Atrium | Caius Flavius Aquilius et Manius Aurelius Orestes

  • Die junge Sklavin eilte dem Besucher voran ins Atrium. Dort bat sie ihm kurz zu warten. Dann verschwand sie, um ihren Auftrag zu erfüllen und den Hern Aquilius von seinem Besuch zu unterrichten. Bevor sie das tat brachte sie noch schnell einen Krug mit verdünntem Wein und schenkte diesen in einen Becher ein und reichte ihn dem Gast. Dann verschwand sie wieder so schnell wie sie gekommen war.

  • "Danke", sagte Orestes noch zu der Sklavin, die allerdings schneller als der germanische Sommer wieder verschwunden war. Er setzte sich in einen der exquisiten Sessel und fragte sich, ob es stimmte, was man munkelte, dass die flavischen Sklaven aufgrund harter Hand so folgsam waren und es so schnell ging, und wenn es so wäre, ob die Probleme, die es bei den Aureliern mit der Sklavenschaft gab dadurch vermieden werden könnten. In diese Gedanken versunken nippte er immer wieder an seiner Erfrischung und erwartete den Magister der Salii Palatinorum.

  • Wie schon im ersten Amtsjahr hatten sich meine Pflichten vervielfacht, als ich meine quaestur angetreten hatte, und wenige Stunden nur blieben, um Atem zu schöpfen, gleichsam kostbar wie selten. In einer der solchen erreichte mich jene Sklavin, deren Namen ich stets vergaß, und teilte mir mit, ich hätte einen Besucher - mich gleichzeitig an eine weitere Pflicht gemahnend, die ich von Gracchus übernommen hatte und in der ich in den letzten Wochen nicht unbedingt eifrig gewesen war. Die Salier .. natürlich. Es hatte einige Todesfälle unter den Ältesten gegeben, was dem natürlichen Lauf der Dinge entsprach, jetzt mussten die Reihen wieder gefüllt werden, damit wir beim nächsten Tanz nicht allzu peinlich herum hüpfen würden. Es war eine Pflicht, aber doch auch eine Ehre ... noch nicht aus der toga herausgekommen, machte ich vom Schreibtisch gleich in Richtung atrium kehrt und atmete auf dem Weg dorthin ein paarmal tief durch, um die Müdigkeit zu vertreiben. Die Tage hatten einfach zu viele Stunden, und die Nacht derer zu wenige ...


    "Salve, Aurelius Orestes," grüßte ich meinen Besucher denn auch gleich bei seinem Namen und nickte ihm freundlich zu. "Ich bin Flavius Aquilius, und man sagte mir, Du würdest Dich für einen Platz unter den salii palatini interessieren, ist das richtig?" Normalerweise hätte das Gespräch mit den üblichen, sinn- und inhaltslosen Phrasen beginnen müssen, aber mir fehlte dazu schlichtweg die Lust, hatte ich doch schon den ganzen Tag mit derlei Geschwätz vertun müssen. Zudem wirkte er nicht wie ein Mann auf mich, der seine Zeit mit dergleichen verschwendete.

  • Als der Flavier, der in jenem Jahr Quästor war - ganz offensichtlich von einem offiziellen Termin kommend, da er noch die Toga trug - den Raum betrat, erhob sich Orestes aus seinem Korbsessel, wie es sich gehörte, wenn ein Magistrat der Stadt Rom einen Raum betrat. "Salve, Flavius Aquilius! Mögen die Götter Dich beschützen, edler Quästor!"


    Orestes hatte sich schon auf einege Minuten zähen Redens über Belangloses eingestellt, als der Flavier ganz überraschend sofort medias in res ging. "Das ist richtig. Besser gesagt sogar um drei. Zuerst für mich und dann für meine Vettern Avianus und Catulus. Ich weiß zwar nicht, ob die Palatini gerade neue Mitglieder cooptieren müssen, aber der freundliche alte Sklave im Haus auf dem Palatin schickte mich zu Dir als dem Magister."

