Haltet die Welt an

  • Ticinius war gerade auf dem Forum Romanum, denn er hatte sich angewöhnt, während seines täglichen Spazierganges das Forum zu besuchen und die neuesten Gerüchte zu hören.


    Heute war kein gewöhnlicher Tag, denn kaum hatte er das Forum betreten, begann ein Mann zu verkünden, dass der Kaiser gestorben sei. Kaum war dies geschehen, begann ein offensichtlich verrückter Mann, den Untergang der Welt anzukündigen.


    Der Untergang der Welt wird dies nicht werden, dachte Ticinius, dennoch war die Gefahr vorhanden, dass es zu einem Bürgerkrieg kam. Der Caesar war, soweit er wusste, in Illyrien, und es würde einige Zeit dauern, bis er nach Rom kommen kann. Und Ticinius wusste nicht, wer die Zeit nicht nutzen würde, um die Macht an sich zu reißen und so einen Bürgerkrieg im Imperium Romanum, vielleicht sogar in Rom selbst, anzuzetteln. Er nahm sich vor, bald der Concordia zu opfern, damit sie die Eintracht der Römer bewahrt.


    Während er so nachdachte, wurde es auf dem Forum immer voller und die Leute immer erregter. Er beschloss, das Forum zu verlassen, und versuchte, sich einen Weg durch die Menschenmenge zu bahnen.

    statim sapiunt, statim sciunt omnia, neminem verentur, imitantur neminem atque ipsi sibi exempla sunt


  • "Decima Lucilla... Ich hätte mir gewüscht, daß wir uns unter angenehmeren Umständen wiedersehen. Also, wenn ihr drei nichts näheres wißt, dann weiß es noch niemand außer den Senatoren." Immerhin gehörte Lucilla zu den wißbegierigsten Menschen, die er kannte und Corvinus gehörte zur Zeit zu den bestinformiertesten Menschen des Imperiums.


    Modestus warf Ursus ein kurzes Grinsen zu, hatte er ihm doch gerade ganz nebenbei verraten, mit wem er es zu tun hatte. Er mochte den Annaeer gut leiden, auch wenn sie bisher nur wenig miteinander zu tun gehabt hatten und im Grunde genommen Konkurrenten waren. Aber warum sollte man sich nicht trotzdem gut verstehen? Mit Aquilius funktionierte das doch auch ganz wunderbar.


    "Helfende Hände kann man wahrhaftig immer gebrauchen", wandte sich Ursus nun an den jungen Mann, der ihnen so tatkräftig hatte zur Seite stehen wollen. "Doch wir würden trotzdem gerne erfahren, wem diese hilfreichen Hände gehören. Uns scheinst Du ja zu kennen." Ursus sprach nicht unfreundlich. Es störte ihn auch nicht, daß der Fremde sie zu kennen schien. Im Gegenteil. Das zeigte doch, daß sie bekannt waren. Was ihrer weiteren Laufbahn ja nicht schaden konnte.


    "Bei der Unruhe hier auf dem Forum wird eine offizielle Mitteilung sicher nicht mehr lange auf sich warten lassen." Daß die Gerüchte sich weiter steigerten und immer wilder wurden, konnte am besten durch sachliche, vernünftige Information unterbunden werden.

  • Solangsam kam Bewegung in die Sache. Immer mehr Männer begannen an verschiedenen Orten den unausweichlichen Untergang des Reiches zu prophezeien, während zeitgleich immer mehr Menschen auf das Forum strömten. Die Folge war ein immer größer werdendes Gedränge in dem die Botschaft vom Tode des Kaisers in den Hintergrund trat und die Angst um die Zukunft geschürt wurde.
    Crassus sah sich diese Szenerie einige Minuten mit ruhiger, ja eigentlich lustloser Miene an. Ihm fehlte jede Motivation hier jetzt einzugreifen. Doch als er meinte eine Patrizerin inmitten ihrer Sklaven zu sehen, die zum Spielball des Mobs wurde, erwachte er aus seiner Starre. Mit einer einzigen Handbewegung ließ er einen Centurio zu seinem Pferd kommen.


    Es darf heute kein Patrizierblut fließen, wer weiß auf was für die Ideen die Familie sonst noch kommt.


    Bei diesen Worten deutete er auf die Gruppe um Crista, in welcher Crassus fälschlicherweise gemeint hat, eine Adlige erblickt zu haben. Der Centurio salutierte und nahm sich dann einen Trupp aus der Formation um Crassus.


    Dieser Trupp wurde vom Centurio kurz instruiert und bahnte sich dann mit ihm einen Weg durch die Menge. Dabei gingen sie alles andere als zimperlich um. Wer nicht selbstständig sofort aus dem Weg war - weil er entweder die Prätorianer nicht bemerkte oder einfach aufgrund des Gedränge nicht aus dem Weg konnte-, wurde mit dem Schild brutal weggedrückt. Schließlich war man ja Prätorianer, kein Blumenzüchterverein.
    Nach einigen blutigen Nasen und vielen Schmerzensschreien waren die Prätorianer erfolgreich bei der Gruppe angekommen und schirmte diese von dem Auflauf ab. Sofort versuchte der Centurio sich nach dem Wohlbefinden des Adligen zu erkundigen... vergeblich, denn es befand sich in der Gruppe offensichtlich gar niemand, mit adligem Blut.


