Eigentlich war es mir ja wirklich herzlich egal, ob Axilla hier blieb oder mit ihm nach Rom ging, schliesslich machte es kaum einen Unterschied. In der Zeit, die er in Rom verbracht hatte und die ich mit Axilla allein hier im Haus war, hatte ich sie genauso selten gesehen, wie vorher. Vielleicht sogar ein klein wenig seltener. Sicherlich lag das auch daran, dass ich selbst wenig Zeit hier verbrachte, aber andererseits hatte ich auch das Gefühl, dass sie mir aus dem Weg ging.
Das mir aber auf jeden Fall das Haus bleiben würde, beruhigte mich sehr und liess mich, zumindest innerlich, aufatmen.
Nun, im Prinzip ist sie hier vermutlich genauso gut aufgehoben wie in Rom. Ich hatte mit ihr über die Möglichkeit gesprochen, dass sie sich eventuell als Studentin am Museion einschreibt, da ich denke, dass ihr eine weitergehende Bildung sicherlich nicht schaden kann. Aber natürlich kann sie die auch in Rom erfahren.
sagte ich, auch wenn ich mir sicher war, dass er hören konnte, dass ich von der Qualität der Ausbildung in Rom nicht unbedingt überzeugt war.
Und einen passenden Ehemann könntest du auch finden, ohne dass sie dabei ist. Sie würde sich sicherlich deinem Willen beugen, wenn du einen Mann gefunden hast, der bereit ist sie zu ehelichen.
Officium - Lucius Iunius Silanus
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"Du hast Recht!"
Silanus seufzte und schloss dieses Thema damit vorerst ab.
"Dann kommen wir kurz zu etwas Dienstlichen. Ich wurde vom Praefectus Legionis zur Überwachung des Wiederaufbaus eines Getreidespeichers eingeteilt. Er hat mir dabei mitgeteilt, dass du die Verantwortliche Magistratin der Stadtverwaltung bist. Ist dem so?"
Fragend sah er sie an.
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Ich nickte bestätigend.
Da ich für die Getreideverteilung und -überwachung zuständig bin, ist dem so. -
"Gut. Ich nehme an ich bin nicht der erste der diesbezüglich mit dir spricht, aber ich würde dich bitten die ganze Sache um diesen Getreidespeicher noch einmal mit mir zu klären. Was genau gehört getan? Wieviele Männer werden dazu benötigt? Vielleicht könnten wir den Speicher auch gemeinsam besichtigen und uns das ganze vor Ort ansehen."
Er sah seine Verwandte mit einem Lächeln an. Es war ein ungewohntes Gefühl mit ihr über solche offiziellen Angelegenheiten zu sprechen. Auch wenn sich Silanus durchaus damit abfinden konnte, dass eine Frau in der Stadtverwaltung tätig war, so hatte er selbst bisher noch nie mit einer zu tun gehabt.
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Ich bin weder Architektin, noch Bauunternehmerin, daher weiss ich natürlich nicht genau, was alles zu tun ist. Aber grob gesagt würde ich vermuten, dass der Platz, an dem der alte Speicher stand, geräumt werden muss und dass dann ein neuer Speicher errichtet werden muss.
Ich hatte immer gelernt, dass sich die Legionen mit Bauaufträgen, vor allem mit größeren, gut auskannten, daher wunderte es mich ein wenig, dass Lucius mir solche Fragen stellte. Aber natürlich war ich gern hilfsbereit, sofern meine Kenntnisse und Fähigkeiten dies zuliessen.
Ich denke mal, dass die Anzahl der benötigten Männer vor allem von der geplanten Zeit abhängig ist. Zwei Männer könnten die Arbeit ebenso gut erledigen wie hundert, sie würden nur um einiges mehr Zeit benötigen.
Ich musste etwas schmunzeln, bei der Vorstellung, wie zwei Männer einen riesigen Getreidespeicher bauten.
Ich kann dich gern bei einer Besichtigung begleiten. Und wenn es dir hilft, kann ich dir auch gerne einen intakten Speicher zeigen, damit du weisst, wie das ganze am Ende aussehen sollte. -
"Ich verstehe. Nein schon in Ordnung. Ich werde mir selbst ein Bild machen. Sollte ich dann doch noch deine Hilfe oder deinen Rat benötigen, werde ich noch einmal auf die zukommen."
