Schatten der Vergangenheit

  • An jenem Morgen war es noch frisch gewesen. Die beiden Frauen mußten sich noch etwas überziehen, bevor sie das Haus verließen, um mit ihren beiden Körben bewaffnet, zum Markt zu gehen. Es schien ein Tag zu werden, so wie es ihn schon viele Male gegeben hatte, seitdem die Beiden kurz hintereinander in der Villa angekommen waren. Auch heute würden die beiden Frauen wieder zusammen auf den Markt gehen, sie würden all die Dinge einkaufen, die sie kaufen sollten, dann würden sie sich wieder auf den Nachhauseweg machen. So wie schon hundertmal zuvor. Die Beiden waren guter Dinge. Auf den Markt zu gehen hieß, sich für eine kurze Zeit der Villa entziehen zu können. Hier konnten sie so etwas wie Freiheit spüren, die Ungezwungenheit genießen und sich für eine kurze Zeit Abwechslung verschaffen.


    Die Einkaufsliste war heute recht lange. So würde der Einkauf den ganzen Morgen in Anspruch nehmen. Womöglich war auch noch etwas Zeit, um sich die Auslagen der Geschäfte anzuschauen. Sie nutzen jede Gelegenheit um ihren Ausgang so lange wie möglich hinauszuzögern. All die schönen Farben und die exotischen Düfte der Waren, die sie niemals würden besitzen können, regten ihre Phantasie an. Manchmal war nach dem Einkauf noch etwas Geld übrig. Mit der Zeit hatten sie ihre bevorzugten Händler gefunden, bei denen sie stets einkauften und gelegentlichauch feilschen konnten.
    Mit dem Geld, das übrig war, kauften sie sich manchmal etwas zu Essen oder ein Getränk, welches sie dann genüßlich, auf einer Treppe sitzend verspeisten.
    Nichts hatte an jenem Morgen darauf hingedeutet, daß dieser Tag anders verlaufen sollte.
    "Wo sollen wir zuerst hingehen?" Fiona sah fragend ihre Freundin an, die gerade noch mit ihrem Umhang beschäftigt war.

  • Es war einer der wenigen Tage, an denen Minnas Gemüt wahrlich bescheiden war. Für gewöhnlich ging sie gerne mit Fiona auf den Markt um die Besorgungen für die Villa Claudia zu erledigen. Doch heute schien alles schief zu gehen, was schief gehen konnte. Schon in den frühen Morgenstunden, gleich nachdem sie aufgestanden waren, hatte die blonde Germanin sich den linken Fuß umgeknickt. Seitdem schmerzte es bei jedem Auftritt, doch sie zwang sich zusammenzureißen und sich nichts anmerken zu lassen. Auf keinen Fall wollte sie humpelnd über den Markt spazieren. Dann war sie noch mit diesem Vollidioten von Sharif zusammengestoßen, als sie die Villa verlassen wollten. Nach Minnas Überzeugung war es seine Schuld gewesen, denn er hatte mal wie so oft nicht seine Augen gut genug offen gehalten. Sie war zwar von nicht allzu großer Statur, doch deswegen brauchte man sie nicht gleich umrennen. Sharif hatte das natürlich anders gesehen und hatte sie daraufhin lautstark angemotzt. Zum Schluss war da noch die Einkaufsliste, die allen Anschein nach kein Ende nehmen wollte. Minna hatte verständnislos den Kopf geschüttelt, als Fiona ihr die Aufzählung zeigte. Wozu brauchten die Römer diesen ganzen Krempel? Und sie waren diejenigen, die es besorgen und zur Villa schleppen durften!


    "Hm?" Hatte Fiona ihr gerade eine Frage gestellt? Ach so, wo sie hingehen sollten. Woher sollte sie das denn wissen? Im Augenblick hatte sie ganz andere Sorgen. Dieser dämliche Umhang! Irgendwie hatte sie es geschafft, dass er total verheddert war und nun war sie am zerren und zurren, aber es wurde einfach nicht besser. Zu allen Überfluss wurde sie plötzlich auch noch von jemanden angerempelt. Der harte Stoß verursachte, dass sie nach hinten fiel und gleich darauf machte sich ein stechender Schmerz in ihrem angeschlagenen Fuß breit. Da riss ihr Geduldsfaden endgültig. "Mensch, du blöder Idiot, kannst du nicht aufpassen?" entfuhr es ihr und im gleichen Moment tat es ihr auch schon wieder leid, dass sie den Mann so angefahren hat. Es war nicht ihre Art, solch ein keifendes Verhalten an den Tag zu legen."Entschuldige, ich wollte dich nicht so anschnauzen..."

