Wenn schon, denn schon

  • Jeden Tag noch vor dem Aufgang der Sonne begann sich auf dem Forum Romanum, dem politischen Mittelpunkt der zivilisierten Welt, das Leben zu regen. Erst liefen nur Einzelne eiligen Schrittes über den Platz, meist schwer bepackt mit Waren, die schon vor dem Morgengrauen irgendwohin geliefert werden mussten, um den Kreislauf der Wirtschaft nicht stillstehen zu lassen. Je näher der Tagesanbruch aber rückte und je heller es mit dem Steigen der Sonne wurde, desto belebter wurde der riesige Platz im Herzen der Ewigen Stadt. Nicht mehr nur Einzelne, getrieben von Befehl und Notwendigkeit, hasteten über das Pflaster; ganze Gruppen von Menschen standen jetzt zusammen, denen das gütige Schicksal eine glückliche Geburt in persönlicher Freiheit und sicheren materiellen Verhältnissen gewährt hatte. Diejenigen jedoch, denen Fortuna gar nichts gewährt hatte, waren bei Tageslicht nicht auf dem Forum zu finden, sondern drückten sich erst in der Dämmerung oder des Nachts in seinen Ecken herum.


    Jeder aber, der das Forum überhaupt betrat, aus welchen Gründen auch immer, begann mit seinem Erscheinen einen Faden in das Geflecht dieser Stadt zu weben, den ein Erzähler weiterverfolgen könnte und der auf die Lebensspur dieses jeweiligen Menschen führen würde - einfach deshalb, weil er nichts anderes ist als der Lebensfaden dieses Menschen, den dieser mit seinem Erscheinen über das Forum Romanum zu spannen unternimmt.


    Um ihren - unter großen Anspannungen ein wenig brüchig gewordenen - Lebensfaden in der Ewigen Stadt weiterzuspinnen, hatte sich auch Sergia Plotina an einem strahlenden Hochsommertag keine andere Bühne gewählt als das Forum Romanum selbst. Eben betrat sie, von der heimischen Casa her kommend, mit der bei ihr so wohlbekannten Energie und doch ein wenig zaghafter als sonst, den Platz. Höchste Zeit also, den stilus wieder hervorzuholen, den Erzählfaden der temperamentvollen Sergierin weiter zu verfolgen und auf ihre neuen Abenteuer in der Hauptstadt des Erdkreises gespannt zu sein!


    Noch ganz erfüllt von Erinnerungen an zahlreiche und zum Teil schicksalhafte Begegnungen auf dem Forum in ihrer Vergangenheit, sah Plotina sich schon wieder nach neuen und ähnlichen Erlebnissen um - und vor allem nach Personen, die ihren Lebensfaden, und sei es nur für Minuten, mit dem der Sergierin verknüpfen würden.



    Sim-Off:

    Wer mag, gerne! :)

  • Nachdem Matthias die Taverne verlassen hatte, schaute er sich auf dem Forum um. Er staunte über die Pracht der Gebäude und fragte sich, was die einzelnen Gebäude wohl darstellen mochten. Dabei achtete er nicht darauf, wo er hinging und schon wars passiert. Er rempelte eine vornehme Dame an und konnte gerade noch verhindern, daß sie hinfiel.


    "Ich bitte um Verzeihung, edle Dame, daß ich dich nicht gesehen habe und beinahe umstieß. Es tut mir außerordentlich leid. Ich hoffe, du hast dir nicht wehgetan."

  • Wieviel Publikumsverkehr gerade um diese Tageszeit auf dem Forum herrschte, musste Plotina alsbald nicht nur sehen, sondern auch fühlen. Selbst ihr durchaus kräftiger Körperbau konnte dabei kaum verhindern, dass sie gehörig ins Straucheln geriet, als sie mit einem jungen Mann zusammenstieß und so aus ihren impressionistischen Meditationen gerissen wurde. Nur das sofortige tatkräftige Eingreifen des anderen am Zusammenstoß Beteiligten bewahrte die Sergierin davor, nun auch noch mit dem Pflaster des Forum Romanum eine haptische Bekanntschaft zu machen.


    Nachdem Plotina sich von ihrem ersten Schrecken erholt und auch sonst soweit berappelt hatte, dass sie sich von dem jungen Mann lösen konnte, in den sie sich beim ersten Gleichgewichtsverlust gleichsam gekrallt hatte, wurde ihr die willkommene Gelegenheit zu einem herzlichen Lachen gegeben. Es war die Anrede als "edle Dame", welche Plotina im allerersten Moment für einen üblen Scherz gehalten hatte; eine genauere Begutachtung des jungen Mannes vor ihr, der einen sympathischen Eindruck auf sie machte, überzeugte sie dann jedoch davon, dass er diese Formulierung wohl schlicht ehrlich gemeint hatte.


