hortus | Schlaflos in Rom

  • Zitat

    ...Was du meinen mit zivilisiert? Du mich und mein Volk nicht kennen! Warum glauben, wir nicht zivilisiert? Wir anders leben, andere Sprache, andere Geschichten, andere Lieder aber wir deshalb nicht schlechter als Römer." .


    "Eine wahre Rebellin! Mein Onkel wird sicher noch viel Spaß mit ihr haben, dachte sich Prisca und ihr Mitleid galt in dem Moment mit Sicherheit nicht Fhionn. Ihr Blick war fest - das Haupt stolz erhoben und der Wille ungebrochen. Dennoch wäre es ein müßiges Spiel gewesen, sich mit dieser Sklavin messen zu wollen. Die Verliererin stand für Prisca von vorne herein fest und das wäre mit Sicherheit nicht sie selbst. Geduldig hörte sie sich trotzdem an was Fhionn ihr zu sagen hatte. Aber irgendwie klangen diese Geschichten der Sklaven für sie immer gleich und Fhionn redete sich gerade so richtig in Rage.
    "Ja ja, Wir Römer überfallen, wir Römer vernichten, unterwerfen und versklaven. Wir Römer sind immer die bösen Invasoren … Pah! Was glaubst du würde dein Volk? - würden alle anderen Völker mit uns Römern anstellen, wenn sie dazu in der Lage wären? … Um wen geht es denn überhaupt? Dein Schicksal und meines? Wir beide sind doch im Grunde völlig bedeutungslos.", dachte sich Prisca nur dazu und zupfte gelangweilt die Decke zurecht, welche sei sich um ihre Schultern geschlungen hatte. Ob ich ihr die Illusion nehmen soll und eine Antwort darauf gebe? Was würde es ändern? Nichts … Eine fruchtlose Diskussion in so einer schönen sternenklaren Nacht und die Hälfte davon würde die Sklavin, aufgrund ihrer mangelhaften Sprachkenntnisse, ohnehin nicht oder falsch verstehen. Erst als sich Fhionn doch dazu entschloss sich wieder hin zu setzen und sie beide über die Bemerkung mit dem Brot schmunzeln mussten, fügte Prisca dem Gesagten dann doch etwas hinzu:

    "Wer hat eigentlich behauptet, dass ihr unbedingt schlechter seid als wir? Es gibt vieles was wir Römer an euren Kulturen schätzen und für wertvoll befinden es zu erhalten.... Eure Götter - eure Speisen - eure Techniken - eure Geschichten und Lieder - selbst ihr, unsere Sklaven seid wertvoll … " … so sehr, dass man euch schätzen lernen, respektieren und als Mensch behandeln will … aber wer gibt euch diese Gewissheit, wenn nicht wir? Prisca stockte und eine Pause entstand in der sie diesen Teil ihrer Gedanken unausgesprochen ließ. Ihre Gefühle drohten abzuschweifen, aber das konnte sie sich nicht erlauben. Es reichte schon, dass sie hier mit zwei Sklaven saß und mit ihnen gemeinsam ein Mitternachtspicknick veranstaltete. "… aber ein Sklave bleibt was er ist … eine Sache seines Herrn! Und wir Römer sind eben nicht bereit ein solches Schicksal zu riskieren.", knüpfte Prisca schließlich an ihre eigenen Überlegungen an, ohne dabei chauvinistisch klingen zu wollen."Wir haben die Disziplin, den Zusammenhalt und den Willen gefunden um ein Reich wie dieses zu erschaffen. In diesem Punkt sind wir Römer euch einfach überlegen! Das verstehe ich unter Zivilisation!..."Kannte sie es doch, begründet auf der pax romana, nur aus der Sicht ihres eigenen hohen und sicheren Lebensstandards und nur dieser zählte für Prisca. Damit beendete sie gedanklich dieses Thema für heute und zuckte abschließend nur kurz mit den Schultern. Ein Trost wäre dies für einen Sklaven sicher nicht und fast tat ihr Fhionn sogar leid. Prisca machte es sich nicht unbedingt einfach, auch wenn dies so aussehen konnte. Ob sie mich verstanden hat? … Mit Sicherheit würde ein Sklave es niemals begreifen … und von daher konzentrierte sich Prisca lieber wieder auf das, was gerade in greifbarer Nähe direkt vor ihnen lag ...