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    Ein altes zotteliges Männchen, das in einen schmutzigen, verlumpten Umhang gehüllt war, kam die Straße hinuntergelaufen, während es mit sich selbst in einer heftigen Diskussion verstrickt war. Ja, das ist halt so! Da kann man gar nichts machen. Aber hätten sich nicht können? Nein hätten sie nicht! Woher willst du das denn wissen, he? Ich weiß es eben! Ach, welch ein Jammer! Ja, das kann man so sagen! Die Menschen, denen er begegnete, nahm er nur indirekt wahr und die die ihn wahrnahmen, hielten ihn für einen vertrottelten, alten Spinner. Ein Irrer, der allerdings nicht gefährlich war, solange er nur wirres Zeug redete und dies auch noch, in einer, für die meisten unverständlichen Sprache. Er hatte schon einen langen, weiten Weg hinter sich, ständig umher irrend, völlig planlos und ohne Ziel. So war er vor wenigen Tagen nach Rom gekommen. Wie er es geschafft hatte, so lange zu überleben, blieb ein Rätsel. Immer wieder waren es die Zufälle des Lebens, die sein Fortkommen sicherte oder auch einfach nur ein paar freundliche Menschen, die es gut meinten und ihm etwas eßbares zu steckten oder ihre Essensreste, statt sie den Schweinen zu geben, ihm überließen.
    Was hätte er auch anderes tun sollen? Er lebte ganz zurückgezogen in seiner eigenen Welt, in der es nur selten einen Zugang zu der Welt da draußen gab. So war es nicht verwunderlich, als es zu der Kollision mit der jungen blonden Frau kam, die ihn zuerst wüst beschimpft hatte, sich dann aber besann und sich bei ihm entschuldigte.
    Der Alte, dessen Augen stets am Boden hafteten, hob seinen Kopf an, so daß er die Ursache für diese unerwartete Störung erfasste.
    "Du dumme Gans! Kannst du nicht aufpassen?", herrschte er sie zornig an. Dabei hatte er sich seiner Sprache bedient, die man auf den auf den fernen Inseln im Nordwesten sprach, ohne sich daran zu stören, daß man ihn möglicherweise gar nicht verstehen konnte.



    Sim-Off:

    * Im wahren Leben ist dieses zottelige Männchen kein geringerer, als der gute alte Catweazle, bekannt aus der gleichnamigen britischen TV-Serie, die ab 1974 auch Deutschland heimsuchte und so meine Kindheit beeinflußte! :D

  • Sim-Off:

    :D


    Argwöhnisch blickte sie den raubeinigen Zottel vor ihr an. Ohne auch ein einziges Wort zu verstehen, war es doch sehr wohl an seinem Ton mehr als offensichtlich, dass er ihr nicht wohlgesinnt war. Ihre ehrlich gemeinte Entschuldigung schien auf taube Ohren gestoßen zu sein. Minna fühlte sich verletzt. Ihre Augen verengten sich daraufhin und sie bereute es, dass sie sich noch kurz zuvor bei ihm entschuldigt hatte. Gut, wenn er sich mit ihr anlegen wollte, bitte! Das konnte er haben! "Sprich gefälligst in einer Sprache, die jeder versteht, du komischer Kauz!" Mit den Händen in den Hüften gestemmt baute sie sich vor ihm auf - sie war sogar etwas größer als er, was nun wirklich selten vorkam - und wartete auf eine Reaktion. Wie ein typischer Römer sah er keinesfalls aus. Täte er das, hätte sie ihre Zunge gehütet, wohlwissend dass sie in diesem Fall eindeutig den Kürzeren gezogen hätte. Aber so... "Nun was ist? Wird's bald?" Wo dieser schräge Vogel wohl nur herkam? Vielleicht versteht er auch einfach nur kein Latein? kam es ihr noch in den Sinn, doch sie war in diesem Moment zu sehr aufgebracht, als das diese Tatsache sie hätte beruhigen können. Mit einem Seitenblick suchte sie Fiona um sich zu vergewissern, dass sie in ihrer Nähe war. Für den Fall, dass dieser Kerl ungemütlich werden sollte, wäre es sicher hilfreich die kühne Keltin in unmittelbarer Nähe bei sich zu haben. Ah, da stand sie ja etwas abseits von ihnen! Doch was machte sie denn nur für ein Gesicht?

