Res gestae des vigintivir Caius Flavius Aquilius

  • Es war lausig kalt und der Frühling schien sich noch irgendwo im Osten zu verlustieren, in Rom war er jedenfalls eindeutig noch nicht angekommen, und so fröstelte ich ziemlich, als ich auf die rostra stieg, um meine Amtszeit offiziell abzuschließen. Wäre es nicht ein Teil meiner Pflicht gewesen, hätte ich diesen schwachsinnigen allgemeinen Vortrag darüber, wie toll ich als vigintivir angeblich gewesen sein sollte, am liebsten ausfallen lassen, denn die eigentlich entscheidenden Momente einer solchen Amtszeit konnte man de mäßig interessierten Menge ohnehin kaum wirklich vermitteln. Aber es musste sein, und das alles hier funktionierte schließlich nicht nach dem Lustprinzip, also wartete ich, bis ein paar der müßigen Passanten einigermaßen aufmerksam in meine Richtung zu blicken begannen - denn auf die kam es an, dass ich den ganzen Rattenschwanz meiner Klienten, beziehungsweise der Klienten meines Vaters, die ich übernommen hatte, mitgeschleppt hatte, war letztendlich nur dazu gedacht, dass wenigstens irgendeiner klatschte und so wirkte, als wäre er von mir begeistert. Ich hob die rechte Hand in Rednerpose an und räusperte mich, bevor ich meinen Vortrag des Heraushebens meiner ausgezeichneten Arbeit begann, mich innerlich wegen der Übertreibungen und Halbwahrheiten windend. Dieses Jahr war schnell vorübergezogen, erstaunlich schnell sogar, und nun fiel es mir schwer, es in wenige Worte zu pressen.


    "Quirites! Vor einem Jahr erwies mir der Senat Roms die Ehre, mich als Magistraten zu wählen und mir jenes Amt zuzusprechen, das ich mir gewünscht hatte - und so verbrachte ich die letzten zwölf Monate damit, als tresvir capitalis meinen Dienst an Rom zu verrichten. Ich habe mich um unaufgearbeitete Akten meines Amtsvorgängers gekümmert, mit den vigiles eine gute Zusammenarbeit die Brandwache betreffend angestrebt und habe, wie es nach Gerichtsprozessen nun einmal auch der Fall ist, für die Hinrichtung verurteilter Straftäter gesorgt. Ihr erinnert euch sicherlich an den prominentesten Fall der letzten Zeit, den des Finn Kylian - unter meiner Aufsicht fand er den Tod ad bestias. Viele der Stunden meiner Amtszeit verbrachte ich aber auch bei euch, den Bürgern Roms, auf dem Weg durch die Straßen der Stadt, um Streit zu schlichten und jenen, die eines guten Rats oder der Hilfe bedurften, jenen zu bieten. Viele Zwistigkeiten des täglichen Lebens lassen sich schon oft lösen, bevor man sich gegenseitig den Schädel einschlägt oder in einem Prozess Anwälte und Richter bemühen muss, und so war es mir eine Pflicht und Freude zugleich, eure Einsicht und Geduld am eigenen Leibe sehen und erleben zu dürfen." Ich machte eine kurze Pause, die Laune meiner Zuhörerschaft abschätzend, um dann fortzufahren.


