[Casa] Tribunus Laticlavius Titus Aurelius Ursus

  • Natürlich hat Sertorio nix Gutes zubereitet, zwischn'n Essnszeitn gibt's nix zu naschn.


    Sertorio schlurft schniefnd mitte fünf Mümmlmännan anne Löffl ins Haus - einen kleineren hatter noch aufm Ma'kt organisiert. 'N bißchn eng für sein' Geschmack, diese casa, aba was soll's. Scheißegal, auch'ne domus mit tausnd Zimman wär' ja hier in diesem Scheißgermanien, also reicht's auch so. Immahin hat Sertorio seine eigene Kamma.


    Sertorio nickt Aurelius Ursus zu.

  • Na klar! Caelyn tut dies, Caelyn tut das, Caelyn räumt das elend schwere Zeugs weg und wenn sein muss, putzt Caelyn dann auch noch die Latrine. Mann, das ging mit tierisch auf die Nerven! Mir taten sämtliche Knochen im Leib weh und ich konnt echt nich mehr. Aber ja, ich macht´s trotzdem. Zuerst schleppte ich das schwere Ding weg und fragte mich dabei, wie man sowas den ganzen Tag am Körper tragen konnte. Dann sputete ich mich und holte auch noch n´ Wein, Wasser und Waschzeug. Was´n Glück, das Kochen musste Sertorio übernehm´n aber irgendwie hatt´ich ´n Eindruck, er hatte damit noch gar nich angefangen! So´n Mist! Scheiße Mann, war das etwa ´n Leben! Ich fand´s echt doof, in Germanjen zu sein! Nich wegen dem Klima, nee! Das war, so wie in Gallien. Naja fast so. Nee, die Typen hier war´n irgendwie alle so komisch drauf! Sprachen so ´ne komische Sprache, wie´s Siv manchma tat und dann die vielen blöden Legionäre! Diese blöden Kerle hatten auch nix bessres zu tun, als dem Weibsvolk auf die Pelle zu rück´n. Aber die sollten nur kommen! Blödmänner alle!


    Na wenigstens Ursus war ma versorgt. Er hatte sicher am meisten von uns geschufftet. Aber mit ´m Essen dauerte es noch n´bisschen. Sertorio kam eben erst mit n´paar Hasen, die dran glauben mussten. Arme Viecher! Ich hatte zwar Hunger, aber essen konnt ich doch so niedliche Häschen nich!
    So blieb ich erst ma dumm in der Ecke stehn. Vielleicht kam der Herr ja noch auf ganz andere Ideen. Ich hatte jedenfalls die Schnauze gestrichen voll!

  • Eigentlich war ja die übliche Essenszeit schon überschritten. Und offensichtlich war kein Essen fertig. Ursus schüttelte den Kopf und seufzte. "Nein, Sertorio, Hasen dauern mir jetzt echt zu lange, bewahr sie einfach für morgen auf. Mach meinetwegen Puls oder irgendwas anderes, was schnell geht. Mir reichen auch Brot und Käse und ein paar Oliven. Egal was. Ich bin müde und wirklich hungrig. Und wenn ich mir Caelyn so angucke, dann geht es ihr nicht viel besser. Und Dir selbst vermutlich auch nicht. Also... bitte schnelle Küche und dann will ich euch zwei im triclinium sehen zu einem gemeinsamen Mahl." Seine Stimme klang ungeduldig und müde. Und er war auch beides. Ohne sich vor den beiden zu genieren zog er sich seine Tunika über den Kopf und begann, sich zu waschen. Er hatte es auch wirklich nötig.

  • Sertorio wedlt mitte Hasn, als würdn se durch Schüttln wieda lebendig. Totes Tier kamma nich' lange aufbewahrn. 'Ne Käsestulle mit Olifn? Sertorio schüttelt innalich'n Kopf. Wer arbeitet, soll auch essn. Caelyn kann sich ja'n Brot machn, is' Sertorio egal, aba Männa? Ne, ne, dann hatter Aurelius Ursus inner Stunde wieda Hunga, un' Sertorio auch, falls hier in diesem Scheißkastell irgn'wer auch an Sertorio denkt - außer Sertorio.


    "Dann gibt's mit egalwas gefüllte Teigtaschn mit Salat. Viertelstunde." Un' bis dahin is' hoffntlich der gnädige Herr auch von einem Ackergaul zu unterscheiden, geruchsmäßig jednfalls. Sertorio lächelt leicht.

  • "Du has' lange Oh'n un'nen ku'zn Schwanz - ich hab ku'ze Oh'n un 'nen ... genau. Pech, Alta." sagt Sertorio grinsnd zu einem der Kanickl, die er auf'n Küchntisch legt. Er schürtes Feuer, wirft Holz ein un' setzt'n Kupfakessl mit Rindabrühe auf.


