• "Wasser ist für Rom nicht weniger wichtig", schloß Macer an. "So viele Menschen auf einer Ort zusammen, wären überhaupt nicht zu versorgen ohne die Cura Aquarum. Und das, obwohl der Tiber durch die Stadt fließt."


    Seine gesamte Karriere tat indes nichts zur Sache, so dass er sich auf das nötigste beschränkte. "Nun, ich bin Senator und war Aedil, technisch interessiert und der Posten wurde dann eines Tages frei. Sowas müsstest du wohl auch versuchen, wenn du diesen Posten eines Tages einnehmen möchtest." Als Vigil anzufangen war da zwar keine gute Idee, aber Macer wollte dem jungen Mann nicht die Laune verderben.

  • Tibullus war am Tiber vorbeigekommen und rümpfte noch jetzt die Nase bei dem Gedanken an diesen Fluß. Zur Wasserversorgung war dieser Fluss sicher nicht geeignet. Es erstaunte ihn nicht wirklich zu hören das Macer Senator war. Das Wasser zu verwalten war eine Aufgabe die nur den wichtigsten Männern zufallen sollte.


    "Als erstes würde ich ja gerne lesen und schreiben lernen. Ein wenig habe ich von meiner Mutter gelernt, allerdings starb sie zu früh um mich alles zu lehren." Ihm war es immer peinlich gewesen das er des Lesens nicht mächtig war. "In meiner Heimat habe ich es kaum gebraucht. Es reichte meist seinen Namen und die wichtigsten Zahlen zu kennen. Im Rechnen bin ich jedoch nicht schlecht."


    Tibullus schaute sich um. Langsam leerte sich die Therme.

  • Macer nickte, denn aus seiner Zeit bei den Legionen waren ihm die Schwierigkeiten der einfachen Leute, die als Soldaten zur Armee kamen, nicht unbekannt. Manchmal mussten da auch ein Signifer die Soldquittungen für seine Kameraden unterschreiben, weil diese es nicht konnten. "Ja, Lesen und Schreiben ist wichtig. Den einen oder anderen Weg nach oben eröffnest du dir alleine dadurch."


    Langsam wurde es Zeit, das warme Bad zu verlassen, wenn die Haut nicht zu sehr aufweichen sollte. "Noch einen Abstecher ins kalte Wasser?"

  • Das warme Wasser und die, ungewöhnlich hohen Temperaturen des Tages ließen die Aussicht auf etwas Abkühlung verlockend erscheinen.


    "Nun, wenn ich zum ersten Mal eine Therme aufsuche, werde ich mir gewiss nichts entgehen lassen wollen" Schmunzelte Tibullus. Er hüllte sich in sein Handtuch, welches inzwischen einiges an Feuchtigkeit aufgenommen hatte, die schwülen Witterungsverhältnisse und der Dampf hatten ganze Arbeit geleistet.
    Trotzdem wickelte er sich das Handtuch um die Hüften um seinen Schambereich zu verhüllen. "Einen Weg nach oben, klingt reizvoll für einen Mann vom Lande, momentan würde mir ein Weg nach Hause jedoch genügen." Wieder lächelte Tibullus, diesmal aus sentimentalen Gründen. Wann würde er wieder ein Zuhause haben?

  • "Soll auch sehr gesund sein, sich nach dem Warmbad abzukühlen." Mehrere Ärzte hatten ihm das erzählt und Macer glaubte es daher. Er machte es häufig, aber nicht immer und hatte nie beobachtet, ob er mehr oder weniger krank war dadurch. Er war überhaupt selten krank zum Glück.


    "Wie gesagt, am Haus der Valerier wird man dir sicher eine Tür öffnen und ansonsten werden ja die Vigiles vermutlich dein Zuhause sein. Dach über dem Kopf, geregelter Dienst, medizinische Versorgung, Sold, was will man mehr wenn man gerade erst angekommen ist?"

  • Vorsichtig, um nicht auf den feuchten Fliesen auszurutschen, folgte Tibullus Macer. "Nun wenn es Gesund ist, meine Mutter sagte immer..." Grinsend ahmte er die Stimme seiner Mutter nach. Als sie noch lebte, hatte er sie gerne damit geärgert, was stets dazu geführt hatte das sie irgendwann lachte. "Tibullus, mein Junge, achte auf deine Gesundheit, egal was du irgendwann besitzten wirst, ob du Arm oder Reich bist. Deine Gesundheit wird immer dein wertvollstes Gut sein." Erst lachte der Terentier über seine Imitation, dann wurde er ein wenig traurig. Seit dem Tod seiner Mutter, hatte er ihre Stimme nicht mehr nachgemacht. "Nunja, vermutlich hatte sie recht, wie immer."