Urgulania schien hier auch keine große Hilfe für Silanus zu sein und so entschloss er sich dem ganzen bei nächst bester Gelegenheit selbst zu widmen. Er war ebenso wie seine Verwandte weder Architekt, noch ein Baumeister und hatte in seiner bisherigen Laufbahn beim Exercitus nur wenig Erfahrung in diese Richtung gemacht. Theoretisches Wissen über Belagerungsbauten würde ihm da wohl nicht weit bringen.
"Dann danke ich dir Urgulania. Von meiner Seite aus wäre das im Moment alles."
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Ich erhob mich und verliess, nach einem kurzen Abschied, das Officium.
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Es war soweit. Ungewöhnlich Früh an diesem Morgen war Silanus zurück nach Alexandria gekehrt. Die Sklaven hatten bereits Anordnung bekommen, das persönliche Hab und Gut des Iuniers zusammenzupacken und er selbst war in sein Officium gegangen, um sich um seine Unterlagen und Dokumente zu kümmern. Der Befehl war da und er würde den Kaiser nicht all zu lange warten lassen. Als er im Officium soweit fertig war, schickte er einen Sklaven, um Urgulania und Axilla zu rufen. Die beiden wussten noch nichts davon und es war Zeit sie zu Informieren.
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Unsicher betrat Axilla Silanus’ Officium. Sie erinnerte sich noch zu gut an das letzte Mal, als sie hier bei ihm war, und wollte so eine Szene ungern wiederholen. Sie hoffte, ihr Vetter erinnerte sich nicht mehr so genau daran, denn wenn sie so zurückblickte, war es ihr doch ein klein wenig peinlich. Aber der Sklave, der geschickt worden war, klang so, als wäre es wirklich wichtig. Also war sie trotz ihrer Bedenken gekommen und trat nach einem eher provisorischen Anklopfen in den Raum auch gleich ein, ohne auf ein Zeichen von Innen groß zu warten.
“Du hast nach mir schicken lassen?“
Dass er auch nach Urgulania hatte schicken lassen, wusste Axilla ja nicht. Sonst hätte sie wohl von selbst erkannt, worum es sich handelte, ahtte er ihr seine Pläne doch bereits in ihrem Cubiculum mitgeteilt. Und sie wäre wahrscheinlich bei weitem weniger nervös gewesen. -
Ich betrat das Officium ohne langes Anklopfen, da mir der Sklave auf Nachfrage gesagt hatte, dass auch Axilla hierher zitiert worden war und ich davon ausging, dass sie bereits angekommen war.
Ich hoffe, es gibt etwas wichtiges, denn ich habe noch einiges zu tun.
sagte ich während ich eintrat. Ich lächelte zwar, aber man konnte mir ansehen, dass ich nicht allzu glücklich war durch das Haus gerufen zu werden. -
Als Axilla das Officium betrat erhob sich Silanus aus seinem Stuhl und nickte bestätigend auf ihre Frage. Er wollte gerade ansetzen ihr den Grund zu nennen, als auch Urgulania eintraf.
"Ich denke es ist durchaus wichtig. Für euch beide.
Ich habe einen Versetzungsbefehl aus Rom erhalten. Leider enthält er keine genaueren Angaben darüber, in welcher Einheit ich in Zukunft dienen soll, allerdings habe ich Befehl mich im Kaiserpalast einzufinden. Ich werde daher in den nächsten Tagen abreisen und vermutlich nicht mehr nach Alexandria zurückkehren."
Viele Möglichkeiten blieben bei dieser Versetzung nicht. Entweder der Kaiser würde Silanus Wunsch nachkommen und ihm als Tribun bei der Garde einsetzen, oder, was eher unwahrscheinlich war, dem Iunier ein Kommando übertragen. In beiden Fällen war es jedoch mit ziemlicher Sicherheit kein Posten hier in Alexandria.
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Ich nickte leicht. In der Tat war das etwas wichtiges, auch wenn es natürlich nicht allzu überraschend war, schliesslich wusste ich, dass Lucius um eine Versetzung gebeten hatte.
