Besprechung II

  • Die Sicherheit seiner Person und der Stadt Rom war Valerianus naturgemäß ein wichtiges Anliegen, nicht nur wegen seiner gesundheitlichen Schwächung. Daher stand gleich nach der Klärung der Arbeitslage am Hof ein wichtiges Gespräch über die Lage des Reiches auf dem Programm, das Valerianus nach einer kurzen Pause auch in seinem Büro abhielt.


    Geladen waren Caecilius Crassus, Vinicius Hungaricus und abermals Vescularius Salinator.

  • Pünktlich, wie man es von einem Prätorianer gewohnt war, erreicht Crassus das Officium des neuen Kaisers. Bevor er den wachestehenden Miles anklopfen ließ, überpfrüte er noch einmal routiniert den Sitz seiner Rüstung.


    *klopf klopf klopf*

  • Potitus stand am Fenster schräg hinter Valerianus und ließ seinen Blick über den Palastgarten schweifen. Nach dem Klopfen vergewisserte er sich mit einem Blick, dass Valerian bereit war, und öffnete die Tür. Er begrüßte den Gardepräfekten mit einem wortlosen Nicken und wies in den Raum hinein, dass dieser eintreten solle. Vorerst blieb Vescularius in Caecilius Crassus Rücken.

  • Nicht lange nach dem Praefectus Praetorio traf der Praefectus Urbi ein. Er ließ anklopfen und nach dem Öffnen der Türe trat er ein.


    Mein Kaiser. begrüßte er den anwesenden Imperator, da er in einer Toga gekleidet war unterließ er eine militärische Begrüßung. Als Praefectus Urbi benötigte man die Rüstung weit seltener als seine Amtskollegen von den Prätorianern und den Vigiles.

  • Crassus grüßte Vescularius Salinator ebenso wortlos und betrat dann den Raum. Er nahm vor dem Schreibtisch des Augustus Aufstellung und grüßte ihn militärisch absolut korrekt:


    Imperator!


    Hungaricus, der kurz nach ihm eintraf, grüßte er dann wiederum mit einem stummen Nicken.

  • Auch diese Besprechung begann Valerianus sitzend hinter seinem Schreibtisch, von wo er die militärischen Grüße entgegen nahm und sie knapp erwiderte, bevor er die Gäste aufforderte, Platz zu nehmen.


    "Ihr seid einander nun ja bereits bekannt, wir können also ohne eine gegenseitige Vorstellung beginnen. Praefectus Praetorio, beginnen wir mit deinem ausführlichen Bericht zur Lage in Rom."

  • Nun begann Crassus seinen Bericht: Ich nehme an über die bedeutensten Vorfälle während der Abwesenheit von Iulianus sind alle hier im Raum schon ausreichend informiert. Ich meine damit zum Beispiel den Anschlag auf den Praefectus Urbi Octavius, den Mord am Consul oder an der virgo vestalis maxima. Die Berichte dazu sind im Tabularium Occultum verwahrt, da ich denke, sie werden nicht direkter Bestandteil dieser Besprechung sein. Sodass ich mich also auf die derzeitige Lage beschränken werde:


    Die Lager hier in Rom ist.. ruhig. Ja, man kann es eigentlich nicht anders nennen. Es herrscht zwar eine gewisse Spannung in der Bevölkerung, da sie dich, Augustus, noch nicht so genau einschätzen können, doch ist kein grundsätzlicher Groll gegen dich oder jemanden in deiner Nähe zu erkennen. Dies trifft, soweit man es bisher einschätzen kann, nicht nur auf die breiten niederen Volksschichten zu, sondern auch auf die gehoberenen und die Adelsschicht. Es scheint fast so, dass Rom dich so sieht, wie sie dich empfangen haben: freundlich.
    Nichtsdestoweniger haben ja schon die von mir eingangs erwähnten Vorfälle gezeigt, dass das ruhige Bild Roms täuschen kann. Denn damals war auch nicht eine solche Tat absehbar gewesen.


    Was die Streitkräfte hier in Rom angeht: für die Prätorianer kann ich dir versichern, dass sie dich als neuen Augustus und Befehlshaber akzeptieren und respektieren. Das dürfte so auch für die Vigiles und die Cohortes Urbanae zutreffen - wobei dir das der Praefectus Urbi sicherlich besser bestätigen kann.


    Womit Crassus den Ball an seinen Vorgänger weitergab.

  • Und der ihn auch gleich annahm.


    Selbstverständlich. Ich persönlich habe gleich nach der Nachricht des Ablebens deines Vaters die Truppen auf dich vereidigen lassen. Der Praefectus Vigilum, Scaevius Camerinus, hat mir dasselbe bei seinen Leuten versichert.