    Es gab einen deutlichen Unterschied zwischen den Becken mit dem kalten und den mit dem warmen Wasser, in den Kaltwasserbecken schienen die Römer deutlich weniger Gesprächig zu sein.


    "Nun, mit Zuhause meinte ich kein einfaches Dach über den Kopf. Zur Not habe ich auch noch ein paar Münzen und kann mir ein Obdach mieten." Mit gespielter Zuversicht fügte Tibullus hinzu "Und wer weiss, vieleicht begegne ich schon bald meinem Vater!"

  • "Eine Kaserne ist mehr als ein Dach über dem Kopf!" Das meinte Macer wirklich aus Überzeugung, auch wenn er nicht so viele Jahre bei den Legionen verbracht hatte, wie ein Berufssoldat. "Die Kaserne wird deine Heimstatt sein, deine Kameraden deine Familie. Hier in Rom bei den Vigiles vielleicht nicht ganz so stark wie bei den Legionen, aber trotzdem. Ich glaube, man kann gar nicht anders, als sich dort heimisch zu fühlen."


    Zu den Eltern des jungen Mannes wollte er sich vorsichtshalber nicht äußern. Da konnte man zu leicht in ein Fettnäpfchen treten, wenn man die Familirenverhältnisse nicht kannte. Und selbst wenn der junge Mann ihn schon eingehend dahingehend unterrichtet hätte, hätte Macer die Hälfte inzwischen doch schon wieder vergessen. Stattdessen tauchte er seinen Körper einmal komplett ins kalte Wasser, bevor er dann recht schnell wieder aus dem Becken heraus war und zum Handtuch griff.

  • Tibullus tat es dem Senator gleich und erhob sich kurz nach ihm aus dem Wasser. Eigentlich wäre er gerne noch ein wenig liegen geblieben. Das kalte Bad kam ihm natürlicher vor als die aufgeheizten Wasser der vorherigen Becken.


    "Die Legionen, ich hätte es gerne meinem Vater gleich getan und wäre in die Legio eingetreten. Doch hier in Rom bin ich schon weiter von meiner Heimat entfernt als ich es je zuvor war. Man sollte immer einen Schritt nach dem anderen machen." Wieder wickelte er das feuchte, nun etwas unangehme Badetuch um seine Hüften. Die Ausicht auf neue Freunde, vieleicht sogar eine neue Familie freute ihn. Vieleicht fand er hier ja sogar zwei Familien.

  • Durch die nächste schwere Tür, die die feuchte Thermenluft von den trockenen Umkleideräumen trennte, verließen die Männer mit klappernden Badesandalen wieder den Badetrakt. Im Umkleideraum angekommen, sprang Macers Sklave sofort auf, um ihm behilflich zu sein, aber Macer trocknete sich erstmal in aller Ruhe ab und ließ sich nur ein zweites Tuch reichen, weil das erste schon ziemlich nass war.


    "Manche gehen extra zu den Legionen, weil sie darauf hoffen, weit weg zu kommen", setzte er das Gespräch fort. "Aber ich halte davon auch nicht unbedingt viel. Wenn ich in die Ferne geschickt werde, dann gehe ich, aber es zieht mich nichts zwangsläufig dorthin. Und es gibt auch genug Soldaten, die gehen zur Legion, sind 19 Jahre an einem Standort und werden im letzten Jahr noch quer durch's Reich verlegt."

  • Um den Sklaven beneidete er Macer weniger als um das trockenen Badetuch. Verzweifelt versuchte sich Tibullus mit dem nassen Stoff trocken zu rubbeln. Ein aussichtsloses Unterfangen. Schliieslich gab er auf und streifte sich die neue Tunika über. Der grobe Wollstoff piekste auf der, durch das ungewohnte warme Wasser, aufgeweichten Haut.
    Einen Moment vergass Tibullus seine vornehme Gesellschaft um mit verzerrtem Gesicht den Stoff seiner neuen Bekleidung am Körper zu reiben, doch das juckende Gefühl verschwand nicht.


    "Ich hoffe der Mann der mir diese Tunika verkauft hat verschwindet zu den Legionen" Er besann sich seines Gegenübers und versuchte den Zwang sich zu kratzen zu ignorieren. "Am besten nach Parthia, aber besser nicht. Wenn Merkur diesen Mann derart gesegnet hat, das er mir diesen Stoff verkaufen konnte, ziehe ich mir nur seinen Zorn zu."


    Gemächlich begann er seine Sandalen zu schnüren. "Ich bin froh wenn ich hier in Rom eine Heimat finde, eine Reise in die Provinzen ist momentan das letzte was ich begehre, geschweige denn quer durch das Reich geschickt zu werden."

