• Stimmt Hektor war auch ein toller Charakter des Buches. Eigentlich ging es ja um Helena und Paris, aber die beiden aren irgendwie nicht halb so interessant wie die anderen Charaktere. Wobei die Frau noch besser in seiner Einschätzung weg kam.


    "Aber ich mag Paris nicht, der ist ein Feigling. Schickt Hektor vor, weil er es nicht hinbekommt. Da ist mir Helena schon lieber, die hat wenigstens den Mut von ihrer Familie abzuhauen."


    Dann fiel ihm ein, dass Axilla das vielleicht missverstehen und als Kritik an sich deuten könnte. Schließlich hatte er ihr ja angeboten mit zu ihm zu kommen. Wenn er daran dachte, war das wohl doch eine sehr dumme, wenn auch ehrenhafte, Idee gewesen.


    "Ähmäääää wobei das ja schon ganz schön dumm ist und viele Leute unglücklich gemacht hat. Wobei ich ja Menelaos und Agamemnon auch nicht so mag. Im Grunde ist ja eigentlich keiner böse von denen, und man kann fast jeden ein bisschen verstehen."


    Verdammt, langsam schien das Thema Ilias erschöpft zu sein...aber er wartete mal, vielleicht fand Axilla ja noch einen Gesprächsfaden.

  • Ah, also wollte er wohl wirklich darüber reden! Er hatte doch hoffentlich nicht noch immer die Idee, dass sie einfach mit ihm mitgehen sollte? Als sie nur Freunde waren, war das eine gewagte Idee. Aber jetzt, wo eigentlich klar war, dass sie auch durchaus mehr füreinander sein könnten, war die Idee undenkbar. Wenn sie mit ihm ging, auf diese wirklich lange Reise, und sie dabei so eng beieinander waren – das hätte doch niemals gut gehen können. Niemals.
    Axilla versuchte also krampfhaft, das Thema beim Buch zu halten, bevor Rufus noch so etwas sagte und sie damit gezwungen war, ihm da eine negative Antwort zu geben. Immerhin konnte sie nicht einfach als seine Geliebte da mit ihm durchs halbe Imperium reisen, dann würde sie ja nie einen angemessenen Mann mehr finden. Abgesehen davon, dass Urgulania dann sowieso höchstselbst erwürgen würde.
    “Naja, ich finde, Agamemmnon ist nur machtgierig, und es ist gerecht, dass Klytaimnestra ihn dann umgebracht hat, als er mit Kassandra wieder heim gekommen ist. Wobei es auch gerecht war, dass Elektra dann sie und ihren Liebhaber als Rache für den Vater umgebracht hat. Aber das ist ja eine ganz andere Geschichte, das steht ja gar nicht mehr in der Ilias.
    Aber ich mag Odysseus und seine List auch nicht. Das war sehr unehrenhaft, wie sie die Stadt eingenommen haben. Ein Mann von Ehre würde sich zu sowas nicht herablassen und Schlafende so abstechen. Das hat nichts mit militärischer Taktik mehr zu tun, finde ich.“

  • "Das finde ich nicht, schließlich hätten die Trojaner sich ja zu einer anständigen Schlacht stellen und sich nicht hinter den Mauern verstecken können. Dann hätte es sicher eine ehrenhafte Stadt gegeben. Ich glaube Odysseus wurde dazu gezwungen weil die Trojaner, bis auf Hektor, eben nicht den Mut für einen richtigen Kampf hatten. Sie haben ihre Stadtmauern genutzt und Odysseus dann im Gegenzug seinen Verstand. Daher finde ich das dann schon gerecht und sehr gemein, dass er dann verflucht wurde. Schließlich hat er damit auch sehr vielen seiner Soldaten das Leben gerettet, die sonst bei den weiteren Kämpfen sicher gestorben wären und die konnten dann wieder zu ihren Frauen und Kindern nach Hause."


    Er selbst hatte Odysseus für seine Klugheit bewundert, aber im Grunde ging es ihm auch so wie Axilla und er hieß sowas nicht für gut. Ob da der Unterricht in der Redekunst schon negativen Einfluss auf ihn gehabt hatte? Schließlich hatte er dort gelernt, wie man Schuldige trotzdem verteidigte. Bevor er da weitermachte, sollte er lieber zum eigentlichen Thema seines Besuches kommen.