  • Fiona war völlig in Gedanken. Im Geiste ging sie noch einmal die Einkaufsliste durch und überlegte, wie sie ihre Einkaufsroute am geschicktesten beginnen sollten. Minna hatte auf ihre Frage nicht geantwortet. Ihr Umhang stellte sich widerspensiger als gedacht, heraus. Doch dann begann sie fürchterlich zu schimpfen, so wie sie es gar nicht von ihr gewohnt war. Sie sah auf, um herauszufinden, was der Grund für ihren Wutausbruch war. Minna hatte sich schon ein Stückchen von ihr entfernt und sie sprach mit einem völlig abgerissenen und erbärmlich aussehenden alten Mann. Sie konnte allerdings nicht auf anhieb herausfinden, was geschehen war. Sie ging einige Schritte auf die beiden zu und besah sich den Alten etwas genauer. Dann erschrak sie. Ein Schauer fuhr durch ihren Körper. Ihre Augen waren weit aufgerissen, so als hätte sie gerade einen Geist gesehen. Ihr Mund war geöffnet, jedoch unfähig, auch nur ein einziges Wort herauszubringen.


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    Der Alte verstand kein Wort, von dem, was diese Göre ihm entgegen schleuderte. Doch er ahnte, daß es nichts gutes sein konnte. Ganz verdattert schaute er drein, denn mit einer solchen heftigen Reaktion hatte der alte Zausel keineswegs gerechnet.
    Als die unfreundliche junge Frau sich nach einer etwas abseits stehenden Frau umdrehte, folgten ihr seine Blicke. Jetzt erst sah er bewußt diese zweite rothaarige Frau, die aussah, als sei ihr ein Toter begegnet. Plötzlich hatte er das seltsame Gefühl, diese Frau schon einmal gesehen zu haben. Er strengte seine Augen an und trat etwas auf sie zu. Nun war er es, der aussah, als hätte er einen Toten gesehen. Vielmehr war es eine Totgeglaubte. "Fiona???"

  • Nein, ein Geist war das nicht gewesen! Der Mann, so zottelig und dreckig er auch aussah, war aus Fleisch und Blut - und kannte ihren Namen!
    Längst vergangene Szenen spielten sich wieder und wieder in ihrem Kopf ab. Solche, die sie längst verbannt geglaubt hatte. Doch mit dem plötzlichen Erscheinen des Alten waren sie mit einem Mal wieder präsent, so als wäre es erst gestern gewesen.
    "Ist schon gut Minna!" Sie beschwichtigte die Freundin, die sehr erbost drein schaute. "Ich kenn den Mann!" Minna vorerst nicht weiter beachtend, wandte sie sich wieder dem zottligen Alten zu. "Ich dachte, ihr wäret alle tot! Es ist schön, zu wissen, daß dem nicht so ist!" Fiona trat auf den Mann zu und umarmte ihn freundschaftlich.


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    Auch der Alte hatte die Situation richtig erkannt. Dies war die echte Fiona und keine Trübung seiner Sinne. Sie hatte sich ihm um den Hals geworfen und er hielt sie väterlich, so wie er es mit seiner Tochter getan hätte, wenn er denn jemals eine gehabt hätte. Er spürte ihre Tränen und strich ihr sanft über ihr Haar. "Schon gut! Weine nur! Das ist keine Schande!" Schweigend hielt er sie noch eine Weile, bis ihre Tränen versiegt waren.
    "Ich weiß, was mit deiner Familie geschehen ist. Das tut mir sehr leid für dich. Aber nicht alle von uns sind tot! Ich habe mich retten können und so reise ich seitdem durch die Lande. Jetzt hat es mich sogar nach Rom verschlagen und hier fühle ich mich viel sicherer als ich es jemals in Cymru war." Er lächelte ihr verschmitzt zu.