Das ist tatsächlich wichtig. Dazu natürlich auch erstmal meinen Glückwunsch. -
Als Urgulania direkt hinter ihr den Raum betrat, war Axilla einen Moment lang verwirrt. Doch dann dämmerte ihr so langsam, was los sein musste. Dennoch war sie ein ganz klein wenig geschockt, als Silanus es aussprach. Sie wusste zwar, dass er nach Rom gehen würde, aber dass es jetzt so wirklich fix und kurz bevorstehend war, war doch ein eigenartiges Gefühl.
“Oh“, machte sie kurz, und als sie Urgulanias Glückwünsche hörte, dann noch hinterher “Ähm, ja, gratuliere dir.“
Sie sah ein wenig betreten zu Boden. Axilla war nicht gut im Abschied nehmen. Darin war sie nie gut gewesen. Im Moment fühlte sie nur die ganze Last des Fluchs, der auf ihr lastete. Alle, die sie liebte, gingen weg oder starben. Wirklich alle. Ihr Vater, den sie von allen Menschen der Welt am meisten geliebt hatte, war sogar weggegangen und gestorben. Ihre Mutter war gestorben. Alle ihre Freunde hatte sie zurücklassen müssen, als sie nach Alexandria gekommen war. Auch ihr Lehrer Iason war wieder zurückgefahren, nachdem er sie hierher gebracht hatte. Selbst Timos hatte sich von ihr getrennt, auch wenn sie wusste, dass das für sie beide am besten war. Und nun ging Silanus. Sie war wirklich verflucht.
Aber sie wusste auch, dass es so besser war. Wenn er hierbleiben würde, würde sonst noch etwas schrecklicheres passieren. Wie bei ihrem Onkel Marcus, der nun auch verstorben war. Es war bestimmt aus vielerlei Gründen einfach besser so. Trotzdem konnte sie dieses eine Mal nicht so tun, als sei sie glücklich und würde sich freuen, obwohl sie sich innerlich schrecklich fühlte. Dieses Mal lächelte sie nicht, sondern stand einfach nur ein wenig verschüchtert da und wartete, was er wohl noch sagen würde. -
"Ich danke euch!"
Silanus sagte das nicht ohne etwas Wehmut in seiner Stimme. Er hatte sich natürlich in dieser Zeit in Aegyptus bereits sehr eingelebt und auch hier wohl gefühlt. Die Aussicht auf einen neuen Posten war natürlich verlockend, allerdings wusste er ja noch nicht wo es hinging. Von angenehm warmen Aegyptus in das im Norden gelegene Britannia versetzt zu werden, stellte er sich nicht besonders angenehm vor. Und eine Zusage für die Garde in Rom, hatte er ja noch nicht bekommen. Er dachte kurz nach und sprach dann weiter.
"Da Axilla hier bleiben wird, löse ich auch mit dem heutigen Tag meine Vormundschaft. Sie ist alt genug auch ohne Tutor auszukommen und mit einem Meer zwischen uns, werde ich ohnehin keinen wirklichen Einfluss auf ihre Taten und Worte nehmen können.
In den nächsten Tagen werde ich von Nikopolis aus alle restlichen Vorbereitungen für die Abreise treffen. Ich denke also, dass wir uns nich mehr sehen werden.
Ich wünsche euch alles Gute. Dir Urgulania besonders für deine weitere Laufbahn in der alexandrinischen Stadtverwaltung und für deine Geschäfte. Mögen sie auch weiterhin ertragreich sein. Sollte ich dich irgendwie unterstützen können, dann werde ich dies auch gerne in Zukunft machen.
Auch dir Axilla wünsche ich alles Gute für die Zukunft und für deinen weiteren Werdegang. Ich bin mir sicher, dass die bei Urgulania gut aufgehoben bist und deinen Weg mit Hilfe der Götter auch gut bestreiten wirst."
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Jetzt war sie emanzipiert. Nicht, dass sie davor Silanus auch nur ein einziges Mal gefragt hätte, ehe sie eine ihrer spontanen Ideen in die Tat umgesetzt hatte. Wäre ihr Verhältnis zueinander nicht so kompliziert, hätte sie das vielleicht getan, aber so war es nun mal nicht. Und das würde es wohl auch nie werden, zum Besten von ihnen beiden.