    "Aber eigentlich bin ich ja nicht hier um mit dir über Literatur zu reden. Ich habe einen Brief von unserem Familienoberhaupt Tiberius Duccius Lando bekommen. Darin steht einiges Schönes aber auch Schlimmes. Zum einen ist meine Cousine Dagny gestorben. Leider habe ich sie kaum gekannt, aber es macht mich schon traurig. Aber es standen auch gute Sachen in dem Brief. Zum Beispiel bin ich jetzt Hoflieferant des Kaisers! Kannst du dir das vorstellen? Der Kaiser trägt dann meine Pelze wenn ihm mal kalt ist! Ich wäre beinahe von der Cline gefallen, als ich das gelesen habe. Und außerdem heiraten meine beiden Cousins Lando und Marsus bald..."


    Nun war es heraus. Ob sie von selbst die Schlüsse ziehen würde, was diese Nachricht für Konsequenzen mit sich brachte?

  • Ein bisschen zornig war Axilla schon über Rufus’ Antwort. Natürlich konnte man das auch so sehen, aber deshalb war das noch lange nicht ehrenhaft. Das war, als würde man sagen, dass jedes Mittel ehrenhaft war, solange es zum Ziel führte. Irgendwie widersprach das Axillas Moral doch ein wenig. Ihr war nicht jedes Mittel zum Zweck recht.
    Und dass die Trojaner sich verschanzt hatten war ja ganz logisch für sie. Eine Stadt einzunehmen verbrauchte zehnmal so viele Ressourcen wie eine Stadt zu halten. Hätten sich die Trojaner in offener Feldschlacht gestellt, hätten sie viel höhere Verluste erlitten. Was war denn dann mit deren Frauen und Kindern?


    Doch ehe Axilla noch wirklich Luft geholt hatte, um dagegen zu argumentieren, kam Rufus mit dem eigentlichen Thema heraus. Axilla hielt also gespannt den Atem an, um zu hören, was denn los war, und stieß ihn dann ganz langsam. Die Nachrichten waren wirklich sehr gemischt, und Axilla wusste nicht, worauf Rufus hinaus wollte. Vor allem, da er das mit dem Heiraten so zum Schluss gesagt hatte. Trug er sich mit dem Gedanken, sie auch zu heiraten, wenn seine verwandten gerade alle heirateten, weil er das als einzig ehrbare Lösung der Vorfalls im Schlamm ansah?
    Axillas Augen weiteten sich kurz und sie zog schützend die Beine hoch auf die Kline, um die Knie zum umarmen und den Kopf darauf zu legen. Wenn sie recht hatte, war das wirklcih eine verdammt schwierige Situation, und axilla hatte keine ahnung, wie sie da wieder rauskommen sollte.
    “Ähm, ja, das sind doch sehr schöne Neuigkeiten. Also, außer das mit deiner Cousine, natürlich.“

  • Sie schien sich ein bisschen zurück zu ziehen. Offenbar hatte sie genau verstanden, was er damt andeuten wollte, war aber zu stolz es offen zu sagen. Aber er wollte es schon richtig hören was sie davon fand, beziehungsweise wie sie es aufnahm. Schließlich hatte sie ja gesagt, dass sie ihn nicht verlieren wollte und nun würde er gehen müssen.


    "Danke für dein Mitgefühl. Aber du weißt ja, was dass dann für mich... also für uns... bedeutet. Ich hoffe du findest das nicht allzu schlimm."


    Sie würde ihre Freundschaft dann lzwar leider nur noch über Briefe aufrecht erhalten können, aber lieber so als gar nicht. Hoffentlich traf es sie nicht zu hart. Er hasste es ihr immer irgendwie Leid anzutun, obwohl das eigentlich nie seine Absicht war.

