• Zitat

    Original von Lucius Quintilius Valerian
    "Dann richte Deinem Herrn bitte meine Grüße aus. Ich hoffe, es wird ihm munden. Vale." Es gab für Valerian keinen Grund, nach einem weiteren Gespräch mit Salinator zu ersuchen. Dessen Worte waren für ihn eindeutig gewesen. Er war zu sehr Soldat und zu wenig Politiker, um einen weiteren Versuch zu starten. Nein, es war besser, er kehrte so schnell wie möglich zu seiner Frau zurück, die sicher schon in größter Sorge war. Nicht einmal schreiben konnte er ihr jetzt noch, da die Postzustellung nach Germanien eingestellt worden war.


    Potitus lag in seinem Triclinium, heute nur mit wenigen Gästen. Man konnte ja nicht immer rauschende Party feiern! Trotzdem war der Praefectus Urbi bereits ziemlich betrunken. Der Sklave, der das Essen ansagte, kündigte gerade den Hauptgang an: "Zum ersten Hauptgang gibt es eingelegten germanischen Eber! Ein Geschenk von Lucius Quintilius Valerian!"


    Salinator horchte auf. Quintilius Valerian? Ach richtig, der hatte ihm ja Geschenke angekündigt! "Dann wollen wir mal sehen, ob wir Valerian helfen können, was?" Die Gäste lachten, auch wenn sie die Geschichte dahinter nicht kannten. Dann stürzte man sich auf das Fleisch, das tatsächlich sehr ungewöhnlich schmeckte. Aber dem Vescularier schien es zu schmecken. "Angesichts dieses verführerischen Geschenks glaube ich, dass Valerian nach Rom zurückkehren darf...ich glaube, ich werde viel Spaß mit ihm haben!" bemerkte er schließlich in Richtung seines Sekretärs. Dieses würde den Befehl allerdings ausgeführt haben, ehe Salinator am nächsten Morgen aus seinem Rausch erwachte...

  • In eine helle Toga gekleidet und mit todernstem Gesichtsausdruck, in seinem Anblick nichts der gewöhnten gravitas missen lassend, fand sich Flavius Flaccus bereits am nächsten Morgen, nachdem er das Schreiben aus der Kanzlei des Praefectus Urbi erhalten hatte, im Hause desselben ein, um endlich einige Worte mit jenem wechseln zu können. Obwohl er innerlich vor Wut kochte - Welche Dreistigkeit musste man besitzen, ihm, einem Flavier, einen Termin zu verweigern! - wahrte er einen ruhigen, nüchternen, einen durchwegs ernsten Ausdruck, während er wartete, endlich an die Reihe zu kommen.


  • Der Ianitor ließ die Schar der Klienten wie jeden Morgen anstandslos hinein, sodass sie im prunkvollen Atrium auf das Erscheinen ihres Hausherren warten konnten. Wie üblich war wieder eine riesige Menge entschieden, darunter auch Senatoren und Ritter, die in Kleingrüppchen herumstanden und schwatzten.


    Dann sah man, dass sich die große Tür zum Tablinium öffnete und es bildete sich eine Schlange, die zu dem sitzenden Vescularier führte. Die meisten küssten seine ausgestreckte Hand, wechselten ein paar Worte und zogen mit einem Päckchen Essen oder ein paar Kupfermünzen wieder ab.


    Der junge Flavier musste allerdings eine ganze Weile warten, ehe man ihn vorließ...

  • Potitus saß auf seinem Stuhl und umgeben von verschiedenen Sklaven und Bediensteten wie eine Spinne im Netz. Einer nach dem anderen marschierte an ihm vorbei und ließ sich beschenken (manchmal auch nur mit ein paar freundlichen Worten). Plötzlich stand allerdings ein junger Mann vor ihm, den seine Berater ihm als Flavier identifizierten. "Ave, Flavius! Ich hab' dich hier noch gar nicht gesehen! Was gibt's?" Der durchtriebene Bursche führte doch irgendwas im Schilde!