    "So eine Scheiße... wir kehren zum Praefecten zurück."


    Damit schickten sich die Männer an, sich wieder zurückzu"kämpfen" und die Frauen wieder sich selbst zu überlassen...

  • Zitat

    Original von Corvinus, Ursus, Modestus und Scaurus


    Von irgendwoher fliegen ständig Fetzen des beginnenden Weltuntergangs herüber, denen Lucilla aber nur mit halbem Ohr lauscht. Immer mehr Menschen strömen zum Forum. Die Praetorianer fahren auf, Crassus auf einem Pferd, wie ein strahlender Held. Ein Funkeln tritt in Lucillas Augen. Es ist ein Ereignis absolut unübertrefflichen Ausmaßes - und sie ist mittendrin, statt nur dabei.
    Der unfreundliche Retter der Patrizier entschuldigt sich zwar, nennt aber trotzdem nicht seinen Namen. Verständlich natürlich, Lucilla würde ihren Namen nach diesem Auftritt auch nicht mehr nennen. Denn sie weiß ganz genau, dass sie sich ihn merken wird, sobald er fällt.


    Vorerst ignoriert sie ihn allerdings, wendet sich lächeln zu Annaeus Modestus und stellt sich nochmals vor, auch wenn Ursus ihren Namen schon verraten hat. "Ich bin Decima Lucilla." Seit Lucilla verheiratet ist, führt sie nicht mehr ihre ganzen Titel bezüglich der Familie an, denn wer sie nicht kennt, der hat eh halb Rom verpasst - bildet sie sich ein. "Wegen der Abwesenheit des Caesars ..." Ist der Caesar eigentlich nun schon Kaiser? Oder muss er erst zum Kaiser ernannt werden? Lucilla kennt sich bei diesen Formalitäten leider gar nicht aus. " ... brauchst du dir sicher keine Gedanken machen. Was ist schon der Unterschied zwischen einem Kaiser in Parthien oder einem Kaiser im Illyricum? Und mal ehrlich, wie oft hat man den Kaiser vor dem Krieg zuletzt in Rom gesehen? Ich bin ganz sicher, Ulpius Aelianus Valerianus wird diesen Staat schon schaukeln, noch bevor er einen Fuß in die Stadt gesetzt hat. Er ist immerhin nicht umsonst von unserem großen Imperator Augustus - mögen die Götter seiner Seele gnädig sein - zu seinem Nachfolger bestimmt worden. Er ist beim Volk gut gelitten und ein Soldat, so dass ihm auch die Legionen folgen werden."


    Genau genomemn hat Lucilla eigentlich gar keine rechte Vorstellung von Aelianus Valerianus. Man hat ihn noch seltener als den Kaiser in Rom gesehen und viel gehört hat man auch nicht von ihm. Aber irgendeinen Grund wird es schon geben, dass Iulianus ihn als ihm nachfolgenden Kaiser bestimmt hat. Für Lucilla ist das eh alles recht belanglos. Die Decima waren schon immer eine kaisertreue Familie, da geben sie viel drauf, und deswegen wird Lucilla jedem Kaiser gegenüber treu sein - ob er nun Ulpius Iulianus oder Ulpius Valerianus heißen mag.

  • Das Forum füllte sich immer weiter mit Menschen und Lärm, auch in den Straßen rund um das Zentrum der Hauptstadt wurde es eng und enger. Die Prätorianer waren nicht die einzige, die sich einen Weg durch die Menge bahnten. Zahlreiche Liktoren machten rigoros von ihren Rutenbündeln Gebrauch, um den beiden Consuln einen Weg zur Rostra zu bahnen.


    "Volk von Rom! Ihr habt die schrecklichen Nachrichten vernommen und sie sind wahr! Unser geliebter Imperator Caesar Augustus Censor Pontifex Maximus Lucius Ulpius Iulianus ist zu den Göttern empor gestiegen. Wir, die gewählten Consuln und Vertreter des Senates fordern euch auf, diesem großen Herrscher in besonnener Trauer zu gedenken und ihn durch aufrichtige Anteilnahme zu ehren!"


    Mehr konnten sie erst einmal nicht sagen, ohne für alle weiteren Handlungen den Willen der Götter befragt zu haben.

  • Immer noch drückte sie das weinende Kind an sich, half einer älteren Frau, die im Begriff war hinzufallen wieder auf die Beine. "Ich darf nicht panisch werden... ich darf nicht panisch werden... ich darf nicht panisch werden..." murmelte Crista wie ein Mantra vor sich hin und hielt nach möglicher Hilfe Ausschau. Sie sah einen Mann auf einem Pferd sitzen, der ihre Gruppe zu beobachten schien. "Warum helft ihr nicht?" rief sie in seine Richtung, doch ihre Worte gingen im allgemeinen Trubel unter. Sie war für mehrere Momente abgelenkt, da der Mob sie weiterschob. "Oh Mann.. wie komm ich hier bloß raus??" fluchte sie.


    Eine andere Gruppe bewegte sich in ihre Richtung und schob die anderen von ihr weg. Dankbar sah sie die Prätorianer an und freute sich zu früh. Die erkannten sie als eine Sklavin wieder und waren im Begriff sich wieder von ihr abzuwenden. "So wartet doch.. bringt mich hier raus." bettelte sie die Männer in den Uniformen an. "Wo ist der Praefect? Dahinten habe ich noch mehr Patrizier gesehen." Crista deutete in die Richtung, wo sie die Gruppe um Marcus Aurelius Corvinus samt Titus Aurelius Ursus und Decima Lucilla vermutete.