  • Die Bemerkung über den Händler, der offenbar eine unbequeme Tunika verkauft hatte, ließ Macer auflachen. "Wer weiß, vielleicht verkauft er auch den Parthern solche Tuniken und dann wollen sie gar nichts mehr von uns wissen. Das wäre ein lohnenswerter Gedanke." Dabei waren Tuniken ja noch eine normale Handelsware. Es gab tatsächlich Händler, die auf die Idee kamen, das seltsamste Zeug zu verkaufen und immer wenn man sich fragt, wieso die nur auf eine so dumme Idee gekommen sind, fand man jemanden, der noch dümmer war und es sogar gekauft hatte.


    "Da brauchst du bei den Vigiles auch wenig Sorge haben. Die bleiben hier in Rom. Vielleicht kommst du zu der Vexillation in Ostia, aber weiter geht es nicht weg."


    Nachdem er sich die Tunika übergestreift hatte, trat Macer einen Schritt in dem Raum hinein, breitete die Arme aus und ließ sich von seinem Sklaven die Toga anlegen. Er war sich sicher, dass eines Tages ein findiger Händler auf die Idee kommen würde, ein wesentlich bequemeres und trotzdem genauso edles und kleidsames Kleidungsstück zu entwerfen.

  • "Ich befürchte eher das sie dann selbst ihre Frauen und Kinder in den Krieg gegen uns führen, wenn wir sie zwingen solchen Stoff zu tragen"
    Tibullus kämpfte immer noch gegen den Drang sich zu kratzen "Aber sie sieht wenigstens gut aus, vorallem ist sie sauber" Ob es helfen würde sich mitsammt der Tunika in eines der Becken zu werfen? Vermutlich würde er der Therme verwiesen werden. "Ich danke dir dafür dafür, das du mir gezeigt hast wie die Thermen Roms funktionieren" Bescheiden winkte er ab "Ich weiß das es für dich üblich ist, das sagtest du mir" dann neigte er sein Haupt "Trotzdem war es mir eine Ehre."

  • "Nichts zu danken", winkte Macer ebenfalls ab. "Neue Leute kennen zu lernen ist eine nette Abwechslung beim Besuch der Thermen. Du wirst es vielleicht nicht glauben, aber ohne das können selbst die größten und faszinierendsten Thermen irgendwann langweilig werden."

  • Tatsächlich fiel es ihm schwer dies zu glauben. Gesehen hatte er eindrucksvolleres als diese Thermen auf seinem Weg durch Rom, betreten jedoch nicht. Noch immer wickelte der Sklave Macer in seine Toga und Tibullus musste unwillkürlich an die Geschichten über die Pharaonen der Ägypter denken. Die Römer waren immer einen Schritt vorraus, sie wickelten sogar die wichtigen Lebenden ein.
    Immerhin war es faszinierend das die wichtigen Mumien Roms offenbar nicht von Eitelkeit geschlagen waren.


    "Purgitius Macer, die Sonne geht unter und wenn ich noch das Haus meiner Verwandten finden will, muss ich mich sputen. Ansonsten irre ich heute durch die Nacht und ich muss zugeben das meine letzten beiden Nächte unter freiem Himmel nicht unbedingt die angenehmsten meines Lebens waren."

  • Schließlich war auch Macer fertig in sein Kleidungsstück eingepackt und bereit, die Therme wieder zu verlassen. "Na, bis es dunkel wird, wird sicher noch eine Weile vergehen, aber trotzdem wünsche ich dir, dass du das Haus bald findest", verabschiedete er sich. "Außerdem solltest du als zukünftiger Vigil die Dunkelheit ja nicht scheuen. Vielleicht sieht man sich ja eines Tages wieder, wenn du auf Roms Straßen deinen Dienst versiehst."

  • Tibullus lachte, natürlich scheute er die Dunkelheit nicht. Er war ja kein Kind mehr, sondern inzwischen anfang Zwanzig. "Sorg dich nicht, ich fürchte die Dunkelheit nicht. Mehr fürchte ich die Gestalten die in der Dunkelheit auf einen unbewaffneten Mann, der auch noch fremd in der stadt ist, warten." Er warf einen kurzen Blick in das Bündel mit seinen wenigen Habseeligkeiten und schulterte es dann. "Vale Macer, ich hoffe unsere Wege kreuzen sich spätestens beim nächsten Wagenrennen"

  • "Vale und viel Erfolg. Das Haus der Factio Russata steht dir auch schon vor den nächsten Rennen offen, falls du Gelegenheit haben solltest, während deiner Grundausbildung mal ein paar freie Stunden außerhalb deines Stützpunkte zu verbringen." Zu viel Hoffnung wollte Macer ihm da nicht machen, aber gesellige Leute konnte die Russata eben immer gebrauchen. Wo die Russata ihr Vereinshaus hatte, würde er bei seinen Patrouillen durch die Stadt sicher bald feststellen, wenn die Vigiles ihn denn nahmen.

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