  • Voll gravitas und mit einem durchaus ernsten Ausdruck, schritt der junge Aristokrat an den Stuhl Vesculariers heran. Seine purpurfarbenen calcei waren unter dem Ende seiner hellen Toga prächtig sichtbar und in seinem ganzen Gebaren lag nicht der Hauch eines Anzeichens, dass der junge Mann in der Position eines Bittstellers sich befand. Auf Salinators Gruß hin, blickte Flaccus direkt in dessen braune Augen. "Salve, Vescularius, salve." Eine kleine Pause folgte, ehe der junge Mann in einem nüchternen, ja pragmatischen Ton fortfuhr. "Betrüblicherweise habe ich ein Schreiben deiner Kanzlei erhalten, das meine Anfrage nach einem Termin mit dem Praefectus Urbi in knapper Weise abgelehnt hat. Ich kann das verstehen, du bist natürlich ein vielbeschäftigter Mann ...", er sprach kalt, völlig ohne ironischen Unterton. "Und dennoch lässt sich diese Unterredung nicht vermeiden, denn du wirst gleich sehen, in meiner Angelegenheit bedarf es ausdrücklich der Autorität des Praefectus Urbi, doch alles nacheinander. In den nächsten Tagen werde ich nach Süden aufbrechen, um mein Landgut bei Paestum zu besuchen und dort nach dem Rechten zu sehen. Nun liegt Misenum, jene bezaubernde Hafenstadt, die unser vielgeliebter princeps als Residenz erkoren hat, glücklicherweise genau am Weg dorthin. Bereits vor einigen Tagen habe ich einen meiner vertrauenswürdigsten Sklaven dorthin gesandt, um für mich einen Termin zu einer kurzen Unterredung mit dem Imperator Caesar Augustus zu vereinbaren. Vorgestern hat mich die Nachricht erreicht, dass in Misenum zwar alles problemos verlaufen wäre, der Termin bewilligt etc. - es aber eines Schreibens des Praefectus Urbi bedarf, um, selbst bei vereinbartem Termin, zum princeps vorgelassen zu werden. Zwar offenbarte man mir nicht den Sinn einer solchen Anordnung, doch habe ich unverzüglich ein Schreiben an dich aufsetzen lassen, um einen Termin zu einer Unterredung in dieser Angelegenheit zu vereinbaren. Wie gesagt wurde diese Terminanfrage von deiner Kanzlei abgelehnt, mit dem Verweis, ich möge dich doch zur Salutatio sprechen. Nun, hier bin ich also, und ersuche, mir ein Schreiben, welches mir gestattet, zum Imperator Caesar Augustus vorgelassen zu werden, auszustellen."

  • Potitus stutzte, als Flaccus ohne irgendein Anzeichen von Speichelleckerei sein Anliegen vortrug. Eines hatte er allerdings vergessen! Deshalb setzte Salinator eine übertrieben betrübte Miene auf und antwortete "Leider geht es dem Kaiser nicht besonders gut. Deshalb soll er so ungestört wie möglich sein, damit er möglichst bald gesundet. Was willst du also, was du nicht mit mir, seinem Stellvertreter, klären kannst?"

  • Der Gesichtsausdruck des jungen Flaviers veränderte sich nicht im Geringsten, als Salinator eine heuchlerisch betrübte Miene aufsetzte, und auf die valetudo des Kaisers zu sprechen kam. Nüchtern erwiderte er also: "Ich bin mir dessen völlig bewusst, und doch ist er immer noch der princeps, bei den Göttern.", und erhob leicht die Stimme, erstmals einen marginalen Anflug von Emotion über die in seinen Augen fatale momentane Situation des Imperiums zeigend. "Natürlich hoffen wir alle auf eine möglichst balde Gesundung des Imperators, wir opfern den Unsterblichen und beten darum, und gewiss würde ich mich, ginge es um eine Frage, die die administrativen Strukturen hier in Rom betrifft, auch an den Stadtpräfekten, den Stellvertreter des Kaisers in Rom bei dessen Abwesenheit wenden. Doch mein Anliegen betrifft die Verwaltung Italias, und deshalb muss ich auch mit dem Imperator Caesar Augustus persönlich in dieser Angelegenheit sprechen."

