[Horti Maecenatis] Palilia

  • Der Tag war wieder gekommen, an dem die Bevölkerung Roms den Gründungstag der Stadt Rom feierte. Wie auf allen Grünflächen hatte die Jugend der Stadt auch in den Gärten des Maecenas kleine Zelte errichtet und simulierte das ursprüngliche Leben ihrer Ahnen. An nahezu jedem Baum hatte sich eine Familie zum Essen niedergelassen, die Väter mit Strohhüten auf dem Kopf, die Jugend mit Amphoren unterm Arm. Geschickte Hände hatten Teile des Rasens herausgestochen und daraus für ihre Familien Liegen und Tischchen gezaubert, auf denen nun vornehmlich mitgebrachtes Lammfleisch und mit Most vermischte Milch aufgebaut wurde.


    Manch einer wartete den Nachmittag über hier, bis als offizielles Reinigungsritual im nahen Macellum Liviae das Suffimen für Pales verbrannt wurde, doch viele, weniger traditionsbewusste Menschen nutzten den Feiertag einfach, um ihr sauer verdientes Geld in eine ausgiebige Feier zu Ehren des Romulus zu investieren. Und manch ein Hirte, der die Herden zur Versorgung der Stadt hütete, war in die ewige Stadt gekommen, um etwas von seinen städtischen Mitbürgern spendiert zu bekommen.


    Alles in allem herrschte eine herrliche Stimmung unter strahlend blauem Himmel.

  • Auch Tiberius Durus hatte sich aufgemacht, um auf offener Wiese den Geburtstag der Stadt zu feiern, während im fernen Misenum die Schaf-Ställe gereinigt werden würden. Natürlich hatte er nichts selbst machen müssen, stattdessen waren ihm Sklaven vorausgeeilt, hatten einen besonders mächtigen Baum besetzt, mit einem weiten Sonnensegel ausgestattet und "eingerichtet". Mehrere Meter vom Baum weg hatten die Sklaven Rasensoden ausgestochen und aufgestapelt, sodass Durus ein wenig erhöht auf einer Decke liegen und dem Treiben zusehen konnte.


    Auf dem Tisch stand bereits das klassiche Getränk aus Apfelmost (vom eigenen Gut) und Milch (ebenfalls vom eigenen Gut). Später würde es noch gebratenes Lamm geben, das zum gegebenen Zeitpunkt jedoch noch auf einem tragbaren Ofen gegrillt wurde.


    So blieb Durus nichts anderes als zu warten, ob er ein bekanntes Gesicht sehen würde, das ebenfalls hier zur Feier des Stadtgeburtstages erschienen war.

  • Was für einen gebürtigen Römer eine Selbstverständlichkeit war, musste für einen außenstehenden Betrachter schon ziemlich seltsam aussehen. Typische Stadtbewohner, auch angesehene Persönlichkeiten darunter, zogen zu einem bestimmten Feiertag hinaus auf die Grünflächen, lagerten auf dem Rasen, bauten Zelte auf und taten so, als wären sie die Hirten, die mehr als 800 Jahre vorher die Stadt gegründet haben. Hätte man ihnen erzählt, dass 1900 Jahre später Jungendliche dasselbe ganz ohne Feiertag und Strohhüte machen würden und 'Grillparty' nennen würden und dass andere Menschen ebenfalls ohne Feiertag so tun würden, als wären sie die Römer, die 800 Jahre nach der Gründung der Stadt lebten, und das ganze 'Re-enactment' nennen würden, hätten es die Römer vermutlich selber auch ziemlich seltsam gefunden. Da ihnen das alles aber keiner erzählen konnte, kam sich auch Macer kein bisschen seltsam vor, als er an diesem Tag ebenfalls draußen unterwegs war und sich über die Jungs amüsierte, die nie bei der Legion waren und ihre Mühe hatten, ordentliche Rasensoden auszustechen.


    Unter einem mächtigen Baum entdeckte er Durus, den er in letzter Zeit auch ziemlich häufig traf, glaubte er zumindest vom Gefühl her. "Salve Durus, mit den guten Kontaken eine Priesters ergattert man wohl problemlos solche prächtigen Bäume als Lagerplatz, was?"