    "Erfreulicherweise gab es nur wenige säumige Schuldner, die ihre Bußgelder nicht bezahlt hatten, sodass ich von dieser Tätigkeit meines Amtes sehr wenig erleben musste, auch das spricht für die Selbstdisziplin der Bürger dieser Stadt und ich möchte dies an dieser Stelle ausdrücklich lobend erwähnen. Vieles von dem, was ich während dieses einprägsamen und für mich bedeutsamen Jahres erlebt und gesehen habe, macht mich stolz auf Rom, auf die Bürger, die das Lebensblut der Straßen dieser Stadt und dieses Reiches sind, und erfüllt mich mit der Freude darüber, euch mit meiner Arbeit gedient zu haben. Besonders dabei hervorheben möchte ich die erfolgreiche Arbeit mit all jenen, deren Tätigkeiten für Rom nicht minder wichtig waren - den tapferen Männern der vigiles, den cohortes urbanae und auch dem praetor urbanus. Auch meinem Neffen Flavius Lucanus gilt mein Dank, der mich in diesem Jahr als scriba personalis entscheidend unterstützt hat - so darf ich mit der Hoffnung schließen, dass es mir wieder vergönnt sein wird, meine Kraft Rom zu widmen und dabei auf so außergewöhnliche und interessante Menschen zu treffen wie ich es in diesem Amtsjahr tat." Abschließend nickte ich den Anwesenden zu und atmete tief durch. Das Jahr war vorüber, und nun würde ich sehen, was die Zukunft brachte. Hoffentlich keine fliegenden Eier oder sonstige Unmutsbekundungen.

  • "Eff Eff", schnurre ich und grinse Lars an. "Felix Fortuna! Du schuldest mir 20 Sesterzen" sage ich grinsend zu Laas.


    Lars:
    [Blockierte Grafik: http://img411.imageshack.us/img411/994/larsfp1.jpg]
    ~~~ Lars ~~~


    -.^ "Es macht keinen Spaß, mir Dir zu wetten, wenn Du immer wieder auch gewinnst, Dominusluca", mault der herum, zückt aber seinen Beutel und zählt mir zögerlich, als könne er nicht bis drei zählen, due Geldstücke ab. "Krieg' ich Sofortzahler-Rabatt?" fragt er hoffnungsfroh, als er bei dreizehn Seserzen innehält.


    Ich halte weiter ungerührt meine Hand auf - wir Flavier sind ein grausames Geschlecht, vor allem, wenn wir notorisch pleite sind.


    'Viele der Stunden meiner Amtszeit verbrachte ich aber auch bei euch, den Bürgern Roms, auf dem Weg durch die Straßen der Stadt', klar onkel Aqulius - und viele zweite und dritte Frühstücke, frühe Mittagessen, Nach-dem-Mittagessen-Snacks, Nachmittags-Jausen und Appetitanreger haben wir dabei genossen. Ein kulinarischer Führer durch die Garküchen Roms, das wären die richtigen Res gestae des vigintivir Caius Flavius Aquilius!


    Gellt, wir haben den guten Kampf gekämpft, habe, den Lauf vollendet - für uns liegt bereit die Krone der Gerechtigkeit: Lars und ich grinsen uns an - Politik macht hungrig, von den 20 Sesterzen werden wir gleich Mäuseblasen und Apfelwasser erstehen.

  • Eine Sänfte schob sich durch das Gewirr der Menschen, vorbei an dem großen Bau, den ihr Vorfahre errichtet hatte, und bis zur via sacra, der Straße, die sich hinauf zum forum romanum schlängelte. Und in jener Sänfte saß ein nicht sonderlich glücklicher Marcus Flavius Aristides, nicht glücklich, weil er eher ein Mensch war, der selber per pedes die Strecken durch Rom zurück legte und sich gar nicht gerne mit einer Sänfte tragen ließ, doch es blieb ihm einfach keine Wahl, mit den Krücken durch Rom zu humpeln war einfach mörderisch und sein Bein schmerzte immer noch höllisch, wenn er nur eine leichte Bewegung damit absolvierte. Aber eines vermochte seine Laune am heutigen Tage zu retten, er war wieder in das schlagende Herz des Imperiums zurück gekehrt, dem forum romanum, wo seltsame Gestalten, Wahrsager und Ausländer sich gleichermaßen tummelte wie die römische Jugend und die Redner, die – wie sein Vetter – die rostra für schwungvolle Reden nutzen wollte. Und schon tauchte die flavische Sänfte, die deutlich und klar das Wappen der Familie am dunklen Holz trug, in die Menge, die sich die Zukunft wahrsagen wollte, sich unterhalten und informieren, womöglich einfach nur den Tag totschlagen, ehe sie in die Thermen verschwanden, um dort die restliche Zeit mit Amüsement zu verbringen. Marcus schob den Vorhang zur Seite und sah auf die Menschen, spähte zum Palatin und auf die Tempel, die hier am Forum gebaut waren, während sie sich auf die rostra zu bewegten. Hoffentlich kamen sie nicht zu spät, denn Marcus hatte erst auf den letzten Drücker von dem großen Auftritt seines Vetters erfahren und da wollte er gewiß nicht fehlen, hatte er doch schon die Amtszeit seines Vetters leider verpaßt. Und noch mal Glück gehabt, sein Cousin stieg gerade erst auf die rostra als sich Marcus der Rednertribüne mit den Schiffschnäbeln als Zier näherte. Dort angekommen ließ Marcus die Sänfte abstellen und schwang vorsichtig die Beine aus dem Gefährt, um seine Aufmerksamkeit auf seinen Vetter zu richten.