  • Potitus schaute zunächst ungläubig, dann brach er in schallendes Gelächter aus. "HAHAHAHAHA! Auf welcher einsamen Insel hast Du in den letzten Jahren gelebt? Ich bin keineswegs nur der Vertreter des Kaisers in Rom, sondern überall und in jedweder Angelegenheit! Stell Dir vor, jeder, der ein Anliegen, irgendeine der vielen Provinzen betreffend hat, würde bei ihm vorsprechen? Der Mann ist krank! Nein, einen Termin beim Kaiser erhältst Du nicht." Da könnte ja jeder kommen! Vermutlich ließe sich das Anliegen dieses Schnösels ganz einfach bei einem der zuständigen Magistrate erledigen. Aber nein, er verschwendete die Zeit von Leuten, die weitaus Wichtigeres zu tun hätten.

  • Etwas angewidert verzog sich der Gesichtsausdruck des jungen Flaviers, als der Vescularier in schallendes Gelächter ausbrach. - Als einsame Insel würde er Attica nicht gerade bezeichnen ... Dann allerdings waren seine Züge wieder völlig ernst, als er einwandte: "Ich glaube du verstehst mich falsch. Ich habe bereits einen Termin zu einem Gespräch mit dem princeps, der mit dessen scribae vor Ort vereinbart wurde. Ich benötige lediglich noch ein Schreiben des Stadtpräfekten, um von den Praetorianern in Misenum auch vorgelassen zu werden.", versuchte er sein Anliegen nochmals zu erklären - wie hatte es so ein begriffststutziger Plebejer eigentlich nur in eine dermaßen hohe Position bringen können?

  • Potitus betrachtete diese kleine, ausgesprochen dumme Wanze wenig interessiert. "Du irrst Dich, Du hast keinen Termin. Dir wurde ein möglicher Termin genannt, sicherlich. Für den Fall, dass Du vorgelassen würdest. Das ist aber nicht der Fall. Vale, Flavius!" Eine lässige, wegwinkende Geste zeigte deutlich an, dass dieses Gespräch beendet war. Was immer dieser eingebildete patrizische Furz für ein Anliegen hatte, Salinator hatte keine Lust mehr, es sich anzuhören und wandte sich lieber dem nächsten Besucher, einem seiner treuen Klienten, zu. "Salve, mein bester Suilius. Lass hören, wie es der Familie geht und was Dich heute zu mir führt!"

  • Konfrontiert mit der plumpen Herablassung des Vesculariers, wanderte ob dessen Vermessenheit eine der flavischen Augenbrauen, durch die Ernsthaftigkeit im Ausdruck bereits zu einem sehr zarten Strich zusammengepresst, ein klein wenig nach oben, ehe Flaccus ein tonloses "Vale." hervorzupressen vermochte und ohne einen weiteres Wort wegtrat, um das plebejische Loch mit langen Schritten zu verlassen.

  • Es hatte zwei Möglichkeiten gegeben. Entweder, bis auf weiteres zu warten, Tiberius Durus machen zu lassen und einfach zu beten, dass sie irgendwas von Archias' Vermögen jemals wiedersehen würde – oder zu handeln. Und Axilla war noch nie mit überragender Geduld gesegnet gewesen. Oder vorausschauender Planung. Oder gesunder Furchtsamkeit. Stattdessen hatte sie eine unabänderliche Unruhe in sich, und einen fürchterlichen Dickkopf.