    Crista drehte sich nach der Stimme um, die Neues und Neuigkeiten bekanntgab. Die freie Fläche wurde wieder kleiner. Den Liktoren, den Rutenschlägern wollte sie wegen dem nicht mehr schreienden Kind nicht in die Quere kommen und wich mit der Menge vor ihnen zurück. Unversehens rempelte sie Hektor und verlor das Gleichgewicht. "Ah.. verflixt.." Im Anrempeln anderer Leute habe ich wirklich eine gewisse Begabung, schoß es ihr durch den Kopf. Sie streckte die Hand aus, um sich irgendwie noch an Hektor festhalten zu können. Die Panik in ihr war davor auszubrechen.

  • Die Situation vor mir schien sich etwas zu entspannen, was ich von mir und der restlichen Umgebung nicht gerade behaupten konnte. Der Fremde hatte anscheinend keine bösen Absichten gegenüber meinen Herren, aber seinen Namen wollte er aus irgend einem Grund einfach nicht nennen. Ich beobachtete ihn weiterhin misstrauisch aus den Augenwinkeln, konzentrierte mich aber auch wieder auf unser Umfeld.Überall aufgebrachte Leute, Geschrei und Wehklagen und aufgeheizt wurde die Stimmung, zu allem Überfluss noch, durch Kommentare über den bevorstehenden Weltuntergang. Ein ständiges Geschiebe und Gerangel hier mitten auf dem Platz. Hoffentlich würden sich die Herrschaften bald für ihren Plausch ein gemütlicheres Plätzchen suchen


    Wieder bekam ich einen Stoß von links und nach einem schnellen Blick zur Seite schob ich den Verursacher, einen älteren Mann mit grauen Haaren, mit dem linken Arm auf Abstand. Er hatte wohl einen leichten Schwächeanfall erlitten in all dem Trubel. "Cave avus! Pass besser auf, nicht dass ich dir versehentlich noch weh tu!", drohte ich ihm sichtlich genervt da es schwer viel, in dem Gewühl hier die Übersicht zu behalten. Sollte sich auch besser zu Hause ins Bett legen, als sich um die Zeit auf dem Forum herum zu treiben, dachte ich mir noch und im selben Augenblick wurde ich schon wieder von der anderen Seite angerempelt. Diesmal jedoch fester. Irgendwer griff sogar nach mir und zupfte und zog auch schon heftig an meiner Tunika.


    Ich wirbelte herum und meine rechte Hand fuhr dabei wie von selbst unter den Arm der Person, die sich eben an mir festklammern wollte. Ich hielt und zog die Gestalt daran zu mir und hatte meine Linke bereites zur Faust geballt, um sie dem vermeintlichen Angreifer ins Gesicht zu schlagen. "PASS AUF! ….", zischte ich drohend zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch und realisierte erst jetzt, wer sich da gerade an mir festhalten wollte. "Oh…", Mein Blick wechselte von grimmig auf überrascht und meine Faust erhielt gerade noch rechtzeitig den Befehl zu warten . "Pass doch auf! ...", wiederholte ich schon einen Tick leiser und freundlicher. "Ehm … ich meine … " ich sollte besser aufpassen…puh! Beinahe hätte ich, im Eifer des Gefechts, eine Frau geschlagen. Eine Frau mit Kind! Mein Griff lockerte sich augenblicklich und ich half der Frau dabei sich wieder aufrecht hinzustellen."Du … also du … und dein Kind … ", stammelte ich erst einmal weiter und betrachtete die Fremde genau. Der Kleidung nach war sie mit Sicherheit keine Adelige. Vielleicht eine Plebejerin oder eine Peregrina?. "Du solltest besser aufpassen! Das hier ist im Moment kein guter Ort für eine Frau und ihr Kind!", riet ich ihr nun wieder im normalen Tonfall und versuchte ein Lächeln zustande zu bringen. "Alles in Ordnung mit dir? … Entschuldige bitte, ich wollte dir nicht weh tun.", erkundigte ich mich weiter und ließ nun auch ihren Arm wieder ganz los.

  • Zitat

    Original von Titus Aurelius Ursus
    ...


    "Helfende Hände kann man wahrhaftig immer gebrauchen", wandte sich Ursus nun an den jungen Mann, der ihnen so tatkräftig hatte zur Seite stehen wollen. "Doch wir würden trotzdem gerne erfahren, wem diese hilfreichen Hände gehören. Uns scheinst Du ja zu kennen." Ursus sprach nicht unfreundlich. Es störte ihn auch nicht, daß der Fremde sie zu kennen schien. Im Gegenteil. Das zeigte doch, daß sie bekannt waren. Was ihrer weiteren Laufbahn ja nicht schaden konnte.


    "Bei der Unruhe hier auf dem Forum wird eine offizielle Mitteilung sicher nicht mehr lange auf sich warten lassen." Daß die Gerüchte sich weiter steigerten und immer wilder wurden, konnte am besten durch sachliche, vernünftige Information unterbunden werden.


