Fhionn wollte einfach nur der Enge des servitriciuums entkommen. Sie konnte sowieso nicht schlafen. Noch immer war sie innerlich aufgewühlt und in einer gewissen Weise fassungslos. Der Tag, an dem ihr Dorf brannte, an dem man sie ihrer Familie entriß und ihr Leben sich von Grund auf änderte, war der schwärzeste den sie je erlebt hatte. Wochenlang hatte man sie kreuz und quer durch das halbe Imperium getrieben. Viele, die mit ihr das gleiche Schicksal teilen mußten, hatten es nicht geschafft. Sie waren unterwegs aus Erschöpfung gestorben oder man hatte sie einfach sterbend zurückgelassen. Doch Fhionn war eine der stärkeren. Etwas in ihr hatte sie immer weitergetrieben. War es ihre Hoffnung auf Rache oder einfach nur der Drang, zu überleben? Sie wußte es selbst nicht so genau.
Nun war sie hier, in Rom, in einem römischen Haus, als Sklavin! Welch eine Schmach! Das schlimmste, was eintreffen konnte, war eingetroffen und sie konnte nichts dagegen tun. Wobei sie offenbar noch Glück im Unglück hatte. Man hatte sie in einen reichen Haushalt verkauft. Zumindest müßte sie nicht Hunger leiden. Doch würde sie sich nicht für ein Stück Brot erniedrigen! Lieber würde sie verhungern! Nein, man müßte sie erst zähmen müssen. Freiwillig würde sie sich niemals fügen!
Im Schein des Mondes schritt sie hinaus in den Garten, um für sich zu sein und um endlich frei atmen zu können. Die Villa und auch der Garten wirkten wie ausgestorben. Jeder schien das zu tun, was man um diese Zeit eben tat! Doch Fhionn fand keinen Schlaf. Zu vieles schwirrte in ihren Gedanken herum. Neben der Frage des warum, drehte sich auch alles um die Frage, wie sollte es jetzt nur weiter gehen? Am liebsten hätte sie all ihren Schmerz laut hinaus geschrien. Doch sie besann sich. Sie wollte sich ruhig verhalten, um nicht aufzufallen. Vielleicht würde man sie auf diese Weise einfach in Ruhe lassen. Sie wollte auf jeden Fall jede Begegnung mit einem der Römer vermeiden. Zu groß waren immer noch der Hass und die Verachtung, die sie für dieses Volk empfand. Wahrscheinlich würde sie sich wieder nicht beherrschen können. Schon immer war sie hitzköpfig und impulsiv gewesen.
In der Dunkelheit bereitete es ihr anfangs einige Schwierigkeiten, einen Fuß vor den anderen zu setzen, doch bald hatten sich ihre Augen an die Lichtverhältnisse gewöhnt. Bald erreichte sie eine Steinbank. Bevor sie sich dort hinsetzte, sah sie sich noch einmal um, um auch sicher zu gehen, daß sie wirklich alleine war. Sehnsüchtig schaute sie auf und ihr Blick traf den Vollmond, dessen fahles Licht ihr Gesicht beschien.
Offen für alles und jeden!