    Mehl, Eier, Wasser, Öl verpantscht er zu'nem Brei, den er mit mehr Mehr festknetet. Mit'm Rundholz walzter den Teig platt un' schneidet ihn in zwei Hälftn.


    Zwei Eigelb, Salzkörner un'nenn Teelöffel Honig, Feffer, Liquamen, Passum un' Wein mischt Sertorio zusammn, mengt Puls, Reste vom Vortag darunta, un' auch gewürfltn Käse und knetet herum, bis die Flüssigkeit aufgesaugt is'. Dann je einen Kleks in relgmäßign Abständn auffe Teiplatte, mit Eiklar die Zwischnräume bepinsln, annere Teigplatte drauf un' Teigtaschn ausschneidn.


    Inzwischn kochte Brühe, rein damit. Olifnöl, unvamischta Wein, Kräuta, Feffer un'n Klex Honig, zwei Salatköpfe un' Löwnzahn waschn - wie weit Aurelius Ursus wohl mit seina Wäsche is' denkt Sertorio - zerrupfn un' Marinade drübergießn. Vamischn. Fertig. Teigtaschn innen Sieb, abtropfn lassn, inne große Schüssl, Brühe un' 'n großn Schuß Olifnöl drüba üba die Teigtaschn. Bom sagt Sertorio, währnd er auf eina Teigtasche herumkaut, beide Schüssln auf'n Tablett stellt, sich 'ne Amfohre Wein untahakt un' zum Triclinium stapft. "'Schüß Leute" ruft er den aufm Tisch in Hab-Acht-Stellung liegenden Kanickln zu.

  • Na das is doch schon ma was! Die armen Häschen hatten zwar schon dran glauben müssen, aber wenigstens musste ich se jetzt nich auch noch essen. Teigtaschen mit irgendwas hörte sich zwar nich so vertrauensbildend an, war aber besser als gar nix.
    Während ich Ursus frisch gewaschene Klamotten besorgte, begann´s schon richtig lecker in der Küche zu duften. Egal, auch wenn Sertorio gelegentlich ´n Blödmann war, eines musste man ihm schon lassen! Kochen konnte der, besser als ich jedenfalls. :D
    Ich lugte mit einem Auge mal in ´ne Küche rein und beobachtete den Meister der Kochtöpfe so beim werkeln. Echt krass der Typ. Das traute man dem gar nich zu, wenn man ihn so sah. Anscheinend war er jetzt auch schon fast fertig. Mit wem redete er denn da? Tschüss Leute,he?? Naja, das musste man nich versteh´n. Das war eben Sertorio!
    Ich huschte wieder zu Ursus und reichte ihm die frische Tunika. "Sertorio is gleich fertig. Es riecht schon richtig gut!" Jetzt lächelte ich sogar ein bisschen. Aber wahrscheinlich nur, weil ich mich wie´n Schnitzel auf´s Essen freute. Mein Magen hing bereits zwischen den Kniekehlen.

  • "Viertelstunde klingt gut", gab Ursus zu und nickte. Sertorio verschwand zum Glück sofort, um sich der Zubereitung des Mahls zu widmen. Ursus fand selbst, daß er stank wie ein ganzer Stall. Trotzdem war es ganz gut, daß Sertorio seine Gedanken nicht ausgesprochen hatte, denn um die Geduld des Aureliers war es an diesem Abend nicht mehr sonderlich gut bestellt.


    Er begann, sich zu waschen und war froh, daß Caelyn auch sogleich mit frischer Kleidung bereitstand. Sie hatte sogar ihr Lächeln wiedergefunden. Etwas, was er schon länger nicht mehr bei ihr gesehen hatte. Wortlos schlüpfte er in die frische Tunika.


    Dann atmete er tief durch. "Schon viel besser. Na komm. Gehen wir ins triclinium und schauen mal, was da so gut duftet." Zusammen mit Caelyn betrat er den Raum, in dem er künftig seine Mahlzeiten einnehmen sollte. "Sieht noch ein wenig kahl aus, hm? Caelyn... Ich möchte noch immer nicht, daß Du alleine draußen herumrennst. Aber es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn Du mit Sertorio in die Stadt gehst. - Ich gehe fest davon aus, daß Du mich nie wieder enttäuschen wirst." Während der letzten Worte blickte er ihr fest in die Augen. Es war ganz gut, daß Sertorio noch nicht im Raum war. Sein Tonfall machte deutlich, daß sie bei einem weiteren Ausrutscher von solchem Ausmaß nicht mehr mit Gnade zu rechnen hate.