    „Meine Güte!“
    , murmelte Marcus zu seinem Sklaven, der an dem heutigen Tage mitgekommen war.
    „Aquilius ist tatsächlich seriös geworden!“


    Marcus lauschte ihm und nickt hin und wieder. Klang wirklich gut und als ob die Amtszeit erfolgreich war, aber im Grunde wußte Marcus durchaus, daß sein Vetter einfach für die Politik durchaus tauglich war, er hatte schon immer ein Sinn für elegante Reden und die Fähigkeit gehabt, schnell zu lernen. Gute Vorraussetzungen, um in der Politik erfolgreich zu sein, aber auch etwas zu bewegen. Etwas, worum Marcus ihn und seinen anderen Vetter Gracchus sehr beneidete. Als Aquilius mit seiner Rede fertig war, sah sich Marcus bei den Menschen um ihn herum interessiert um, wie sie es wohl aufnahmen. Doch noch ehe etwaige Eier fliegen konnten, hob Marcus die Hände, klatschte und bezeugte Beifall.


    „Flavius Aquilius, mir scheint, Du hast die Straßen von Rom ein wenig friedlicher gemacht, können wir dann damit bald rechnen, daß Du weiter für Rom dienen wirst und den Staat stärken?“


    Ein Scherz zu reißen, ob denn auch die Frauen Roms so sicher waren oder alle nur verwirrt wegen dem Herzschmerz, den Aquilius ihnen beschert hatte, das sparte sich Marcus. Marcus grinste breit und sah zu seinem Vetter Aquilius.

  • Wie immer, wenn Macer in seinem Büro in der Basilica Iulia am Forum Romanum saß und seiner Arbeit als Curator Aquarum nachging, lungerten vor der Basilica ein paar Veteranen aus seiner Klientenschar herum, die gerade nichts zu tun hatten und ihrem Patron Nachricht geben konnten, wenn sich auf der Rostra etwas spannendes tat. So fand sich selbst bei diesem Wetter, bei dem man eigentlich besseres zu tun haben konnte, als sich auf zugigen Plätzen herumzutreiben, einer, der Macer hinausrief, als Flavius Aquilius zu einer Rede ansetzte.


    Macer spazierte sogar relativ nah an die Rostra heran, um die Rede gut verfolgen zu können, denn immerhin war Aquilius einer seiner politisch wichtigsten Klienten. Als er geendet hatte, zeigte Macer ein deutlich zustimmendes Nicken und klatschte ein paar Mal in die Hände.


    :app:

  • Serenus hatte auf seine Sänfte verzichtet und diese seinem armen Vater, dem Helden und Kriegsinvaliden des Parthia-Feldzuges überlassen, zumal sein Vater zu Serenus Verwunderung gar keine eigene Sänfte in der Villa Flavia hatte. Diesen Mißstand würde er beim nächsten Marktbesuch mit Tante Antonia zwischen dem Kauf des xten Paar Schuhe für diese beheben.


