… auch wenn dabei der Zufall eine Rolle spielen sollte. Aber tut er das wirklich? Alles und Nichts mag dem Menschen vorher bestimmt sein, doch wer vermag dies zu beurteilen? Ob nun Glück oder Leid, Erfolg oder Niederlage, Liebe oder Hass … was davon kann der Mensch wirklich frei und für sich selbst bestimmen? Oder ist nicht alles schon von vorne herein festgelegt, so wie das Leben und der Tod….?
Warum ist die Tafel leer? … was hat das zu bedeuten? grübelte Prisca immer noch und fasste sich an die Schläfe. Leicht begann sie diese zu massieren und schloss dabei kurz die Augen. Von solchen unlösbaren Fragen bekam sie regelrecht Kopfschmerzen. Eigentlich wollte sie schon längst nicht mehr darüber nachdenken, aber auf dem ganzen Weg über vom Tempel des Orakels bis hierher, hatte sie keine befriedigende Antwort darauf finden können. ""Es hilft nichts, es gibt wahrscheinlich keine Lösung! Das Leben geht eben weiter!" , redete sie sich ziemlich erfolglos, dafür aber mit Nachdruck ein. Zumindest wurde sie nun wieder etwas vom Alltag abgelenkt. Und der Alltag bestand für eine Patrizierin unter anderem auch aus solchen Annehmlichkeiten wie einem … Einkaufsbummel!
Eben als Prisca ihre Gedanken auf dieses Thema lenkte, hielt der Tross von aurelischen Sklaven zusammen mit der Sänfte vor einem ganz bestimmten Haus. Es stand etwas abseits vomTrubel der Trajanischen Märkte in einer Seitengasse und auf dem Eingangsschild waren lediglich drei unscheinbare Lettern zu lesen:
C.c.C.
Ein absoluter Geheimtipp! Prisca konnte es nun kaum mehr erwarten endlich den Maestro persönlich kennen zu lernen. Sie hatte schon soviel von ihm gehört und war gespannt, was er von ihrem Plan halten würde … jedenfalls hatte Prisca diesen selbst gefasst. Ob nun freiwillig oder vom Schicksal vorher bestimmt. "Tilla!", rief Prisca ihre Sklavin zu sich und erhob sich ganz entspannt aus der Sänfte, um sich von dem Mädchen das Kleid ordnen zu lassen. Die Straße war nur wenig frequentiert und so mussten ihre vier Leibwächter nicht viel tun außer mit verschränkten Armen herum zu stehen. Neugierige Blicke gab es so gut wie keine und auch die zudringlichen Bettler suchten lieber belebtere Orte auf.
Den ganzen Weg über hatte sie mit Tilla kein Wort mehr über das Orakel gesprochen. Und auch jetzt wollte Prisca das Thema nicht mehr aufgreifen. Vielleicht war das auch gut so für beide, um wieder etwas Abstand zu allem zu gewinnen. "Nun mach dir mal nicht zuviele Gedanken, hörst du! Alles hat einen Sinn. Da bin ich mir sicher. ", bemerkte sie lediglich um Tilla vielleicht doch ein wenig aufzumuntern zu können. "...Hier ... hast du ein paar Sesterzen! Kauf dir davon was immer du möchtest…" und drückte ihr mit diesen Worten fünf Sesterzen in die Hand. …
*klimperklimper*
Nicht weit von den beiden Frauen entfernt schoß hinter einer leeren Tonne ein Köpfchen in die Höhe. Dort saß nämlich Pumilio ein kleiner Straßenjunge und war gerade damit beschäftigt, einem Wurm den Apfelbutzen streitig zu machen. Doch dieses Geräusch kannte er nur zu gut. Hab ich da was klimpern hören? Geschwind stand er - den Apfel achtlos fortwerfend - auf und schielte mal gerade so über den Rand der Tonne hinweg. Besonders groß war Pumilio wirklich nicht und von daher trug er auch seinen Namen. Pumilio entdeckte die Quelle des Geräusches und beobachtete aus großen Augen, wie sich die beiden unbekannten Frauen unterhielten. Genauer gesagt sprach nur Eine und die hatte das Geld! Das wäre die Gelegenheit! …Schon wuselte Pumilio um die Tonne herum und zwischen den Beinen der Leibwächter hindurch bis genau neben Prisca hin ...
"Salve Herrin! Ihr seid wunderschön und ich wünsche euch einen schönen Tag. Habt ihr vielleicht auch etwas für mich?", rasselte er ein Sprüchlein herunter das er sich einfach so ausgedacht hatte und blickte erwartungsvoll lächelnd zu Prisca hoch.
Und Prisca verwundert zu ihm hinunter. Gerade wollte sie sich zum gehen wenden und dann das! Ein Bettlerjunge! Konnten denn die Leibwächter nie richtig aufpassen? Aber eigentlich war der kleine Junge ja ganz süß. "Hier nimm … ", ließ sich Prisca heute zu einer weiteren Wohltat hinreißen und reichte Pumilio eine Sesterze. "... und nun störe mich nicht weiter! Mit diesen Worten richtete Prisca ihren Blick wieder auf … .Tilla! … Du und die anderen Sklaven wartet hier auf mich! Ich werde alleine hineingehen und … es kann etwas dauern.", sprach es und verschwand dann ohne ein weiteres Worte in dem Haus mit dem seltsamen Schild über der Eingangtüre.
"WOW… Eine Sesterze! … habt ihr das gesehen? … Sie hat mir eine Sesterze geschenkt! " Pumilio konnte sein Glück immer noch nicht fassen und starrte fasziniert auf das Geldstück, das er zwischen seinen Fingern drehte. Die Leibwächter hingegen schüttelten bei dem Anblick des Knirpses nur belustigt die Köpfe und beachteten ihn nicht weiter. "… Wie viele hat sie dir denn geschenkt? … ", erkundigte sich Pumilio nun bei Tilla und drehte sich dabei zu dem unbekannten Mädchen um, das er noch gar nicht beachtet hatte ...