  • Oweia, dachte er also wirklich daran, dass sie auch… Axilla zog die Knie noch ein wenig weiter heran. Was sagte sie ihm jetzt nur?
    “Ähm, weißt du, also… ich meine, das muss ja nicht sein. Also, ich meine, es ist ja nichts passiert, und… ähm… willst du denn nicht, dass wir nur Freunde sind?“
    Ehe und Freundschaft schloss sich zwar nicht aus, aber das hier war sehr kompliziert und das eine konnte hier das andere kaputtmachen. Axilla wollte Rufus nicht so auf den Kopf zu sagen, dass sie ihn eigentlich nicht heiraten wollte, weil sie ja auch gar nicht in ihn richtig verliebt war und für eine Vernunftehe ihre Familien wohl zu wenig miteinander zu tun hatten. Aber sie konnte ja auch kaum sagen, dass das, was er begehrte, auch ohne Ehe möglich war, dann würde er sie für unehrenhaft halten.
    Verdammt, Axilla hasste komplizierte Situationen!

  • Irgendwie paste ihre Frage nicht so ganz zu dem was er eigentlich erwartet hatte. Wie es war nichts passiert? Seine Cousins würden schließlich heiraten, da musste er nach Hause. Und so kostbar ihm ihre Freundschaft war, er konnte dann nicht zurückkommen.


    "Aber Axilla unsere Freundschaft ist mir sogar sehr wichtig. Aber im Angesicht dieser Lage muss ich das einfach tun. Meine Familie erwartet das von mir. Wenn ich das nicht tun würde, bräuchte ich mich dort nicht mehr blicken lassen. Das ich das mache, bin ich ihnen einfach schuldig. So leid es mir tut, aber ich kann nicht anders."


    Er hatte sich gedacht, dass es sehr traurig werden würde, aber das sie jetzt sogar ihre Freundschaft in Frage stellte, machte ihn schon ein wenig traurig.

  • “Aber, ich meine… du hast es deiner Familie doch nicht erzählt, oder? Ich meine, das wissen doch nur wir beide, das muss doch gar niemand wissen? Meine Familie weiß ja auch nichts, und es war ja auch gar nichts.“
    Es war ja wirklich nichts passiert. Oder dachte er, dass er sie damit schon der Unehre preisgegeben hatte oder so etwas? Sie hatten ja nichts gemacht, sie waren nur nass gewesen und voller Schlamm, aber sie hatten sich ja noch nichtmal richtig berührt der geküsst! Wieso meinte er da, er musste sie heiraten?
    Sie sah noch mal fragend zu ihm. Wollte er sie etwa so sehr, dass er das als einzigen Weg sah? Liebte er sie vielleicht sogar, oder war das nur begehren?
    “Solange niemand etwas weiß, muss man da doch nicht gleich… ich meine, wir haben ja auch gar nicht, aber selbst wenn wir hätten… Ich meine… ist es denn wirklich das, was du willst, oder willst du eigentlich nur… na du weißt schon?“

  • Ihre Familie wusste nichts davon? Woher denn auch? Er war ja sicher nicht zu urgulania gegangen um ihr zu sagen er würde bald abreisen. Die hätte ihn nur wieder rausgeschmissen. Aber auch was sie sonst so sagte basste so rein gar nicht zu dem, was er dachte, das sie gedacht hatte.

    "Ich glaube wir verstehen uns ein wenig falsch. Also so habe ich zumindest den Eindruck. Was denkst du denn, was ich dir hier sagen will?"


    Eigentlich hätte er ja gleich sagen können, was er meinte, aber dann kam doch seine riesengroße Neugierde ans Tageslicht.

  • Rufus war irgendwie komisch. Redete er denn gar nicht über dasselbe wie sie? Oder wie kam er darauf, sie würden sich falsch verstehen? Vielleicht verstanden sie sich ja wirklich falsch, dann wäre ihre Annahme aber extrem peinlich. Axilla kaute sich auf der Unterlippe herum und überlegte kurz, ob sie es offen ansprechen sollte. Aber was, wenn er das gar nicht gemeint hatte? Noch schlimmer: Was, wenn er sie deswegen auslachte? Nein, vielleicht sollte sie ausnahmsweise mal den Mund halten und nicht vorschnell wilde Vermutungen äußern.
    “Ähm, ich weiß nicht. Wovon redest denn du?“
    Einfach mal die Frage zurückgeben, da konnte sie schon nicht so viel falsch mit machen.