Aber auch, wenn Axilla wusste, dass es nur zum Wohle der Familie war, wie es hier nun war, konnte sie sich nicht freuen. Im Gegenteil, sie fühlte sich furchtbar. Bei seinen Abschiedsworten, die er an sie richtete schließlich, rannen ihr dann doch Tränen herunter. Dabei hatte sie sich so fest vorgenommen, stark zu sein, wie eine römische Matrone so edel und standfest. Aber jetzt war sie doch wieder nur ein Kind und keine erwachsene Frau, und fiel Silanus einfach um den Hals.
Sie zog sich an ihn und hielt sich kurz an ihm fest. Es war ihr egal, was Urgulania wohl von ihr denken mochte, oder auch ob Silanus seine Entscheidung, sie aus seiner Vormundschaft zu entlassen, jetzt bereute. Sie hatte es bei ihrem Vater verpasst, sich so zu verabschieden, wie es ihre Gefühle eigentlich hätten zeigen müssen. Wenigstens bei Silanus wollte sie sich richtig verabschieden, und er sollte auch spüren, dass sie in ihn wirklich verliebt gewesen war. Auch wenn sie das nicht sagen konnte und auch nie wieder etwas in diese Richtung tun oder verlautbaren lassen würde. Aber damals im Balneum, das war echt gewesen, und mit Worten konnte sie ihm das nicht sagen, nur mit dieser Umarmung.
Sie schluchzte und weinte ein wenig, ehe ihre Lippen sein Ohr suchten. Sie wollte nicht, dass Urgulania mitbekam, was sie ihm sagte. Das war ihr privater Abschied von Silanus, und sie flüsterte ihm ihre Worte ganz leise zu.
[size=7]“Pass auf dich auf, ja? Ich möchte nicht noch einen geliebten Menschen verlieren. Und vergiss mich bitte nicht, ja?“[/size]
Sie zog ihn noch einmal an sich, ehe sie sich wieder von ihm löste und sich die Tränen vom Gesicht wischte. Er sollte sie nicht völlig verweint in Erinnerung behalten, und außerdem war es ihr vor Urgulania auch in nicht geringem Maße peinlich. Aber nun hatte sie sich richtig verabschiedet, und das war für sie wichtig gewesen. Jetzt konnte er gehen, und sie hierbleiben, ohne dass es ihr dabei das Herz ganz herausriss. Nur ein wenig. -
Silanus war überrascht über diesen plötzlichen Gefühlsausbruch Axillas. Er hatte in keinster Weise damit gerechnet, dass sie sich seinen Abschied derart zu Herzen nahm. Er legte kurz seine Hände an ihre Hüfte als sie ihn umarmte und nahm sie erst wieder weg, als auch Axilla sich wieder von ihm löste. Zwar mit einem Lächeln, aber sichtlich traurigen Blick antwortete er ihr.
"Das werde ich nicht. Pass auch auf dich auf Axilla."
Dann atmete er tief durch und sah wieder zu Urgulania.
"Euer Wohnrecht für unseren Domus bleibt bestehen. Er bleibt im Besitz unserer Gens. Der Statthalter hat es mir zugesichert. Solltet ihr finanzielle Unterstützung brauchen, dann melde dich bitte bei mir. Sobald ich erfahren habe, zu welcher Einheit ich versetzt werde, schreibe ich euch. Ich hoffe das es Rom bleibt, aber leider hat sich der Palast in seinem Schreiben nicht näher dazu geäußert."
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Ich beobachtete die Abschiedsszene zwischen Axilla und Lucius wortlos und dachte mir meinen Teil über ihr unangebrachtes Verhalten. Sie bedurfte wirklich einer strengen Erziehung, die bisher in ihrem Leben scheinbar leider gefehlt hatte. Doch vermutlich war es bereits zu spät und wir konnten Glück haben, wenn wir irgendwann einen Mann für sie fanden, der mit diesem kleinen Wildfang klar kam.
Als Lucius sich mir zuwandte, hörte ich aufmerksam zu und nickte leicht.