    Und deshalb stand sie heute hier und ließ sich von Malachi beim Ianitor anmelden, damit sie in die Liste der Wartenden aufgenommen werden würde. Und warten würde sie wohl müssen, egal, wie sie aussah.
    Und heute hatte sie sich in Schale geworfen. Dem Präfectus Urbi sagte man nach, dass er eine Schwäche für hübsche Frauen hatte. Und wenn Axilla daraus einen kleinen Vorteil schlagen konnte, so wollte sie diesen taktischen Vorteil nutzen. Sie wollte ihn nicht verführen, ganz sicher nicht. Allein die Vorstellung fand sie abstoßend, und dass sie hier zu Kreuze kriechen musste kratzte mehr als nur ein wenig an ihrem Stolz. Aber wenn die Götter in ihrer Weisheit ihr ein paar Waffen mit auf den Weg gegeben hatten, dann, bei Venus, musste sie sie auch mal benutzen.
    Sie hatte ein hellgrünes Seidenkleid aus Ägypten an, das mit einem großzügigen Ausschnitt versehen war und viel Haut zeigte. Es war definitiv viel zu kalt für diese Jahreszeit, und Axilla hoffte, dass Salinator sie nicht allzu genau untersuchte. Das wäre ihr peinlich. Aber wenn sie aufreizend auffallen wollte, musste sie zumindest mit seinen sonstigen Konkubinen mithalten können. Ihr Körper war mit einem leichten Jasminwasser eingerieben worden, dessen Geruch aber nicht zu aufdringlich war. Leider hatte sie nicht in Erfahrung bringen können, was die bereits erwähnten Konkubinen benutzten, und zu auffällig wollte sie nicht nachforschen lassen. Wegen ihrer Haare, die ein filigranes Meisterwerk aus hochgesteckten Locken bildeten, war sie mitten in der Nacht aufgestanden. Es hatte Stunden gebraucht, sie so zu frisieren, so dass nun ein Teil ihrer Haarpracht sanft über eine Schulter fiel, während der andere von unsichtbaren Haarnadeln gehalten hochgesteckt war. Es war die neueste Mode, und es ziepte ungemein. Die Lippen leicht gerötet, nur einen Hauch grünen Lidschatten; immerhin wollte sie nicht aussehen wie einer dieser indischen Vögel. Und sie konnte nur hoffen, dass es ausreichte, um sich den momentan mächtigsten Mann Roms gewogen zu machen, so dass er ihr wenigstens ein einziges Mal kurz zuhörte.



  • Der Ianitor, der einen verspäteten Klienten vermutete, hatte einen missbilligenden Gesichtsausdruck aufgelegt, als er die Tür öffnete. Statt dessen stand dort eine sehr schöne Frau, die allerdings keineswegs zur Klientenschar seines Herrn gehörte. Also wandelte sich seine Miene in ein vorsichtiges, leichtes Lächeln. "Salve, wer bist Du und was wünschst Du?"

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    Da Malachi für sie geklopft hatte, war er es auch, der Axilla anmeldete.


    “Meine Herrin Iunia Axilla wünscht den ehrenwerten Purgitius Salinator zu sprechen. Wenn du sie in die Reihen der Wartenden aufnehmen würdest, wäre das sehr freundlich.“ Malachi war kein Redner, aber er bemühte sich.



    Axilla selbst wiederum bestätigte das ganze mit einem freundlichen nicken und einem charmanten Lächeln. Das hier war die Salutatio, und wenn sie bis mittags warten musste, würde sie eben warten. Aber empfangen musste er sie, wenn er ihr nicht öffentlich und klar sagen wollte, dass er etwas gegen sie persönlich hatte. Da sie ihm aber noch nie etwas getan hatte, hoffte sie einfach mal darauf, dass das nicht der Fall war.



  • Ein Blick von dem Sklaven zu seiner Herrin und von der Herrin wieder zurück zum Sklaven. "Deine Herrin wird durchaus etwas warten müssen, aber sie darf selbstverständlich eintreten." Der Ianitor nickte Axilla zu und führte sie in das Atrium, in dem Salinator wie ein Herrscher saß und die Huldigungen seiner Klienten wie die von Untertanen entgegennahm. Axilla wurde in die Reihe eingereiht. Ziemlich weit hinten. Allerdings waren ohnehin nicht mehr allzu viele Klienten da, die Salutatio war fast beendet.

