cubiculum | Aurelia Minervina


  • Hier befinden sich die privaten Schlafgemächer der Aurelia Minervina.


    Es handelt sich hierbei um zwei kleine miteinander verbundene Räume, die sich im oberen Stock der Villa befinden. Beide Räumlichkeiten sind elegant und geschmackvoll eingerichtet. Das etwas größere Zimmer verfügt über einen kleinen Balkon, von dem man einen Ausblick in den Garten der Villa hat. Außerdem lässt er viel Licht in das Zimmer.
    Wer das Cubiculum von Minervina zum ersten Mal betritt, wird sofort erkennen, dass die Natur zu einer der größten Leidenschaften der Aurelia zählt. Die Wand, die gegenüber von dem Balkon liegt, ist mit floralen Mustern verziert. Minervinas liebstes Motiv zeigt einen kleinen Vogel, der sich auf das Haltestöckchen eines Rosenzweiges niedergelassen hat. Zudem findet man zahlreiche Vasen mit wohlduftenden Blumen vor. Neben dem Fenster steht ein Schreibtisch, der jedoch nicht oft benutzt wird. Gegenüber des Tisches steht eine Kline an der Wand sowie ein schmales Regal, indem allerlei Parfumphiolen und Schminkutensilien untergebracht sind.
    In dem kleineren Raum, der durch einen roten Vorhang vom anderen Zimmer abgetrennt werden kann, befindet sich das prachtvolle Bett, das mit vielen großen Kissen ausgelegt ist. Ansonsten findet man noch eine große, verzierte Truhe in dem Zimmer vor, in der all ihre Kleider aufbewahrt werden.


    Alles in allem sind die Räumlichkeiten ganz nach dem Geschmack der jungen Patrizierin eingerichtet.

  • Einige Tage waren nun schon vergangen, seit Fhionn nun im Haus dieses Römers war, der sie von Tolmides, dem Sklavenhändler gekauft hatte. Noch immer fühlte sie sich wie in Fremdkörper in diesem riesigen Haus. Irgendwie hatte sie es geschafft, daß sie weder Matho, dem Maiordomus noch einem anderen, über ihr stehenden Sklaven über den Weg gelaufen war. Offenbar kümmerte sich niemand so recht um sie und die meisten der Sklaven kannten sie auch nicht, da sie bislang nicht sehr gesprächig gegenüber den anderen Sklaven war. Doch sie empfand diesen Zustand als gar nicht mal so schlecht. Sie nutzte diese Art des "Nichtvorhandenseins" aus und erkundete für sich die Villa. Bislang hatte sie es tatsächlich geschafft, von keiner der Herrschaften entdeckt worden zu sein. Nur in ihrer ersten Nacht, in der sie nicht schlafen konnte, hatte Prisca sie überrascht. Zusammen mit Sertorio hatte sie eine höchst seltsame und unwirkliche Nacht erlebt.
    An diesem Nachmittag führte sie ihre Erkundungstour zu einem Cubiculum. Bevor sie das Zimmer betrat, hatte sie an der Tür gehorcht, um auch sicher zu gehen, daß niemand anwesend war. Da die Luft rein war, öffnete sie langsam die Tür und spähte hinein, ob auch wirklich niemand darin war.
    Der Raum war leer, doch was sich dort ihren Augen bot, war schier unglaublich! Der Raum war wunderschön mit Wandmalereien verziert. Überwältigt trat sie ein und betrachtete mit offenem Mund die wunderschönen Fresken. Herrliche Blumenmuster und Verzierungen, doch als erstes fiel ihr die Abbildung eines kleinen Vogels auf, der in einem Rosenbusch versteckt saß.
    Ihr Blick streifte das Zimmer und den Balkon. Der Raum war sehr ansprechend und gemütlich eingerichtet. Wäre sie nicht als Sklavin in dieses Haus gekommen, hätte sie es sich wahrscheinlich sofort gemütlich gemacht. Ihre Augen blieben an einem kleinen Regal haften. Neugierig schritt sie darauf zu. Seltsame Fläschchen befanden sich darin. Sie öffnete eine davon und roch daran. Ein süßlich-leiblicher Duft stieg in ihre Nase. Dann entdeckte sie das Schmuckkästchen. Sachte glitten ihre Finger über den wertvollen Inhalt. Solch eine Pracht hatte sie noch nie gesehen. Es war ihr gänzlich unverständlich, daß ein einzelner Mensch so viel besitzen konnte. Dann griff sie nach einem Paar Ohrringen. Sie waren wunderschön! Wie sie wohl an ihr aussehen würden? Sie sah sich nacheinem Spiegel um und es dauerte nicht lange, bis sie fündig wurde. Erwartungsvoll hielt sie die Schmuckstücke an ihre Ohren und blickte in den Spiegel. Sie lächelte ihrem Spiegelbild zu. Das was sie sah gefiel ihr.