    Fiona sah auf, als sie hörte, daß es noch mehr Überlebende gab, die den Überfall überlebt hatten und nicht zu Sklaven gemacht worden waren. "Wer? Sag mir wer… hat überlebt?" Ein kleiner Hoffnungsschimmer begann in ihr zu keimen. Es gab jemanden, den sie auch für tot gehalten hatte und der ihr viel bedeutet hatte, einst in ihrem alten Leben.

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    Die Wege, die manchmal das Leben nahm, waren schon seltsam. Davon konnte der Alte ein Liedchen singen. Er betrachtete Fiona und bemerkte das aufflackernde Feuer in ihren Augen, als er von denen sprach, die überlebt hatten. Aus ihrer energischen Frage heraus, schlußfolgerte er, daß sie auf einen ganz bestimmten Namen hoffte. Sie war eine junge attraktive Frau und er konnte sich noch erinnern, daß es einen jungen Mann gab, dem sie sich hingezogen fühlte. Auch wenn er im Moment nicht mit Recht sagen konnte, wer das gewesen war. In seinem Alter ließ ihn bisweilen sein Gedächtnis im Stich, besonders das Namensgedächtnis! Es gab zwar ab und an noch einige wenige lichte Momente, so wie jetzt gerade. Doch meistens lebte der Alte in seiner eigenen Gedankenwelt, die nur wenig mit dem gemein hatte, was man als Realität bezeichnete. Wenn man ihn aber über die Geschichte seines Volkes fragte, so konnte er dem Frager einen stundenlangen Monolog darüber halten, welche Höhen und Tiefen das Volk der Silures in den letzten Jahrhunderten zu bewältigen hatte. Auch das Wissen um die Götter waren ihm nicht fremd. Die Kenntnisse, die er sich in all den Jahrzehnten seines Druidendaseins angeeignet hatte, waren stets present. Lediglich die Namen derer, die ihm im Laufe seines langen Lebens begegnet waren, konnte er sich nicht merken.
    "Du hoffst darauf, daß jemand der dir nahe stand, überlebt hat, ja? Dann nenn mir seinen Namen und ich sage dir, was mit demjenigen geschehen ist!" Der Alte, der sich seines Defizits nicht bewußt war, war sich sicher, Fiona weiter helfen zu können. Erwartungsvoll blickte er sie an, während er mit seiner rechten Hand einige Fliegen abwehren mußte, die seinem gewöhnungsbedürftigen Geruch gefolgt waren.

  • Was ging denn jetzt ab? Sie hatte sich ja auf so einiges gefasst gemacht, aber damit hatte sie überhaupt nicht gerechnet. Völlig verdattert blieb Minna an ihrem Fleck stehen und betrachtete das Spektakel, was sich vor ihren Augen abspielte. Hatte sie das eben richtig verstanden? Dieser alte Mann kannte Fiona? Als dann auch noch ihre Freundin sich in die Arme des Mannes warf und schließlich heftig zu weinen begann, verstand die Germanin nun gar nichts mehr. Die Tatsache, dass die beiden sich dabei auch noch in ihrer Heimatsprache unterhielten, machte das Ganze nicht gerade einfacher für sie. Bei den Göttern, was war denn hier los? Sie wartete einen Moment lang bis sich die beiden wieder ein wenig beruhigt hatten. "Ähm... Fiona?" Ein leises Räuspern war zu vernehmen. "Ich will euch ja nicht bei eurer kleinen Unterhaltung stören, aber könntest du mich bitte mal aufklären? Wer ist dieser Mann? Und woher kennt ihr euch?"