  • Sie wusste nicht, was sie dachte, worüber er redete? Irgendwie verwirrte das fast so wie der Satz, der sich gerade in seinem Kopf geformt hatte. Wenn er sich nur besser gemerkt hätte was sie genau gesagt hatte, aber er war viel zu nervös gewesen um sich irgendwelche Einzelheiten merken zu können.

    "Ja, also du hast ja gestern gesagt, dass ich nicht weggehen soll und ich hab ja gesagt, dass ich irgendwann wieder heim muss... und das ist leider schon diese Woche, weil ja meine Cousins heiraten. Und da muss ich einfach hin. Und weil ich ja hier war um Venusia kennen zu lernen, und sie vielleicht auch nicht zurückkommt, bleibe ich dann daheim in Mogontiacum bei meiner Familie. Ich finde das schade, denn ich werde dich sehr vermissen, weil du die beste Freundin bist, die ich je gehabt habe."


    Außerdem war sie auch die erste frau gewesen mit der er nackt in einem bett gelegen war-sowas vergaß man ganz sicher nicht. Ebenso wie ihr Matschringkampf am gestrigen Tage. Aber daran dachte er nicht, sondern er senkte schuldig den blick, denn er schämte sich ihr nun wieder Kummer zu machen.


    "Ich hoffe das ist nicht so schlimm für dich, dass ich dich verlassen muss."


    Und hier konnte er nur verlieren egal, wie ihre Antwort nun lautete, es würde ihm wehtun. Aber wäre er ihr gleichgültig wäre es fast noch schlimmer, als wenn sie wegen seinem Abgang traurig wäre.

  • “Du... du... du... du.... gehst?“
    Axilla fühlte sich mit einem Mal, während sie seine Worte hörte, ganz leer. Er ging? Wieso? Aber das konnte doch gar nicht sein! Sie liebte ihn doch gar nicht, zumindest nicht so, und sie hatten sich weder geküsst noch miteinander geschlafen! Warum also musste er gehen? Hatten die Götter sie nicht nur verflucht, dass alle Männer, die sie liebte, gingen, sondern auch alle, die sie gern hatte und mochte?
    Axilla zitterte und sah fassungslos zu Rufus hinüber. Gerade eben noch wollte sie ihm klarmachen, dass sie besser nicht heiraten sollten, und jetzt sagte er, er müsse gehen. Und auch noch bald! Wie bald war bald?
    Axilla fühlte sich mit der Situation überfordert. Sie wollte nicht, dass er ging. Sie wollte sich damit auch gar nicht befassen, wollte nicht daran denken und am wenigsten wollte sie, dass es wahr war.
    “Aber du... du bist doch grade erst gekommen und... wir sind doch nur Freunde, ich meine... wir...“
    Ihre Gedanken waren noch ein wenig mehr durcheinander als sonst, denn nicht einmal in ihrem Kopf ergaben sie mehr einen Sinn. Alles schien sich nur zu drehen und zu verschwimmen, bis sie nicht mehr richtig sehen konnte. Es dauerte einen Augenblick, bis sie realisierte, dass sie weinte.
    Jeder Vorsatz, erwachsen zu sein und sich vernünftig zu verhalten, war mit dieser Erkenntnis wie hinweggefegt. Sie wollte nicht,dass er ging, und das war alles, was sie gerade wusste.
    Mit einer blitzschnellen Bewegung war sie von ihrer Kline herunter, den halben Schritt zu der, auf der Rufus saß, und kniete direkt vor ihm, umarmte ihn und barg ihren Kopf an seiner Brust. Sie zitterte, schluchzte und hielt ihn fest. Sie ließ ihn nicht gehen, er durfte nicht gehen. Nicht er auch.
    “Bitte, Rufus. Bitte, ich will nicht... bitte...“
    Sie wollte nicht den einzigen Freund verlieren, den sie hatte.