Dann hoffe ich für dich, dass du auf jenen Posten kommst auf den du dir Hoffnungen machst. Ich freue mich schon darauf von dir zu hören und glaube mir, wenn wir etwas brauchen sollten, bist du der erste, der davon erfährt. -
Silanus nickte lächelnd.
"Gut. Vielleicht führen uns die Götter ja doch eines Tages wieder zusammen. Bis dahin wünsche ich euch alles erdenklich Gute. Lebt Wohl."
Damit war die Verabschiedung kurz und Schmerzlos beendet und die beiden Frauen konnten sich wieder ihren eigenen Angelegenheiten widmen. Silanus wollte ihnen und sich selbst lange Abschiedsszenen ersparen, ging wieder hinter seinen Schreibtisch, nahm Platz und sah den beiden hinterher, als sie sein Officium verließen.
-
Langsam ging es ihr besser. Die Krankheit ging tatsächlich zurück, und allmählich glaubte Axilla selbst wieder daran, dass sie wohl wirklich nur eine normale Erkältung gehabt hatte und nicht sterben würde. Aber so gesund, um zu Nikolaos zum arbeiten zu gehen war sie nun auch wieder nicht. Vor allem würde sich der Keryke wahrscheinlich bedanken, wenn sie hustend in seinem Vorzimmer herumsaß.
Also hatte sie eine ganze Menge Zeit, und die nutzte Axilla für all das, was sie schon lange vor sich herschob. Dazu gehörte vor allem die ganzen Briefe, die sie schon längst geschrieben haben wollte.
Dafür hatte sie sich in Silanus altes Officium begeben. Nun, da ihr Cousin nicht mehr da war, war der Raum ungenutzt. Allerdings war dort noch immer ein schöner, großer Schreibtisch und ein bequemer Stuhl und man hatte seine Ruhe, um isch zu konzentrieren.So hatte sich Axilla mit Papier und Tinte und einer neuen, frisch angespitzten Gänsefeder bewaffnet und hierher gekommen, um alles der Reihe nach zu beantworten.
Als erstes war der Brief an Rufus an der Reihe. Ganz einfach aus dem Grund, da ihr das den meisten Spaß machen würde, und warum sich nicht gleich das lustige herausnehmen? Das unangenehmere konnte man ja dann hinterher viel besser verschieben.So nahm sie ein frisches Blatt und fing an, geschäftig zu schreiben.
Ad
Duccius Rufus
Mogontiacum
Regio GermaniaSalve Ragin! Oder eigentlich sollte ich besser sagen, Chaire!
Endlich hab ich die Zeit gefunden, dir zu schreiben. Schließlich will ich mein Versprechen doch halten und dich nicht zu lange warten lassen.
Ich hoffe, du hast die Reise zurück gut überstanden und nicht zu viele Fische bei der Überfahrt gefüttert. Ich habe mir sagen lassen, dass das Meer ruhig gewesen sein soll, aber ich war ja nicht da. Und auch ein ruhiges Meer kann ganz schön schaukeln, wie ich selber weiß.Wie waren die Hochzeiten? Sind deine Vettern zufrieden mit ihren Ehefrauen? Sie sind doch schon verheiratet nun, oder täusche ich mich? Vielleicht bin ich ja auch zu schnell und zu ungeduldig, aber ich wollte dir einfach schon schreiben.
Hier in Alexandria war nach deiner Abreise verdammt viel los. Du kannst dir gar nicht vorstellen, was alles passiert ist! Da war zunächst einmal der Tag, an dem sie den toten Tribunen in Rhakotis gefunden haben. Ich weiß gar nicht, ob du da noch hier warst oder schon weg, deshalb erzähl ich es einfach schnell noch einmal. Also, sie haben ihn gefunden und seinen toten Körper bis vor die Basileia geschleift! Kannst du dir das vorstellen? Schrecklich, oder? Die Soldaten haben alles abgeriegelt, aber stell dir vor: Sie wollten Nikolaos nicht in die Basileia lassen. Ich durfte durchgehen und bin dann gleich zur Regia gerannt, um dem Statthalter bescheid zu geben und ihn zu bitten, dass er Nikolaos hereinlässt. Immerhin wohnt er ja auch da und ist Gymnasiarchos. Aber ich bin nicht durchgekommen. Im Officium sitzt so ein ganz aufgeblasener Wichtigtuer, der mich nicht durchgelassen hat. Prudentius Scipio heißt er, fürchterlicher Mensch. Der erste Soldat, den ich nicht leiden mag.