  • Glück gehabt, anscheinend hatte ich mich in meiner Einschätzung meines Besuchers nicht getäuscht. Wären jetzt tausend und eine Floskel gekommen, hätte wohl auch mein Kopf irgendwann abgeschaltet und ich hätte zwar ausgesehen, als würde ich ihm zuhören, aber der Rest meiner Gedanken wäre auf Wanderschaft gegangen - aber so war es deutlich angenehmer.
    "Setzen wir uns doch," sagte ich statt einer Antwort, wies in Richtung der Sitzgelegenheiten, die er schon erprobt hatte und ließ mich als 'Hausherr' zuerst nieder, bevor ich den Blick wieder auf ihn richtete. Auch die Sklaven hatten ihn schon versorgt, was ich mit einer gewissen Zufriedenheit registrierte, der Haushalt schien langsam aber sicher gut zu laufen.
    "Nun, wir hatten tatsächlich in den letzten Wochen und Monaten einige Verluste und ich habe mir die ein oder anderen Nachkommen der patrizischen Familien genauer angesehen - Du greifst mir im Grunde vor. Drei neue Mitglieder wären indes erfreulich, und ich hoffe doch, dass Deine Vettern Avianus und Catulus ebenso den Wunsch hegen, unserem Kultverein anzugehören - es ist sicherlich auch eine Sache des Prestiges, aber der Tanz durch Roms Straßen ist anstrengend, um ein gewisses Maß an Training, Kraftaufwand und Schweiß wird niemand herum kommen. Ich erwarte das von den Brüdern - wer das Niveau nicht halten kann, lästert Mars und ... es sollte nicht unbedingt unsere Schuld sein, wenn Mamarce der Stadt zürnt." Diese Worte ließ ich erst einmal in seine Richtung sacken und blickte ihn erwartungsvoll an. Hatte er sich bewusst gemacht, dass es nicht nur bedeutete, sich nach den Tänzen den Bauch vollzuschlagen? Zuviele junge Männer machten sich Illusionen.

  • Der Flavier stellte die richtigen Fragen. Und auch wenn Orestes im letzten nicht für seine Vettern antworten konnte, für ihn slebst war dieses eine klar: die Festmähler waren wichtig, das Ansehen war wichtiger, am wichtigsten aber war ide reine und unverstellte Anbetung des Mars. "Es ist gut, dass DU es ansprichst. Mir ist die pax deorum ein wichtiges Anliegen - und: gerade, wenn wir auf die Notwendigketi der Gunst des Mamarce schauen ist ein perfektes Beherrschen der Zeremonien absolut notwendig. Als sacerdos publicus weiß ich um die Wichtigkeit einer genauen Ausführung de Rituale." Als Antwort schien dem Aurelier dies schon fast angemessen, dennoch fuhr er fort: "Und meinen Vettern ist dies auch klar - und natürlich fühle und zeichne ich mich auch verantwortlich für sie. Wir werden den Tanz solange üben, bis wir ihn können - auch wenn wir im Reich des Schlafes weilen."

  • Ich betrachtete meinen Gast eine Weile lang und nickte schließlich. Er klag aufrichtig und entschlossen, und wenn dies noch nicht genug der guten Dinge war, so sprach ebenso für ihn, dass er bereits als Priester den Göttern huldigte, ein steiniger Weg, den sich nicht jeder junge Mann aus gutem Haus heutzutage anzutun bereit war.
    "Die Tänze üben wir im Kultverein gemeinsam mit Neulingen, in sofern werdet ihr immer Unterstützung finden, wenn ihr sie denn auch in Anspruch nehmen wollt - und gemeinsam lernt es sich für gewöhnlich auch leichter. Welche Erfahrungen hast Du bisher im Kult des Mars gemacht? Also außer kleineren Familienopfern, wie sie üblich sind - hast Du an größeren Opferhandlungen schon einmal teilgenommen?" Mein Blick schweifte über seinen Körper, prüfend und forschend zugleich, denn auch eine einwandfreie körperliche Konstitution war mir Grundbedingung geworden, seit bei dem letzten Umzug fast ein Unglück aus Altersgründen geschehen war.

