Ich wußte gar nicht, wieso er so überzogen reagierte! Er sollte sich ja nicht anmalen, so wie es die Ägypter zuweilen taten. Mir ging es doch nur um die Pflege der Haut. Aber ich wußte, so mancher männliche Zeitgenosse fühlte sich bei dieser Thematik mehr oder weniger auf die Füße getreten, obwohl doch der moderne Mann von heute einen besonderen Wert auf sein Äußeres legte. Er sollte er zumindest. Wenn ich da an Lutetia dachte… Ich für meinen Teil würde dies bei meinem zukünftigen Ehemann nur begrüßen und alles daran geben, wenn er sich auch um solches Ding kümmerte. Wie schnell nagte doch der Zahn der Zeit am Erscheinungsbild eines Menschen. Womöglich waren Männer ab einem gewissen Alter interessant, aber dann sollten sie bitteschön auch noch einigermaßen ansehnlich sein! Nun, wie dem auch sei, man konnte niemanden zu seinem Glück zwingen. Eines Tages würde er es bitter bereuen, mein Angebot abgelehnt und nicht in Stutenmilch gebadet zu haben, wenn es zu spät war! Natürlich war ich deswegen nun nicht eingeschnappt, neeeiin! Das wäre doch kindisch gewesen. Stattdessen ließ ich Aquilius sein Schlupfloch, welches uns wieder zu seinem Hengst brachte und erwähnte mit keinem Wort mehr besagte Stutenmilch. Ich sah auf, als er erwähnte, sein Pferd hätte ihm einst das Leben gerettet. Das machte mich nun sehr neugierig. "Oh, tatsächlich? Was ist den geschehen?" fragte ich zurückhaltend, da ich nicht wußte, ob es ihm angenehm war, darüber zu sprechen.
Seine übrigen Worte ließen mich auf eine besondere Weise nachdenklich werden. Ich hatte mir bisher wenig Gedanken um Freund oder Feind gemacht. Wirkliche Feinde hatte ich glücklicherweise keine, so glaubte ich. Wie aber sah es mit den Freunden aus? Gäbe es für mich einen Retter in der Not? Was war mit meinen Sklaven? Würden sie für mich sterben, wenn es notwendig werden würde? Mich fröstelte bei diesem Gedanken. Nein, daran mochte ich nicht denken und schob diese Gedanken ganz schnell beiseite. Ich lebte beschützt und mit allem versorgt inmitten meiner Familie. Wer sollte mir hier schaden?
Hortus | Die Sprache der Blumen
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Ich war nicht unfroh darüber, dass Celerina das unselige Schönheitsthema beiseite fallen ließ und ich mich einem weit angenehmeren zuwenden konnte. Mit Männern sollte man einfach auch nicht über Schönheitspflege sprechen, ich kannte keinen, der dieses Thema nicht als weibisch und unrömisch verurteilt hätte. Das konnte man einer Frau allerdings nicht erklären, denn für Frauen war diese Thematik wohl so natürlich, dass sie darüber nicht mehr nachdachten, es war ihnen schlichtweg selbstverständlich geworden.
„Nun, vor etwa zwei Jahren wurde meine Nichte Arrecina, Aristides‘ ältestes Kind, von einem meiner Sklaven entführt – er war Germane und war in seiner Heimat von Aristides gefangen worden, war auch nie zufrieden damit, ein Sklave zu sein. Ich wusste zwar, dass er unzufrieden war, hätte aber nie vermutet, dass er tatsächlich so weit gehen würde – nunja, er entführte sie aus unserem Haus heraus, und Aristides und ich jagten den beiden nach, um sie zu befreien. Während dieser Jagd gerieten wir in ein heftiges Gewitter und ich kam vom Weg ab. Und als ich mich vollkommen verirrt hatte, wurde ich vom Wetter fieberkrank. Lapsus war es, der mich auf seinem Rücken voran trug und mich schließlich an der Küste bei einer einfachen Fischerfamilie ablud, die mich gesund pflegte. So verdanke ich meinem Hengst mein Leben, und ich werde ihm dies niemals vergessen, soviel ist sicher.“Ein wenig wehmütig seufzte ich, war dieses Fieber doch auch der Auslöser für so manch andere Entwicklung in meinem Leben gewesen – aber davon musste Celerina nicht unbedingt wissen. Wahrscheinlich würde sie nicht verstehen können, wieso ich dies alles nicht als schlechten Umstand werten konnte, was mir damals geschehen war, hatte sie doch in ihrem bisherigen Leben relativ behütet aufwachsen können, wohl selbst als Ehefrau ein ruhiges Leben gehabt.
„Celerina, denke an eines, wenn Du diese villa und damit auch den Schutz unserer Familie jemals verlassen solltest: Die Flavier waren einst die mächtige Familie dieser Welt, und aus dieser Zeit haben wir sicher immer noch Feinde, die nur darauf lauern, dass einer von uns einen Fehler begeht. Auch Du wirst mit dieser Erwartung gemessen werden, sei Dir dessen sicher. Die Menschen in Rom beargwöhnen uns noch immer, und es gibt nicht nur eine der mächtigen Familien unserer Zeit, die fürchten, wir könnten zur Macht zurückkehren. Was immer Du tust, was immer Du sagst, achte darauf, dass es Dich nicht angreifbar macht für andere. Als Patrizierin und als Flavia ist es Deine Pflicht, das Wohl der Familie immer im Auge zu behalten. Wirklich frei zu tun, was man selbst will, ist hier keiner, die Erkenntnis dessen kommt bei manchen früher, bei anderen später. Spätestens jedoch zumeist dann, wenn man über seine eigenen Füße gestolpert ist und unversehens am Boden liegt. Selbst wenn Du heiratest, Du wirst immer eine Flavia sein und bleiben.“
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