    Wenn Caecilius sagt, daß die Lage in Rom ruhig ist, so kann ich dem größtenteils zustimmen. Mancherorts gab es zwar eine Häufung von Kleinkriminalität, dabei denke ich aber, daß es nur wegen des Todes des Kaisers und der daraus sich ergebenden Verwirrung entstand und sich bald wieder legen wird. Natürlich, die Bandenkriminalität ist in Rom vorherrschend wie eh und je, da brauchen wir uns keine Illusionen zu machen, aber ansonsten teile ich die Einschätzung meines Kollegen.

  • Auch wenn der Anschlag auf den Praefectus Urbi und die Morde an dem Consul und der Virgo Vestalis Maxima bereits einige Zeit zurück lagen, hatte Potitus großes Interesse an den Ermittlungen.


    "Wurden die Verantwortlichen für den Anschlag und die Morde inzwischen gefasst? Gibt es Grund zu der Annahme, daß es keine gezielten Anschläge auf einzelne Personen waren, sondern Anschläge auf ihre Ämter? Wer hatte während Iulianus Abwesenheit hier in Rom das meiste zu sagen? Hat der Senat übermäßig versucht, sich in seine Angelegenheiten einzumischen?"


    Dem Legaten war bewusst, daß Vinicius selber ein Teil des Senats war, doch in seinen Augen war er hauptsächlich der Praefectus Urbi und damit Stellvertreter des Imperators in Rom während dessen Abwesenheit.

  • Da stellst du viele, nicht leicht zu beantwortende Fragen, Vescularius. stellte Crassus überflüßigerweise fest Ich werde aber versuchen sie bestmöglich zu beantworten:
    Zu erst, sind die Verantwortlichen gefasst: jein. Die Attentäter im Falle des Praefectus Urbi und des Consuls sind gefasst beziehungsweise wurden schon getötet. Was die Hintermänner angeht ist die ganze Sache etwas schwieriger. Bei dem Anschlag auf den Praefectus Urbi darf man von einer Verzweiflungstat eines Einzelnen ausgehen. Bei dem Mord am Consul ist es etwas verzwickter. Wir haben zwar eine lose Spur zu den Hintermännern, aber wesentlich mehr auch nicht. Und was den Vesta-Mord angeht... wir ermitteln auch noch fieberhaft in diesem Fall.


    Crassus merkte, wie es in dem Raum schlagartig einige Grade wärmer wurde.


    Jede Institution hat sich im Prinzip auf ihre Aufgaben beschränkt. Nirgends wurde offensichtlich versucht die Abwesenheit von Iulianus auszunutzen, soweit ich das einschätzen kann.


    Meinte Crassus recht pauschal. die Antwort, was den Senat im Speziellen betraf, wollte er Hungaricus überlassen.

  • Doch Hungi hatte in Bezug auf die Mitglieder der Curia Iulia kaum etwas anderes zu berichten.


    Der Senat hatte kaum interveniert. Man achtete sogar vielmehr darauf, die Geschäfte so wie üblich laufen zu lassen. Nicht einmal bei den Kandidaturen zum Cursus Honorum verzichtete man auf die Zustimmung des verstorbenen Kaisers. Am ehesten litten die Standeserhebungen, da man ja verständlicherweise nur wenig Möglichkeit hatte, sich als Patron für seine Klienten einzusetzen. Ich würde daher vorschlagen, daß demnächst das Concilium Principis einberufen wird, um diese und natürlich auch andere Fragen gründlich zu erörtern.

  • Nicht zum ersten Mal in diesen Tagen dachte Valerianus an die Zeit zurück, als er auf italischem Boden mit Legionen und Prätorianern im Feld stand, um Schaden von seinem Vater abzuwenden. Verglichen damit schien die Lage in Rom derzeit tatsächlich ruhig zu sein.


    "Mit geringen Ausnahmen erachte ich das als gute Nachrichten. Die laufenden Ermittlungen sollen unvermindert weitergeführt werden. Außerdem danke ich für die rasche Vereidigung der Einheiten. In Rom braucht man immer klare Zeichen."


    Die Berichte aus dem Senat schienen ihm indes zu gut zu sein. Er hatte den Senat selten aufgesucht und wenn, dann meistens um seine Verärgerung über eine Sache auszudrücken. Es gab Senatoren, den er vertraute, aber insgesamt blieb er skeptisch.


    "Der Senat hat die Situation überhaupt nicht zu nutzen versucht? Das ist löblich. Aber nur schwer vorstellbar, so wie ich den Senat kennen gelernt habe. Es gibt immer Wortführer gegen den Kaiser. Welche Männer hat mein Vater zum Consilium geladen? Und wie haben diese sich verhalten in den letzten Wochen?"