  • Ja, Fiona hoffte auf eine Antwort. Sie wollte endlich Gewissheit, jetzt da mit einem Mal alles wieder möglich war. Wenn ihr jemand die Hoffnung geben oder nehmen konnte, dann war es der Alte. Er forderte sie ja auch regelrecht dazu auf, ihm den Namen der Person zu nennen, über deren Verbleib sie Näheres wissen wollte. Fiona war völlig aufgewühlt und nicht fähig, sich auf das, was um sie herum noch geschah, zu konzentrieren. Minna die etwas abseits von ihr stand, forderte zu Recht, sie solle sie endlich aufklären, was diese Szene hier sollte. Doch Fiona hörte Minna nicht.
    "Ja, darauf hoffe ich! Owain, Briocs Sohn, weißt du etwas über ihn? Lebt er noch? Du weißt doch wer Owain ist? Ziemlich groß, dunkles Haar, blaue Augen, ja?"
    Voller Erwartung sah sie den Alten an, der eine nachdenkliche Haltung eingenommen hatte und mit einem Mal laut zu sinnieren begann "Owain… mhm, Owain, ich kannte mal einen Owain, ja mhm.. Ist schon lange her. Owain… ja! Der hat überlebt! Owain, Caradogs Sohn. Ja, der arme Kerl ist leider kurz darauf an Altersschwäche gestorben. War ja auch schon ganz schön alt der Knabe! Ach ja, und der ist mit dir verwand?"Fiona schüttelte heftig mit dem Kopf. "Nein, nicht Caradogs Sohn, den kenne ich ja auch gar nicht. Ich meine Owain, der Sohn von Brioc, dem Krieger. Der den ich meine, ist noch ganz jung!" Allmählich begann Fionas Hoffnung wieder zu schwinden.
    "Ach so! Dann meinst du gar nicht den Owain. Nun, dann laß mich mal nachdenken. Ja… Owain, ähm der Owain, der groß und dunkelhaarig ist und.." Fionas Gesicht erhellte sich wieder. Offenbar konnte sich der Alte jetzt doch an ihren Verlobten erinnern. "Ja, genau den! Lebt er noch?" fragte sie eifrig. Der Alte bemerkte, wie wichtig ihr diese Antwort war. Fiona brannte förmlich nach einer positiven Nachricht. Er wußte allerdings auch, daß er nichts über diesen Owain wußte. Aber was machte es schon aus, wenn man der Realität ein wenig auf die Sprünge half!
    "Ja weißt du, äh… als ich die Heimat verließ, da hat er sich mit einigen anderen Männern in die Wälder zurückgezogen. Also äh, da hat er noch gelebt. Ob er aber immer noch… Vielleicht! Ich.. äh.. ganz bestimmt!"
    Fionas Freude war in diesem Augenblick unbeschreiblich! Sie hätte den alten Tattergreis küssen können. Endlich! Es gab wieder einen Grund zu Leben und nach der Freiheit zu streben! Am besten sofort!
    Endlich sah Fiona auch ihre Freundin wieder, die sie immer noch mit einem fragenden, fast schon säuerlichen Blick ansah.
    "Oh Minna, entschuldige! Das hier ist große ehrwürdige Cadfael!" Fiona sprach mit solch einer Ehrfurcht, als handle es sich bei dem Alten um eine hochrangige Persönlichkeit. "Er war der Druide in unserem Dorf," flüsterte sie ihr leise zu, damit niemand sie hören konnte. Sie wußte, wie gefährlich es für den Alten werden konnte, wenn herauskam, was er in Wirklichkeit war.