  • Die erste Hürde war geschafft, aber diese war auch noch die einfachste gewesen. Dennoch erhielt der Ianitor ein dankbares Lächeln, als Axilla eintrat. Eigentlich hatte sie gedacht, dass sie so spät nicht wäre, immerhin war sie extra aufgestanden für das alles hier. Aber andererseits war sie auch nicht böse, dass nicht mehr allzu viele Klienten hier waren.
    “Warte hier“, raunte sie Malachi am Eingang des Atriums zu. Sie glaubte nicht, dass sie seinen Schutz innerhalb der Casa brauchen würde. Was auch immer man Salinator nachsagen mochte, ganz sicher respektierte er das Gastrecht und würde nicht zulassen, dass in seinem Haus unter seinem Dach einem Gast etwas getan werden würde. Alles andere wäre für Axilla schlicht unvorstellbar, egal was sie sonst über den Mann denken mochte, der hier im Atrium thronte. Der zweite Grund, Malachi zurückzulassen, war da schon sehr viel weniger blauäugig: Sie wollte, dass Salinator sie sah und nicht den Koloss von Gladiator, der sie beschützte. Sie wollte durchaus seine männliche Natur ansprechen und sich als erreichbare Beute präsentieren, und da störte so ein Hindernis wie Malachi.


    Und so schlenderte Axilla zu dem Platz, der ihr gezeigt wurde. Langsam. Und sie warf einen langen Blick zu dem Mann, zu dem sie wollte. Wie gesagt, sie wollte ihm auffallen. Hätte sie etwas anderes gewollt, hätte sie sich definitiv wärmer angezogen. Verdammt, war das kalt! Selbst hier im Haus fröstelte es sie ganz leicht, aber sie ließ sich tapfer nichts anmerken.
    Und dann wartete sie, beobachtete die Klienten und sonstigen Bittsteller, die vor ihr dran waren, wie sie zu Salinator gingen, wie er sich ihnen gegenüber verhielt. Wann immer sie glaubte, dass er zu ihr sah, schlich sich die Andeutung eines Lächelns auf ihr Gesicht. Nicht wirklich, nicht genug, als dass man die Zähne hätte sehen können, aber doch so, dass er es vielleicht bemerken würde.
    Es fühlte sich unglaublich falsch an. Dass war der Mann, der Mitschuld daran trug, dass Urgulania tot war. Und Archias hatte ihn so sehr gehasst, dass er irgendeine Dummheit ihm gegenüber ausgesprochen hatte, so dass er erst seinen Posten am Kaiserhof und später sein Vermögen verloren hatte. Vielleicht sogar sein Leben. Axilla war sich da nicht so ganz sicher, ob der Vescularier nicht doch nachgeholfen hatte. Archias war verrückt gewesen, ganz ohne Zweifel, aber so verrückt, um vom tarpejischen Felsen zu springen? Freiwillig? Andererseits, welcher Mörder ließ sein Opfer vorher schon Testament und Abschiedsbriefe schreiben?
    Und trotzdem rebellierte etwas in Axilla, dass das alles hier als falsch bezeichnete. Sie sollte zu ihm gehen, ein Schwert zücken, es ihm an die Kehle drücken und das verlangen, was ihr zustand! Gut, sie würde dabei sterben. Und ein Schwert hatte sie auch nicht. Und vermutlich ließ sich sogar darüber streiten, ob ihr Archias' Erbe denn zustand, immerhin hatte er ja nicht alles ihr vermacht. Und sie hatte sich eigentlich scheiden lassen wollen, just an dem Tag, an dem er gestorben war. Aber, da ließ ihr ihr Gewissen keine Ruhe, das wäre richtig gewesen. Hier zu stehen und dem Mann zuzulächeln, der eigentlich ihr Feind war, das war nicht richtig. Ganz zu schweigen von dem Spiel, das zu spielen sie geplant hatte. Aber erst einmal musste sie nach vorne treten dürfen, um es überhaupt spielen zu können.