  • Minervina hatte soeben ein wohltuendes Bad genossen und war nun – eingehüllt in einem flauschigen Handtuch - auf den Weg in ihr Cubiculum. Ihre Haare waren noch etwas feucht und fielen offen über ihre Schultern. Als sie an ihrem Zimmer ankam, stutzte sie für einen Augenblick. Die Tür war ein Spalt geöffnet, dabei war sie sich sicher, dass die Tür beim Verlassen des Zimmers von einer Sklavin geschlossen wurde. Sie horchte auf, als sie etwas aus dem Raum vernahm. Waren das Schritte? Moment. War da etwa jemand in ihrem Zimmer?! Wenn sie eins nicht leiden konnte, dann so etwas. Doch anstatt polternd in ihr Cubiculum zu stürmen, linste sie ganz vorsichtig durch den Türspalt und bemühte sich, nicht dabei aufzufallen. Das, was sie nun sah, war wirklich allerhand! Da stand doch tatsächlich eine junge Frau in ihrem Zimmer und begutachtete die sämtliche Einrichtung. Wer um alles in der Welt war das? Wie jemand aus ihrer Familie sah sie mit ihren leuchtend roten Haaren ja nicht unbedingt nicht aus. Auch ihre Kleidung sah eher nach die der aurelischen Sklaven aus. Das wird doch nicht etwas eine Sklavin sein? Dass die Sklaven in diesem Haushalt sich manchmal so einiges herausnahmen, hatte sie ja schon bemerkt, aber das ging dann doch zu weit.


    Da die Frau mit dem Rücken zu ihr stand, konnte sie die junge Aurelia nicht sehen. Minervina dagegen konnte sie sehr gut beobachten und das Bild, das ihr bot, wurde immer unglaublicher. Jetzt ging diese Person auch noch an ihr Schmuckkästchen und kramte ihre Lieblingsohrringe hervor! Das war zuviel des Guten. Minervina öffnete kurzerhand die Tür und trat ein. Sie räusperte sich kurz. "Darf ich fragen, was das wird, wenn’s fertig ist?" fragte sie mit ruhiger Stimme und fixierte mit ihren Augen die Rothaarige an. Auf ihre Erklärung war sie nun mehr als gespannt!

  • Eine Weile betrachtete sie ihr Spiegelbild und die Schönheit der Ohrringe ließ sie unachtsam werden, für alles, was um sie geschah. Eigentlich wollte sie den Schmuck schon wieder zurücklegen, als sie plötzlich von einer Stimme aufgeschreckt wurde. Schlagartig wandte sie sich der Frau zu, die sie angesprochen hatte. Überrascht sah sie in das Gesicht der jungen Frau. Ihre Haare waren noch feucht und sie war lediglich mit einem Handtuch bekleidet. Dummerweise hatte sie leider nicht allzu viel verstanden, was die Frau von ihr wollte. Fragen wird fertig? Aber natürlich war Fhionn bewußt, daß sie etwas verbotenes getan hatte. Offenbar war dies die Eigentümerin des Cubiculums und auch der Ohrringe. Ihrer Überraschung war Verlegenheit gefolgt und ihr Gesicht rötete sich vor Scham. Verkrampft suchte sie nach Worten, um sich zu erklären, doch unter diesen Umständen wollten ihr die lateinischen Worte nicht über die Lippen kommen. So begann sie automatisch in ihrer Muttersprache zu sprechen, was allerdings völlig unsinnig war, da diese Römerin nicht ihre Sprache verstand. "Es tut mir leid, ich wollte nichts wegnehmen! Es ist nur dieser Raum. Er ist so unsagbar schön und all die Dinge darin." Ihre Augen ließen nicht von der Römerin ab. Gebannt beobachtete sie sie, um jede ihrer Regungen zu registrieren. Langsam führte sie ihre rechte Hand zu der Römerin hin und hielt ihr die Ohrringe entgegen.