    Zitat

    "Warum ich Brot nicht sollen essen? Was du machen mit Brot? Ich Brot essen! Essen hier machen Schmerzen in Bauch. Nicht gut, aber Brot gut! Ich nicht viel gegessen letzte Tage."


    Nur mit halben hr bekam Prisca dabei mit, was Fhionn eben sagte."Brot?? hmmm…Nein, das sieht wirklich alles lecker aus! Was nehm ich nur? ... und keine Sorge Fhionn, du wirst dich schon noch an unser Essen gewöhnen." Prisca lies ihren Blick unschlüssig über die ausgebreiten Speisen wandern und war sich bei diesen Worten gar nicht bewusst, dass ja auch Sertorio in ihrem Blickfeld auf dem Boden Platz genommen hatte. Natürlich nahm sie den Sklaven in diesem Augenblick gar nicht wahr ^^… dafür aber den Braten, der besonders lecker aussah und von dem sie sich auch schon ein Stückchen stibitzte. Dabei überlegte sie, ob es nicht eine hervorragende Idee wäre, wenn ab und zu die Sklaven bei Tisch für etwas musikalische Untermalung sorgen würden? Ich werde bei Gelegenheit mal meiner Familie den Vorschlag machen. Aber wer außer den beiden beherrscht eigentlich noch irgend ein Instrument?


    "Nein, auf dein Gekrächze können wir getrost verzichten, Sertorio! Aber, …wie genau nennt man dieses Holz?", Prisca winkte bei den Worten des Sklaven sofort ab, interessierte sich aber sogleich für dieses Holzinstrument. Da es sich für eine Patrizierin nicht ziemte selbst ein Instrument zu spielen, kannte sie es in der Form auch nicht . "Haben wir so etwas hier? …wie klingt es? passt es vom Klang her zu Gesang oder anderen Instrumenten?", stellte sie einige Fragen an ihn. Noch war Prisca etwas skeptisch und sicher müsste man es erst einmal Probehören.


    Bei Fhionn war die Sachlage schon anders. Sie spielte nicht nur Flöte, sondern konnte auch singen. Das würde natürlich hervorragend passen. Vielleicht findet sie ja auch Gefallen daran?" Würdest du uns vielleicht etwas vor singen wollen … jetzt? … es muss auch kein römisches Lied sein … Prisca wandte sich wieder an die Sklavin und ihr aufmunterndes Nicken sollte zeigen, dass dies nur eine Bitte war. Gesang war etwas schönes, das man in ihren Augen nicht erzwingen durfte. ... auch nicht von einem Sklaven …

  • Ma' is' ma' obn, ma' untn. 'S Gerede um Sklavn un' Römer is' Sertorio ziemlich egal, vieln Römern geht's in Rom schlechter als'n Sklavn hier im Haus - un' was is' schon 'Freiheit'? Sin' die Aurelier 'frei' - könn'se machn, was'se wolln? Alle ham'se Vapflichtung'n, Arbeit, Krankheit, Leid, Tod, Freude, Spaß. Egal. Echt frei is' ma' im Kopf, nirg'nds sonst.


    "Wir nennen's Holz 'Tschalaparta', sind eigentlich fünf Holzstangen, die auf zwei Böcken liegn und auf die ma' klopft." sagt Sertorio. "Man braucht verschiedene Holzartn, aus denen man verschiedn lange Stangn macht. Und die Klöppl für de' Spiela."


    'S schwierige war's Holz zu findn un' es genau zuzuschneidn. Einfach'n paar Bretta auf Böcke werfn un' drauflosprügln is' nicht.


    "Wir singn nur dazu, aber ich denk', auch Flötn könntn prima dazu klingn." Weicha, samtiga un' klagenda Klang zu langsamem schleppendem Rütmus, aufreizend-geiler Klang zu stampfendem.


    Sim-Off:

    Sertorio meint'n traditionelles baskisches Instrument, die Txalaparta; was'n Xülofon is'.