    Um die Standeserhebungen machte sich Valerianus weniger Gedanken. Dafür hatte er seine Kanzlei. Bemerkenswert erschien ihm eher, dass der Praefectus Urbi dieses Thema offenbar als besonders dringend erachtete.

  • Der neue Kaiser konnte Fragen stellen...


    Es waren immer die höchsten militärischen und zivilen Männer, denen dein Vater besonderes Vertrauen entgegenbrachte. Das letzte Concilium ist schon eine Weile her, aber auf alle Fälle haben daran Purgitius Macer, Octavius Victor, mein Kollege Caecilius Crassus und meine Wenigkeit teilgenommen. Dann meine ich mich noch zu erinnern, daß Flavius Felix auch dabei war, ich könnte mich aber irren. Da aber immer ein Scriba anwesend war, lässt sich die genaue Teilnehmerliste sicher leicht herausfinden. Manchmal war es doch angenehm, alles aufzuschreiben und seine grauen Zellen nicht unnötig belasten zu müssen. Zudem hatte er die Angewohnheit, zusätzlich einen Vertreter der Patrizier zum Concilium einzuladen, diese Person wechselte jedoch ständig.


    Das Verhalten jener Personen wollte Hungi nicht kommentieren, das war das Ressort seines Kollegen Caecilius.

  • Ehh ja, ich glaube das waren alle. meinte Crassus, nachdem Hungaricus aus dem Kopf heraus die Zusammensetzung des Consilium aufgesagt hatte. Zumindest fällt mir spontan keine weitere Person ein.
    Was deren Verhalten anging, naja.
    Crassus benötigte einige Momente um seine Gedanken zu den betreffenden Personen zu sammeln: Ein Purgitius Macer ging gewissenhaft seinem Amt als Curator Aquarum nach, hielt in der Zwischenzeit an der Militärakademie ein Examen hab und widmete sich ansonsten dem Rennsport. Er ist sehr bei den Roten engagiert. Also zumindest hat er sich nicht außergewöhnlich verhalten. Octavius Victor hat sich nach seinem Anschlag auf seine Person stark zurückgezogen. Er tritt kaum noch öffentlich in Erscheinung und beschränkt sich im Senat meist darauf körperlich anwesend zu sein - im Anbetracht der Tatsache, dass er bei dem Anschlag fast umgekommen ist, sicherlich keine allzu verwunderliche Reaktion.


    Crassus rieb sich in einem Anflug von plötzlichen Kopfschmerzen die Stirn, ehe er fortfuhr:


    Flavius Felix fehlt jetzt noch, wenn ich sonst niemanden vergessen habe. Nun, er hat sich vor einiger Zeit auf seinen Landsitz zurückgezogen und seitdem hat Rom nichts mehr oder nur noch sehr wenig von ihm gehört. Der Landsitz müsste auf Sardinien befindlich sein, wenn ich mich recht erinnere...

  • Mit gesenktem Blick verfolgte Valerianus die Nennung der Namen und versuchte, Erinnerungen mit ihnen zu verbinden. Nur bei wenigen wollte ihm das gelingen.


    "Purgitius Macer ist mir ein Begriff. Er stand mit mir gegen Laeca im Feld. Mit Octavius Victor und Flavius Felix verbinde ich nichts. Wobei die Flavier insgesamt wohl noch eine einflussreiche Familie sind, nicht wahr? Niemand mit eigenen Ambitionen, das flavische Kaisertum wieder herzustellen? Oder von den anderen patrizischen Familien? Aus dem Hause der Tiberier vielleicht?"


    Von den Genannten kannte er natürlich auch Caecilius Crassus und Vinicius Hungaricus, allerdings auch mehr aufgrund ihrer Ämter als aufgrund persönlicher Begegnungen und gemeinsamer Erinnerungen.


    "Ich denke, ich werde diesen Kreis nicht allzu stark ändern zu Beginn. Auf wechselnde Gäste werde ich allerdings zunächst verzichten. Oder der eine oder andere wird in anderer Funktion dabei sein. Mein Bruder wird natürlich auch dazu gehören. Was sagt man in Rom über ihn und den Einfluss meiner ehemaligen Familie am Hof?"

  • Sicher haben die Flavier noch einen gewissen Einfluß - immerhin ist ein Flavius Furianus Proconsul in Hispania. Allerdings würde ich behaupten, dass die Flavier mit dem Weggang von Flavius Felix doch stark an Einfluß verloren haben. Crassus machte eine kurze Pause und überdachte die Wortwahl für den folgenden Satz: Nun, ich denke es ist klar, dass Patrizier im Allgemeinen durch ihre Nähe zu früheren Kaiserhäusern immer als Unbekannte gesehen werden müssen - kaum einer von ihnen würde eine Chance nicht nutzen, wenn sie sich ihm böte.
    Was dieTiberier im Speziellen betrifft
    Crassus warf hierbei einen flüchtigen Blick zu Hungaricus, weil dieser ja eine Tiberia geheiratet hatte Sie sind derzeit auf einem aufsteigenden Ast. Tiberius Vitamalacus bekam das Kommando über die Prima erteilt, ein weiterer Tiberier ist in hoher Position in deiner Kanzlei und ein dritter übte erst kürzlich seine Prätur aus. Deshalb sind sie meiner Meinung nach auch besonders im Auge zu behalten.