  • Durus hatte gerade gelangweilt das Getränk betrachtet, das auf seinem Rasensoden-Tischchen stand. Er mochte Milch nicht sonderlich - das war doch eher ein Barbarengetränk! Aber was tat man nicht alles für die Tradition...


    Plötzlich wurde er aus seiner Langeweile gerissen, als Purgitius Macer erschien, den er vor "kurzem" bei den Megalesia gesehen hatte. Er musste die Augen leicht zusammenkneifen, denn die Sonne blendete ihn, dennoch antwortete er prompt mit einem alten Sprichwort


    "Fortes fortuna adiuvat! Servi fortes habeo*!""


    Dann grinste er ein wenig. Soweit er wusste, hatten seine Sklaven tatsächlich ein Pärchen Verliebter von diesem Baum verjagen müssen. Aber zu diesen Zeitpunkt waren ja noch genügend übrig gewesen...
    Dann wies er auf eine zweite Grassoden-Kline


    "Nimm Platz und genieße meine Gastfreundschaft!"


    Sim-Off:

    * Den Starken hilft das Glück. Ich habe starke Sklaven.

  • Macer konnte sich ebenfalls ein Grinsen nicht verkneifen, als ihn der Pontifex mit dem Sprichwort begrüßte. "Eine gesunde Einstellung, man muss ja schließlich nicht alles selber machen" stimmte er zu.


    "Ich möchte dir aber nicht unangekündigt zur Last fallen", bemerkte er dann noch, nahm aber trotzdem das Angebot an und nahm Platz. Es abzulehnen wäre genauso unhöflich gewesen, zumal der Tiberier niemand speizellen als Gast zu erwarten schien. Genau wie Macer, der ohne besondere Ziel hinaus gegangen war und einfach schaute, wer anzutreffen war.


    Mit wenigen Bewegungen lag der bequem und schaute einen Moment in das Blätterdach über ihnen. "Bei solchen Gelegenheiten merkt man mal wieder, wie wenig man braucht, um es bequem zu haben. Eine Wiese, ein Baum, einen Spaten und schon hat man ein bequemes Lager."

  • "Allerdings."


    bestätigte Durus, obwohl er nicht einmal genau wusste, wie man einen Spaten am besten bediente - er hatte für so etwas immer Personal gehabt! Aber man musste seine mangelnde Erfahrung mit praktischer Arbeit nicht so heraushängen lassen - besonders nicht an Tagen, an denen alle das einfache Landleben feierten! Allerdings sehnte er sich trotz der angenehmen Lage wieder einmal, sein Landgut in Baiae zu besuchen, ein paar frische Pflaumen zu essen und einfach die Seele baumeln zu lassen.


    "Besitzt du eigentlich ein Landgut am Golf von Neapolis?"


    beinahe hätte er gefragt, ob er überhaupt eines besaß - aber das war ja gänzlich unvorstellbar, dass ein Senator kein Landgut besaß - von irgendwoher musste ja sein Land bestellt werden.

  • "Nein, ich habe eines in der Nähe von Mediolanum" schüttelte Macer den Kopf. "Nicht allzu groß, ein paar Obstwiesen, dazu Beeren und Nüsse. Eine kleine landwirtschftliche Produktion eben und kein großes Wohngebäude. Ich bin in der Regel auch nur einmal im Jahr dort", erklärte er dann ein wenig. "Für ein repräsentatives Landgut am Golf hatte ich bisher keinen Bedarf." Er kannte die Preise nicht, aber wahrscheinlich hätte ein solcher Zweitwohnsitz seinen Geldbeutel auch stark belastet. "Du besitzt dort einen Sommersitz?"

  • Mediolanum. Das war in Norditalien, wo es im Sommer angenehm kühl war. Dafür war es im Winter ziemlich ungemütlich dort - zumindest für einen Stadtrömer, wie Durus einer war. Auf die Frage des Purgitiers antwortete er mit einem Lächeln.


    "Sogar zwei. Eines habe ich von meinem Vater geerbt, dort wächst ein wenig Getreide. Außerdem ein paar Weiden für Viehzucht und Obstbäumchen. Ich habe es von meinem Vater geerbt.