  • Erschrocken blickte die junge Frau ihr ins Gesicht. Na, da fühlte sich wer wohl auf frischer Tat ertappt, was? Also doch, eine Sklavin. Eine unverfrorene Sklavin, die sich einfach an ihren Schmuck heranmachte. "Na, was ist jetzt?" Mit verschränkten Armen stand sie an der Tür und wartete immer noch auf eine Antwort. Geduld war nun wirklich nicht eine ihrer Stärken. Irgendwann wurde es ihr zu bunt und Minervina wollte schon auf sie zutreten um ihr die geliebten Ohrringe zu entreißen, blieb aber dann nach ein paar Schritten verdattert auf der Stelle stehen. Die rothaarige Sklavin begann plötzlich doch zu reden. Aber was bei den Göttern waren das für fremdartige Worte, die aus ihrem Mund kamen? Es dauerte einen kurzen Moment bis ihr schließlich klar wurde, dass diese Sklavin anscheinend kein Latein beherrschte. "Das darf doch nicht wahr sein..." meinte sie mehr zu sich selbst als zu der Sklavin und blickte entnervt nach oben. Oh ihr Götter, was hat dieser Haushalt nur für Sklaven! Die eine war stumm und hatte nur Unsinn im Kopf, die nächste verstand ihre Sprache nicht und machte sich zudem noch an ihren Schmuck zu schaffen. Was kam als nächstes? Minervina atmete tief ein und sah der Rothaarigen wieder ins Gesicht. Auch wenn es sich um fremdländische Worte handelte, so bekam die Aurelia den Eindruck, als täte es der Sklavin tatsächlich leid, was sie soeben getan hatte. Gewiss, sie hätte ihr auch nur etwas vorspielen können, doch da war dieser Blick in ihren Augen... Skeptisch nahm sie die Ohrringe, die ihr so zaghaft entgegen gehalten wurden. "Nun gut..." In dem Moment, wo sie ihren Schmuck in den Händen hielt, wurde ihre Miene etwas milder. "Immerhin zeigst du dich reumütig... nehme ich zumindest an. Sag, wie ist dein Name? Verstehst du überhaupt ein Wort, von dem was ich sage?"

  • Fhionn fühlte sich in diesen Minuten sehr unwohl in ihrer Haut. Nicht nur, weil man sie beim herumstreunen entdeckt hatte, nein auch, weil sie nicht genau wußte, wie sie sich dieser Römerin gegenüber verhalten sollte. Im Moment ihrer Verärgerung, konnte sie sie gar nicht richtig einschätzen. Sie wußte nur, diese Frau machte auf sie einen gestrengen Eindruck. Von alldem, was sie in ihrer Rage zu ihr sagte, verstand sie nur Bruchstücke. Gut, reumütig, wie Name, verstehst du Wort sage. Es bedurfte einige Sekunden, bis sie sich darauf einen Reim machen konnte.
    Nein, reumütig war sie nicht! Nur überrascht. Weswegen sollte sie Reue zeigen? Sie war nicht freiwillig hier. Man zwang sie, hier zu sein. Da man sie bislang wohl eher übersehen hatte, erkundete sie eben auf eigene Faust ihre Umgebung! Verlegen war sie, sonst nichts!
    "Name ist Fhionn", antwortete sie unsicher. "Nicht gut sprechen. Nicht gut verstehen." Mit einer fast schon entschuldigenden Geste, sprach sie weiter und ließ weiterhin ihre Augen auf der Römerin ruhen. Sie wollte auf alles gefasst sein, denn sie traute keinem Römer über dem Weg, auch nicht dieser Römerin hier.