  • Potitus langweilte sich, riss seinen Mund auf, gähnte ungeniert. Die Gespräche wurden immer kürzer, im Grunde tauschten Klient und Patron inzwischen nur noch Grüße aus, denn diejenigen, denen Salinator mehr Zeit zugestand, waren bereits gegangen. Während er abzählte, wie viele er noch abzuhandeln hatte, bewegte sich unerwartet ein geradezu zauberhaft wirkendes Geschöpf durch das Atrium. Fast schwebte es. Ein Eindruck, der sicherlich durch die ansonsten noch anwesenden Trampel erweckt wurde. Salinator winkte seinen Sklaven heran und tuschelte mit diesem. Kurz darauf wurden die Klienten fortgeschickt, erhielten alle ihr Päckchen und ihre Münzen und der begierliche Blick des mächtigen Praefectus Urbi richtete sich auf Axilla, die plötzlich sehr allein da stand und unzweifelhaft dran war.

  • Wie fühlte sich wohl ein Kaninchen im Angesicht des Fuchses, wenn es sich dazu entschloss, auf diesen auch noch zuzugehen? Vermutlich nicht viel anders als Axilla, die sich plötzlich ziemlich allein im großen Atrium vorfand, während alle anderen noch übrigen Klienten ziemlich rasch abgearbeitet und hinausgeschickt wurden. Mit einigen hatte Salinator gar nicht so wirklich gesprochen, seit er sie gesehen und ein paar Worte mit dem Sklaven getuschelt hatte. Was nicht unbedingt beruhigend auf Axillas Herz wirkte, das sich dazu entschlossen hatte, wie ein Vogel im Käfig zu flattern. Aber jetzt war es ohnehin zu spät, und man wich einem Feind nicht aus, man stellte sich ihm mutig entgegen. Auch wenn schleunigst wegzulaufen eine geradezu berauschend einfache Alternative darzustellen schien.
    Aber Axilla zwang sich, ruhig zu bleiben, weiterhin leicht zu lächeln und auf den Mann zuzutreten, dessentwegen sie hier war. Sie bemühte sich, seinen Blick gar nicht erst zu bemerken. Es gelang natürlich nicht, und sie hatte sich ja auch nicht ohne Grund so angezogen; aber zumindest konnte sie sich beherrschen. Sie hatte keine Ahnung, wie nahe sie wohl kommen sollte, also fing sie im Reden schon mit der Begrüßung an.
    “Salve, Praefectus Vescularius. Danke, dass du mich empfängst.“ Erst einmal höflich und unverbindlich bleiben. Ungefähr an der Stelle, wo auch seine Klienten in respektvollem Abstand stehen geblieben waren, blieb auch Axilla stehen und überließ es Salinator, mit den üblichen Höflichkeitsfloskeln das Gespräch zu beginnen. Sie wollte ja nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen.

  • Potitus entging nicht, wie respektvoll, geradezu ängstlich das hübsche Schneckchen sich ihm langsam näherte. "Salve, Iunia Axilla." Braver Sklave, der ihm den Namen zugeflüstert hatte. Der Name kam Salinator dunkel bekannt vor, als hätte er ihn vor nicht allzu langer Zeit gehört, doch für den Moment wusste er ihn nicht einzuordnen.


    "Da Du nicht zu der großen Schar meiner Klienten gehörst, muss Dich wohl ein außergewöhnliches Anliegen zu mir führen. Lass uns doch dort zu den Bänken am Impluvium gehen! Das ist bequemer." Er erhob sich, ließ sich kurz die Toga richten und legte dann Axilla seine Hand in den Rücken, um sie zu besagter Bank zu führen. Was für ein verführerisches Geschöpf! Ganz offensichtlich so heraus geputzt, dies auch deutlich zu machen. Das versprach, ein vergnüglicher Tag zu werden. Ein kleiner Wink genügte, um die Sklaven anzuweisen, Getränke und kleine Häppchen zu bringen, während sich Salinator neben Axilla niederließ, mit gutem Blick auf ihr überaus appetitliches Dekolleté.