  • Na endlich! Nach einiger Zeit hatte sich Fiona wieder daran erinnert, dass ihre Freundin auch noch anwesend war. Dankbar darüber, dass sie nun endlich aufgeklärt wurde, hörte Minna der Keltin aufmerksam zu. Er war also jemand aus ihrem Dorf? Dann gab es also noch Hoffnung für Fionas Heimat? Jetzt konnte sie verstehen, wieso sie völlig aus dem Häuschen war. Wer wäre das nicht an ihrer Stelle gewesen? Die Germanin freute sich auf jeden Fall sehr für ihre Freundin. "Oh, und was berichtet er über deine Heimat? Los, sag schon!" Doch was hatte sie außerdem noch erwähnt? Ein Druide sei er? Sie erinnerte sich, wie ihr einmal Tilruna, eine alte Frau aus ihrem Dorf erzählt hatte, dass Druiden die Priester und Gelehrten der Kelten waren. Sie seien demnach in gewisser Weise die keltischen Goden, so hatte es die Alte formuliert. Ob das nun wirklich so stimmte, wusste die junge Germanin nicht, denn Tilruna war vor allem wegen ihren kuriosen Geschichten bekannt. Aber falls es so sein sollte, so konnte Minna es nur allzu gut nachvollziehen, weshalb ihre Freundin in solch großer Ehrfurcht von ihm sprach. Und was hat sie getan? Minna wurde mit einem Mal ganz bleich im Gesicht. Sie hatte ihn, ein angesehener Mann aus Fionas Dorf, auch noch böse angemeckert! Wie konnte sie das nur wieder gut machen? "Du Fiona, spricht der erhabene Cadfeal auch Latein? Falls nicht, richte ihm bitte aus, dass ich mich für mein loses Mundwerk von gerade eben entschuldigen möchte. Es tut mir schrecklich leid ihn so angefahren zu haben." Mit einem betretenen Lächeln blickte sie den Alten an und hoffte, dass er nicht allzu nachtragend mit ihr sein würde.

  • Wie schön, selbst Minna freute sich für sie, obwohl sie gar nicht ahnen konnte, was Fiona soeben erfahren hatte. Als sie sie verständlicherweise danach fragte, was ihr der Druide verraten hatte, zögerte sie einen Moment. Sollte sie ihrer Freundin wirklich alles verraten? Auch das mit Owain? Die logische Konsequenz daraus war, daß sie ab jetzt versuchen wollte, ihre Freiheit wieder zu gelangen, um nach Hause zurück zu kehren. Wie würde das Minna aufnehmen? Faktisch würde das bedeuten, daß sie sich trennen müßten! Nein, Fiona brachte es nicht über ihr Herz, ihr die ganze Wahrheit zu sagen.
    "Oh, er sagt, das nicht alles verloren ist! Einige von uns haben überlebt, sagt er." Sie lächelte freudig. "Einige, von denen ich es nicht geglaubt hätte…" fügte sie dann noch nachdenklich hinzu.
    Owain- wie lange hatte sie um ihn getrauert! Und jetzt diese Überraschung! Fiona versuchte ihre unbändige Freude zu zügeln, damit sie bei Minna nicht noch Verdacht schöpfte. Was war eigentlich mit Minna auf einmal los? Sie war ja ganz bleich geworden! "Ist was? Ist dir nicht gut?" Aber sie verstand bald. Das Wort Druide mußte Minna mächtig Ehrfurcht eingeflößt haben. "Ähm, ich glaube, er versteht nicht so viel, nein! Es ist sowieso ein Wunder, wie er es bis hierher geschafft hat! Aber ich kann ihm ja sagen, daß es dir leid tut!"

  • Der Alte hatte also wirklich gute Nachrichten für Fiona gehabt. "Das ist schön zu hören, dass einige von deinen Leuten den elenden Römern entkommen konnten." Sie stellte sich vor, wie es wäre, wenn ihr jemand solche Neuigkeiten mitteilen würde. Oh, wie sehr sehnte sie sich danach endlich zu wissen, ob es ihrer Familie gut ging. Doch wieso wurde ihre Freundin plötzlich so nachdenklich? "Einige, von denen du es nicht gedacht hättest...?" wiederholte die Germanin fragend. Wie hatte sie denn das jetzt gemeint?
    Nach einiger Zeit blickte sie wieder zu dem alten Tattergreis... äh ehrwürdigen Druiden Cadfeal, der einen etwas zerstreuten Eindruck auf sie machte. Ob er ihre Entschuldigung angenommen hatte? Irgendwie zeigte er keine Reaktion und das verunsicherte Minna. "Hm... was machen wir denn jetzt mit ihm?" fragte sie schließlich die Keltin und deutete mit einer leichten Kopfbewegung auf den alten Mann. Irgendwo musste er ja hin ohne dass er sich Ärger mit den Römern einhandelte. "Was macht der überhaupt hier in Rom?"

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