  • Brrr. Es lief ihr kalt über den Rücken hinunter, als Minervina die Sklavin in dem sonst so klangvollen Latein sprechen hörte. Was für ein eigenartiger Akzent! Diese Laute... sie klangen so hart und rau in den Ohren der Aurelia. Ob sie wohl eine von den Germanen war? Oder handelte sich bei ihr doch eher um eine Keltin? Sie konnte es nicht genau einschätzen, dazu kannte sie sich mit den nordischen Völkern zu schlecht aus. Auch als sie ihren Namen nannte, konnte Minervina nicht ausmachen, woher diese rothaarige Frau stammen könnte. Letztendlich spielte das aber auch keine Rolle. Eins dagegen war aber nun sehr klar. Sie hielt sich wohl noch nicht lange in Rom auf und war erst recht noch nicht lange Sklavin. Wahrscheinlich war ihr deswegen wohl auch nicht bewusst, dass an dieser Stelle eine verdammt gute Entschuldigung ihrerseits nötig wäre. Vielleicht beherrschte sie aber auch einfach nicht die lateinischen Worte um sich zu entschuldigen. Die dritte Möglichkeit, weshalb sie sich nicht entschuldigte, weil sie schlichtweg aufsässig gegenüber Römern war, schloss Minervina jetzt einfach mal aus. Immerhin ihre Gestik deutete ja daraufhin, dass es ihr offensichtlich leid tat. Und weil dem so war, beschloss die Römerin darauf zu verzichten ihr eine Standpauke zu halten oder sie gar zu strafen. Wenn sie Latein noch nicht so gut sprechen konnte, würde sie es ohnehin nur falsch verstehen und das brachte niemanden weiter. Außerdem war es mehr als deutlich, dass sie sich in dieser Situation äußerst unwohl fühlte und das, so fand Minervina, war Strafe genug. "Gut, Fhionn." Dabei versuchte sie nicht allzu streng, aber auch nicht allzu gutmütig zu schauen. "Diesmal sehe ich von einer Strafe ab. Aber wehe, ich erwische dich noch einmal an meinem Schmuck... Ich kann auch anders! Haben wir uns verstanden?" Wahrscheinlich nicht, aber was soll’s, irgendwie würde sie das anhand ihrer Mimik schon richtig verstehen, dachte sich Minervina. Anschließend machte sie eine Handbewegung Richtung Tür. "Du kannst jetzt gehen." Sie blickte Fhionn noch hinterher. "Und tu mir einen Gefallen... lerne an deinem Latein."

  • Der kleine Sklavenjunge war wirklich schnell gelaufen. Entsprechend war er ein wenig atemlos, als er an der Tür von domina Minervina anlangte und klopfte. Er zappelte ungeduldig herum, während er darauf wartete, daß sich die Tür öffnete. Er mochte die schönen Frauen, die hier wohnten. Sie waren nett und schön und ... überhaupt. Und Minervina kannte er noch gar nicht richtig. Er hatte sie bisher nur aus der Ferne bewundert. Doch sie war nett zu Tilla. Bestimmt würde sie auch nett zu ihm sein. Hoffte er zumindest.

  • Soeben hatte Minervina hatte sich von einer jungen Sklavin die Haare für den heutigen Tag machen lassen, als es plötzlich zaghaft an ihrer Tür klopfte. Nanu, wer das wohl war? "Herein." Mit einem Kopfnicken deutete sie der Sklavin, dass diese die Tür öffnen sollte. Diese gehorchte auch sofort und eilte zur Tür. Als die Aurelia den kleinen Sklavenjungen dort stehen sah, warf sie ihm ein fröhliches Lächeln zu. Nein, was war der Kleine putzig! "Was kann ich für dich tun?"

  • Ohhhh, sie war so nett! Und so wunderschön! Gerade jetzt, wo sie lachte! Der Kleine bekam vor Aufregung ganz rote Ohren und druckste ein wenig herum, bevor er mit der Sprache herausrückte. "Salve... domina Minervina. Da... da ist eine Frau an der porta und die redet ganz merkwürdig. Aber sie sagt, sie hat einen Brief für Dich. Von Flavia Celerina. Und sie sagt, sie muß ihn Dir selbst geben, ihre Herrin hat das gesagt. Darf ich sie zu Dir bringen? Oder soll sie wann anders wiederkommen?" Mit großen Augen blickte er sie erwartungsvoll an.