    Langsam wurde der Tumult um uns herum schlimmer und ich konnte sogar erkennen, wie eine Gruppe der Garde sich den Weg durch die Menge bahnte, dann aber scheinbar wieder unverrichteter Dinge abzog. Noch sah ich nicht wirklich Handlungsbedarf für irgendwen, denn außer einigen kleineren Zänkereien, die jetzt überall entbrannten, blieb es doch human. Der Aurelier wandte wieder sein Wort an mich und da fiel es mir wieder ein.


    Das habe ich völlig vergessen. Decimus Scaurus ist mein Name. Ja, euch kenne ich, mein nomenclator ist gut informiert., sprach ich grinsend und merkte, wie einer meiner Sklaven in die Menge gedrückt wurde. Mühsam zog ich ihn an seiner Tunika wieder zu uns. So langsam wurde es klaustrophobisch. Plötzlich traten die Consuln auf die rostra und verkündeten das, was alle insgeheim schon geahnt hatten. Anstatt dass sich nun ein Chaos anbahnte, wurde es merklich stiller. Ich starrte gebannt auf die Rednerbühne und konnte nicht wirklich realisieren, dass es wirklich so war, wie die Consuln verlautbart hatten.


    Der Kaiser ist wirklich tot?, entfuhr es mir und ich bekam den Mund nicht mehr zu.


    Wie lautet dein Name, Aurelius?, fragte ich schließlich Ursus, ohne ihn wirklich anzusehen.

  • Der Centurio ließ sich von der Bitte der Dame nicht erweichen. Es hatte ihm ja schon nicht gefallen, dass er einer Adligen zur Hilfe eilen sollte, aber eine Peregrina oder Serva zu retten kam absolut nicht in Frage. Dafür hatte er zu viel stolz. Vorallem da die Lage auf dem Forum ja nun auch noch nicht so gefährlich war. So schlug der Centurio eine Schneise zurück zu den anderen Prätorianern und überließ die Gruppe der Damen sich selber.



    Crassus hatte derweil das übrige Treiben auf dem Forum beobachtet. Es waren noch mehr Menschen gekommen und auch nachdem die Consuln das Volk von Rom informiert hatte, riss der Menschenstrom auf das Forum nicht ab. Solangsam überlegte sich Crassus mögliche Folgen und wie man diesen vorbeugen konnte.


    Sperre das Forum ab, sodass keine Leute mehr nachströmen können. Und dann sorge dafür, dass sich dieser Auflauf hier langsam auflöst. Die Menschen sollen nach Hause gehen und dort trauern.


    Der Tribun nahm die Anweisung entgegen und gab sie dann weiter. Während sich die ersten Abteilungen auf machten, um auf die andere Seite des Forum zu gelangen, wurden Boten zur Castra geschickt um weitere Truppen zu holen. Das gesamte Forum großflächig abzusperren war keine Sache, die man mal einfach so nebenbei und spontan machte. Deswegen würde man sich auch vorläufig auf die nähere Umgebung der Rostra beschränken und hoffen, dass dann die anderen selbstständig merken, dass es wohl besser wäre, wenn sie nun heim gehen würden.

  • Wollte er sie schlagen? Nur weil sie sich festhielt? Halt suchte? Sie spürte seine Hand an ihrem Arm. Crista schrie entsetzt auf noch während sie versuchte das Gleichgewicht wiederzufinden. Ihr Schrei ging ohnehin im Getümmel und Gewühl unter. Mit klopfendem Herzen und zitternd drückte sie das Kind an sich. Um ein Haar hätte sie das viel jüngere Kind fallen gelassen. "Ohohoh...puhhuh.." seufzte Crista erschrocken auf, schüttelte den Kopf. Mit Erleichterung nahm sie die von ihm dargebotene Stütze an. "Das.. das ist nicht mein.. Kind. Seine Mutter.. hat.. ihn.. sie.. verloren.. hier.. mitten drin.. fallen gelassen.." brachte sie immer wieder Mal im Sprechfluss zögernd hervor, schielte ihrerseits das Kind an. Mädchen oder Junge? Sie hatte keine Zeit gehabt, sich darüber Gedanken zu machen. Der Schreck saß ihr in den Knochen. Da hatte sie Glück gehabt, weil der Mann sie vor dem Hinfallen bewahrt hatte.


    "Ja.. es geht.. ja.. beide.. in Ordnung. Danke." Die junge Sklavin sah Hektor an. Er trug feine Kleidung. Wer er wohl war? Grüne Augen hatte er jedenfalls nicht. "Ich bin Sklavin.. die Crista. Was.. was soll ich.. denn mit dem Kind machen?.. Ich.. weiss nicht wo.. wer die Mutter.." Sie stockte, wich einem weiteren Rempler aus. Ihr Blick huschte an Hektor vorbei zu dem behelmten Mann der auf dem Pferd saß. "Ich muss.. hier.. dringend raus. Ich muss meine Aufgabe erledigen. Eine Botschaft überbringen. Es ist eilig!!" Allmählich kam sie zu Atem. Ei der Daus, ja zu wem musste sie denn? Sie konnte es doch nicht vergessen haben!! Das war unmöglich. Ihre Augen weiteten sich. "Ich muss zum.. zum.. Hunger.. Hungi.. Ungar.. Ricus. Hilf mir doch mal... Du kennst den Namen bestimmt." brachte sie heraus. "Er gehört dem Senat an.. ein Senator.."