  • Ragin war über ihre Reaktion völlig überrascht. Dabei war es im Grunde eine gute Reaktion, denn Axilla schien etwas an ihm zu liegen. Aber es schien auch deutlich mehr zu sein, als er erwartet hatte und somit war er wieder in einer dummen Situation, denn nun würde er sie enttäuschen müssen, denn er musste wieder heim, da gab es keine andere Möglichkeit.


    Nun konnte er auf verschiedene Weisen reagieren. Entweder er war barsch zu ihr und sie würde ihn dafür vielleicht nicht mehr mögen, aber das würde es ihr sicher leichter machen, den Abschied besser zu verkraften. Oder er würde sie nun in den Arm nehmen und versuchen sie zu trösten, was alles noch verkomplizieren würde, vor allem wenn ihre Gefühle wirklich so stark wie ihre Reaktion waren. Aber so würde er sie als Freundin behalten können und er konnte es nicht ertragen, wenn sie schlecht von ihm dachte, also nahm er sie wirklich in den Arm und drückte sie an sich. Sie legte ihren Kopf zwischen seinen Kopf und seine Schulter und er strich ihr sanft über den Kopf.


    "Ach Axilla, es tut mir leid. Ich muss nach Hause zu meiner Familie. Ich gehe ja nicht, weil ich dich verlassen will. Weißt du ich kann ja nicht hierbleiben und meine Familie einfach vor den Kopf stoßen. Sie haben mich aufgenommen und mir geholfen, ich schulde ihnen alles was ich habe und außerdem ist es meine Heimat. Hier wird bald niemand mehr sein, den ich habe, denn meine Cousine wird nicht ewig bleiben, und du wirst irgendwann einen guten römischen Mann heiraten, der sicherlich nicht erfreut sein wird, wenn du einen männlichen Freund hast."


    Auch Ragin stieg die Trauer in die Augen und er wischte sich mit seiner freien Hand eine dicke Träne weg. Um sie noch ein wenig zu beruhigen, gab er ihr einen sanften und brüdelichen Kuss auf die Stirn.


    "Es tut mir leid." Wiederholte er nochmal und hielt sie weiterhin im Arm.

  • Er tröstete sie, aber irgendwie machte das alles nur noch schlimmer. Axilla musste schluchzen, so dass es ihren ganzen Körper dabei schüttelte, und sie konnte gar nicht aufhören, zu weinen. Natürlich verstand sie seine Gründe, und die Familie musste man schließlich ehren. Aber weil ihr verstand etwas wusste hieß das ja nicht, dass ihr Herz deshalb weniger weh tat. Axilla war nicht so stoisch, wie es tugendhaft gewesen wäre. Sie war Chaos und Gefühl.
    “Ich.. will aber… keinen Mann… ich will dich…“ brachte sie kaum verständlich an Rufus’ Schulter hervor und krallte sich noch ein wenig fester an ihn. Sie fühlte seinen brüderlichen Kuss auf ihrer Stirn und ein aus Verzweiflung geborener Plan kam ihr in den Sinn.
    Sie bewegte sich leicht, so dass sie sich mehr aufrichtete und dabei ihren Oberkörper mehr gegen seinen drängte. Ihr Atem war immer noch zittrig, aber es war deutlich zu hören, dass sie in Gedanken schon woanders war. Mit ihrer Wange, die von ihren Tränen noch ganz nass war, fuhr sie an seiner entlang, bis ihre Nasenspitze sein Ohr erreichte. Noch immer hielt sie sich an ihm fest, aber es hatte deutlich mehr von Anschmiegen als von Festhalten an sich.
    “Bitte bleib bei mir. Ich mach auch, was du willst. Bitte…“
    Und sie schmiegte sich noch ein wenig mehr an ihn, um die Ernsthaftigkeit ihres Angebotes noch zu unterstreichen.

  • Ragin begann schwer zu atmen. Sofort war sie wieder da die Erregung wie am gestrigen Tage. Ihr Busen war an seiner Seite und er roch sie ganz deutlich. Dazu noch diese verführerische Angebot. Er drückte seinen Kopf an ihre Seite und küsste ihren Hals, doch dann stockte er.