  • Priscas Frage ließ Fhionn innehalten. Sie legte ihr angebissenes Schinkenbrot zur Seite und wollte sogleich antworten, doch im letzten Moment hielt sie sich selbst zurück. Laß dich nicht von ihr provozieren! Sie will dich doch nur in eine Falle locken, um dich später dafür bestrafen zu können. Alle Römer sind falsch! Trau keinem Römer! Statt ihr eine aufbrausende Antwort auf ihre Frage zu geben, wollte Fhionn einen kühlen Kopf bewahren, auch wenn es ihr so schwer fiel. Am liebsten hätte sie dieser arroganten Römerin ihre Meinung und damit ihren Hass und ihre ganze Abneigung, gegen alles was römisch war, entgegen geschleudert.
    "Römer nennen uns Barbaren. Sagen wir schlecht und nicht…ähm…schlau." Es bereitete ihr große Schwierigkeiten, die passenden Worte zu finden. Bald sah sie auch ein, daß es nichts bringen würde, sich mit dieser Römerin zu streiten. Sie versuchte zu ignorieren, was sie gehört hatte, auch wenn dies für Fhionn nicht einfach war. Kritisch beäugte sie diese Prisca, wie sich sie ihrer Sache so sicher war. Innerlich empfand sie nur Verachtung für diese Frau. Für Fhionn war sie und ihre Meinung die Bestätigung ihrer Vorurteile, die sie gegen alle Römer hegte.
    Dann widmete sich die Römerin wieder dem Essen. Fhionns Einwände, was das Essen betraf hatte sie nur teilweise registriert. Zögerlich begann sie wieder, auf ihrem Schinkenbrot herum zu kauen. Vielleicht rebellierte diesmal nicht ihr Magen.
    Während die das Brot aß, begann Sertorio von einem Holz zu erzählen. Leider konnte sie den Sklaven kaum verstehen, was er sagen wollte. Sie hatte schon Schwierigkeiten, das Latein der Römerin zu verstehen, doch diesen eigenartigen Dialekt, den der Sklave sprach, verstand sie noch weniger. Es ging wohl um ein Musikinstrument, das hatte sie am Rande mitbekommen.
    In dem Moment, in dem sie am wenigsten damit gerechnet hatte, stellte Prisca ihr eine Frage. Eigentlich war es mehr eine Bitte, denn eine Frage. Sie, die Römerin bat Fhionn, zu singen! Erstaunt, nicht nur wegen der Bitte sondern auch deswegen, dass es eine Bitte und kein Befehl war, sah sie zuerst die Römerin an und dann sah sie zu Sertorio hinüber. Singen! Sie hatte schon lange nicht mehr gesungen! Früher hatte sie ihren Kinder vorgesungen, wenn sie sie zu Bett brachte oder wenn sie mit ihnen spielte. Doch das war so unendlich lange her! Ihre Kinder hatte während des Angriffs auf ihr Dorf aus den Augen verloren. Sie wußte nicht, was mit ihnen geschehen war. Ob sie noch lebten? Wenn ja, wo waren sie jetzt und wer kümmerte sich um sie.
    Eine große Trauer erfüllte ihre Augen. Aber sie hatte keine Tränen mehr, die sie hätte noch vergießen können.
    "Nein, nicht können singen!", antwortete sie plötzlich und wandte ihren Blicke ab. Niemand und schon gar nicht dieser Römerin, wollte sie ihre Trauer zeigen. Fhionn erhob sich wieder von der Bank. Am liebsten wäre sie gegangen. Aber in dieser Sklavenunterkunft wollte sie nicht schlafen. Dort fühlte sie sich, wie lebendig begraben.

  • Prisca hörte geduldig den Ausführungen des Sklaven zu, auch wenn sie so manches davon nicht verstand. Aber es klang interessant und von daher schien es einer Überlegung wert, ein solches Instrument zu kaufen oder zu bauen. "Gut, wenn es zu einer Flöte passt, sollten wir das einmal ausprobieren. Besorg so ein Schallalala oder wie auch immer das heißt!", gab Prisca dem Sklaven einfach den Auftrag dieses Instrument zu beschaffen. Im übrigen gefiel ihr seine Art, denn er wirkte gehorsam und dennoch selbstständig in seiner Denkweise. Und er kann gut kochen Stellte sie nebenbei bemerkt fest, als sie sich eine weitere Köstlichkeit von der Speisenplatte einverleibte.