  • Das Volk hatte jedoch entgegen der Hoffnung des Praefecten der Praetorianer kein kollektives Bedürfnis, nach Hause zu gehen. Zu groß war die Unruhe, zu aufgewühlt die Emotionen. Während die einen das Forum verließen, strömten andere herbei. Während die einen sich gerade Klarheit verschafften, stellen die anderen neue Fragen. Einige fanden, das die Consuln mehr hätten sagen können, andere waren froh, dass sie überhaupt etwas gesagt hatten. Wer einen Senator erblickte, bestürmte ihn mit Fragen und alle anderen fragten sich gegenseitig, ob sie einen Senator gesehen hätten.

  • Das konnte doch alles nicht wahr sein. Lacedaemonius war entsetzt und schockiert ob der Mitteilungen die ihn bestürzten als er auf dem Forum stand. Der Kaiser tot? Von einem Pfeil getötet? Was würde nun aus dem Reich werden, wer würde sein Nachfolger werden, was wenn es wieder Bürgerkrieg gäbe?


    Er erinnerte sich nicht an den Bürgerkrieg, der in seiner Kindheit gewütet hatte. Damals war er fast noch ein Säugling gewesen, aber es soll laut seinen Elter eine schreckliche Zeit gewesen sein. Könnte es sein, dass so etwas wieder passieren würde? Wenn man bedenkt wie gut früher alles gewesen war, dann ganz bestimmt. Nichts würde mehr so sein, wie es einmal gewesen ist, alles würde anders werden. Und bestimmt nicht besser.


    Sollte er zu seinen Eltern laufen und ihnen bescheid geben? Aber was würde das bringen, sie würden ohnehin schon davon wissen. Er würde opfern gehen, ja das würde er tun.


    Nachdem ihn die Menge also auf das Forum gespült hatte, auf dem gerade ein riesiger Andrang herrschte, versuchte er sich in Richtung eines Tempels aufzumachen. Das war gar nicht so einfach, es gab kaum ein durchkommen. Aber mit einiger Mühe schaffte er es, sich dem Strom der Menschen zu entreißen und das Forum zu verlassen. Er fühlte sich erdrückt und gequetscht, aber es gab jetzt wichtigeres.

  • Eigentlich schade, dass ich in dem ganzen Trubel nicht so recht die Zeit und Muse fand, die Schönheit der Unbekannten ausreichend mit Blicken zu bewundern und ihr die Aufmerksamkeit zu schenken, die ihr zweifelsohne zugestanden hätte. Warum musste der Kaiser ausgerechnet jetzt sterben? Also mehr im übertragenen Sinne, angesichts der Meldungen über seinen Tod die hier für solch ein heilloses Durcheinander sorgten. Und wir mittendrin, Die Sklavin, das Kind ….ich … und die Herrschaften? … pfft, die plauderten immer noch seelenruhig mit einander. Klar, die Arbeit um sie zu beschützen blieb wieder an uns Sklaven hängen. Und wehe, wenn wir mal nicht aufpassten und sich doch einer von ihnen einen blauen Fleck holte, dann waren wir wieder schuld…


    Ich machte also zunächst einen eher abwesenden und desinteressierten Eindruck, während ich den Worten von Christa nur mit halben Ohr lauschte und mich immer wieder nach allen Richtungen umblickte. Allerdings musste ich mich darauf konzentrieren, auch weiterhin die Leute auf Abstand zu meinen Herren halten. "Was? … fallen gelassen, wen...? … Das Kind? … aha, … das ist nicht gut! … Nicht deines? … hm, und jetzt? … willst du es behalten? … gibt es niemanden, dem du es übergeben kannst? … ", murmelte ich so nebenher und warf ihr immer wieder kurze ratlose Blicke zu, während ich mit Händen und Füssen die aufgebrachte Menge um uns herum zu bändigen versuchte. Nicht ihr Kind? … Meines war es auch nicht … Ich wusste auch nicht so recht, was man da tat. Hier und jetzt würden sich wohl nicht einmal die Prätorianer um eine Sklavin kümmern, die zufällig ein fremdes Kind am Boden gefunden hatte. Was passierte eigentlich mit Kindern, deren Eltern verschwunden blieben? Gab´s damals überhaupt schon Kinderstationen und Waisenhäuser??.


    Ich erkannte so langsam die Verzweiflung und Panik die in Christa hochzukriechen schien und nachdem sie beinahe einen weiteren Rempler erhalten hätte, zog ich sie am Ärmel etwas näher an unsere Gruppe heran. "Vorsicht! … Stell dich am besten hier neben mich. Da kann dir nichts passieren.", bot ich ihr lächelnd an und wurde wieder für einen Augenblick abgelenkt. "Geh weg da alter Mann! … Und tritt nicht meinem Herrn und der Dame hier auf die Füße!", zischte ich einem Fremden zu, der gerade auf mich und Christa zugestolpert kam. Sie hatte es eilig? … sie hatte Hunger? …nein, sie hatte einen Auftrag. Eine Botschaft für einen Senator? ..Ein Ungar namens Ricus? … Irgend etwas sagte mir der Name dennoch, denn Senatoren waren bei den Aureliern zu Hause schließlich keine Seltenheit. "Du hast eine Botschaft zu überbringen? An einen Senator? … hmm, meinst du vielleicht Senator Marcus Vinicius Hungaricus? … Was ist denn so wichtig, dass du ihn jetzt sofort treffen musst? ... " Die meisten hatten jetzt andere Sorgen. Ob ich meinen Herrn fragen soll? … vielleicht wüsste er ja, wie man am schnellsten zu dem Senator käme. Aber so einfach konnte ich ihn nicht um seine Hilfe bitten, dazu bräuchte ich schon einen triftigen Grund.