    Ragin konnte es nicht machen, so sehr es sein Körper auch wollte. Er konnte seiner Familie nicht so eine Schande bereiten! So etwas machte man nur mit seiner frau und schon gar nicht vor der Hochzeitsnacht. Es waren die wilden wanischen Triebe, die von ihm Gewalt ergriffen hatten und beinahe konnte er Freyja und Freyr jubeln hören.



    "Aaaaaaaaaaaa...Axilla", hauchte er "das würde nichts ääääääääändern." Ihre Berührungen jagten ihm einen Schauer über den Rücken und beinahe merkte er, wie das wanische in ihm immer mehr die Oberhand gewann.
    "Ich kann nicht hier bleiben, auch wenn wir jetzt miteinander schlafen. Wir können nur zusammen bleiben, wenn du mich heiratest und mit nach Mogontiacum kommst" flüsterte er ihr zu.


    Er hielt sie fest, zwar nahe an seinen Körper, denn er wollte sie nicht von sich weg haben, obwohl er sie damit doch von mehr abhalten wollte. Lange würde er ihr nicht mehr wiederstehen können, so sehr er es auch wollte. Aber er musste ihr begreiflich machen, dass es nichts änderte, wenn sie miteinander schliefen, denn er würde nach hause gehen, soviel stand fest.

  • Sie fühlte seine Erregung, wie er sie an sich leicht zog und ihren Hals küsste. Axilla schloss einfach die Augen und ließ ihm die Führung, erschauderte unter der Berührung seiner Lippen mit einem leichten Stöhnen und wagte, zu hoffen. Wenn er sich darauf einließ, würde er sicher bleiben. Sie würde ihn nicht auch noch verlieren, wie sie alle anderen verloren hatte. Er würde ganz sicher bleiben.


    Doch dann hörte Rufus auf. Er hielt sie zwar noch, aber irgendwie anders. Es war nicht das begehrliche Heranziehen, sondern lediglich ein Hindern des Wegrückens. Und dann sagte er das, was Axilla nicht hören wollte. Was sie nicht wahrhaben wollte.
    Sie stockte in ihrer Bewegung, ihre Hände krallten sich verzweifelt in Rufus Rücken. Sie versuchte noch, sich zu beherrschen, vielleicht bestand ja noch die Möglichkeit, ihn ein wenig mehr zu verführen, so dass er seine Meinung änderte. Aber es ging nicht, das Zittern erfasste sie wieder und kurz darauf fing sie wieder an zu schluchzen und zu weinen und sich wieder einfach nur an ihm festzuhalten.
    “Ich… kann… nicht…“, weinte sie an seiner Schulter. Sie liebte Rufus nicht. Zumindest nicht auf diese Weise. Nicht genug, um dafür ihre Familie vor vollendete Tatsachen zu stellen und alles durchzustehen, die so eine Verlobung mit sich brächten. Urgulania würde ganz sicher nichts davon halten, Silanus würde sie sich nichtmal zu fragen trauen. Und was war mit seiner Familie? Wäre sie überhaupt mit so etwas einverstanden? Nein, Axilla fühlte sich für derlei Probleme eindeutig nicht stark genug.


    Sie wollte nicht darüber nachdenken, sie wollte gar nicht mehr denken. Sie wollte einfach nur nicht, dass er ging. Sie wollte, dass er bei ihr blieb. Sie wollte ihn so unbedingt als Freund behalten, war er doch der einzige, wirkliche Freund, den sie hatte.
    Und sie wollte Trost. Sie wollte nicht mehr diese Leere und Traurigkeit spüren. Sie wollte nicht mehr denken müssen. Sie wollte hören, dass alles gut werden würde, fühlen, dass alles gut werden würde.
    “Ich will nicht mehr nachdenken…“ meinte sie erschöpft und schmiegte sich wieder ein wenig näher an ihn. Sie wollte nur Trost.

