach nicht, hier zählten Entscheidungen. Und er hatte sie zu fällen, ob sie richtig oder falsch waren, würde die Zukunft zeigen. Nur eines war sicher : keine Entscheidung war immer falsch.


    Er hatte sich die Meinungen angehört, schweigend, mit dem ewig gleichem, ausdruckslosem Gesicht. Dann nach einer Weile hatte er sich erhoben, hatte auf dem Tisch eine Karte der Region ausgerollt, immer noch kein Wort sagend. Erst nachdem er durch die Runde geblickt hatte und den anderen ein Zeichen gegeben hatte näher zu kommen, setzte er zu sprechen an.


    "Egal wo wir sind, wir haben die Traditionen unser Ahnen zu befolgen. Dazu gehört, das der Leichnam des Imperators nicht nur gesäubert und die Münze für den Fährmann bekommen muss, wie müssen ihn auch aufbahren und dann klagend zum Ort der Verbrennung tragen."


    Sicher erzählte er niemand etwas neues, doch es galt auch die Traditionen den Gegebenheiten anzupassen. Damals, als die Traditionen begründet wurden, pflegten die Legionen sich auch nicht Monate entfernt von Rom aufzuhalten.


    "Aufbahren müssen wir ihn hier, in seinem letzten Haus, seinem Zelt im Lager. Wie lange, das werden die im Gefolge des Imperators bestimmen. Sie werden den Willen der Götter erkunden."


    Sieben Tage könnten es werden und sieben Tage waren in seinen Augen angemessen, doch ob die Priester es ähnlich sehen würden, war etwas anderes.


    "Im Morgengrauen des Tages nach Ablauf der Aufbahrungszeit, werden wir aufbrechen, dem Euphrat entlang. Dieser Marsch wird unser Klagemarsch sein,..."


    Kurz deutete er auf die Karte auf den Tisch.


    "Bis Sura sind es etwa 12 Tagesmärsche, das ist ein Klagemarsch, der unserem Imperator würdig ist und den Götter zeigen wird wie sehr wir um ihn trauern. Dort werden die Grenzen des Imperiums wieder überschreiten und dort werden wir den Imperator den Flammen überantworten. Ein Opfer wird es noch hier vor Dura geben, ein wesentlich grösseres wird dann in Sura geben. Nicht nur Pluto gilt es zu würdigen, auch die Capitolinsche Trias verlangt ihren Tribut und vor allem müssen wir Mars ehren."


    Es war nicht nur der Soldat, der seinen Imperator betrauerte, der hier aus ihm sprach, sondern auch der Arvalbruder, der einen anderen Arvalbruder betrauerte.


    Sein Blick richtete sich auf Senator Aelius.


    "Wenn dieses Ritual beendet ist, wirst du mit den Prätorianern zu deinem Bruder aufbrechen. Er wird sie und dich brauchen können. Allerdings wirst du auch eine wichtige Aufgabe für die Prima übernehmen müssen : Wir brauchen die Flotte in Antiochia, wenn wir nicht nutzlos Monate durch Asia marschieren wollen. Trage sorge dafür, das sie uns in Antiochia abholt. Wenn er sie braucht, stehen deinem Bruder hier vier Legionen zur Verfügung !"


    Die Stimme des Legatus liess keinen Wiederspruch zu, sein Blick war kühl wie immer, liess keinen Zweifel an der Entschiedenheit seiner Worte. Meinungen mochten Meinungen sein, Entscheidungen waren es, die er gefällt hatte.

  • Eine Entscheidung schien getroffen. Dem war nichts mehr hinzuzufügen. Jeder hatte Gelegenheit gehabt, seinen Standpunkt darzulegen und nun stand fest, dass sie abziehen würden. Nicht übereilt und ohne das Gesicht zu verlieren.


    "Ich nehme an, dass wir die Befestigungen weiter ausbauen werden...?"
    fragte er im Hinblick auf die Vertuschung des Todes und des bevorstehenden Abmarsches vor den Parthern.
    "Wir sollten die Stadt unter Beschuss nehmen, ganz so, als wäre nichts geschehen. Setzen wir sie in Brand, sind die Parther ausserdem mit ihren eigenen Sorgen beschäftigt und wir haben weniger Überfälle zu befürchten"
    schlug er vor.

  • Zitat

    Original von Quintus Tiberius Vitamalacus
    (...)
    Sein Blick richtete sich auf Senator Aelius.


