Nach der denkwürdigen Senatssitzung diesen Tages ließ Durus sich direkt in die Villa Tiberia bringen. Kaum hatte er das Atrium betreten, da riss er sich die Toga vom Leibe und verlangte Wein - unverdünnt!
Noch immer konnte er es kaum fassen. Iulianus war sein großer Förderer gewesen, hatte ihn damals aus der Provinz an den Kaiserhof geholt (zugegebenermaßen erst nach Durus' Anfrage), ihm den Latus Clavus verliehen und angeblich sogar persönlich seine Adlectio in den Senat unterstützt. Nun war alles vorbei. Ein neuer Kaiser würde an die Macht kommen, aller Voraussicht nach der Adoptivsohn des Iulianus. Aber war das so sicher? Es ging das Gerücht um, er sei krank. Lange hatte man nichts von ihm gehört, manche munkelten, er sei bereits tot und nur zum Schein würde die Fassade aufrechterhalten werden. Nun würden aber die Karten offengelegt werden.
Oder war doch Seppius Septimus der Mann der Stunde? Der Consular hatte einflussreiche Freunde, auch unter den Legionskommandeuren, wie man sagte. Oder doch Marcus Calpurnius Piso? Als Statthalter von Asia war er immerhin am nächsten an der großen Legionenkonzentration, die sich zur Zeit im Osten befand.
Die Legionen! Durus hätte sie fast vergessen! Im Prinzip war es sogar möglich, dass sein Vetter Tiberius Vitamalacus das Heft in die Hand nahm. Unter den Legaten war er immerhin der mit dem Prestige-trächtigsten Amt als Herr über des Kaisers eigene Legion!
Nein, es bestand höchste Gefahr! Der Caesar war kein besonders großer Politiker, er war den Ränkespielen eines Calpurnius Piso oder Seppius Septimus möglicherweise nicht gewachsen. Der Senat musste selbst das Heft in die Hand nehmen! Es konnte passieren, dass ein Bürgerkrieg ausbrach! Dieser Praefectus Praetorio Caecilius Crassus war mächtig - nicht einmal die Legio I konnte seine Männer in diesen Tagen bändigen! Stand am Ende eine Revolte dieses Ritters an? Vielleicht war es am besten, vorerst auf alles vorbereitet zu sein!
In diese Gedanken versunken hatte Durus sich auf den Korbsessel in einer Ecke des Atriums fallen lassen - nahezu völlig erschöpft. All das war zu viel für ihn. Das Reich stand am Rande des Zusammenbruchs! Er musste Quintus schreiben! Und Hungaricus - richtig! Das war zunächst wohl die geschickteste Variante.
"Einen Scriba!"
befahl er lautstark und nahm einen Schluck Wein.