  • Ich zog erstaunt eine Braue hoch, als der Fremde sich als Decimus vorstellte. Mein Blick glitt zu Lucilla hin und wieder zurück zu dem Decimus. Sie schienen nur entfernt verwandt zu sein und sich nicht zu kennen, sonst wäre sie ihm zuvor nicht so an den Karren gefahren. "Da geht deine Schätzung in die richtige Richtung", bemerkte ich mit einem schiefen Grinsen.


    Kurz darauf war Schweigen geboten, denn die Konsuln betraten die rostra. Vom einen auf den anderen Moment herrschte eine beinahe unnatürliche Ruhe auf dem Platz, und als einer der beiden zu sprechen begann, hallte seine grave Stimme effektvoll über die Köpfe fer Leute auf dem forum hinweg. Die Worte indes waren wie ein Schlag ins Gesicht. Der Kaiser war tot. Es stimmte. Es war wahr. Meine Brauen zogen sich besorgt zusammen, der Mund formte eine flache Linie. "Ihr Götter..." murmelte ich und schüttelte nachdenklich den Kopf. Gewiss würde man den Caesar nun zum Kaiser aufrufen, doch wenn die Gerüchte stimmten, die in Rom das Tagesgeschehen bereicherten, war auch er nicht gerade von bester Gesundheit. Wohin sollte das führen? Vor meinem inneren Auge sah ich bereits die ersten Machtkämpfe sich anbahnen und stattfinden. Wäre der Caesar kräftig und gesund, würde es soweit vermutlich gar nicht erst kommen. Immerhin war er ein Feldherr und konnte vermutlich mühelos die militärische Stärke Roms um sich scharen, um nötigenfalls zu erzwingen, was ihm gebührte...


    Ich dachte noch nach, während um uns herum bereits wieder Tumulte ausbrachen. Der Kaiser hatte mich persönlich zum Tribunen der legio secunda ernannt. Er war ein guter Mann gewesen, ein fähiger... Sein plötzlicher Tod stellte nun alles in den Schatten, begonnen bei der Zukunft des Kaiserhauses und endend mit der Wahl. Die Wahl... Ein Gespräch mit meinem Patron war angesichts dieses Wandels zwingend notwendig. Irgendwo am Rande meines Gesichtsfeldes plapperte Lucilla optimistisch drauflos, und auch der Decimer bewegte seinen Mund. Nicht weit entfernt ritten zwei Prätorianer vorüber, irgendwo weinte ein Kind und man hörte selbst einige Hühner gackern - es war das perfekte Chaos, und ich wie betäubt mittendrin. Rom war im Wandel inbegriffen. Wir Aurelier waren schon immer kaisertreu gewesen. Was würde folgen? Wer würde folgen?

  • Auch Ursus blickte ein wenig verwirrt drein, als Decimus Scaurus sich vorstellte. Und er kannte Lucilla nicht? Nunja, in den größeren Familien mochte dies nicht so ungewöhnlich sein. Vielleicht entstammte er ja einem völlig anderen Familienzweig. Ursus nahm sich vor, in den Stammbäumen zu gucken. Doch diese Überlegung wurde unterbrochen durch die nun folgende Bekanntgabe der Konsuln. Der Kaiser war also wirklich tot!


    Der Schock saß tief. Die Frage des Decimers verhallte ungehört. Der Kaiser war tot. Er war ein guter Kaiser gewesen und Ursus hatte seine Treue zu ihm nie auch nur im Geringsten in Frage gestellt. Doch was würde nun geschehen? Der Caesar war sicherlich zum Nachfolger bestimmt. Doch es hieß, er sei krank. Wie krank war er wirklich? Würde er sich unter diesen Umständen durchsetzen können? Fragen, die sich heute wohl nicht mehr klären würden. Für heute war die Welt aus den Fugen und würde es wohl auch bleiben.


    Ursus blickte sich um. Corvinus stand stocksteif da, als könnte er immer noch nicht glauben können, was er gehört hatte. Die Menschen rundrum, verunsichert und geschockt, riefen durcheinander, erkämpften sich ihre Wege, ohne Rücksicht auf andere. Hier und da waren Praetorianer zu sehen. Ein Hexenkessel. Und sie mittendrin.


    "Nun haben wir Gewißheit. Wir sollten sehen, daß wir von hier wegkommen, bevor der Tumult überkocht." Wenigstens aus der Mitte der Menge sollten sie sehen, daß sie herauskamen. Ursus bezweifelte, daß sich hier auf dem Forum heute noch etwas brauchbares erfahren ließ. Morgen waren sicher auch die Senatoren wieder ansprechbar, für heute hielt Ursus dies für ausgesprochen unwahrscheinlich.