  • Schmunzelnd hörte sie dem Jungen zu, was er ihr zu berichten hatte. Wie er vor ihr stand und daher druckste war wirklich drollig. Doch was sagte er? Eine Frau, die ganz merkwürdig redete? Bevor sich Minervina allerlei Gedanken machen konnte um wen es sich dabei handeln könnte, erwähnte der Kurze gleich darauf den Namen Flavia Celerina und die Patrizierin verstand. Das konnte also nur ihre Leibsklavin sein, die die Flavia auf dem Markt begleitet hatte. Ihre eigenartige Ausdrucksweise war auch ihr gleich aufgefallen. Oh, und sie hatte einen Brief dabei? Für sie ganz alleine? Ihre Augen begannen zu leuchten. "Aber ja doch, sie soll ihn mir geben. Schick sie am besten ins atrium, ja?" Während der Kleine wieder zur porta verschwand, erhob sie sich und begab sich in freudiger Erwartung ins atrium.

  • Der Kleine nickte eifrig. "Ich sag es ihr!" Und schon flitzte er davon. Er hatte die Freude in ihrem Gesicht gesehen. Ach... sie war wirklich toll! Unglaublich toll!

  • Ein wenig Scham hatte mich schon befallen, als ich nun endlich einmal die Zeit fand, meine Nichte zu besuchen. Ich stand vor der Tür zu ihrem Zimmer, einen Brief von Ursus in der Hand, und klopfte einfach an, ohne einen Plan und ohne eine Entschuldigung parat zu haben, betreffend meine späte Begrüßung. Natürlich hatten wir uns flüchtig schon gesehen, doch da die letzten Wochen recht turbulent verlaufen waren und ein Ereignis das nächste gejagt hatte, war auch hier nicht viel Zeit für ausführlichere Gespräche gewesen. Unsere gewechselten Worte hatten sich daher auf ein Salve und ein wenig belangloses Geplauder belaufen. Ich wollte nun nachholen, was ich bisher versäumt hatte.

  • Das Klopfen an der Tür nahm Minervina gar nicht richtig wahr, denn sie ging davon aus, dass es sich um die Sklavin handelte, die sie soeben losgeschickt hatte um ihr eine kleine Erfrischung zu besorgen. Sie selbst hatte es sich erst vor wenigen Minuten auf ihrer Liege bequem gemacht und war nun in einer Schriftrolle vertieft.


    So erhob sie ihre Stimme ohne den Blick von der Schrift zu nehmen. "Herein." Die Tür öffnete sich und die Tatsache, dass daraufhin nicht wie angenommen die leisen Trippelschritte der Sklavin folgten, veranlasste sie ihren Kopf schließlich doch zu heben. Es war ihr werter Onkel, der soeben in ihr Zimmer eintrat. Nanu, mit ihm hatte sie nun gar nicht gerechnet. Schnell richtete sie sich auf, überprüfte mit einer oberflächlichen Handbewegung den Sitz ihrer Frisur und rückte ihr Kleid ein wenig zurecht, ehe sie mit einem Lächeln auf den Lippen auf ihn zutrat. "Salve..." Eine kleine Pause entstand. Wie nannte sie ihn denn jetzt am besten? Corvinus? Marcus? Oder gar Onkelchen? Nein mit Letzteres würde sie sich garantiert nicht anfreunden können. Ein Onkel, das war in ihren Vorstellungen ein alternder Mann, dessen Haar allmählich ergraute und dessen Gesicht mit der Zeit immer mehr Falten bekam, und davon war Corvinus noch weit entfernt. Wahrscheinlich wollte er das auch nicht, dass man ihn so nannte. So entschied sie sich letztendlich für sein Cognomen, welches ihr am neutralsten erschien. "...Corvinus. Schön, dich zu sehen. Was führt dich zu mir?"