    Nun führte er eine Schar von Klienten der Gens Flavia durch die Strassen von Roma, deren pure Zahl sicher einer Legio entsprach, wenn nicht sogar mehreren. Sein böser Onkel Aquilius hielt heute seine res gestae. Serenus konnte seinen Onkel zwar nicht sonderlich leiden, zumal er ihm auch kein Taschengeld zahlte, was gute und liebe Onkels normalerweise taten. Aber Familie war nun einmal Familie, selbst wenn sie so buckelig und verschroben war wie sein Onkel Aquilius. Also war Serenus zu dem Schluss gekommen, daß die ganzen Klienten seiner Onkels Gracchus, Furianus, Lucullus und Onkel Senator Felix heute mal nicht im Atrium und vor der Porta herumstreunern und Onkel Gracchus ihre Aufwartung machen mußten. Onkel Gracchus durfte sich in Abwesenheit diverser Onkels nämlich immer um alle restlichen Klienten kümmern. Heute sollten sie sich einmal nützlich machen. Daher hatte er, seiner spontanen Idee folgend, den versammelten und wartenden Klienten im Namen von Senator und Pontifex Flavius Gracchus ausgerichtet, daß diese heute ihre Aufmerksamheit und Wohlwollen der res gestae von Flavius Aquilius schenken sollten. Und zu dieser wurde er, Flavius Serenus, sie jetzt geleiten. Einige hatten das für einen Scherz gehalten und dies auch verbal zum Ausdruck gebracht. Serenus hatte daraufhin Hannibal und Sciurus angewiesen die Namen dieser Abweichler für seinen Onkel Gracchus festzuhalten. Zwecks Vorladung zu persönlichen Rücksprachen und offen stehenden Gunstbezeugungen. Danach hatte seltsamerweise Ruhe geherrscht. Hoffentlich würde Sciurus seinem Onkel ausrichten, wo die ganzen Klienten hingekommen waren, wenn dieser plötzlich alleine im Atrium der Villa stand. Denn natürlich hatte sich Serenus nicht vorher mit seinem Lieblingsonkel abgesprochen. Für solche Details gab es Sklaven wie Sciurus.


    Und so war Serenus mit einer riesigen Klientenschar an der Rostra aufgetaucht. Mittels der Hilfe einiger breitschultriger Leibwächter und seinem Molosserhund Nero war er relativ problemlos ganz nach Vorne vorgedrungen. Denn so sah er seinen Onkel Aquilius auch wenigstens. Die Klienten hatten zuvor Anweisung bekommen sich in der Menge etwas zu zerstreuen. Dann sah das weniger nach Fanblock-Gejubel aus.


    Nachdem Onkel Aquilius fertig war applaudierte Serenus, was für die Klienten das Zeichen war auch ihre Gunstbezeugungen dem bösem Onkel zukommen zu lassen.


    :app: :app: :app: :app: :app: :app: :app: :app: :app: :app: :app: :app: :app: :app: :app: :app: :app: :app: :app: :app: :app: :app: :app: :app: :app: :app: :app: :app: :app: :app: :app: :app: :app: :app: :app: :app: :app: :app: :app: :app: :app: :app: :app: :app: Huld! Huld! Jubel!