    "Daran, dass wir zusammengestoßen sind, habe ich ja mindestens genauso viel Anteil wie du. Ich hoffe, du verzeihst mir deswegen auch, und du hast dir genauso wenig wehgetan wie ich."


    Lachend fügte Plotina hinzu:


    "Ich habe zwar von meiner Jugend an immer sehr großen Wert darauf gelegt, achtbar auszusehen, aber als 'edle Dame' hat mich wirklich noch niemand angesprochen. Ich nehme das als Kompliment!"


    wobei sich die Sergierin spielerisch-huldvoll verneigte - und sich gleichzeitig fragte, ob der junge Mann vor ihr vielleicht noch nicht lange in Rom weilte. Immerhin - das war ihr gleich aufgefallen - sah er gar nicht römisch aus, sondern eher wie jemand aus ihrer eigenen Heimat, in der sie ja erst vor kurzem wieder gewesen war. Oder war er gar - nein, daran mochte Plotina nicht einmal so richtig denken. Und doch war eine gewisse äußere Verwandtschaft mit dem Volk Theodoros' nicht von der Hand zu weisen. Einen Moment noch brauchte sie, dann gab sie sich endlich einen Ruck:


    "Wenn uns denn die weise Vorsehung schon hier auf dem Forum so unmissverständlich zusammengeführt hat, darf ich vielleicht fragen, ob dir deine Zeit eine Unterhaltung mit mir erlaubt. Wir könnten auf unseren Schreck auch etwas trinken."


    Die Sergierin konnte ja nicht ahnen, dass ihr neuer Bekannter sich bereits vor diesem Schrecken Flüssigkeit zugeführt hatte. Ebensowenig Ahnung hatte sie davon, ob diese vom Schicksal bewirkte Begegnung ein Ausdruck von Fortunas Güte oder von ihrer Missgunst war. Doch nach dem ersten Eindruck war Plotina in dieser Hinsicht voller Zuversicht.

  • "Ich freue mich das nichts schlimmeres passiert ist und es dir gut geht, edle Dame - für mich armen und bescheidenen Peregrinus bist du das - und auch ich bin mit den Schrecken davongekommen."


    Matthias lächelte sie an und verbeugte sich. Er war davon überzeugt, daß sie Römische Bürgerin war. Nach seiner Erfahrung mit einem Bürger in Alexandria, wußte er das man nicht vorsichtig genug sein konnte.


    Er sprach weiter: "Ja, zu was es gut ist, daß wir zusammengetroffen sind. Ich habe Zeit, wir können uns unterhalten. Ich danke für die Einladung zum gemeinsamen Trinken, allerdings komme ich gerade aus der Taverne und habe dort etwas getrunken und dabei meine Gedanken schweifen lassen. Eigentlich wollte ich das Forum Romanum besichtigen, denn ich bin neu in Rom - nun, vielleicht kannst Du mir ja helfen. Was sind das für Gebäude, die wir hier sehen? Sie sind äußerst prächtig - was ja auch kein Wunder ist, die Hauptstadt eines so großen Reiches muß reich sein."

  • Nun begann Plotina, sich doch ein wenig über ihren Gesprächspartner zu verwundern. Soweit ihre Erinnerungen reichten, war sie doch immer gut mit Peregrini und auch mit Sklaven ausgekommen - und beileibe nicht nur mit Theodoros; außerdem hatte sie sich, bei allem Stolz auf ihre römische Bürgerwürde, Peregrini und selbst Sklaven gegenüber nie als etwas "Besseres" gefühlt. Und nun sollte sie auf diesen, nach seinen eigenen Worten "armen und bescheidenen" Peregrinus hier vor ihr so erschreckend wirken, wie sie es ganz offensichtlich tat und aus seiner Anrede an sie und seiner Verbeugung vor ihr entnehmen konnte? Diese Beobachtungen machten nun wiederum Plotina selbst ganz betroffen; vielleicht war jedoch das Ganze auf ihre eigene mangelnde Höflichkeit zurückzuführen:


    "Es würde mich sehr freuen, zusammen mit dir das Forum zu besichtigen, wenn ich auch bestimmt keine gute Fremdenführerin abgeben werde, ich bin nämlich selbst nicht aus Rom, sondern aus Alexandria. Wenn wir aber schon miteinander gehen, wird es Zeit, dass ich mich endlich vorstelle: Mein Name ist Sergia Plotina."