Stimmt nicht, der zweite, aber das ist eine lange Geschichte, die möchte ich nicht in einen Brief schrieben. Wer weiß schon, wer alles mitliest?
Ja, als der Aufstand dann vorbei war, war ein paar Tage ganz komische Stimmung in der Stadt. Ich war dann grade auf dem Xenai Agorai – ich musste doch noch eine neue Tunika kaufen, weil die alte war ja doch ein bisschen sehr schmutzig und gerissen, du weißt ja noch. Und als ich da also einkaufen will, fangen plötzlich so ein paar Tölpel an, Steine nach einem Schiff der Classis zu werfen. An und für sich nicht so dramatisch, hätte man meiner Meinung nach einfach auflösen können. Aber irgendwie ist das furchtbar eskaliert, und die Soldaten der Classis haben sich einfach entwaffenen lassen. Und dann kam es noch schlimmer als …
Axilla setzte kurz die Feder ab, so dass ein kleiner Tintenfleck auf dem Papier sich sammelte. Sie wollte keine Namen schreiben, sonst war womöglich noch beim Cursus Publicus jemand zu aufmerksam und las das noch, und dann gab es Ärger.
eine Person zwischen die Angreifer gefahren ist und sie mit einem Schwert niedergemetzelt hat. Der Mann hat sogar einen geköpft! Kannst du dir das vorstellen? Dabei waren es doch nur Hafenarbeiter.
Es war schrecklich, sag ich dir. Ich hab noch versucht, was zu machen, aber ich wurde in einen Stapel Taue geschubbst, und als ich wieder herauskam, war alles dann schon vorbei. Die Legion hat den Berserker festgenommen und ich wurde heimgeschickt. Erst viel später ist noch jemand gekommen, um meine Aussage aufzunehmen. Aber da war ich zum Glück noch ein bisschen krank, so wie jetzt, so dass er mir geglaubt hat, dass ich nichts weiß. Am Ende bekommt Urgulania noch mit, wo ich war, und dann macht sie sich noch mehr Sorgen!
Ich darf jetzt schon nur noch aus dem Haus, wenn Leander mich begleitet. Das allerdings nicht wegen der Aufstände, oder nur zum Teil deswegen. Meine Familie hat sich wohl einen neuen Feind geschaffen, weil wir mit den Griechen hier so gut auskommen. Das gefällt dieser Person wohl nicht, und Urgulania fürchtet, er könnte mir etwas tun, wenn ich unvorsichtig bin. Ich hab da zwar keine Angst, ich weiß mich schon zu wehren, aber um sie zu beruhigen mach ich es halt so, wie sie es möchte.Für meinen nächsten Brief habe ich mir schon eine Überraschung für dich ausgedacht. Was es ist, wird nicht verraten! Aber so kannst du dich schonmal freuen. Ich denke, es wird dir gefallen.
Grüße auch deine Verwandten von mir, auch wenn sie mich nicht kennen.
Chaire!
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Puh, das war geschafft. Nun die anderen zwei, die noch ausstanden.
Axilla legte den ersten Brief zum Trocknen vorsichtig weg und machte sich an die anderen beiden. -
Das nächste Blatt wurde hergenommen, und Axilla legte sich den Brief ihres Vetters daneben, um noch einmal zu sehen, was er überhaupt alles geschrieben hatte.
Ad
L. Iunius Merula
Casa Iunia Merula
MisenumSalve Cousin,
Du hast Recht, im ersten Moment musste ich wirklich überlegen, wer mir da schreibt. Ich weiß gar nicht, ob wir beide uns persönlich kennen. Wenn ja, ist es lange her, obwohl wir doch wirklich Cousin und Cousine sind.