  • Beinah leer war die Villa gewesen, nicht nur die flavischen Bewohner hatten früh am Morgen sie verlassen, auch die übliche Klientenschar hatte zudem sich nicht eingefunden, oder um genauer zu sein, sich zwar eingefunden, war jedoch bereits aus dem Atrium heraus dirigiert worden, noch ehe Gracchus erschienen war, seinen eigenen marginalen Patronatspflichten und den weitaus umfassenderen seiner Rom fernen Verwandtschaft nachzukommen. Aufgrund der vorherrschenden Stille war das Seufzen, welches Gracchus' Kehle auf die Erklärung seines Sklaven hin war echappiert, sicherlich in der gesamten Villa hörbar gewesen, doch da er ohnehin schlecht hatte geschlafen, war er nicht eben unglücklich über die wegfallende Pflicht, zudem wähnte er sich bereits in der erleichternden Gewissheit, solcherlei seinen Erfahrungshorizont der Kindeserziehung weithin übersteigende Vorkommnisse - bei welchen er sich zudem nie gänzlich sicher war, wo eine Grenze musste gezogen werden, wenn überhaupt, und wann jene überschritten war - künftig wieder an Aristides abgeben zu können. Auch Gracchus' Sänfte hatte darum rechtzeitig das Forum Romanum erreicht, vom Rande dessen jedoch war er zu Fuß bis zur Rostra vorgedrungen - sein Amt erleichterte ihm ein einfaches Vorankommen in Menschenmassen durchaus. Strömender Beifall - ein nicht eben geringer Teil davon durch flavische Klienten - folgte Aquilius' Rede, welchem auch Gracchus' sich anschloss, nicht jedoch aus familiärer Pflicht denn aus dem Grunde, da er durchaus die Arbeit seines Vetters hatte verfolgt. Ein feines Lächeln kräuselte seine Lippen, als sein Vetter Aristides auf die Zukunft Aquilius' zu sprechen kam, so als könne er noch immer nicht glauben, dass dessen Amte nicht nur ein Versehen gewesen war.

    cdcopo-pontifex.png flavia.png

    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Am Rande der Menschenmenge vor der rostra an diesem für Aquilius wichtigen Tag stand ich und hörte ihm bei seiner Abschlussrede zu. Während seiner Amtszeit hatte er nur wenig Zeit zur Verfügung gehabt, weshalb unser letztes zeitlich unbeschränktes Treffen schon eine ganze Weile her war. Es war eine Crux, denn nun hatte wiederum ich ein Amt inne, das meine Aufmerksamkeit erforderte. Soweit mir bekannt war, würde Aquilius zudem kein Tribunat absolvieren, ob niemals oder nur während des kommenden Jahres, konnte ich nicht sagen.


    Wie er dort oben stand und redete, fragte ich mich, warum er jemals Zweifel an sich selbst gehabt hatte, an sich und seinem Weg. Er schien ein orator, dem der alltägliche Trott noch nicht die einfachen und dennoch präziisen Formulierungen aus dem Kopf geweht hatte. Als er geendet und die Anwesenden zu applaudieren begonnen hatten, stimmte ich mit ein und nickte meinem Freund anerkennend zu, als ich meinte, seinen Blick kurz auf mir ruhen zu sehen. Die mich begleitenden Klienten der Familie zollten ebenso ihren Respekt.

  • Irrte ich mich oder waren da neben meinen Klienten - genauer gesagt den abgelegten Klienten meines inzwischen verstorbenen und damit sicherlich glücklichen Vaters - noch einige mehr, deren Gesichter ich oft genug am frühen Morgen in unserem atrium gesehen hatte? Tatsächlich, Appius Oglanus, der triefäugige Barbier aus dem Transtiberim war nicht zu verkennen, der gehörte zu denjenigen, die Felix schlichtweg elegant zu Gracchus abgeschoben hatte. Und noch ein paar andere Gesichter kamen mir ziemlich bekannt vor, dass sie nun alle begeistert applaudierten, wunderte mich dann doch, immerhin hatte ich sie nicht bestellt - oder aber es war eine Überraschung von Gracchus, der ja gewusst hatte, dass ich heute meine res gestae halten würde? Manius dachte eben an alles, überlegte ich zufrieden und meine eben noch kritisch gerunzelte Stirn glättete sich zusehends, als ich den Beifall genoss, der mir so unverdient zufiel. Und sie waren alle gekommen, alle, die mir hier wichtig waren - ich konnte meinen Manius in der Menge entdecken und musste unwillkürlich lächeln, als sich unsere Blicke kreuzten, ich erspähte Lucanus und seinen unvermeidlichen Schatten Lars, die beide noch wie Lausbuben denn wie langsam erwachsen werdende Männer wirkten, ich konnte Aristides in der Ferne ausmachen, der sich mit der Familiensänfte hatte bringen lassen und mir nun hoffentlich endlich glaubte, dass mein Amt nicht nur ein Scherz in einem Brief an ihn gewesen war.