  • Der Blick des Flaviers ruhte lange auf ihm sehr lange. Dann sprach er weiter. Was er sagte hörte sich gut an. "Ich bin hier in der Stadt aufgewachsen und immer wieder waren wir bei den Zeremonien dabei. Das ist nun schon einige Jahre her, die ich in Ägypten weilte, aber nicht vergessen." Wieder musterte der Flavier ihn, Orestes fragte sich weswegen, schaute ihn aber nur an. Und wenn wir genug Zeit zum Üben haben, wird das auch mit der Kondition ausreichend sein. Da die Tänze an sich ja wohl sehr kraftaufreibend sind.

  • Er schien begriffen haben, worum es ging - umso besser, das sparte mir eine längere Vortragsserie über körperliche Kraft und wie man diese erreichte, und das half auch, unser Gespräch nicht über Gebühr unnötig in die Länge zu ziehen. Als Priester hatte man immer zu tun, und wer hätte es besser wissen können als ich selbst, der ich dieselbe Aufgabe im Dienst des Staates übernommen hatte?
    "Ich denke, das sollte als vorbereitendes Wissen ausreichen. Von meiner Seite aus spricht nichts dagegen, Dich in die Reihen der palatinischen Salier aufzunehmen, ich bin mir sicher, Du wirst ein guter Neuzugang sein - es ist ja auch nicht mehr allzu weit hin bis zu der nächsten Möglichkeit, Dich zu erproben," sagte ich wohlwollend und nickte ihm deutlich zu.
    "Ich möchte, dass Du Mars ein angemessenes Opfer darbringst, um Deinen Dienst an ihm in der richtigen Weise zu beginnen - die Kooptation werde ich bekanntgeben, sobald dieses Opfer geschehen ist. Wenn Du möchtest, werde ich Dich begleiten und Dir beim Opfer selbst zur Seite stehen, allerdings glaube ich kaum, dass das nötig sein wird, Du hast ja genug Erfahrung in diesen Dingen. Deine Vettern allerdings möchte ich noch persönlich kennenlernen, um mir ein eigenes Bild zu machen, und werde sie zum Gespräch ebenso laden."

  • Anscheinend waren alle wichtigen Punkte besprochen, da der Flavier seiner Kooptation zugestimmt hatte. Dem Mars das Opfer darzubringen, war nicht das Problem - ihm kam sogar eine gute Idee dieses Opfer mit in die Ausbildung des DUcciers miteinzubeziehen. Zwei Fliegen mit einer Klappe. Sehr gut. Dann bringe ich das Opfer dar und werde Dir dann Bescheid geben. Und was meine Vettern anbelangt - ich sage ihnen, dass sie sich bei Dir melden sollen. Einverstanden? Zufrieden erwiderte er das Nicken seines Gegenübers und schickte sich an sich zu erheben, denn er hatte wahrlich noch anderes zu tun an diesem Tag.

  • "Ich schätze, ob ich den beiden nun schreibe oder ob Du ihnen persönlich sagst, dass sie mich aufsuchen sollen, das kommt auf dasselbe heraus - in sofern wäre es mir sehr recht, wenn Du ihnen Bescheid geben könntest," stimmte ich zu und erhob mich, als ich seine Bewegung bemerkte. Wären doch nur alle Amtsgeschäfte auf diese angenehm effiziente Weise zu erledigen, überlegte ich, gäbe es sicher mehr Männer, die in den Dienst des Staates treten würden. "Dann hoffe ich, bald von Dir zu hören, Aurelius Orestes."

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