    Das andere liegt bei Baiae. Eigentlich wäre es ja nicht notwendig - im Prinzip kann man ja auch von Misenum aus die Heilquellen besuchen. Aber es war gewissermaßen ein Schnäppchen. Außerdem kann es ja nie schaden, sein Geld in wertvollen Boden zu investieren."


    Baiae war schließlich ein weltberühmter Badeort und wenn Durus wollte, konnte er dieses Fleckchen Erde sicher jederzeit veräußern - wahrscheinlich zu einem wesentlich höheren Preis als er es gekauft hatte. Staatsland war doch immer noch am billigsten!

  • "Gleich zwei?" Macer nickte anerkennend und mit dem nötigen Respekt. Aber immerhin hatte er einen Patrizier und ehemaligen Praetor vor sich sitzen, da konnte man mit solchen Vermögenswerten durchaus rechnen. "Das hört sich nicht schlecht an. Verkauft ihr die landwirtschaftlichen Erträge auf lokalen Märkten oder liefert ihr an die Classis in Misenum?"


    Über wirtschaftliche Aspekte zu sprechen war vielleicht nicht gerade die beste Idee, aber Macer fiel nichts passendes ungezwungenes ein, was er zur Einrichtung oder zur Lage der Landsitze fragen konnte. Dafür interessierte er sich einfach zu wenig für solche Landsitze.

  • Durus nahm sich einen Schluck Wein. Im Prinzip sprach er gern über seine Landgüter, denn sie waren die Juwelen in seinen Besitztümern. Besonders auf das Landgut bei Baiae war er stolz - dort war es wirklich überaus angenehm!


    "Nun, das Getreide wird nach Hispania verschifft. Dort besitzt ein Klient meines Vetters eine Großbäckerei. Der Rest geht an die lokalen Märkte. Ich hatte schon einmal vor, die Classis zu beliefern. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich allerdings etwas Pech mit meinen Vilici...es ist wirklich schwierig, heute gutes Personal zu kriegen!"


    Noch immer ärgerte er sich über seinen Verwandten, der nun verschwunden war - nunja, umso besser! Aber das musste er sich dringend merken - die Classis zu beliefern war ja praktisch perfekt!


    "Wie wird die Ernte in Mediolanum dieses Jahr ausfallen? Gehst du von hohen Erträgen aus?"

  • Macer blickte einigermaßen überrascht, als Durus die Verschiffung nach Hispania erwähnte. "Sehr interessant! Ich dachte bisher immer, Hispania würde vor allem Getreide nach Rom verschiffen und nicht umgekehrt. Man lernt offenbar immer wieder dazu. Da hast du also offenbar große Erträge, wenn du gleich zwei Arten von Abnehmern bedienen kannst."


    Auf die Sache mit dem Verwalter ging er nicht weiter ein, da er keinen Grund zu vergleichbaren Klagen über das Personal hatte. "Über die erwarteten Erträge für dieses Jahr kann ich noch nicht viel sagen. Bisher hat mir mein Verwalter keine erschreckenden Meldungen geschickt, aber wieviel Früchte die Obstbäume wirklich ansetzen, wird man noch sehen müssen. Letzten Winter hatten wir hohe Erträge bei den Nüssen. Die letzten Lagerbestände wurden erst kürzlich verkauft." Bei gut lagerbaren Waren ließ Macer den Verwalter immer einen Teil länger zurück halten, da die Preise am Ende eher noch einmal stiegen als fielen.


    "Was für Vieh hältst du auf deinem Gut? Mir war die Viehzucht bisher immer zu aufwändig und risikoreich."

  • "Nunja, ein wenig Geflügel, aber hauptsächlich Schweine und Schafe. Es ist wahr, dass Vieh nicht ganz so einfach ist, dafür kann man sie bei Futterknappheit immer noch schlachten, während unfertiges Getreide bei schlechter Witterung verbrennt. Außerdem wirft es ein Vielfaches an Gewinn ab - Fleisch wird immer beliebter, wie mir scheint.
    Abgesehen davon können sie die Wiesen abweiden, auf denen meine Obstbäume stehen."


    antwortete Durus dazu. Mit einem Mann, der sich für seine Güter mehr interessierte als den bloßen Umstand, dass sie existierten, zu sprechen, gefiel ihm. Er selbst hatte zwar ebenfalls wenig praktisches Wissen zur Landwirtschaft, aber da er regelmäßig Berichte forderte, konnte er doch zumindest das ein oder andere zu verschiedenen Dingen sagen.