  • Langsam schlürfte ich hinter ihm her, als er zum triclinium ging. Ja, ich war auch ma gespannt auf Teigtaschen á la Sertorio und ausserdem hätt ich´n ganzen Bären essen können. Bei dem Gedanken daran, musste ich dann auch gleich ma grinsen. Doch das Grinsen war schlagartig aus mein´m Gesicht verschwundn, als er plötzlich mit mir zu sprechen begann. Das hatte er schon ´ne Ewigkeit nich mehr gemacht. Klar, er sagte mir immer Caelyn tu dies, Caelyn mach das. Aber richtig geredet hatte er das letzte ma mit mir in Rom. Nachdem diese zwei Knalltüten, die ich beklaut hatte, weg warn. Das war damals ´ne Strafpredigt, weit entfernt von ´ner Unterhaltung, bei der jeder was sagen darf, was er will. Er hatte mich nich ma richtig zu Wort kommen lassen. Aber ja, es war ja offensichtlich was ich getan hatte, da bedurfte es keinerlei Erklärungen mehr!
    Ich sah mich im Esszimmer um. Naja er hatte Recht! Der Knaller war´s gerade nich! Drei Klinen standen in der Gegend rum, mehr nich. Deswegen hieß das Ding ja auch tri-clinium. Die Wände war´n total kahl und die Ecken sahen ganz schön nackt aus. Ich nickte nur.
    Aber dann kam er endlich mit der Sprache raus. Logisch, dass er sich mit mir nich über innenarchitektonische Maßnahmen unterhalten wollte.
    Ich zuckte zusammen und Mist, dann kullerten auch noch´n Paar Tränen die Backen runter. "Nee, werd ich nich mehr! Versprochen!" Ich hoffte ja nur, dass ich das Versprechen auch halten konnte. Mit Sertorio in die Stadt zu gehen, naja, das war´n ja tolle Aussichten! Der würde sein Glück auch kaum fassen können!
    Ich wischte mir die Tränen ab und nach ´ner Weile überkam´s mich einfach. Ich redete drauf los. Das, was ich schon seit Wochen los werden wollte, das wollte jetzt alles auf einma raus!
    "Ja, ´s tut mir echt leid! Ich wollt das doch gar nich! Und wenn ich gewusst hätte, dass der Typ nur´n paar Kröten dabei hat, hätt ich das sowieso nich gemacht. Aber ey, ich kann nich so lange warten ! Nich so lange! Zehn oder fünfzehn Jahre is einfach zuviel. Bis dahin bin ich ´ne alte Frau, wenn ich dann überhaupt noch lebe. Dsnn is mein Leben vorbei! Nein, das kann ich nich! Das kann ich nich!" Und dann war´n sie wieder da, meine nassen Freunde und sie wollten diesmal gar nich mehr aufhör´n. So sehr hatte ich mich in Rage geredet. Und es tat auf einma so weh, dass ich beinahe darüber meinen Hunger vergessen hätte. Aber endlich hatte ich´s ausgespuckt, was ich all die Wochen schon sagen wollte.

  • Nach ihrem ersten Satz sezte Ursus bereits an, etwas zu sagen. Doch dann sprudelte ein ganzer Redeschwall aus ihr heraus. Ursus setzte sich auf eine der clinen und hörte sich an, was sie zu sagen hatte. Am liebsten hätte er sie mal kräftig durchgeschüttelt. Und es kostete ihn auch Kraft, es nicht zu tun. Gerade an diesem Abend sprudelte sie mit sowas heraus. Und weinte dann auch noch! Tränen waren wirklich das furchtbarste, was eine Frau zum Einsatz bringen konnte. Was sollte er jetzt tun? Sie trösten? Natürlich drängte es ihn danach, genau das zu tun. Aber wäre es das richtige? Würde sie sich dann nicht fast noch bestätigt sehen, wieder zu stehlen?


    Als sie sagte, sie hätte es auch nicht getan, wenn sie gewußt hätte, wie wenig in der Börse war, wußte er nicht, ob er lachen oder losbrüllen sollte. Er tat schließlich keines von beidem. Sie hatte immer noch nicht begriffen, daß es falsch war, zu stehlen. Und da lag das Problem.


    "Caelyn, Diebstahl ist ein Verbrechen. Man nimmt nicht, was einem anderen gehört. Hast Du mich schon mal stehlen sehen? Gut, ich habe alles, was ich mir wünschen kann, wirst Du sagen. Wozu sollte ich noch stehlen? Doch schau Dich um. Sertorio stiehlt auch nicht. Viele Mensche, die weit ärmer sind als Du, stehlen ebenfalls nicht. Was weißt Du denn über die Menschen, die Du bestiehlst? Vielleicht ist derjenige gerade auf dem Weg, sein sauer Erspartes von mehreren Jahren zu einem Apotheker zu tragen, um die teure, seltene Medizin zu kaufen, die das Leben seiner Frau oder seines Kindes zu retten vermag? Du kannst nicht wissen, ob jemand es wirklich verschmerzen kann, zu verlieren, was Du ihm nimmst. Möchtest Du selbst denn bestohlen werden? Dir ist das Unrecht nicht klar und das ist es, was mir die größte Sorge bereitet."