    Die anderen Fragen, die die Aelier betrafen, überließ Crassus dem Vinicier. So ad hoc ist ihm dazu nämlich nicht viel eingefallen.

  • Der Blick von Valerianus ging zu Salinator, der ihm viel Arbeit mit der Post abgenommen hatte auf der Reise.


    "Flavius Furianus? Habe ich von ihm einen Brief bekommen unterwegs? Der Name sagt mir nichts."


    Der Name des tiberischen Legionskommandeurs war ihm dagegen sehrwohl ein Begriff und eine leichte Verärgerung legte sich in seine Stimme.


    "Das ist mir bekannt, dass er das Kommando der Legio Prima Traiana Pia Fidelis führt. Er kehrte mit ihr aus dem Osten zurück, ohne meinen Befehl dazu abzuwarten und wollte sie schon ins Illyricum führen. Er scheint die Legion etwas zu sehr als sein Eigentum zu betrachten. Beobachtet das weiter, auch wenn er ansonsten ein fähiger Kommandeur zu sein scheint."

  • Hungi selbst wollte auch nichts zum Einfluß des Quarto oder generell zu den Aeliern in Rom sagen. So gut stand er auch nicht mit Quarto, daß er etwas davon hätte, wenn er ihm schmeicheln würde. Auf der anderen Seite hatte er auch keine Lust, die Konsequenzen zu tragen, wenn er den Einfluß geringer schätzte als er tatsächlich da war. Also war er ziemlich froh, daß dieser Punkt schnell unter den Tisch fiel und als nächster die Legio Prima behandelt wurde.


    Wie soll es eigentlich weitergehen mit den Parthern? Werden wir die Situation vorerst so belassen oder denkst du an einen erneuten Feldzug? Immerhin war es gut möglich, daß der neue Kaiser den Tod des alten rächen wollte.

  • Ein Blick von Valerianus trifft den Praefectus Urbi, aber nur kurz und es liegt auch nicht genug Energie in ihm, um ihn als bösen Blick zu bezeichnen.


    "Lass' mich erstmal richtig in Rom ankommen. Ohnehin wärst du als Praefectus Urbi damit wenig befasst. Würde es dich freuen, wenn meine Anwesenheit in Rom nur von kurzer Dauer wäre?"


    Ein weiterer Blick geht zu Salinator, bevor Valerianus weiter spricht.


    "Die Antwort auf die Frage nach dem Einfluss meiner ehemaligen Familie steht noch aus. Es ist auch die Frage nach der Verlässlichkeit meines Bruders und ich bitte um ehrliche Einschätzungen."

  • Diese Aussage irritierte Hungi. Kurz überlegte er, ob er irgendetwas falsches gesagt hätte, doch konnte er in diesem Moment nichts finden. Na, das fing ja schon mal toll an...


    Eigentlich dachte ich eher daran, daß du jemanden entsenden wolltest mit eben diesem Auftrag... fügte er noch schnell an, bevor das Thema wieder auf Quarto zu sprechen kam. Er atmete einmal tief durch (manche mochten das als Seufzer interpretieren, wenn sie es wollten, Hungi hingegen nannte es einfach nur Atmen), dann bemühte er sich um die richtigen Worte.


    Die Aelier, die mir bekannt sind... Es gab ja sicher noch etliche andere. ... also diese stehen im Licht der Öffentlichkeit nicht schlecht da. Sieht man von kleineren Skandälchen ab, die nun einmal in jeder Familie vorkommen. Aelius Callidus zum Beispiel gilt als Bürokrat, über den man hingegen im negativen sonst nur sagen kann, daß er noch unverheiratet ist. Und was sollte Hungi über Quarto erzählen? Daß er manchmal schrullig war? Daß er unter dem Pantoffel von Adria stand? Er, Hungi, würde sich hüten, so etwas zu erzählen. Dein Bruder ist als ehemaliger Consul hoch geachtet. Und da kam ihm der rettende Einfall. Daß ihm das nicht vorher eingefallen war. Das war auch der Grund, warum unsere Familien verschwägert sind. Wie du sicher weißt, ist Aelia Paulina mit meinem Bruder Lucianus verheiratet.

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