  • Sie konnte es nicht. Sie fand es hier so schrecklich und war so alleine, dass sie sich ihm hingeben würde, nur damit er bei ihr blieb, aber sie konnte nicht mit ihm kommen? Obwohl er verwundert war, hielt er sie trotzdem noch an sich gedrückt, um sie zu stützen. Aber er wollte wissen, was sie hier hielt. Schließlich war es nur normal, dass Frauen verheiratet wurden und ihr Heim verließen.


    "Was hält dich nur hier Axillachen? Bei mir hättest du einen Freund und das ist nicht die schlechteste Voraussetzung für eine Ehe. Außerdem hättest du bei uns die Bäume, die du so sehr liebst. Aber mehr kann ich dir leider nicht helfen, so sehr ich das auch möchte" meinte er sanft und fuhr abermals über ihren Rücken in der Hoffnung das würde sie trösten.


    "Ich mag dich nicht verletzen, dafür habe ich dich zu lieb. Aber ich muss nach Hause und das du mitkommst ist die einzige Möglichkeit, wie wir für Freunde bleiben könnten. Aber was hält dich hier, was so schlimm ist und dich doch nicht gehen lässt?"


    Er wusste sie wollte nicht denken, aber wenn man nicht dachte machte man dumme Sachen, daher musste er jetzt wohl für sie beide denken und stark sein.

  • Er ließ sie nicht los, und Axilla war erleichtert. Hätte er sie losgelassen, wäre sie zerbrochen, fühlte sie. Sie hatte einfach keine Kraft mehr. Sie konnte nichtmal versuchen, alles mit einem Lächeln wie so oft zu überspielen. Es ging nicht, nicht einmal wenn sie sich anstrengte. Sie war so unendlich traurig und leer.
    Sie blieb noch ein Weilchen einfach still weinend in seiner Umarmung, ließ seine Worte über sich hinwegplätschern, ohne sie wirklich aufzunehmen. Sie hörte sie zwar und verstand sie auch, aber jede Antwort wurde erst einmal von der Leere in ihrem Innersten verschluckt. Da war nur Traurigkeit und kein Platz für Worte und Gedanken.
    “Ich muss doch an Vater dabei denken…“ Ihre Stimme war nur ein Wispern, dem jede Kraft fehlte. Sie dachte gar nicht darüber nach, als sie nun anfing, zu reden. Normalerweise kamen bei den bloßen Gedanken an ihren Vater schon beinahe die Tränen, aber die waren nun schon alle verweint und Axilla hatte im Moment keine, weshalb sie mit tonloser Stimme sprechen konnte.
    “Ich muss ihn doch ehren. Ich kann mit der Familie nicht brechen, das würde doch seine Ehre verletzen. Ich muss doch so tugendhaft sein, wie eine Römerin es sein sollte, um sein Andenken damit auch zu ehren. Und vielleicht darf mein Sohn, wenn ich mal einen habe, ihn in seinen Totenkult aufnehmen. Vater hatte doch keine Söhne…“
    Ihre Gedanken gingen zurück zu ihrem Vater, wie er war, und sie fragte sich, was er für sie wohl gewollt hätte. Bestimmt hätte er schon einen Mann für sie gefunden. Wie wäre der wohl gewesen? Sie wusste es nicht.
    “Ich will doch, dass er stolz auf mich ist. Ich will doch alles richtig machen, damit ich der Familie Ehre mache. Ich will doch gehorsam sein und es so machen, wie die Familie es sagt. Ich will doch… nicht mehr soviel Chaos sein. Ich will doch vernünftig sein, und..“
    Erschöpft legte Axilla ihren Kopf nun richtig auf Ragins Schulter und ließ sich einfach kraftlos gegen ihn sinken. Wie sollte sie nur all das ausdrücken, was sie fühlte.
    “Ich vermisse ihn so unendlich. So wahnsinnig und unendlich, jede Minute. Ich will doch nur, dass er stolz auf mich ist. Ich will ihn doch nur nicht enttäuschen. Ich will doch, dass alles so wird, wie er es gewollt hätte.“

  • Das verstand Ragin nur zu gut. Sein genazes Streben war im Prinzip den gleichen Zielen geschultert: Er wollte seiner Familie gerecht werden! Dass sie ihn nicht heiraten konnte weil er, oder seine Familie, offenbar nicht gut genug für eine entsprechende Hochzeit war, schmerzte zwar schon, aber es war auch verständlich, denn sie kam aus einer alten römischen Familie und dagegen war seine Familie aus römicher Sicht wohl nur eine Horde emporgekommener Barbaren.