    Er konnte einfach nicht mit ansehen, wie ihr die dicken Tränen über das Gesicht rollten. Für einem Moment schloß er die Augen und zog ein Tuch hervor, das er ihr reichte, damit sie sich schneuzen und ihre Tränen trocknen konnte. "Wenn ich Dich freilassen würde, was würdest Du denn dann tun? Was wünschst Du Dir vom Leben? Wie sieht die Zukunft in Deinen Träumen aus?" Er vermutete, daß sie sich darüber noch überhaupt keine Gedanken gemacht hatte. Sondern daß sie einfach nur das unbedingt wollte, was sie gerade mal nicht haben konnte: Freiheit.

  • Sertorio kommt rein, die beidn großn Schüsseln auf'm Tablett vor der Brust, die Amfohre unter'm Arm. Etwas gewagt, aba ohne Malör, stellt er's Tablett uf Tisch zwischn den Klienen ab un' die Amfohre ins Gestell danebn. Natürlich is nix gedeckt, dafür sin' se wieda bei großn Thema. Hätt' ma Caelyn 'ne Hand abgehackt oda se kräftig durchgeprüglt, wär' Ruhe im Haus, alles vagessn un' vagebn. Aba so: hinredn, herredn, hoch un' runta.


    Sertorio seufzt, geht zum Kastn un' holt Geschirr un' Becha.

  • Was wusste der denn schon über´s Leben? Er, der in ´mem reichen Haus geboren wurde,dort aufgewachsen war und warscheinlich auch ´ne glückliche Kindheit genossen hatte. Er der niemals hungern musste und nachts das Wimmern des kleinen Bruders mit anhör´n musste, weil der hungrig zu Bett gehen musste. Er der nicht wirklich wusste, was Verlust bedeuten konnte. Er erzählte mir jetzt was über´s Stehlen und warum es so schlecht war. Natürlich wusste ich, dass es Unrecht war. So bescheuert war ich jetzt nun auch wieder nicht.
    Nachdem er fertig war, wollte er mir´n Tuch reichen. Aber ich nahm´s nich. Stattdessen schleuderte ich ihm meine Antwort ins Gesicht und es war mir sowas von egal, was daraufhin passiern würde.
    "Nee, ich möcht auch nich bestohlen werden. Aber trotzdem haben sie´s gemacht! Sie hab´n mir meine Zukunft geklaut. Meine Existenz. Sie haben seelnruhig dabei zugeseh´n, wie meine mutter krepiert is. Sie hab´n mir mein Heim gestohl´n und mich und mein´n kleinen Bruder auf die Straße gesetzt. Sie hab´n mir die Chance genommen, jemals was besseres als ´ne Diebin zu werd´n! Glaub mir, ich bin nich stolz, auf das, was ich getan hab. Ich hass mich dafür sogar, was ich getan hab und tun musste, damit mein Bruder und ich überleb´n konnt´n. Du hast doch überhaupt keine Ahnung vom wahren Leben auf der Straße! Du mit deiner feinen Familie, die stets darauf bedacht ist, nur nix auf sich kommen zu lassen. Ihr lebt in ´ner ganz andern Welt. Weit weg von meiner, aus der ich komme. Zu so´ner Welt werde ich nie dazu gehör´n und das will ich auch gar nich. Ich musste früh lern´n, für mich selbst zu sorg´n. Hilf dir selbst, sonst hilft dir niemand. Das is mein Leben, so sieht´s aus!
    Und wie kannst du nur so was frag´n? Für wie blöd hälst du mich denn eigentlich? Willst du nur mit mir spiel´n oder dich über mich lustig mach´n? Natürlich weiß ich was ich gern hätte. Jeder normale Mensch wünscht sich frei zu sein und was eigenes zu haben."
    Jetzt nahm ich doch sein Taschentuch. Aber die Weinerei wollte nich aufhör´n. All das, was sich seit ewigen Zeiten in mir angestaut hatte, wollte auf einma raus. Und ich ließ es einfach raus. Aber wie ich erwartet hatte, stand ich alleine da. Niemand war da, der mich hätte in ´nen Arm nehmen können. Für Ursus war ich eben nur ´ne Sache, die zur Zeit nich richtig funktionieren wollte. Mehr nich!
    Als dann irgendwann die Tränen nachließen, schnäutzte ich mich nochma. "Ich hatt mir immer gewünscht, mal jemanden zu haben, der mich einfach nur lieb hat. Der mit mir leben will und der mich aus dieser ganzen verdammten Scheiße rausholt. Ich wollt immer Kinder hab´n. N´besseres Leben halt, aber in Freiheit. So was wünscht sich doch jder, oder?", sagte ich schluchzend.