    Er blickte sich kurz nach Hektor um. Der sprach mit einer jungen Frau, vergaß darüber aber nicht seine Aufgabe. Gut so. Ursus wandte sich wieder Corvinus zu. "Marcus! Komm, wir sollten hier weg." Er stubste seinen Onkel leicht an, um ihn aus seiner scheinbaren Betäubung zu wecken, und wandte sich dann an Lucilla, um ihr seinen Arm anzubieten. "Darf ich Dir meinen Schutz und meine Begleitung anbieten?" Scaurus hatte er nur kurz bedauernd zugenickt. Der konnte gut auf sich selbst aufpassen und würde gewiß verstehen, daß hier weder Zeit noch Ort für eine leichte Plauderei waren.

  • Zitat

    Original von Decima Lucilla


    >Es freut mich dich kennen zu lernen, Decima Lucilla. Natürlich macht es keinen Unterschied ob der Kaiser in Parthia oder Illyricum ist, doch er muss sich ja erst in den neuen Amtsgeschäften zurechtfinden. Aber hoffen wir das beste für den Augustus.<


    antwortete Modestus der Decima. Natürlich sagte ihm ihr Name etwas, denn auch er lass die Acta Diurna, deren Auctrix sie gewesen war. Doch gesehen hatte er sie bisher noch nicht.


    Wenige später sah er wie die ersten Liktoren auftauchten und Platz für die Consulen machten. Als sie auf die Rostra stiegen und verkündeten, dass der Kaiser wirklich gestorben war, war Modestus erst einmal erschrocken. Natürlich war es ihm vorher schon klar gewesen, dass der Kaiser wohl tot war, aber nun war auch die letzte Hoffnung auf ein Missverständis zerstört. Die möglichen Konsequenzen erschienen vor seinen Augen. Und die vielen Aufgaben die es zu erledigen galt. Und mit so einer Toga konnte er doch nicht herumlaufen, wenn der Kaiser gestorben war. Und die Münzen. Die konnten auch nicht so gelassen werden. Neue Stempel mit dem neuen Kaiser mussten her. War es überhaupt schon sicher, dass Valerianus Iulianus nachfolgen würde? Und Opfer an den Genien der kaiserlichen Familie mussten dargebracht werden.
    Er musste sofort los. Die Männer konnten für sich selbst sorgen und für die Decima war sicher auch gesorgt. Modestus murmelte noch eine hastige Entschuldigung und verschwand dann ohne viel Aufhebens mit seinem kleinen Gefolge wieder in der Menge in Richtung seiner Casa.

  • Zitat

    Original von Titus Aurelius Ursus
    "Nun haben wir Gewißheit. Wir sollten sehen, daß wir von hier wegkommen, bevor der Tumult überkocht." Wenigstens aus der Mitte der Menge sollten sie sehen, daß sie herauskamen. Ursus bezweifelte, daß sich hier auf dem Forum heute noch etwas brauchbares erfahren ließ. Morgen waren sicher auch die Senatoren wieder ansprechbar, für heute hielt Ursus dies für ausgesprochen unwahrscheinlich.


    Er blickte sich kurz nach Hektor um. Der sprach mit einer jungen Frau, vergaß darüber aber nicht seine Aufgabe. Gut so. Ursus wandte sich wieder Corvinus zu. "Marcus! Komm, wir sollten hier weg." Er stubste seinen Onkel leicht an, um ihn aus seiner scheinbaren Betäubung zu wecken, und wandte sich dann an Lucilla, um ihr seinen Arm anzubieten. "Darf ich Dir meinen Schutz und meine Begleitung anbieten?" Scaurus hatte er nur kurz bedauernd zugenickt. Der konnte gut auf sich selbst aufpassen und würde gewiß verstehen, daß hier weder Zeit noch Ort für eine leichte Plauderei waren.


    Ich nickte dem Aurelier noch einmal zu. Er hatte Recht. Jeder musste nun zusehen, dass er so schnell wie möglich von hier verschwand. Ich selbst überlegte angestrengt, wie ich jetzt einen Weg heraus finden konnte. Immer mehr Menschen strömten auf das Forum und blockierten sich dadurch selbst. Und so langsam war auch nicht mehr auszuschließen, dass es zu einem Tumult kam. Ich konnte zwar nicht genau erkennen, was außerhalb des Pulks passierte, aber ein paar hochpolierte Helme deuteten darauf hin, dass die Prätorianer bereits Stellung bezogen.


    Kommt, wir verschwinden!, raunte ich meinen Sklaven zu.


    Sie bildeten einen Keil vor mir und drängten die Leute beiseite. Jeder war sich nun der Nächste und keiner nahm Rücksicht auf das Schmerzempfinden seines Nebenmannes. Ein großes Schubsen und Drängeln begann und es dauerte einige Minuten, bis ich mich endlich am Rand des Geschehens befand. Aufatmend machte ich mich rasch auf den Weg zurück zur Casa Decima. In diesen chaotischen Verhältnissen war es wohl das Sinnvollste, sich in den eigenen vier Wänden zu verbarrikadieren. Und das hatte ich auch vor.

