• Ragin nickte eifrig, was ihm von seinen Kopfschmerzen allerdings nicht besonders gedankt wurde. Er beschloss sich das zu merken und von nun an das Nicken und das Kopfschütteln zu unterlassen.
    "Das werde ich machen. Die Stadtwache hat mich zwar hergebracht, aber sie wissen ja noch nicht, was passiert ist. Vielleicht schnappen sie ja dann diese zwei Nubier, die für meine Beule verantwortlich sind. Vorher muss ich aber in der Regia Bescheid sagen, dass es mir gut geht. Sicher macht sich Venusia schon Sorgen um mich."


    Urgulania wirkte kühl und Axilla bekam einen ordentlichen Rüffel. Aber das wollte Ragin natürlich nicht und deswegen nahm er sie in Schutz. Sie war ja eine Freundin, und dass sie wegen ihm Ärger bekam wiedersprach seinem Rechtsempfinden.


    "Es muss wohl schon sehr spät gewesen sein, als ich hergebracht wurde. Außerdem musste ich mich wegen des Schlags auf den Kopf sehr lange übergeben. Ich bin sicher, sie wollte dir das nur nicht zumuten."

  • Axilla zog zerknirscht den Kopf leicht ein, als sie ihre wohlverdiente Schelte bekam. Sie wusste natürlich, wie das aussehen musste, und welchen Tratsch das heraufbeschwören hätte können. Vielleicht hätte sie wirklich Urgulania noch wecken lassen sollen, als das alles selbst in die Hand zu nehmen. Aber sie war es einfach so gewohnt, schnell selber für sich Entscheidungen zu treffen. Immer wenn Vater nicht dagewesen war und es Mutter schlecht ging, hatte sie das schon gemacht, und als ihr Vater dann tot war und es Mutter immer schlechter ging, hatte sie das noch viel mehr gemacht. Nungut, auch damals war sie wenig erfolgreich darin gewesen, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Aber sie war es einfach schon gar nicht anders gewohnt. Sie hatte ewig niemanden mehr um Erlaubnis gebeten. Dafür aber zerknirschte sie das Ganze nur noch um so mehr. Sie wollte doch so gerne eine vorbildliche Römerin sein.


    Rufus sprang für sie aber verbal in die Bresche und verteidigte ihre Verhaltensweise. Axilla war nur nicht sicher, ob das denn wirklich so gut war. Nicht, dass Urgulania noch auf die Idee kam, sie beide hätten was miteinander und er mache das deswegen. Trotzdem war sie natürlich dankbar, vor allem für die in ihren Ohren sehr logische Erklärung.
    “Stimmt, es war schon sehr spät und ich wollt dich da nicht mehr wecken. Tut mir leid, wird sicher nicht wieder vorkommen. Ich weiß natürlich, wie das wirken muss, und es tut mir leid, dass ich dich da so… überrumpelt habe.“

  • Na da war doch irgendwas im Busch bei den beiden. Sie wollte mich sicherlich nicht wecken um mit diesem Lümmel ungestört zu sein, da war ich mir ganz sicher. Aber das würde für sie noch Konsequenzen haben, später, wenn ihr jugendlicher Verehrer nicht mehr im Haus war.
    Axilla, schick einen Sklaven zur Regia, er soll dort die Verwandte deines Gastes informieren, dann kann Duccius Rufus sich direkt auf den Weg zur Agora und zum Museion machen.
    sagte ich an Axilla gewandt. Alles andere würde ich später ansprechen.

  • Der Ton von Urgulania schien keine Widerworte zu dulden. Axilla sah also zu Leander, der wie immer wie ein Schatten im Hintergrund einfach stand und gab ihm einen Wink. Er hatte Urgulania ja gehört und wusste daher, was zu tun war. Der Grieche nickte kurz und machte sich dann auch schon auf den Weg.
    Sie wandte sich Rufus zu. Irgendwie hatte sie das Gefühl, ihm noch etwas sagen zu müssen. Auch wenn sie nicht so genau wusste, was sie eigentlich sagen wollte.
    “Leander wird deiner Cousine bescheid geben. Und im Museion wirst du wirklich gut versorgt. Da sind ja die berühmtesten Ärzte der Welt.“
    Das war jetzt keine besonders herzliche Verabschiedung oder besonders intelligent formuliert, aber Axilla wollte sowieso grade nur im Boden versinken oder unsichtbar werden. Vielleicht beides. Sie konnte sich schon vorstellen, was gleich noch auf sie zukommen würde.

  • Ich wandte mich an den jungen Germanen.
    Benötigst du jemanden, der dich begleitet?
    Er hatte zwar gesagt, dass er Schüler am Museion war und sollte daher den Weg kennen, aber man konnte ja nie wissen, ob er den Weg bei dem Schlag auf den Kopf nicht vergessen hatte.

  • Ragin schaute ein wenig verdutzt wie schnell man ihn hier offenbar hinauswarf. Offenbar schien man hier im Haus wirklich nicht besonders gastfreundlich zu sein. Nun überlegte er was zu tun war. Einerseits wollte er nicht schon wieder ohne Schutz raus aus der Basileia und ihm war noch schwindelig, aber andererseits wollte er jetzt auch nicht, dass man ihn hier so hinauskomplimentierte und ihm dann noch ein Kindermädchen mitgab. Natürlich siegte dann der Stolz über die Vernunft.