  • Ursus schüttelte den Kopf. "Hör endlich auf, im Selbstmitleid zu schwelgen! Du hattest eine schlimme Vergangenheit. Aber sie ist genau das: Vergangenheit. Du mußt nicht mehr frieren und Du mußt nicht mehr hungern! Und noch weniger bist Du gezwungen, zu stehlen!" Er war wirklich zornig. Lebte sie denn nur in der Vergangenheit?


    "Wärest Du an jemand anderen geraten, dann würdest Du nun an einem Kreuz hängen! Und könntest jeden Traum an eine schöne Zukunft vergessen! Und wie ich mir schon dachte, Du hast gar keine genauen Vorstellungen von einem Leben in Freiheit! Wenn Du in der Gosse lebst wie früher, findest Du niemals einen Mann, der Dir das gibt, was Du Dir wünschst: Liebe, eine Familie, Sicherheit, ein gutes Auskommen. Du würdest nur wieder als Diebin und Bettlerin im Dreck leben und jeden Tag damit rechnen müssen, daß Dich jemand vergewaltigt oder umbringt oder wieder in die Sklaverei verschleppt."


    Es war wirklich nicht zu fassen! Dieses Mädchen trieb ihn noch in den Wahnsinn! Er steckte das Tuch, das sie verschmäht hatte, wieder ein. "Schlau wäre es, das beste aus dem zu machen, was Du hast. Ja, vielleicht triffst Du sogar mal jemanden, der Dir die Liebe schenkt, die Du Dir ersehnst. Doch wenn Du Dir selbst durch derartige Dummheiten die Möglichkeiten dazu verbaust, mache nicht mir die Vorwürfe dafür! Du wirst mir dienen, Caelyn! Je besser, umso mehr wirst Du belohnt und umso früher kannst Du daran denken, Freiheit zu erlangen. Und sollte der Tag kommen, an dem Du die Liebe Deines Lebens findest, dann komm zu mir und wir sprechen in Ruhe über die Möglichkeiten für Dich. Bis dahin solltest Du Dich darin üben, die schönen Seiten Deines Daseins zu entdecken und nicht immer mit viel Mühe nach den schlechten Seiten zu suchen, damit Du weiterhin in Selbstmitleid zerfließen kannst." Es waren harte Worte, doch die sanfte Tour hatte bei ihr ja bisher keine Wirkung gezeigt.


    "Und nun laßt uns essen. Komm, Sertorio, bevor es kalt wird." Ursus hatte sehr wohl bemerkt, daß Sertorio Caelyns Arbeit mitgemacht hatte. Doch was die Arbeiten anging, so wollte er darüber gleich ohnehin auch noch mit den beiden sprechen.

  • Selbstmitleid? Das konnte doch jetzt nich sein ernst sein! Ich schwelge also in der Vergangenheit! Na gut ,dass ich´s jetzt wusste! Aha, und Ahnung vom Leben in Freiheit hatt ich also auch nicht! Na dann!
    Es kochte in mir und deswegen kriegte ich nich seine letzte Bemerkung mit. Dass Sertorio mittlerweile in der Tür stand hatte ich auch nich mitbekommen.
    "Lieber an´nem verdammten Kreuz verrecken, als so´n Leb´n! Woher willst du eigentlich wissen, wo ich wieder landen werd? Und wenn mich tatsächlich einer vergewaltigen wollte, dann ist das...." Endlich raffte ich ,dass wir mittlerweile nich mehr alleine war´n. Den Rest meiner Rede schenkte ich mir einfach. Meine Wut musste ich runter schlucken, ob´s mir passte oder nich. Verdammt nochmal! Wieviel hatte Sertorio denn mitgekriegt? Na war auch egal! Ich kam mir mal wieder vor wie´n Idiot! Wie so oft schon! Jetzt wegzurennen, wäre noch dümmer gewes´n. Ich beobachtete wie Ursus zu der einen Kline ging. Er hatte noch ne Handbewegung in meine richtung gemacht. Aber ich blieb einfach nur belämmert stehn und sah zu, wie Sertorio das Essen rein brachte, unfähig auch nur einen Schritt zu machen. Das war´s also! So sah also meine verkorkste Zukunft aus. Tolle Aussichten, wirklich!