  • Ich rat ein und erblickte meine Nichte auf einer Liege, beschäftigt mit einer Schriftrolle. Wortlos schmunzelnd schloss ich die Tür und wandte mich Minervina zu, die sichtlich erstaunt hochfuhr und ihr Erscheinungsbild richtete, wo sie es für nötig erachtete. Ohne es zu wollen, verglich ich sie in diesem Moment mit Prisca, die sich vergleichsweise unbefangener gegeben hätte, was an sich wohl daran liegen mochte, dass sie weitaus mehr Umgang mit mir hatte als Minervina, seitdem sie damals in Germanien zu uns gestoßen war. Mit dem Brief in der einen, nichts in der anderen Hand machte ich eine Bewegung, die verdeutlichen sollte, dass sie ruhig sitzen bleiben konnte, doch da war Minervina bereits aufgesprungen und kam mir entgegen. Von ihren Gedanken ahnte ich freilich nichts, sonst hätte ich mir wohl mit steiler Sorgenfalte auf der Stirn durchs Haar gestrichen. So aber beugte ich mich vor und küsste Minervina flüchtig auf die Wange - genau richtig, um das kurze Stocken ihrerseits nicht zu bemerken - um sie danach ein wenig verwundert anzusehen. Corvinus? Nun, angesichts der Zeit, die zwischen unserem allerersten Kennenlernen und ihrer Ankunft hier in Rom lag, war es wohl verständlich, dass sie mich nicht gleich Marcus nannte. Es musste rund fünfzehn Jahre her sein. Damals war Minervina noch eine kleine puella gewesen. Ich erinnerte mich an einen Tag im Garten, der mit einem recht langweiligen Abendessen ausgeklungen war, und an dem Ursus und Minervina bei uns zu Besuch gewesen waren. Ein Blinzeln später war die Erinnerung fortgewischt.


    "Minervina, du wirst von Tag zu Tag hübscher", sagte ich und deutete auf die cline, von der sie eben aufgesprungen war. Ich selbst setzte mich auf einen der Liege nahen Sessel und reichte ihr dann den Brief. "Titus hat geschrieben. Ich soll dich schön grüßen, aber du hast auch einen eigenen Brief von ihm." Kurz musterte ich sie. "Im Grunde war es der Brief, den ich zum Anlass für diesen Besuch genutzt habe. Aber er steht schon viel zu lange aus, und ich habe heute etwas Zeit, da dachte ich, ich bringe dir den persönlich vorbei", fuhr ich fort und deutete auf den Brief in ihren Händen. "Wie geht es dir? Hast du dich gut eingelebt?"

  • Nur zu gut bemerkte Minervina seinen erstaunten Blick, was sie nur noch mehr verunsicherte. Hätte sie ihn doch mit Marcus ansprechen sollen? Wieso war sie überhaupt so unsicher? Für gewöhnlich war sie doch sonst nicht so. Ganz im Gegenteil, sogar sehr selbstsicher. Vielleicht lag es daran, dass sie ihren Onkel schon so lange nicht gesehen hatte und ihn eigentlich kaum kannte. An frühere Treffen mit ihm konnte sie sich nur schwach erinnern und selbst wenn sie sich noch daran entsinnen könnte, so hat er sich mit Laufe der Zeit bestimmt verändert. Während all diese Gedanken sich in ihrem Kopf abspielten, ließ sie sich äußerlich nichts von ihrer Unsicherheit anmerken - zumindest versuchte sie es – und trat zur cline um dort wieder Platz zu nehmen.


    Auf sein Kompliment hin wurde sie aber dann doch lockerer und zumindest bei ihr war damit das Eis gebrochen. Das hast du jetzt aber schön gesagt! lag es ihr schon auf der Zunge, behielt es aber dann doch für sich. Stattdessen lächelte sie ihn nur verschmitzt an. "Danke, das muss wohl in der Familie liegen." Ihr Blick fiel auf den Brief, den er in seiner Hand hielt, und noch bevor Corvinus etwas erwähnte, wusste Minervina instinktiv, dass er nur von ihrem Bruder war. Endlich, Ursus hatte ihr geschrieben! Sie hatte schon sehnsüchtig darauf gewartet etwas von ihm zu hören. Schließlich machte sie sich große Sorgen um ihn, auch wenn sie davon ausgehen konnte, dass er selbst im fernen Germania zurecht kommen würde. "Oh, das freut mich! Ihm geht es doch hoffentlich gut?" Dankbar nahm sie den Brief entgegen und legte ihn behutsam auf ihren Schoß, wo sie ihn ruhen ließ. Sobald sie für sich alleine wäre, würde sie ihn lesen. Nun aber widmete sie sich erstmal den Fragen von ihrem Onkel. Dass dieser ihr den Brief persönlich übergab und sich ein wenig Zeit für sie nahm, fand sie ganz bezaubernd. "Danke, mir geht es bestens. Ich fühle mich von der Familia sehr gut aufgenommen und auch außerhalb der Villa habe ich bereits einige nette Bekanntschaften machen können. Als ich letztens den Markt besichtigte, habe ich zwei äußerst freundliche Flavier kennen gelernt: ein gewisser Cnaeus Flavius Lucanus sowie dessen Schwester Flavia Celerina. Wirklich zwei reizende Personen. Kennst du die beiden?" Ob ihre Familie mit der der Flavier befreundet war? Sie musterte ihn kurz - interessiert, nicht aufdringlich - und fuhr dann fort. "Aber sag, wie geht es dir? Was macht die Arbeit? Du hast sicherlich viel zu tun, nicht wahr?"