    Dabei lachte die Römerin ihren neuen Bekannten fröhlich an und hoffte, seine Sorgen ein wenig zerstreut zu haben.

  • Matthias war überrascht, daß seine Geprächspartnerin aus Alexandria kam. Auch er lächelte sie an und sagte:


    "Aus Alexandria? Na so was, ich komme ebenfalls aus Alexandria. Mein Name ist Matthias ben Mattatias. Ich hoffe du hast keine Vorbehalte gegenüber Juden. Was die Besichtigung angeht, vielleicht läßt sich jemand finden, der sich hier auskennt. Ansonsten müssen wir versuchen uns allein zurecht zu finden."


    Er sah sie abwartend an und dachte bei sich, daß er jetzt wieder wie in Alexandria in ein Fettnäpfchen getreten wäre. Aber werden für seinen Namen und schon garnicht für seinen Glauben wollte er sich schämen.

  • Der ausgeprägte Instinkt der Sergierin hatte sie also auch dieses Mal nicht getrogen: Sie hatte tatsächlich einen Juden aus Alexandria vor sich - wieder einmal. Die Erinnerungen, welche die Selbstvorstellung des Matthias bei ihr hervorrief, malten für einen Augenblick Trauer in ihr Gesicht, dann aber riss sich Plotina sofort wieder zusammen und antwortete:


    "Aber nein, ich habe ganz und gar nichts gegen Juden - und schon gar nicht gegen solche aus meiner Heimatstadt! Im Gegenteil. Mein paedagogus pflegte enge Kontakte zur jüdischen Gemeinde Alexandrias und hat mir immer wieder das ein oder andere erzählt; auch Verse aus den Liedern eures heiligen Buches brachte er mir bei."


    Einen Moment lang überlegte Plotina, ob sie jetzt einige dieser Zeilen zum Besten geben sollte, entschied sich dann aber dagegen, weil sie eigentlich zu ernst für eine so angenehme Plauderei waren wie die zwischen ihr und Matthias, die sie nun, angetrieben durch ihre Neugierde, fortsetzte:


    "Darf ich fragen, was dich hierher nach Rom verschlagen hat, Matthias? Bei mir ist es so, dass der größte Teil meiner Familie hier lebt, während ich in Alexandria keine Verwandten mehr habe. Eine Verwandte von mir ist übrigens vor kurzem Vestalin geworden."


    Dabei deutete Plotina auf den Vesta-Tempel auf dem Forum.


    "Aber ich nehme an, dass dich der römische Cultus Deorum nicht sonderlich interessiert, nicht wahr?"

  • Matthias bemerkte die Trauer im Gesicht von Sergia Plotina und hörte was sie sagte. Er beschloß weiterhin vorsichtig zu sein und sagte:


    "Das ist gut und er hat dir sicher auch gesagt, daß wir an einen den einen Gott glauben und wir keine fremden Götter neben ihn haben dürfen. Deshalb dürfen wir auch an keinen Gottesdienst, der sich
    in den verschiedenen Tempeln abspielt, teilnehmen. Aber besichtigen dieser Tempel wäre schon interessant.


    Meine Anwesenheit hier in Rom hat mit einem Traum zu tun, den ich in Alexandria hatte und indem ich aufgefordert wurde in die Stadt des Mannes zu kommen, der mit dem Kopf nach unten gekreuzigt wurde. (Oh, verflixt, ich hoffe ich bin nicht zu weit gegangen). Was aber dieser Mann von mir will und was ich tun soll hat sich mir noch nicht erschlossen."


    Matthias schaute Sergia Plotina an und ließ einen Zettel fallen, er hob ihn so wieder auf, daß sie den Fisch darauf sehen mußte. Nun gut, dachte er, schließlich hat Jesus uns aufgefordert, das Evangelium zu verkünden - ich kann nicht anders.




    Sim-Off:

    Ich bin in den nächsten Tagen nicht im Internet, es sei denn, ich darf bei einem Freund ins Internet. Mein Computer will mal wieder nicht, was ich will. Er muß deshalb in Reparatur.