  • Nach dem ersten Tag im Castellum hätt ich eigentlich todmüde sein sollen. Im Prinzip war ich das ja auch. Eigenlich hätt ich in mein Bett fall´n müssen und in süße Träume gleiten sollen. Eigentlich! Aber´s war wie so oft, ganz anders. Jedesma, wenn ich an ´nem neuen Ort schlafen sollte, konnte ich die erste Nacht vergessen, ganz egal, wie müd ich war. Das war damals in Rom so und das war auch heute wieder so. Außerdem geisterten mir immer noch Ursus Worte im Kopf rum. Das, was er zu mir gesagt hatte, war wahrscheinlich sogar gut gemeint, aber wie er´s gesagt hatte, war alles and´re als freundlich. Du wirst mir dienen, Caelyn! Je besser, umso mehr wirst Du belohnt und umso früher kannst Du daran denken, Freiheit zu erlangen. Das hatte wie ´ne Drohung geklungen! Eins war klar, wenn er jemals was für mich empfunden haben sollte, war das garantiert jetzt flöten gegangen. Selbst als ich vor ihm gestanden hatte und in Tränen ausgebrochen war, hatte er die Distanz gewart, so als hätt ich ´ne ansteckende Krankheit. Ich war eben nur ´ne Sache, mehr nich.


    Barfüßig schlich ich durchs dunkle Haus. Sertorio und Ursus schliefen schon lange. Ob´s hier ´nen Garten gab, so wie in Rom? An die Casa schloß sich zumindes ma keiner an und draußen hatte ich bei der Ankunft auch keinen entdecken können. Ob ich einfach ma draußen rumspazier´n konnte? Sicher würd´mich dann gleich einer festhalten und mir vorhalten , ich wollt abhau´n, oder so. Nee, das war keine so gute Idee! Schwierigkeiten hatt ich schon zur Genüge. Da brauchte ich nich noch mehr!
    Aber vor die Tür geh´n, war sicher kein Verbrechen! Wenigsten ma raus aus der Bude!
    Draußen war´s stockdunkel. Niergendwo in den Häusern rundherum brannte Licht. Nur von weitem sah man ´nen Feuerschein, wahrscheinlich von den Wachen. Ich setzte mich auf die Stufen der Casa und zog meine Beine an mich. Scheiße Mann! Nich ma ´nen Garten gab´s hier! Hier gab´s genaugenommen gar nix, nur Arbeit, Arbeit und noch ma Arbeit. Keiner, mit dem man ma erzählen konnte. Niemand, dem man ma was anvertrauen konnte. Ich dachte an die Mädels, drüben in der Villa und wie´s Merit nun ging. Verdammt, die Villa war unerreichbar für mich geword´n, obwohl sie nur hinter diesen Scheißmauern lag. Mann, hatten die´s gut! Ich konnt´s nich glauben, dass so was von mir kam!
    Lieber an´nem verdammten Kreuz verrecken, als so´n Leb´n! Das hatt ich auch Ursus an ´nen Kopf geworfen und danach hatt´s mir eigentlich auch gleich wieder leid getan. Nee, an ´nem Kreuz zu verrecken, war so das schlimmste, was einem passier´n konnte. Wenn´s dumm lief konnteste drei, vier Tage da hängen, bis du endlich ´n Löffel abgeben konntest.
    In letzter Zeit hatt ich auch oft an mein´n Bruder gedacht und an meine Freunde, mit denen ich immer auf Raubzug gegangen war. Zum ersten Mal, seit ich von zu Haus weg war, hatt ich so was wie Heimweh. Ich sehnte mich nach mein´m kleinen Bruder und dem kleinen Verschla, in dem wir gelegentlich übernachtet hatten. Auch wenn wir im Dreck lebten, so hatt ich doch da meine Familie!
    So´n Mist, jetzt musst ich schon wieder heulen! Ich vergrub mein Gesicht in mein´n Händ´n und schluchzte leise, damit mich auch ja niemand hörte. "Louan! Louan!" sagte ich leise. Aber Louan war zu weit weg, als dass er mich hätte hören konnen. Ob mein Bruder überhaupt noch lebte?


    Sim-Off:

    Wer mag?

  • Sertorio hatte je drei Teller für'de Teigtaschn un' Schüsselch'n für'n Salat un' Becher für'n Wein bereitgestellt, da offnsichtlich Aurelius Ursus nich' alleine Essn fassn will.


    Jetzt legt er ihm, Caelyn un' sich'n großn Schöpfa damfnde Teigtaschn un' Salat vor, gießt'n Wein ein.


    Trautes Haim, Glück allain.