  • Dass Minervina mein Kompliment zurückgab, irritierte mich ein wenig, doch ich überspielte den Moment ganz einfach mit einem Lächeln, das auch noch einen Moment erhalten blieb. Zumindest, bis sie mich nach Lucanus und Celerina fragte, denn da wich es einem verblüfften Ausdruck. War es nun Zufall, dass sie mich ausgerechnet nach Celerina fragte, wo ich diese doch vor einigen Tagen nach Hause geleitet und zu den ludi scaenici eingeladen hatte? ”Ich kenne beide”, erwiderte ich langsam. ”Flavius Lucanus kam zu mir, um mich über die Abnahme seiner Opferprüfung zu bitten. Und Celerina habe ich vor drei Tagen nach Hause geleitet. Wir haben uns zufällig auf dem Sklavenmarkt getroffen und kamen ins Gespräch. Beides ausgesprochen nette Bekanntschaften.“ Da war ich vorsichtig. Schließlich wusste ich nicht, wie Minervina zu den beiden stand, und was sie von meinen Worten bedacht oder unbedacht weitergeben würde. Bei Lucanus waren meine Bedenken eher gering, doch was Celerina anging, war mir etwas mulmig zumute. Bei Frauen musste man ohnehin vorsichtiger sein als bei Männern. ”Ihr habt euch angefreundet? Das freut mich. Da wirst du in nächster Zeit sicher ein wenig Abwechslung haben. Ahja, was Titus’ Brief betrifft: Du kannst Briefe jederzeit über die Familienwertkarte versenden. Sie ist beim cursus publicus hinterlegt“, sagte ich.


    ”Wie es mir geht? Nun ja, recht gut, möchte ich meinen. Die Arbeit hält sich in Grenzen, zumal mir Gaius ein wenig abgenommen hat. Ich hoffe auch, dass ich in Zukunft ein wenig mehr Zeit für die Familie finde. Was hältst du davon, wenn wir gemeinsam zu den ludi scaenici gehen? Ich habe Prisca vorhin schon gefragt, und sie fand die Idee recht gut. Helena werde ich auch noch fragen. Hm, und Flavia Celerina wird uns auch begleiten.“ verkündete ich und betrachtete Minervinas Reaktion dazu.

  • Aufmerksam lauschte Minervina den Worten ihres Onkels. Er hatte was? Celerina nach Hause begleitet? So so, das war ja höchst interessant! "In der Tat haben wir uns angefreundet. Stell dir vor, Flavia Celerina hat mir erst kürzlich eine Einladung zu sich in die Villa Flavia geschickt. Ich werde sie in den nächsten Tagen besuchen." Was er dazu wohl sagen wird? Just in diesem Moment trat die junge Sklavin ein und brachte die bestellte Erfrischung herbei. Dankend nahm Minervina den Becher Traubensaft an sich und nippte daran. "Möchtest du vielleicht auch etwas trinken?"


