Warm und zärtlich ließ die goldfarbene Sonne ihre Strahlen über die ewige Stadt hinweg streichen, tauchte die eisige Luft des langsam weichenden Winters ein in ein helles Flirren, trieb die wohlhabenden Menschen hinaus, um in den Gärten zu wandeln und sich an ihrer Wärme zu laben, die Kinder auf den Straßen und Plätzen zu spielen, und jene, welche hart arbeiteten, dazu, ihr Gesicht wenigstens einige Herzschläge lang dem angenehmen Hauch entgegen zu strecken. Obgleich der Gärtner der Villa Flavia und seine Helfer auch bei Regen, Sturm und Schnee dafür Sorge zu tragen hatten, dass die Rosenstöcke des Flavius Felix keinen Schaden nahmen, dass die Statuen im Garten stets glänzten, dass der Fischteich frei von Schmutz war, dass die Säumung der Wege akkurat und geradlinig verlief, dass die Beete frei von Unkraut und das Gras nicht höher als eine Hand breit gewachsen war, so gereichte doch ein sonniger Tag bestens dazu, Ordnung in das Anwesen zu bringen, solange nicht eben einer der Herren den Plan fasste, darin zu wandeln, wobei eine Störung natürlich tunlichst vermieden werden musste. An diesem Tage jedoch hatte noch kein Flavier sich in den Hortus verirrt, so dass alle sklavischen Hände zur Gartenarbeit gebraucht wurden, und so war es für den Gärtner umso deplorabler, dass der Sklave Darios diesen Tag im Kerker verbrachte, da der Koch Attalus ihn dabei erwischt hatte, wie er von feinstem Vorderschinken sich einige Stücke genommen hatte. Umso gelegener war ihm daher der Neuzugang Asny unter die Augen geraten, eine jener Sklavinnen, welche in Abwesenheit ihres Herrn seiner Ansicht nach stets unterbeschäftigt waren, und ohne lange zu zögern hatte er sie zum Dienst im Garten eingeteilt.
Für Sciurus indes war der Tag nicht besser oder schlechter als jeder andere auch, er machte sich nicht viel aus der Sonne - ebenso wenig wie aus dem Mond -, es sei denn, sie schickte sich eben an aufzugehen. Als er den Garten betrat, befand er sich auf einer seiner Inspektionsrunden, denn sein Herr hatte ihn für einige Stunden entlassen, so dass er seinen häuslichen Pflichten nachgehen konnte. Der helle Schopf Asnys fiel ihm auf, da er ihr bisher noch nicht begegnet war - doch er war bereits über sie informiert, ihre Ankunft, ihre Zugehörigkeit, ihre vorläufigen Aufgaben. Ohne ein Wort blieb er hinter ihr stehen, die Sonne in seinem Rücken, so dass sich sein langer Schatten um ihre Füße wand, und betrachtete sie bei ihrer Arbeit. Sciurus mochte keine blonden Sklavinnen - dies mochte natürlich nicht verwunderlich sein, da Sciurus ohnehin niemanden mochte, doch gäbe es eine Skala des Nicht-Mögens, so würden blonde Sklavinnen darauf noch ein Stück weiter oben rangieren als das übrige Gesinde. Der Grund hierfür war nicht nur die erste Frau, die Sciurus in seinem Leben überhaupt hatte enttäuscht - seine Mutter -, sondern ebenso der Schatz der Erfahrung. Asny jedoch war nicht nur blond, ihr Haar war noch eine Spur heller. Ihr Körper war schmächtig, schien schwächlich, doch zeigte sie soweit keinen Anschein von Faulheit.