    "Mir ist zwar noch ein wenig schwindelig, aber es wird schon gehen. Ich möchte eure Gastfreundschaft nicht über Gebühr beanspruchen."


    Dann wandte er sich noch einmal zu Axilla.

    "Danke für deine Hilfe. Ich stehe in deiner Schuld."


    Anschließend drehte er sich nochmal zu der älteren Frau um.

    "Ich wünsche dir noch einen schönen Tag, werte Iunia Urgulania. Entschuldige bitte die Unannehmlichkeiten."


    Er nickte ihr noch einmal höflich zu und machte sich auf den Weg ins Museion um seinen Kopf untersuchen zu lassen. Nun teilte er nicht mehr ganz Axillas Begeisterung für ihre Cousine.

  • “Warte, ich begleite dich noch raus“, rief Axilla noch schnell und hüpfte halb von der Cline, Rufus hinterher, um ihn zur Tür schnell zu begleiten. Sie hoffte, er war nicht böse, dass er so schnell hinauskomplimentiert worden war. Er musste ja wirklich einen schlechten Eindruck von den Iuniern jetzt haben.


    Als Rufus dann schließlich gegangen war, kam Axilla fast schleichend wieder zurück ins Triclinum und zu Urgulania. Sie konnte den Vortrag, der sicher folgen würde, fast schon wittern. Vielleicht war Angriff ja die beste Verteidigung?


    “Ich weiß, was du gleich sagen wirst, Urgulania. Aber ich konnte ihn ja auch nicht einfach mit den Stadtwachen wieder zurückschicken, nachdem sie ihn schon abgeladen hatten und am gehen waren. Ich meine, wir sind befreundet, und Freunden muss man doch beistehen, wenn sie Hilfe brauchen, nicht?
    Ich weiß, ich hätte dich fragen sollen, damit du vorbereitet bist. Ich meine, wenn ein junger Mann morgens aus unserer Casa spaziert, das sieht natürlich für neugierige Nachbarn dann doof aus. Aber, es war ja wirklich alles ganz harmlos. Ich schwör’s dir!
    Aber es wird auch nicht wieder vorkommen. Das war wirklich eine einmalige Ausnahme.“

    Unsicher schaute Axilla zu Urgulania auf und hoffte, dass ihr kleines Eingeständnis die erwartete Schelte verhindern oder zumindest abmildern würde.

  • Das der Duccier ganz offensichtlich beleidigt und gekränkt war, interessierte mich in diesem Moment ebenso wenig wie ein Sack Reis, den Marcus Achilleos im fernen Chin umwarf, denn ich war zu empört über das Verhalten meiner jungen, arglosen und offensichtlich auch gedankenlosen Verwandten.
    Als diese den Gast hinausgeleitet hatte und zurückkehrte, hoffte ich inständig, dass sie so anständig war ihrem jugendlichen Liebhaber - und das war der Duccier meiner Meinung nach ganz eindeutig - nicht auf offener Strasse um den Hals zu fallen. Doch fast zweifelte ich an ihrer Dignitas.
    Noch bevor ich etwas sagen konnte, traf mich ein ungebremster und völlig übertrieberner und unangebrachter Redeschwall. Wäre ihr dieser in der Öffentlichkeit entfahren, hätte ich diesen sicherlich mit einer Ohrfeige unterbunden. Doch hier, im privaten Kreis unseres Tricliniums liess ich sie aussprechen und hob dann die Hand, um ihr zu signalisieren, dass sie nun schweigen und mich sprechen lassen sollte.
    Mit ruhiger Stimme begann ich zu sprechen.

    Du weisst mitnichten, was ich sagen will, das hast du gerade eben selbst bewiesen.
    Gut, so weit entfernt war sie eigentlich nicht, aber das musste sie ja nicht wissen.
    Natürlich ist es richtig, dass du Freunden in Not beistehen solltest, aber du hättest die Stadtwache genauso gut zur Regia schicken können. Dort gibt es immerhin auch sicherlich einen Medicus, der sich direkt um ihn hätte kümmern können. Und vor allem wäre er dann bei seiner Verwandten gewesen, wenn seine Verletzungen so schlimm gewesen wäre, dass jede Hilfe zu spät wäre, was die Götter natürlich zu seinem Glück verhindert haben.
    Ich schüttelte leicht den Kopf.
    Das du mich hättest informieren müssen steht darüber hinaus ausser Frage, nicht nur wegen der Nachbarn, sondern auch um meinetwillen, denn es ist nicht gerade angenehm für mich in aller Frühe Fremden im Haus zu begegnen. Ich habe als Beamtin der Stadt auch einen gewissen Ruf zu verlieren und der kann sich sehr schnell in Wohlgefallen auflösen, wenn mich irgendwelche Bürger nach dem Aufstehen und ohne jegliche Vorbereitung sehen.
    Und wie ich ungeschminkt aussah, musste meiner Meinung nach niemand sehen, weshalb ich schon vor vielen Jahren dazu übergegangen war mich morgens selbst zu schminken statt es von einer Sklavin machen zu lassen.
    Ich merkte, wie ich in Fahrt kam.