Ich bin die Tochter deines Onkels Atticus Iunius Cassiodor, dem älteren Bruder deines Vaters. Wie du vielleicht weißt, war meine Mutter immer schwer krank bis sie zuletzt vor zwei Jahren verstarb, so dass ich hierher zur familia gekommen bin. Deshalb waren wir nicht oft zu Besuch in der Stadt Tarraco selbst, obwohl unsere kleine Villa nur wenige Meilen außerhalb lag. Ich kann mich nicht so genau erinnern, ob du und dein Vater uns nicht einmal besucht haben, als wir Kinder waren. An Regulus, unseren anderen Cousin, den Sohn von Lucullus, an den kann ich mich noch gut erinnern. Du kennst ihn doch auch? Nachdem sein Vater gefallen war, kam er da nicht sogar zu dir und deinem Vater? Ich bin mir nicht mehr sicher.Nun, wie dem auch sei, es freut mich, von dir zu hören, und ich würde mich sehr freuen, wenn du uns einmal in Alexandria besuchen kämest. Auch wenn es hier mit den Tempeln anders ist als in der Heimat, verwalten das doch die Griechen, und die Zeiten im Moment hier in dieser wirklich wunderschönen Stadt nicht gerade einfach. Wenn du die Acta liest, hast du bestimmt auch von den leichten Unruhen hier gelesen und wirst verstehen, was ich meine.
Nun, so viele von unserer Familie gibt es eigentlich gar nicht mehr. Unser Teil der Familie hat ja wenig Glück mit dem Militär. Unsere Väter und deren Brüder sind alle gestorben im Dienst für das Imperium. Während unsere beiden Väter gefallen sind, war dem jüngsten Sprössling von Großvater Publius Iunius Varus dieses Schicksal nicht vergönnt. Unser gemeinsamer Onkel Marcus Iunius Varus wurde hier in Nikopolis leider schwer krank und Verstarb in der Krankenstube des Kastells vor einem halben Jahr in etwa.
Aber auch anderen Teilen unserer Familie brachte Aegyptus kein Glück. Nachdem Iunia Alba bereits kurz nach ihrer Ankunft schwer erkrankte und verstarb, machten sich unsere Cousinen Varilla und Attica auf einen Ausflug, um sich das Land anzusehen. Obwohl sie in einer bewachten Karawane reisten, fielen sie einem Überfall zum Opfer und verstarben kurz nach Onkel Varus.
Doch gibt es auch glückliches zu berichten. Unsere Cousine Urgulania ist hier in der Stadt zur Exegetes gewählt worden. Das ist sowas wie die oberste Tempelaufsicht, auch wenn sie selbst dadurch keine Priesterin ist. Aber dennoch ist es ein wichtiges Amt der Stadt. Vielleicht schreibt sie dir ja auch noch selbst einen Brief und erklärt es etwas genauer, um ehrlich zu sein, ich habe keine Ahnung, was genau sie da macht.
Ich selber bin Scriba personalis beim Gymnasiarchos der Stadt. (Das ist derjenige,d er für die Ausbildung der Bürger der Stadt zuständig ist.) Ich bin ganz glücklich, hatte ich eigentlich nicht damit gerechnet, dass jemand ein 17-jähriges, unverheiratetes Mädchen einstellen würde. Aber Alexandria ist vielleicht wirklich so dekadent, wie es immer heißt – obwohl ich mich hier durchaus sehr wohl und erfrischend unterhalten fühle. Und ich will mich sicher nicht über die Möglichkeiten, die ich hier habe, beklagen.Unser gemeinsamer Cousin Silanus, dem dieses Haus hier eigentlich gehört, wohnt nicht mehr in Ägypten. Er wurde zum Präfekten der Ala bestellt und ist nun in Confluentes. Er hatte wohl noch keine Zeit, von dort zu schreiben, oder sein Brief ging unter. Auf jeden Fall weiß ich nicht, wie es ihm dort ergeht, aber ich hoffe, gut.
Im Grunde war das auch schon die ganze Familie. Zumindest alles, was mir bekannt ist.
Ich habe mich über deinen Brief sehr gefreut, vielleicht können wir einander ja nun öfter schreiben? Ich fände das sehr schön, zumal wir ja so nah miteinander verwandt sind.
Mit den liebsten Grüßen der Welt!
[Blockierte Grafik: http://img509.imageshack.us/img509/3392/axillaunterschrph0.gif]
So, war ja doch nicht so schwer wie gedacht. Fehlte nur noch ein Brief, vor dem sich Axilla eigentlich lieber drücken wollte.
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