  • Ursus' Blick verfinsterte sich zusehends bei Caelyns Worten. Undankbares Weibsbild. "Verdammt nochmal, Caelyn! Weißt Du ein Dach über dem Kopf, regelmäßige gute Mahlzeiten und ordentliche, der Jahreszeit angemessene Kleidung wirklich so wenig zu schätzen? Und die Tatsache, daß ich noch nie die Hand gegen Dich erhoben, noch Dich in mein Bett gezerrt habe? Obwohl dies mein gutes Recht wäre? Du tust so, als wäre ich ein Ungeheuer! Als wärest Du das Opfer! Das ist nicht so! Du bist die Täterin! Du bist Sklavin geworden aufgrund Deiner Taten. Du hast die Ehre meiner Familie beschmutzt! Und meine Ehre! Findest Du wirklich, ich hätte Dich dafür zu hart bestraft? Findest Du das wirklich? Ich glaube, wir werden mal einem Kerker einen Besuch abstatten, damit Du endlich begreifst, wie gut Du es hast! Und nein, ich werde Dich nicht freilassen, wenn Du noch länger mit dieser Leichenbittermiene herumläufst, daß die Milch sauer wird! Eher verkaufe ich Dich an den nächstbesten Sklavenhändler, als Dich für schlechtes Benehmen auch noch zu belohnen. Wenn Du Deine Freiheit willst, die Du durch eigene Schuld verloren hast, - dann fange endlich an, darauf hinzuarbeiten!" Er war wirklich sauer. So sauer, daß er kurz davor war, ihr zu zeigen, daß er durchaus eine feste Handschrift haben konnte, wenn es gar nicht mehr anders ging.


    Da konnte einem ja echt der ganze Hunger vergehen! Doch das wäre nicht fair Sertorio gegenüber, der sicher nicht weniger müde war als Ursus und sich trotzdem noch solche Mühe gegeben hatte. Ursus griff nach dem Teller und probierte die Teigtaschen. "Das ist wirklich gut, Sertorio", lobte er den Koch und aß hungrig weiter.


    "Also, es gilt vorerst weiterhin die Regel, daß Caelyn nicht allein hinaus darf. Sertorio, Du wirst also mit ihr zusammen rausgehen. Denkt bitte daran, daß ihr euch jedesmal, wenn ihr das Castellum betretet oder verlaßt, bei der Torwache melden ((und auch dort posten)) müßt. Es finden regelmäßig Märkte hier im Castellum statt, ihr müßt also nicht für jeden Einkauf in die Stadt. Caelyn, solltest Du Dich irgendwann entschließen, Dich anständig zu benehmen, werde ich die Ausgangssperre zumindest für innerhalb des Castellums aufheben. Um allein in die Stadt zu dürfen, wirst Du mir schon beweisen müssen, daß ich Dir vertrauen kann. Was die Arbeit hier im Haus angeht, so einigt euch untereinander, wer was macht. Solltet ihr euch nicht einig werden können, werde ich die Einteilung vornehmen. Wie ihr hier seht, ist das Haus noch sehr ungemütlich und unpersönlich eingerichet. Ich möchte, daß ihr es etwas gemütlicher herrichtet, immerhin sollen wir hier ein ganzes Jahr leben. Ich werde euch entsprechend Geld zur Verfügung stellen. Und besorgt euch Kleidung, die dem Wetter hier angemessen ist, ich fürchte, wir sind doch etwas schlecht ausgestattet, was das angeht." Ursus hatte langsam gesprochen und manchen Satz besonders betont, damit sie auch nichts vergaßen.



    Sim-Off:

    Caelyn: Könntest Du bitte eine andere Farbe wählen? *lieb guck* Davon kriegt man ja Augenkrebs ;)

  • Sertorio greift nu' auch zu und schiebt einen Löffln nach'm anneren rüthmisch ohne abzusetzn innen Mund.


    Sertorio nickt zu Aurelius Ursus' Monolog, ohne mit'm Essn aufzuhörn. Er hatte bislang Caelyn nich' außa Haus mitgenommn unner hat's auch weitahin nich vor. Fraun un' Kinner sinne Plage un' man ignoriert se besser weitgehend.


    Was Aurelius Ursus unta "gemütlich" vastand, kann Sertorio nich' ahn'n. Gemütlich' is', wenn'n Feuer prasslt, was zum beißn un' saufn da is'. Inner Kuchl is', isses gemütlich, jednfalls, solange nich' noch wer da is.


    "Gemütlich?" fragt Sertorio vorsichtich skeptisch. Caelyn könnte ma'n Putzlumpn schwingn, das würde sicha helfn, ansonstn fällt Sertorio nicht wirklich was ein.