    "Wenn dieses Ritual beendet ist, wirst du mit den Prätorianern zu deinem Bruder aufbrechen. Er wird sie und dich brauchen können. Allerdings wirst du auch eine wichtige Aufgabe für die Prima übernehmen müssen : Wir brauchen die Flotte in Antiochia, wenn wir nicht nutzlos Monate durch Asia marschieren wollen. Trage sorge dafür, das sie uns in Antiochia abholt. Wenn er sie braucht, stehen deinem Bruder hier vier Legionen zur Verfügung !"
    (...)


    “Ich werde bei der Flotte Bescheid geben, damit sie euch bereits erwartet, wenn ihr eintrefft. Und ich werde Valerianus sagen, dass er hier gute Freunde hat und vier Legionen, die ihm treu ergeben sind. Das wird ihn sehr glücklich machen.“

  • Ein neuer Tag begann, an dem das Heer vor der Stadt ausharrte, während die Aufbahrungsfrist lief. Der Belagerungsring um die Stadt war gezogen, auch, wenn seine Befestigungen derzeit äußerst spärlich waren. Viel Holz konnte in der kurzen Zeit noch nicht rangeschafft werden, aber wirklich gebraucht wurde es auch nur auf der Westseite, gegenüber der westlichen Mauer der Stadt. Dem Platz also, an dem mit Ausfällen gerechnet werden musste. Nördlich und Südlich verhinderten die Wadis jede schnelle Bewegung, im Osten machte der Fluss den Belagerten zu schaffen. Jeder, der diese natürlichen Hindernisse überqueren wollte, war dem gnadenlosen, vernichtenden Sperrfeuer römischen Ballisten und Scorpione ausgesetzt. Die Artillerie wurde längst in Stellung gebracht, zusammengebaut und auf die Stadt ausgerichtet, die wie auf einem Präsentierteller dastand. Sie mochte schwer einzunehmen sein, aber das war auch nicht das Primärziel des römischen Heeres. Nicht mehr.


    Avitus stand neben einer Batterie aus schweren Ballisten, die auf die westliche Mauer gerichtet waren. Eine pro Kohorte hatten sie ohnehin dabei, weitere wurden vor Ort gebaut, pausenlos wurde neue Munition hergestellt. Ein reger Betrieb, der aufrechterhalten werden musste und einem einzigen Zweck diente. Die Stadt zu bombardieren, den Mut der Parther zu erschüttern und ihren Willen zu brechen, Widerstand zu leisten. Freilig war es kein leichtes Unterfangen, aber die Parther waren durch den Beschuss wenigstens beschäftigt. Brandgeschosse setzten die Häuser innerhalb der mauern in Flammen und das ohnehin trockene Wetter verstärkte den dadurch verursachten Effekt. Hier kam eins zum anderen. Diejenigen, die Wasser aus dem Fluß schöpfen wollten, begaben sich auf ein gefährliches Tarrain. Bald war das Ufer mit zahllosen Toten bedeckt und mit Blut durchtränkt.


    Jemand erschien auf der Mauer. Ein ideales Ziel für die Scorpione. Einige gezielte Schüsse, einer traf. Der Mann verschwand. Avitus schüttelte den Kopf. Bald schon würden sie verstehen, warum die römische Armee für die Belagerungen spezialisiert war. Sie mochten auf der Mauer stehen, aber sie beherrschten sie nicht. Jeder, der sich da zeigte, verkürzte seine Lebenserwartung auf ein Minimum. Unter Herrschaft stellte Avitus sich etwas anderes vor.
    "Den Beschuss aufrecht erhalten. Mehr Brandgeschosse..."
    sagte er, schließlich wollten die Löschtrupps in der Stadt beschäftigt werden.
    "Tellum"
    schrie jemand, warnte damit vor einer herankommenden Pfeilsalve. Sie wehrten sich, deckten sie hin und wieder mit Pfeilen ein. Avitus ging in Deckung, während die Pfeile auf sie herabregneten. Ganz so schrecklich wie damals bei Edessa erschienen ihm diese Augenblicke nicht mehr. Schon verrückt, dass man sich sogar daran gewöhnen konnte.
    "Erwiedern..."
    brüllte er. Die Bedienmannschaften der Ballisten und Katapulte luden und die römische Artillerie schoss wütend zurück, antwortete auf den Pfeilbeschuss mit einer Gegensalve. Mit tödlicher Wucht schlugen die Geschosse auf die Mauer und die Gebäude im Innern, Steine zersplitterten, Brandgeschosse entflammten die Gebäude. Eine Antwort der Parther blieb aus. Vorerst zumindest. Bald schon würde das nächste "Geplänkel" kommen. So würden die nächsten Tage wohl aussehen. Eine Woche lang...