  • Zitat

    Original von Titus Aurelius Ursus


    So weit entfernt ist Scaurus eigentlich gar nicht mit Lucilla verwandt. Genau genommen ist er einer von den Verwandten, mit denen sie ein Teil ihrer Kindheit in der Casa Decima in Tarraco verbracht hat. Ihr allerliebster Schatz ist dabei Scaurus Bruder Faustus gewesen, den sie mit Liebe und Hingabe umsorgt, frisiert und eingekleidet hat und böse Zungen könnten behaupten wollen, dass sie einen großen Anteil daran trägt, dass Faustus sich bei allem immer ein bisschen mädchenhaft anstellt. Aber böse Zungen haben an diesem Tag ganz andere Sorgen. Lucilla hat auch andere Sorgen. Scaurus hat sie seit Jahren nicht mehr gesehen, dazu käme sie überhaupt nie auf den Gedanken, dass er in Rom ist. Würde sie etwas genauer hinsehen, dann würde sie vielleicht langsam auf die Idee kommen, dass diese Nase ihr bekannt vorkommen müsste. Aber selbst dann würde wahrscheinlich der Sesterz nicht fallen, denn so groß hat sie den Sohn ihres Cousins gar nicht in Erinnerung. Und als er dann endlich seinen Namen nennt, ist Lucillas Aufmerksamkeit schon wieder ganz woanders.

    Der Kaiser ist tatsächlich tot. Das Forum ist völlig überfüllt. Als ob die Menschen erwarten würden, dass man ihn hier noch einmal sehen könnte. Unwillkürlich stellt sich Lucilla auf die Zehenspitzen und bedauert einmal mehr in ihrem Leben, dass sie so klein ist. Irgendwie ist alles so hektisch um sie herum. Dabei gibt es doch eigentlich keinen Grund. Oder doch? Längst vergangene Worte ihrer Mutter fallen Lucilla ein. Lucillas Vater hat den Kaiser vor langer Zeit vor einem Attentat beschützt, dabei selbst sein Leben gelassen. Und Lucillas Mutter war trotz der Trauer unglaublich stolz darauf, denn ohne den Kaiser kann der Frieden im Imperium nicht mehr bestehen und das Land verfällt in Krieg und Chaos. Lucilla schaut sich um. Chaotisch ist das schon alles. Aber sicher hatte ihre Mutter das bildlich gemeint. Und sowieso erst, wenn es längere Zeit keinen Kaiser gibt. Dass ein Kaiser stirbt und sein Sohn die Nachfolge antritt, das ist doch ein ganz natürlicher Vorgang.


    'Tumult - weg - Schutz - Begleitung' dringen Ursus Worte an Lucillas Ohr. Sie blickt sich um. Wo sind eigentlich ihre Sklaven? Fünf Stück hatte sie dabei, immerhin hatte sie vor, viel einzukaufen. Als sie zum Forum kam, waren mindestens drei bei ihr. Aber nun kann sie keinen mehr sehen. Alle stehen so dicht gedrängt. Ob vielleicht doch nun der richtige Zeitpunkt für Panik wäre? Unsinn, sie stammt immerhin aus Hispania. Hispanier sind Unruhen und Volksaufstände gewohnt.


    "Den Schutz brauche ich sicher nicht, aber die Begleitung nehme ich gerne ein Stück in Anspruch." Sicher ist sicher. "Man kommt so schwer durch die Menge, wenn man so klein ist." Manchmal taugt mangelnde Größe immerhin als Ausrede und diese wenigen Gelegenheiten im Leben muss Lucilla nutzen.

  • "Nein.. ich will es nicht behalten!" gab Crista zurück und schüttelte den Kopf. "Was soll ich mit dem Kind? Ich habe einen Auftrag zu erfüllen!" Schön wäre es dieses Findelkind aufziehen zu können aber was wäre mit der Mutter? Sie würde um dieses Kind trauern und weinen... "Nein, Crista will kein Kind rauben." Sie stellte sich an seine Seite und versuchte sich so dünn wie möglich zu machen, was mit dem verwaisten Kind auf ihren Armen nicht gerade einfach war. War alles einfach? Nein! "Ich weiss niemanden, der das Kind haben will. Ich bin selbst erst in dieser Stadt angekommen."


    Über der Sorge um das Kind vergass sie beinahe, dass sie ihn gebeten hatte sich mit ihr an den Namen des Senators zu errinnern. "Ja.. genau! Der Ungar..." bestätigte sie nickend, schaffte sogar ein dankbares Lächeln auf ihren Mundwinkeln zu erzeugen. Kurzerhand drückte sie Hektor einen Kuss auf die Wange auf. "Ihm soll ich die Nachricht meines Herrn überbringen und dann so schnell wie möglich in die Casa Tiberia zurück kehren." fügte sie an. "Wie soll ich in dem Chaos zu ihm kommen? Kannst du mich begleiten? Bei der Castra Praetoria war ich noch nie." Crista hob das Kind auf dem anderen Arm.


    "Vielleicht finden wir die Mutter am Rand?" Das Gegenteil passierte. Eine Frau stürzte auf sie beide zu und reckte die Arme nach dem Kind. "Mein Kind.. mein Schatz. Ohh.. danke.. ich danke dir." Crista blickte kritisch zwischen der Frau und dem Kind hin und her, verglich kurz die Äußerlichkeiten. Nach einem kurzen Blick zu Hektor übergab sie das Kind der Frau. "Keine Ursache.. da habt ihr es wieder." Das namenslose Kind schlang die Arme um die Frau. Eine Familienvereinigung mitanzusehen war schön. Crista wandte sich ab, griff nach der versiegelten Tafel. Ein Problem hatte sie immer noch: nämlich das der kleine Ben verschwunden war. Aber das war allein ihre Schuld. Sie begann sich unwohl zu fühlen, sah Hektor unsicher an. "Hilfst du mir?"

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