    "Es wird auch nicht übermäßig viel nach Hispania verkauft - es bietet sich ohnehin an, da das hochwertige Kirschholz aus meinem Gut sowieso in die Sägewerke meines Vetters verschifft werden - da fallen die Kosten für den Getreidetransport kaum ins Gewicht.


    Allerdings überlege ich, ob ich meinen fruchtbaren Boden nicht lieber mit Oliven oder Wein bebauen sollte - allerdings fürchte ich, dass der Markt da etwas überlaufen ist..."

  • "Das ist in der Tat ein bemerksenswert gutes Argument", stimmte Macer zu, als das Gespräch auf die Futterknappheit kam. "Unter diesem Gesichtspunkt scheint die Viehzucht doch ein sehr sinnvolles Geschäft zu sein. Und mit den Wiesen hast du auch Recht. Die hat man ja sowieso. Vielleicht sollte ich auch noch ein paar Schafe für meine Obstwiesen anschaffen lassen. Andererseits muss man dann wohl aufpassen, dass sie nicht die Beerensträucher abfressen." Macer blickte nachdenklich über die Wiesen um sie herum. "Vielleicht doch keine so gut Idee. Von abgefressenen Sträuchern habe ich auch nichts."


    Die weiteren wirtschaftlichen Informationen aus dem Betrieb des Pontifex nahm Macer ebenfalls mit Interesse auf. Für Handelswege und Geschäftstätigkeiten seiner Mitmenschen konnte er sich wesentlich eher interessieren als für deren Verwandtschaftsverhältnisse. "Von Oliven würdest du dann aber nicht viel haben", warf er ein. "Man sagt doch, dass Olivenbäume erst nach einer Generation Erträge abwerfen. Du würdest natürlich deinen Kindern Freude machen, wenn du jetzt Bäume pflanzt, aber selber hättest du sicher wenig davon." Ob sein Gesprächspartner überhaupt Kinder hatte, wusste Macer natürlich mal wieder nicht.

  • Durus nickte langsam. Richtig, Olivenbäume brauchten ewig, bis sie Frucht trugen - selbst unter optimalen klimatischen Bedingungen. Also vielleicht doch keine so gute Idee...zumal er keinen Erben hatte, der etwas davon haben konnte! Die Verlobung mit Fabia Vibulana war geplatzt - sein angeblicher "Freund" Fabius Vibulanus hatte sie nun doch mit einem Consularen verlobt. Eine Unverschämtheit so kurz vor dem praktischen Heiratsversprechen!


    "Bei Beerensträuchern ist es wirklich eine schwierige Sache - wohin verkaufst du deine Erträge übrigens? Belieferst du die Prima Traiana?"

  • "Nein, bis nach Mantua ist es im Prinzip zu weit", erklärte Macer. "Mein Gut liegt noch ein Stück westlich von Mediolanum. Der lokale Markt dort ist recht groß und wir können vieles in der Gegend verkaufen. Wie gesagt, ist mein Gut auch nicht allzu groß. Bei großen Überschüssen gehen wir auch manchmal bis Cremona, aber dort bekommen wir dann alles los. Beeren sind nun auch nicht unbedingt das Handelsgut, welches die Legion in größeren Mengen anfordert. Von den Äpfeln geht vielleicht mal eine Ladung oder zwei an die Legion, aber nur dann, wenn die Einkäufer der Truppe sich dafür entscheiden. Einen regelmäßigen Liefervertrag haben wir nicht." Einen Teil ließ sich Macer natürlich auch nach Rom liefern, aber das verstand sich wohl von selbst und bedurfte keiner weiteren Erwähnung.


    "Apropos Größe des Gutes: du kennst nicht zufällig jemanden in der Gegend von Mediolanum, der ein Grundstück zu verkaufen hat? Ein bisschen erweitern möchte ich mich durchaus. Immerhin sollten dort die Preise deutlich niedriger sein als in Misenum, nicht wahr? Das ist schon eine richtig gute Kapitalanlage, dein Gut, nehme ich an?"

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