    Selbst Serenus hatte seine kindlichen Spiele sein gelassen und war anwesend, was mich ehrlich gesagt überraschte, hatte er doch nie nennenswertes Interesse an mir gezeigt, wie auch ich an ihm - vielleicht hatte er tatsächlich beschlossen, sich etwas mehr in die Familie einzubringen als durch seinen stetig sabbernden und überanwesenden Hund, ich würde das im Age behalten müssen. Dass Aristides ihm eine Frage gestellt hatte - was bei den res gestae meistens eher nicht der Fall war, die meisten Bürger Roms schienen eher froh zu sein, die gewesenen Magistrate wieder loszuwerden, um sich mit den neuen irgendwie herumzuschlagen - quittierte ich mit einem verschmitzten Grinsen, denn sein Gesichtsausdruck verriet, dass ich durchaus auch eine andere Frage hätte gestellt bekommen können - eine deutlich peinlichere Frage. Aber so gut kannten wir uns nun, dass wir solche kindischen Sachen nicht mehr nötig hatten. Mein Blick schweifte weiter, und auch mein Patron schien herbeigeeilt gekommen zu sein - ich nickte ihm deutlich sichtbar zu, war es doch seine Fürsprache gewesen, die mir überhaupt diesen Weg ermöglicht hatte - und zu guter Letzt Corvinus, mein bester Freund unter den Menschen in Rom, mit dem ich demnächst dringend einen heben gehen musste, bevor wir allzu ernsthafte Staatsmänner geworden sein würden.


    "Du fragst mich als einen Mann, der gerade erst die Erfahrungen eines Jahrs zu ordnen versucht - aber ja, ich bin willens, den Weg weiter zu beschreiten, solange mir das Vertrauen der Senatoren Roms auch weiterhin zuteil wird," antwortete ich vernehmlich und laut, als der Beifall etwas abgeflaut war. Götter, es war irgendwie dann doch ein sehr gutes Gefühl, in der geklatschten Zuneigung der Menge zu baden, selbst wenn man genau wusste, wieviel davon organisiert war. Man konnte sich wirklich daran gewöhnen, stellte ich fest und schmunzelte wieder. Die ganzen Menschen, die wegen mir gekommen waren und nicht, weil es ihre Pflicht gewesen war, zeigten mir, dass ich noch immer einer der ihren war und es war gut so.

  • Zur Res Gestae von diesem Tiberius und dem Germanicus würde Serenus aber nicht gehen.


    Germanicus war ein Plebeier und gehörte auch noch der Veneta an. Damit war er ein Mensch unterster Klasse in den Augen von serenus und somit keines Besuches würdig.


    Tiberius war zwar Patrizier, aber auch ein abgelegter Heiratskandidat seiner Tante Minervina. Das heißt er war also Oma und Onkel Gracchus nicht gut genug gewesen. Damit schied auch bei ihm eine höfliche Beifallsbekundung aus.


    Serenus arbeitete sich mühelos mit Neros Hilfe (Grrrrrrr! Knurr! Wuff! Wuff!) zu seinem Vater und seinem Onkel Gracchus durch die Menschenmassen.


    "Salve! Und was machen wir jetzt? Gehen wir in eine Therme? Oder auf dem Forum einkaufen? Oder etwas essen? Wenn wir schon mal aus der Villa raus sind, dann sollten wir auch etwas zusammen in der Stadt unternehmen. Papa, du könntest dich zum Beispiel in der Factio Russata um eine Mitgliedschaft bewerben. Oder wir könnten eine anrüchige Lokalität aufsuchen, nahe der Subura, quasi neben dem Marstempel. Aber noch nicht in der Subura."