    Ganz anders verhielt es sich mit dieser Sklavin. Sie war trotzig, widerspenstig und lehnte sich gegen ihre Herrschaft auf. Prisca bedachte Fhionn mit einem strafenden Blick, da diese sich tatsächlich erlaubte einfach aufzustehen und ihrer Herrschaft so den Rücken zu zuwenden. Es war ein Fehler sich mit dieser Sklavin auf eine Diskussion ein zulassen. Was bringt das schon. Wie sollte sie und ihr Volk auch begreifen können, was zu leisten allein wir Römer im Stande sind? Prisca ließ sich nicht weiter beirren, sondern setzte in Ruhe ihr Picknick fort. Sollte die Sklavin eben da stehen bleiben wenn es ihr gefiel.


    "Schade, dass du nicht singen willst … sehr schade.", bemerkte Prisca nur knapp auf Fhionns Antwort hin und diesmal wirkte ihre Stimme wirklich enttäuscht. Gerne hätte sie ihren Gesang gehört, hätte ihn auch gewürdigt, aber Prisca ließ Fhionn ihren Willen. Die Zeit müsste zeigen, wie sich diese Sklavin in das Leben hier einfügen würde. Wäre es denn wirklich so schlimm? Aus der Sicht der Sklaven würde Prisca es sicher nie beurteilen können. Wie könnte sie als freie Römerin auch begreifen wollen was es für einen Menschen bedeutet, aus seiner Familie, seinem Leben und seiner Existenz heraus gerissen zu werden, nur um einem anderen zu dienen.


    "Ich werde mich nun zurück ziehen!", eröffnete Prisca den beiden Sklaven schließlich ihre Entscheidung, das mitternächtliche Treffen für sich zu beenden. Sie war mittlerweile wirklich müde und sehnte sich nach den weichen Kissen ihres Bettes. Prisca streckte die Arme in die Höhe, räkelte sich kurz auf der Bank um dann, ohne weitere Worte oder Blicke an die beiden Sklaven zu verlieren, in Richtung villa zu entschwinden.

  • Fhionn verharrte noch in ihrer Trauer. Diese Leere, die sich seit dem Tag, an dem ihr Dorf zerstört worden war, in ihrem Inneren ausgebreitet hatte, wurde in solchen Momenten unerträglich für sie. Zu vieles und zu schwerwiegendes war geschehen. Etwas, was sie nie wieder vergessen konnte, was sie auch nie verzeihen konnte und worüber sie nicht sprechen konnte. Dazu fehlten ihr der Mut und auch die Worte, sich damit verbal auseinandersetzen zu können
    So registrierte sie auch gar nicht Priscas Bedauern, da sie es abgelehnt hatte, zu singen. Zu viele Erinnerungen waren damit verbunden, die sie zu sehr schmerzen würden, wenn sie sie heraufbeschwören würde.
    Als Prsica sich plötzlich erhob, wandte sie sich zu ihr um und sah ihr noch nach, wie sie sich in Richtung des Hauses bewegte. Sie fragte sich, ob es in den nächsten Tagen noch Konsequenzen für sie haben konnte, wenn sie sich ihr verweigert hatte. Vertrauen zu diesen Römern hatte sie nicht und es wäre ein langer steiniger Weg, bis es jemals so weit sein würde.
    Nun war nur noch Sertorio anwesend, der wortlos und zwischendurch kauend das ganze Szenario mit verfolgt hatte. Fhionn beschloß, sich zurückzuziehen. Wortlos nickte sie Sertorio zu und verschwand. In der Sklavenunterkunft würde sie in dieser Nacht keinen Schlaf finden, vielleicht aber in dem weitläufigen Garten der Villa. Ein Versuch war es Wert. Vielleicht konnte sie so den Geistern der Vergangenheit entkommen. Wenigstens diese Nacht!

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