  • Priscus stand, wo er in solchen Fällen am liebsten war - bei den Geschützen. Ziemlich weit vorne sogar, wegen der geringeren Reichweite der Scorpiones. Endlich gab es mal eine richtige Belagerung und außerdem hatte er so etwas Gelegenheit, ein paar Soldaten seiner neuen Einheit auch bei schwierigeren Aufgaben etwas genauer kennen zu lernen. Die Männer der Geschützmannschaften waren meist die, auf die man sich auch sonst in vielen Fällen verlassen konnte, wenn es um Zuverlässigkeit und reibungsloses Zusammenspiel ging.


    Vier Mann waren an jedem Geschütz, nicht nur dem von seiner Centurie, sondern auch den benachbarten. Priscus legte Wert darauf, dass sie nicht schnell schossen, aber präzise. Die Geschützbolzen, die sie jetzt in die Stadt hinein schossen, würden sie so schnell nicht wieder sehen. Noch war der Vorrat zwar groß, aber er schrumpfte und würde so schnell nicht wieder wachsen. Steinkugeln waren schneller zu beschaffen als hölzerne Bolzen und die parthischen Pfeile, die zu ihnen herüber kamen, waren nur begrenzt als eigene Munition verwendbar.

  • Licinus stand bei der schweren ballista der ersten centuria und deckte mit seinem Schild so gutes ging die Gescützmannschaft ab, wenn es zu einem nuen Pfeilhagel kam.


    Immer wieder zogen die milites mit der Winde den Schlitten für die Geschosse zurück, bis kurz vor dem Ende angekommen der Bolzen auf den Schlitten fiel, am Ende dann ein Stift den Schlitten vom Zugelementlöste und die gespannten Sehnen den Schlitten und mit ihm das Geschoss nach vorne schossen, der Schlitten mit einem scharfen Knall gegen den vorderen Teil der ballista knallte und der Bolzen durch eine Ausparung hindurch in Richtung der Feinde flog um dort verheerenden Schaden anzurichten. Dann drehten die miltes die Winde wieder nach vorne, das zugelemnt hakte sich wieder an den Schlitten und das ganze begann von vorne.
    Während Licinus über die Genialität dieser Technik nur staunen konnte schien es für die Mannschaft ganz alltäglich, das sogar das nachladen mehr oder minder automatisch funktionierte, solange sich genug Bolzen in dem kleinen Kasten oberhalb der ballista befanden. Dies sichzustellen war die Aufgabe des tesserarius, der einen kleinen Trupp befehligte und immer wieder neue Munituin, Schmierfett und Ersatzteile bereithielt und, wenn nötig, neu beschaffte.
    Der große Rest der centuria sicherte unter dem Kommando des primus pilus persönlich das Gebiet zwischen diesem und den benachbarten Geschützen.


    Licinus hatte sich schon an das rhythmische Krachen des vorfliegenden Schlittens gewöhnt, als plötzlich ein anderes Krachen und sofort darauf ein lautes fluchen des Führers der Geschützmannschaft. Eine der beiden Sehnen hatte der Dauerbelastung nicht standhelten können und war gerissen. Sofort machten sich die Männer daran die Sehne auszutauschen, was ihnen recht schnell gelang, dennoch kam es Licinus unendlich lang vor, da der kleine Trupp solange Handlungsunfähig war und zum anderen Licinus von der Geschützreperatur keine Ahnung hatte und zu keinem Zeitpunkt hätte sagen können, wann es weiterginge.
    Nachdem die ballista repariert worden war wurde sie sofort auch wieder in Betrieb genommen und ließ wieder das Krachen über die Männer hinweg hallen.

  • Für Priscus war es ein komisches Gefühl, den Einsatz der Geschütze zu überwachen. Einerseits standen sie hier im Feld, vor einer belagerten Stadt und somit war es ein echter Kampfeinsatz. Andererseits standen sie hier im Wissen, dass sie sowieso bald abziehen würden und nur schossen, um die Parther zu beschäftigen. Letztlich war das Ganze also wohl doch nur ein Übungsschießen unter äußerst realen Bedingungen. Was kein Grund war, auf gute alte Artillerie-Lieder zu verzichten.


    "Sehne vor und zurück,
    Richtet aus das gute Stück,
    Die Geschütze sind wieder auf'm Feld!
    Nicht zur kurz, nicht zu lang
    Was weiß ich wohin der gang,
    Die Geschütze schießen über's Feld!


    Wir singen Ho! Ho! Hi!
    Für die Ballistarii,
    Uns're Schilde werden aufgestellt!
    Und wo immer ihr seid,
    macht euch allzeit bereit,
    Die Geschütze sind wieder auf'm Feld!"


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