  • Der Anfang war gemacht, jetzt gab es kein Zurück mehr. Auch nicht, als Salinator den Abstand zwischen ihnen beiden radikal verkleinerte und sie mit sich ans Impluvium einlud. Weil es da bequemer war. Und schon hatte er seine Hand in ihrem Rücken, überschritt damit diese kleine Grenze, die zwei Menschen ohne Körperkontakt zueinander pflegten, und führte sie da hin. Und Axilla war nicht nur nervös, sie hatte durchaus Angst. So viel konnte schief gehen, und sie hatte sowas noch nie gemacht. Zumindest nie absichtlich. Sie hatte keine Ahnung, ob sie das überhaupt konnte. Und vielleicht würde Salinator ganz furchtbar böse werden, wenn er verstand, was sie eigentlich herführte. Das musste behutsam vorgetragen werden, mit dem richtigen Timing. Oder kurz: So, wie Axilla eigentlich nicht vorging.
    Ruhig bleiben. Ein Soldat schrickt nicht zurück. Leichter gedacht, als getan, aber Axilla bemühte sich. Auch wenn ihr Gesprächspartner wohl bemerkt hatte, dass sie ganz leicht zitterte. Aber hier drinnen war es kühl und sie war nicht gerade warm angezogen, vielleicht dachte er auch einfach, dass sie etwas fröstelte.
    “Naja, so außergewöhnlich finde ich es gar nicht. Auf der anderen Seite ist es vielleicht schon ein wenig... ungewöhnlich.“ Axilla warf Salinator einen leicht ängstlichen Rehblick zu, den sie nicht einmal spielen musste, als sie sich setzte. Seinen Blick auf ihren Ausschnitt konnte sie kaum nicht bemerken, und etwas schüchtern lächelnd wendete sie ihr Gesicht ganz leicht von ihm ab, sah zum Impluvium und der spiegelnden Wasserfläche. Vielleicht hätte sie sich doch wärmer anziehen sollen? Am Ende interpretierte er in die leichte Gänsehaut an ihren Armen noch etwas falsches? Aber jetzt war es schon zu spät. Und sie redete weiter, irgendwas musste sie ja sagen. Sie konnte ja nicht dasitzen und ihn nur die Aussicht genießen lassen.
    “Ich hatte gehofft, wir beide könnten Freunde werden. Und ich wollte mich noch bei dir persönlich entschuldigen.“ Ein Sklave kam und bot ihr etwas zu trinken an. Axilla nahm den Becher entgegen, es war Wein. Eigentlich wollte sie keinen Wein mehr trinken, denn Bacchus mochte sie ein wenig zu gern, weswegen sie sehr schnell beschwipst war. Und dann küsste sie fremde Leute und landete mit ihnen im Bett. Etwas, was sie hier strikt vermeiden wollte.
    Auf der anderen Seite war sie nervös, und es würde sie beruhigen. Und sie konnte ja schlecht sagen, dass sie seinen Wein nicht mochte, wo sie doch gekommen war, ihn um den Finger zu wickeln. So er sich um den Finger wickeln ließ. Also lächelte sie Salinator leicht zu und nahm einen kleinen Schluck. Etwas Zeit gewinnen, ehe sie weiter sprach.
    “Findest du es sehr außergewöhnlich, wenn eine junge Frau will, dass der mächtigste Mann in Rom sie mag?“ Sie wandte sich wieder mehr ihm zu, sah ihn unter langen Wimpern hervor an. Zu ihm aufzuschauen war nicht besonders schwer, er war bestimmt einen Kopf größer als sie. Über die Massenverhältnisse wollte Axilla lieber gar nicht erst nachdenken.

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