  • Plotina entging keineswegs die Anspannung, die sich Matthias nun sogar wieder stärker zu bemächtigen schien. Sie schob dies aber zunächst einfach auf einen ganz natürlichen Eifer, der ihn wahrscheinlich immer ergriff, wenn er von seiner Religion erzählte. Und vielleicht hatte er hier in Rom auch erst wenig Gelegenheit gehabt, mit anderen Menschen und gar mit römischen Bürgern darüber zu sprechen. Aufmerksamer wurde Plotina dann, als Matthias andeutungsweise über den Grund seiner Anwesenheit in Rom redete:


    "Der Mann, der mit dem Kopf nach unten gekreuzigt wurde? Davon habe ich noch nie etwas gehört",


    sagte die Sergierin nachdenklich. Wenn sie auch die Todesstrafe für einige Verbrechen durchaus für angemessen hielt, so hatte sie doch die Kreuzigung wegen ihrer ungeheuren Brutalität und Entehrung immer abgelehnt - und dann mit dem Kopf nach unten! Plotina schüttelte ihr eigenes Haupt voller Abscheu: Scheinbar kannte die Grausamkeit bestimmter milites keine Grenzen.


    In solche Gedanken versunken, bemerkte die philanthrophisch gesonnene Sergierin nur beiläufig, wie Matthias einen Zettel fallen ließ. Eigentlich fiel ihr das erst auf, als ihr Gesprächspartner den Zettel wieder an sich nahm, das aber auf eine so seltsame und ungeschickte Art und Weise, dass es fast den Anschein hatte, als tue er dies absichtlich. Plotinas Blick fiel unwillkürlich auf das, was auf dem Zettel abgebildet war: ein Fisch. Auch dem hätte sie von sich aus gewiss keine größere Bedeutung beigemessen; der Inhalt ihres Gesprächs mit dem Peregrinus aber stellte nun einen Rahmen dar, in dem dieses Bild eine ganz bestimmte Bedeutung gewann. Das Zeichen des Fisches kannte die Alexandrinerin nämlich noch von ihrer Heimat her, hatte es wohl auch schon hier und dort gesehen. In diesem Augenblick aber war sie sich nicht sicher, wie sie reagieren sollte: das Ganze mit Schweigen übergehen - oder doch der möglichen Absicht des Matthias folgen, der ihr dadurch vielleicht ein Signal geben oder zumindest mit ihr auf ein neues Gesprächsthema kommen wollte? - Wie eigentlich auch gar nicht anders zu erwarten, siegte die Neugierde der Sergierin, allerdings gepaart mit großer Vorsicht und Taktgefühl:


    "Mein paedagogus hat mir davon erzählt, dass ihr Juden an einen einzigen Gott glaubt. Manche von euch aber glauben doch auch, dass dieser Gott einen Sohn hat?"


    Genaueres wusste Plotina darüber allerdings selbst nicht.

  • Matthias wußte nicht genau, ob Sergia Plotina nun wirklich interessiert war oder nicht. Nun, warum eigentlich nicht die Wahrheit verkünden. Er sagte:


    "Nun, bevor ich ins Romanum Imperium kam, hatte ich von dieser Strafe schon gehört, vor allem weil der Sohn Gottes am Kreuz gestorben ist. Ja, das mag sich eigenartig anhören und du wirst fragen, wie konnte der Sohn Gottes so etwas zulassen. Tatsächlich hat er es zugelassen. Er kam in diese Welt, um uns zu erlösen von unseren Sünden. Er predigte vom Reich Gottes, tat Wunder in dem er Blinde sehend machte, Lahme konnten wieder gehen, Aussätzige wurden rein und er erweckte Tote zum Leben. Sein Tod am Kreuz war nicht das Ende, sondern er erstand nach 3 Tagen aus dem Grab und kehrte nach einiger Zeit zu seinem Vater zurück in den Himmel und sandte seinen Aposteln den Hl. Geist. Die Apostel lehrten das Wort Jesu Christi, des Sohnes des lebendiges Gottes zuerst den Juden und schließlich zogen sie durch das ganze Imperium Romanum und darüber hinaus. Einer dieser Apostel hieß Simon bar Jona, den Jeus den Titel Petrus verlieh. Wie du weißt, bedeutet Petrus, der Fels. Der Herr sagte zu Petrus, daß er der Fels sei, auf dem er seine Kirche bauen wolle und er verhieß ihn, daß die Pforten der Unterwelt dieser Kirche nichts anhaben könnten. Ich habe gehört, daß Petrus bis nach Rom kam. Zur Zeiten des Imperators Nero, der die Christen beschuligte, Rom angezündet zu haben, wurde er ans Kreuz geschlagen und zwar mit dem Kopf nach unten. Wie ich hörte geschah das auf eigenen Wunsch. Dieser Mann erschien mir also im Traum und forderte mich auf nach Rom zu kommen. Wie und was ich nun hier soll das wird sich mir, so hoffe ich, bald offenbaren. Wenn du mehr wissen möchtest, kann ich dir ein Schriftstück geben , das von einem Mann namens Markus geschrieben wurde und die Lebensgeschichte von Jesus beinhaltet.