    Sim-Off:

    Mi'm Tor-postn das hab' ich völlich vagessn, kommt' nich' wieda vor. :)

  • Ich stand immer noch angewurzelt da und auf mich prasselte Ursus Strafpredigt. Ich konnt´ jetzt gar nix mehr sag´n. Ich hatt´ ja schon genug gesülzt. Das mit´m Kreuz, wär´echt nich notwendig gewes´n! Ursus hatt´sich schon hingesetzt und fing zu essen an, als er dann endlich fertig war. Ich kam erst nach ´ner Weile total niedergeschlagen zu´m Tisch und setzte mich. Vor mir stand´n Teller mit lecker duftenden Teigtaschen und´n Salat. Sah eigentlich auch nett aus. So, als wollt ich in´nen Boden vom Teller ´n Loch bohr´n, starrte ich nur auf´s Essen. Essen konnt ich nich. Der Appetit war mir gründlich vergang´n.
    Während Sertorio so richtig rein haute, begann Ursus zu uns beiden zu sprechen. Was er zu sag´n hatte, war nich gerade erfreulich. Nur mit Sertorio durft ich´s Haus verlass´n! Na toll, das hieß, dass ich hier nie raus komm´n würd! Verdammt, ich saß hier fest und hatte niemand hier! ´Ne Träne tropfte in meine Brühe. Damit´s nich noch mehr Worte gab, zwang ich mich, die Teigtaschen zu essen. Ich kaute drauf rum, als hätt ich Holzspäne zwisch´n ´nen Zähn´n. Genießen konnt ich´s nich, obwohl die Dinger ganz gut geschmeckt hatt´n!
    Nee, ich wollt nix mehr sag´n. Ich wollt nur endlich weg.

  • "Na, das war's soweit von mir. Habt ihr noch Fragen? Oder braucht ihr noch irgendetwas?" Die beiden waren ja wirklich unsagbar gesprächig. Was für ein wunderbares Mahl!


    Ursus seufzte und aß etwas von dem Salat. Das Essen war wirklich gut, aber es würde noch wesentlich besser munden, wenn die beiden ein wenig mehr guten Willen mitbringen würden. Ein Jahr war doch wirklich keine Ewigkeit! Und je mürrischer sie an die Sache herangingen, umso schlimmer würde dies Jahr werden.


    Vor allem bei Caelyn wußte Ursus bald nicht mehr, was er tun sollte. Sie war so trotzig und bockig, als sei sie noch ein Kind. Gut, sie war tatsächlich noch sehr jung. Und es fehlte ihr vermutlich auch einfach an sozialer Kompetenz. Er nahm sich vor, das noch ein, zwei Tage ruhen zu lassen. Vielleicht drang ja doch mal sowas wie eine Erkenntnis zu ihr durch. Falls nicht, würde er nochmal mit ihr reden müssen. Nur wußte er wirklich nicht, was er ihr noch sagen sollte, was er nicht schon längst gesagt hatte.


    "Überlegt es euch, solange ich noch spendierfreudig bin", versuchte er sich an einem kleinen Scherz und lächelte leicht.


  • Unruhig wälzte sich Ursus im Bett hin und her. Die Sache mit Caelyn machte ihm wirklich zu schaffen. Was machte er nur falsch? War er zu weich? War er zu hart? Oder war sie einfach nur zu verbockt, um zu verstehen? Er wußte es nicht. Elender Mist. Und nun raubte sie ihm auch noch den Schlaf! Dabei mußte er unbedingt schlafen. Morgen in aller Frühe stand wieder Training auf dem Programm. Und dann hatte er noch eine Menge Arbeit zu erledigen. Er wollte so viel wie möglich erledigen, bevor er mit Alienus an den Limes ritt.


    Es wäre schon alles wesentlich leichter, wenn er wüßte, daß hier im Haus alles in Ordnung war. Doch das war es nicht. Zwischen Sertorio und Caelyn schien auch nicht alles in Ordnung zu sein. Und zwischen ihm selbst und Caelyn natürlich erst recht nicht. Diese Situation belastete Ursus weit mehr, als er vor sich selbst zuzugeben bereit war.


    Wieder wälzte er sich herum. Auf die Dauer war das irgendwie unbequem. Und irgendwie... ach, vielleicht half ein kleiner Spaziergang an der frischen Luft? Einmal ums Intervallum, ja, das war eine gute Idee.


    Seufzend rollte er sich aus dem Bett und kleidete sich notdürftig an. Tunika, Sandalen, Mantel, mehr brauchte es wirklich nicht.


    Leise schlich er sich zur Tür. Es mußte ja nicht sein, daß er die beiden anderen weckte, die hatten schließlich auch einen harten Tag hinter sich - und einen weiteren solchen vor sich. Seufzend trat er durch die Tür und schloß sie leise hinter sich, so daß er die Gestalt auf den Stufen gar nicht sah. Schwungvoll drehte er sich um und wollte die Stufen hinab, ohne recht hinzusehen, da trat er gegen die Gestalt, stolperte und hatte dann große Mühe, keine Bauchlandung zu machen. "Verflucht noch eins! Wer..." Als er sich wieder gefangen hatte, wandte er sich um und erkannte erst jetzt, wer das war. "Caelyn", sagte er überrascht und halb fragend.

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