  • Die Menschenmenge war seit Beginn der Rede von Aquilius noch bedeutend angewachsen, der Applaus war laut und ausgelaßen, wie Marcus feststellte, als er einen Blick in die Zuschauermenge wagte und sich die Menschen anschaute, die an dem heutigen Tage der Rede seines Vetters lauschten und mit Beifall zollten. Marcus freute das sehr für seinen Vetter, wenn dieser etwas in die Hand nahm, dann gelang es meistens auch, so hatte Marcus in der Vergangenheit fest gestellt, nur mußte Aquilius – wie er selber! - den inneren Schweinehund dafür besiegen und das war seinem Vetter wohl bravourös gelungen. Die Arme vor der Brust verschränkt und auf der Kante der Sänfte sitzend, damit er sich nicht auf den Krücken abstützen mußte, sah Marcus zu der Rednerbühne hinauf, ein feistes Grinsen um den Mund und fröhlich blitzenden Augen. Na, ob Aquilius sich dann doch nicht ganz so sicher war, ob er noch Lust und Laune verspürte, weiterhin Karriere auf den staubtrockenen Pfaden der Politik zu machen? Der erste Satz klang dann doch etwas zweifelnd, aber womöglich war das auch nur gespielte Bescheidenheit, Marcus hatte im Hinterkopf, daß manch ein Rethoriker das als ein gutes Stilmittel hielt.


    „Das klingt doch nach einem Wort, Flavius Aquilius. Dann werde ich Deinen weiteren Weg aufmerksam verfolgen.“


    Noch einmal applaudierte Marcus und erspähte augenblicklich auch seinen anderen Vetter in der Menge, Gracchus. Marcus nickte ihm freudig lächelnd zu, war natürlich nicht überrascht, ihn auch hier zu treffen, schließlich war diese Rede eine ganz wichtige Rede, nämlich die von Aquilius, welcher Flavier würde die schon verpaßen? Ein markantes Bellen und Wuffen weckte seine Aufmerksamkeit, suchend sah sich Marcus um, doch schon war der Botschafter und treuester Leibwächter seines Sohnes heran genaht und sprang vor ihm auf und ab, den Schwanz wedelnd, die Zunge hechelnd und mit dem üblich treuen Hundeblick. Mit einem Lächeln tätschelte Marcus dem Hund den breiten Kopf, der fast genauso ein Sturkopf wie sein eigener Sohn war, fast nur, denn dessen Dickschädel war bei weitem massiver und dicker als der des Hundes. Marcus sah von Hund zu dessen Herrchen, Serenus. Auch bei ihm streckte Marcus die Hand aus und wuschelte ihm durch die dunklen Haare.


    „Ah, Lucius, mein Junge, salve, schön, daß Du es hierher geschafft hast.“


    Da wohl die Rede bestimmt für den Jungen langweilig war, wunderte es Marcus kaum, daß jener gleich weiter wollte und etwas unternehmen. Aber da auch Marcus dem nicht abgeneigt war, sonst hätte er sich nur in der villa selber gelangweilt, nickte er bereits. Nur, das mit den Thermen würde wohl noch nichts werden, bei seinem Verband. Verblüfft blinzelte Marcus bei den Vorschlägen, grinste bei der anrüchigen Lokalität, die sein Sohn vorschlug. So, so, der Junge wurde immer frecher, aber daß Marcus ihn in so was mitnahm, das würde noch ein oder zwei Jahre dauern, wenn Marcus dann beschloß, daß Serenus in die Welt eines Mannes eingeführt werden mußte, nicht, daß er am Ende ähnliche verschrobene Vorlieben wie seine beiden Vettern entwickelte, nein, nein.


    „In die Russata? Ich und Mitglied dort? Öhm...warum...nicht?“
    , schloß Marcus etwas verwirrt und völlig überrumpelt an. Wenn es Serenus eine Freude machte, ja, warum dann auch nicht?
    „So, so, Lucius, was für eine anrüchige Lokalität stellst Du Dir denn vor, hm?“
    Ob Rennenarena, Märkte oder sonstige Vergnüglichkeiten, Marcus brach mit seinem Sohn und eventuell anderen Familienmitgliedern auf. Er ging ab! :)

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!