    "Ich verstehe das. Und genau aus diesem Grund muss ich auch nach Hause zurück. Dass meine Familie nicht gut genug ist um einer Iunierein gerecht zu werden, ist schade, aber ich kann das verstehen. Du musst tun was deinen Vater glücklich gemacht hätte, das muss wichtiger sein als ich und unsere Freundschaft. Weißt du, meine Mutter ist vor etwa über einem Jahr gestorben und mein Bruder hat mich einfach zurückgelassen und meine Familie in Mogontiacum hat mich aufgenommen und hat mir geholfen...ich kann sie nicht enttäuschen und von ihr abwenden. Und auch ich versuche auch meinem Vater alle Ehre zu machen, auch wenn ich nie ein Soldat werden werde wie er..."


    Diese Worte taten ihm selbst beinahe unglaublich weh, aber so war es mit der Verantwortung gegenüber der Familie und den Freunden. Auch seine eigene Vergangenheit hatte ihn mit Axillas Worten eingeholt.


    "Du wirst sicher einen guten Mann, vielleicht einen Soldaten mit einem guten Namen, bekommen und ihm einen wunderbaren Sohn schenken, da bin ich mir sicher. Sei tugendhaft und stark, und ich bin mir sicher dass du das schaffst, dann wird dein Vater stolz auf dich sein."


    Bittere Galle stieg in ihm auf und sein Magen verkrampfte sich schmerzhaft, aber er musste jetzt für seine Freundin stark sein und sie aufbauen. Das war er ihr einfach schuldig.

  • Wenn sie nur wirklich wüsste, was ihren Vater glücklich gemacht hätte, wäre das Ganze so viel einfacher für sie. Sie wusste, dass er sie geliebt hatte und gewollt hätte, dass sie glücklich wäre. Aber er hatte ja auch nie erfahren, wie chaotisch sie wirklich war, wenn er nicht da war. Und dass sie so wie jetzt war, hätte er sicher nicht gewollt.
    Seine Worte schmerzten ein wenig, denn so hatte sie es eigentlich gar nicht sagen wollen. Aber sie wusste rein gar nichts über seine Familie, was nicht gerade für ihre hohe Stellung und lange Geschichte sprach. Und er selbst hatte ihr gesagt, er sei eigentlich Germane mit römischem Bürgerrecht. Urgulania würde das sicher nicht besser als einen Peregrinus einschätzen.
    “Ich wollte nicht sagen, dass deine Familie… also… es ist nur… weißt du, der erste Konsul Roms war Iunier und… auch wenn ich es anders sehe, aber meine Verwandten müssten zustimmen, weißt du…“
    Sie fühlte sich ehrlich geknickt, weil sie über ihre Worte nicht besser nachgedacht und sie nicht diplomatischer formuliert hatte. Sie wollte ihrem Freund doch nicht weh tun, das war das allerletzte, was sie gewollt hatte.
    Zu dem guten Mann und dem Sohn sagte sie nichts, das lag ihr zu schwer im Magen. Vielleicht würde sich da jemand finden, aber Axilla hoffte da noch nicht einmal darauf. Einen passenden Mann zu finden, den sie auch noch genug mögen würde, um ihm treu zu sein und mit ihm zusammenzubleiben, darauf vertraute sie im Moment lieber nicht.


    Sie bemerkte, dass sie noch immer auf dem Boden vor ihm kniete und eigentlich halb auf ihm lag, um sich in seine Arme flüchten zu können. Ganz langsam und reumütig machte sie sich los und kämpfte sich auf wackelige Beine. Sie setzte sich wieder auf ihre Kline und sank ein wenig in sich zusammen, als sie saß.
    “Und wann musst du gehen?“, versuchte sie das Gespräch wieder auf die sachliche Ebene zu ziehen, obwohl sie die Antwort auf diese Frage fürchtete.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!