    Als Corvinus sie schließlich auf die ludi scaenici ansprach, nickte sie eifrig. "Eine fabelhafte Idee! Gerne begleite ich dich und die anderen zu den ludi scaenici." Es war nur selbstverständlich für sie gewesen, diese Einladung anzunehmen. Abgesehen davon, dass sie ohnehin eine Vorliebe für Theateraufführungen hatte, würde sie ganz sicher nicht in der Villa zurückbleiben, während sich der Rest der Familie im Theater vergnügt. Mit einem Lächeln auf den Lippen strahlte sie ihn an. Doch ihr Strahlen wandelte sich umgehend in einen überraschten Blick, als Corvinus bekannt gab, dass auch Flavia Celerina mit ihnen kommen würde. Damit hatte sie nun wirklich nicht gerechnet, zählte dann aber eins mit dem anderen zusammen. Also, er findet sie nett, hat sie zur Villa geleitet und nun zu den ludi eingeladen? Hieß das etwa...? Hatte ihr Onkel womöglich Interesse an ihr? Ganz so abwegig erschien ihr der Gedanke nicht. Celerina ist in seinem Alter – vielleicht etwas jünger – und hübsch anzusehen ist sie auch. Obendrein – und das war ja eigentlich von größerer Bedeutung – ist sie unverheiratet und Mitglied einer angesehenen, patrizierischen Familie. Minervina malte sich schon so einiges aus, fing sich dann aber recht schnell wieder. "Ach, tatsächlich? Welch überaus angenehme Überraschung!" Mehr wollte ihr auf die Schnelle nicht einfallen und so hoffte sie nur, dass ihm ihr verblüffter Gesichtsausdruck von gerade eben nicht allzu sehr aufgefallen war. Insgeheim beschloss sie bereits, die Beiden bei den ludi scaenici und auch sonst nicht aus den Augen zu lassen.

  • Ein wenig enttäuschend war es für Ursus schon gewesen, daß seine Schwester ihm keinen einzigen Brief nach Germanien geschickt hatte. Und auch, daß sie bei seiner Ankunft nicht dagewesen war, um ihn zu begrüßen. Ob irgendetwas vorgefallen war? Hatte er gar etwas falsches zu ihr gesagt oder in seinem Brief geschrieben? Frauen waren manchmal sehr merkwürdig, deshalb war er sich da nicht ganz sicher.


    Doch heute sollte sie ihm nicht mehr entkommen. Immerhin wollte er ihr die Mitbringsel übergeben, die er ihr aus Germanien mitgebracht hatte. Und ihr erzählen, was er erlebt hatte. Und hören, was sie erlebt hatte in der ganzen langen Zeit.


    Und so stand er nun vor der Tür ihres Zimmers und klopfte an. Eigentlich müßte sie da sein. Hoffentlich.

  • Resigniert starrten ihre dunklen Augen die Decke ihres cubiculums an. Minervina lag rücklings auf ihrem Bett und dachte nach, während einige dicke Tränen über ihre Wangen kullerten. Seit Wochen nun hatte sich die junge Aurelia immer mehr zurückgezogen. Die Geschehnisse um sie herum nahm sie nur noch zur Hälfte wahr. Sie fühlte einfach keine Freude mehr, nur völlige Leere. Warum konnte sie sich selbst nicht erklären, schließlich hatte sie doch alles, was man sich wünschte. Sie lebte in einer guten Familie, musste sich keine Sorgen um Geld machen, hatte Freunde und sah obendrein noch gut aus. Wobei man sagen muss, dass ihr Äußeres unter ihrer Traurigkeit ein wenig gelitten hatte. Sie schlief in letzter Zeit nämlich sehr unruhig, wodurch sich dunkle Schatten unter ihren Augen bildeten. Das wiederum machte sie nur noch trauriger, denn Schönheit bedeutete ihr wahnsinnig viel. Es war wirklich verzwickt. Was war nur los mit ihr?


    Plötzlich ein Klopfen, welches sie ruckartig aus ihrer Starre riss. Einen Augenblick lang blieb sie wie erstarrt liegen und horchte vorsichtig in die Stille hinein. Hatte sie sich das eingebildet? Nein, es schien tatsächlich jemand vor ihrer Tür zu stehen. Wer konnte das nur sein? Jemand von den Sklaven konnte es nicht sein, denn denen hatte sie in einem ungewohnt rauen Ton mitgeteilt, dass sie ihre Ruhe wünschte. Minervina blieb noch einen Moment liegen. Vielleicht würde derjenige ja wieder gehen? Sie lauschte, doch Schritte, die sich von ihrem Zimmer entfernen, waren nicht zu hören. Da war aber jemand zäh. Es half alles nichts, sie musste denjenigen eintreten lassen. Also raffte sie sich auf, wischte sich mit dem Handrücken die Tränen von ihren Wangen und zupfte hastig ihre Kleidung zurecht. Keiner sollte erkennen, wie elendig ihr zumute war, nicht einmal ihr Bruder. So stand sie nun mitten in ihrem Zimmer und bemühte sich einen einigermaßen fröhlichen Eindruck zu machen. "Ja, bitte?"

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