    Und was die Sache mit den Nachbarn angeht, so solltest du bei soetwas bedenken, dass es nicht nur um deinen persönlichen Ruf geht. Wenn die römische Oberschicht anfängt darüber zu tuscheln, dass du dir wildfremde Männer ins Haus holst, wirst du niemals einen standesgemäßen Mann finden, der dich heiratet. Dann kannst du genausogut direkt einen Peregrinus oder sogar einen Libertinus heiraten.
    Du entstammst einem der ältesten Geschlechter Roms, Axilla, der erste Consul Roms war ein Iunier, das sollte dir etwas bedeuten. Wir sind zwar eine nicht ganz so bedeutende Seitenlinie, aber dennoch verpflichtet der Name zu einem gewissen Maß an Anstand und Würde.
    Ich erwarte ja nicht von dir, dass du das totale Musterbeispiel für Anstand bist, aber ich habe die Verantwortung für dich und ich will nicht, dass du dir durch dein Verhalten selbst schadest.

  • Die Hoffnung, dass ihre Entschuldigung der Standpauke die Heftigkeit nehmen würde, war wohl etwas verfrüht. Urgulania machte ihr sehr deutlich, wie falsch ihr Verhalten gewesen war. Am liebsten wäre Axilla im Boden versunken, doch leider hatte Pluto wohl nicht soviel Gnade, ihn für sie aufzutun und sie hinabsinken zu lassen.
    Es kam nur immer wieder ein sehr zerknirschtes “Ich weiß“ von Axilla, während sie immer kleiner und kleiner wurde. Natürlich wusste sie um die Familiengeschichte, natürlich wusste sie, dass sie auf ihren Ruf zu achten hatte und natürlich wusste sie auch, dass sie standesgemäß heiraten sollte, auch wenn sie daran am liebsten gar nicht dachte. Dafür genoss sie ihre Freiheit eigentlich viel zu sehr. Dennoch fühlte sie sich ganz schrecklich, weil Urgulania, auf die sie ja so große stücke hielt, ihr das alles so vor Augen führte.
    “Es tut mir ganz furchtbar leid. Es kommt ganz bestimmt nicht wieder vor.“
    Sie erwähnte jetzt besser nicht zu ihrer Verteidigung, dass sie aus eben jenen Gründen auch abgelehnt hatte, mit Silanus nach Rom zu gehen und ihn zu heiraten. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass das die Cousine nur noch ärgerlicher machen würde, und vor allem die Frage aufwerfen würde, warum sie überhaupt ihren Cousin hätte ehelichen sollen. Nein, dazu schwieg sie lieber.

  • Ich schaute sie noch immer streng an.
    Das will ich hoffen, denn falls doch werde ich dich zu Lucius schicken müssen, denn dann kann ich die Verantwortung für dich nicht mehr tragen. Oder vielleicht werde ich Lucius dann vorschlagen, dass du in den Dienst der Götter eintreten solltest, vielleicht als Vestalin.
    Ich meinte es ernst und einen ebensolchen Gesichtsausdruck zeigte ich auch.
    Verstanden?

  • Axilla unterdrückte den Drang, Urgulania aufzuklären. Ob sie bei Silanus in sittsamerer Gesellschaft wäre und sich keuscher verhalten würde war zu bezweifeln. Und das mit den Vestalinnen ging aufgrund der ein oder anderen „Kleinigkeit“ wie fehlender Jungfräulichkeit auch nicht mehr. Aber das sagte sie besser auch nicht, sonst glaubte Urgulania am Ende noch, sie und Rufus hätten miteinander geschlafen. Und der war ja wirklich der einzige in dieser ganzen Sache, der unschuldig an dem Schlamassel jetzt war. Der war nur auf der Straße falsch abgebogen und hatte sich ausrauben lassen.


    Also nickte sie nur ganz kleinlaut und sah dabei beständig und beschämt zu Boden. Sie würde Urgulania nicht mehr enttäuschen, nahm sie sich ganz fest vor.

  • Ich hatte irgendwie das Gefühl, dass sie mir etwas verschwieg, aber dem würde ich wenn dann später nachgehen müssen, denn eigentlich war ich ja auf dem Weg zur Agora gewesen.
    Gut, dann wäre das ja geklärt.
    sagte ich und hoffte, dass das Thema wirklich ersteinmal eine Weile geklärt bleiben würde.
    So, ich muss jetzt aber auch los, denn ich bin sowieso schon etwas spät dran für meinen ersten Termin heute. Du solltest vermutlich auch bald zur Arbeit gehen.
    Ich machte Anstalten, das Triclinium zu verlassen, wandte mich dann aber nochmal an meine junge Verwandte.
    Vale Axilla, wir sehen uns heute Abend.
    Dann verliess ich das Triclinium und lächelte ihr zumindest noch ein Bisschen aufmunternd zu.

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