    Ich muß erhrlich gestehen, eigentlich wollte ich mich nicht so hinreißen lassen. Aber ich kann nicht anders. Caritas Christi urget nos. (Die Liebe Christi drängt uns)."


    Matthias lächelte und hoffte, daß Sergia Plotina nicht zu den Verantwortlichen Roms rennen und ihn anschwärzen würde, sondern sich ehrlich für seinen Glauben interessierte.

  • Auf ihre doch eher vorsichtige Anmerkung hin hatte Plotina nie und nimmer mit einer so ausführlichen Antwort gerechnet, zumal doch die Anhänger dieses neuen Kultes in Rom gar nicht erwünscht waren. Die Erwiderung des Matthias offenbarte der Sergierin aber immerhin, dass er die Scheu vor ihr abgelegt hatte, und das alleine freute Plotina bereits. Umso mehr bedauerte sie es, dass sie ihrem Gesprächspartner inhaltlich nur schwer folgen konnte trotz der großen Aufmerksamkeit, die sie ihm widmete. Gewiss, sie hatte dieses und jenes über diesen neuen Kult aufgeschnappt, und manches von dem, was Matthias erzählte, erinnerte sie auch ein wenig an die anderen orientalischen Kulte, die in ihrer Heimat Alexandria so in Mode waren. Viele Einzelheiten aber, die Matthias genannt hatte, konnte Sergia Plotina gar nicht einordnen. Sehr gerne wäre sie daher auch auf sein Angebot bezüglich des Schriftstücks dieses Marcus eingegangen; allein ihr war klar, dass dies nicht ganz ungefährlich wäre. Und sie wusste, dass sie spätestens jetzt ihren Gesprächspartner warnen sollte.


    "Lieber Matthias, ich danke dir herzlich für deine ausführlichen Erklärungen über deinen Glauben! Dabei habe ich natürlich gemerkt, wie sehr dir das alles am Herzen liegt. Ich bedaure deswegen sehr, dass ich nicht alles von dem, was du erzählt hast, verstanden habe, und würde auch gerne noch mehr erfahren. Aber du weißt, dass wir uns nicht gerade hier weiter darüber unterhalten sollten?"


    Ausgerechnet auf dem Forum Romanum... Und sofern Matthias die Sergierin noch weiter in seinem Glauben unterrichten wollte, wäre ein Besuch im Tempel der Vesta natürlich auch nicht unbedingt der richtige Anlass. ^^

  • Nach den Worten schaute sich Matthias um. Er sah viele Menschen über das Forum eilen, andere gingen langsam umher, andere wiederrum unterhielten sich und er bemerkte auch Personen, die zu ihnen herüberschauten. Er zuckte mit den Schultern und dachte bei sich, wenn Petrus ihn hier in Rom haben wollte, damit er das Evangelium verkünden sollte und dabei sterben sollte, nun, so konnte ihn doch nichts besseres passieren. Aber eigentlich sah er keine Gefahr. Aber er wünschte sich, daß Sebastian Paulus da wäre, der Sergia Plotina wahrscheinlich besser die Lehre Christi erklären konnte. Er fragte sich, ob er sie zum Treffen der Christen mitnehmen sollte, entschied sich aber dann dagegen. Er hatte von ihr ja gehört, daß sie eine Verwandte bei den Vestalinen hatte. Er wollte die anderen nicht in Gefahr bringen. Sergia Plotina schien zwar interessiert zu sein, aber ihr Einwand, daß eine Glaubenunterweisung auf dem Forum nicht gerade ungefährlich sein, stimmte ihn nachdenklich. Er sagte zu ihr:


    "Es ist verständlich, daß du schon beim erstemal nicht alles verstehtst, und ich freue mich, daß du mehr erfahren möchtest. Du hast recht, hier auf dem Forum Romanum ist tatsächlich nicht der richtige Ort - obwohl - warum eigentlich nicht."


    Er sah das Erschrecken in ihrem Gesicht und beruhigte sie:


    "Nein, nicht heute, und nachdem man uns zusammen gesehen hat. Vermutlich würde deine Familie davon erfahren. Sie würde dich verstoßen, wenn nicht sorgar den Behörden ausliefern, nur weil du mit einem Christen gesprochen hast. Aber du möchtest ja mehr von meinem Glauben erfahren. Wo könnten wir uns darüber ungestört unterhalten?"

  • Zitat

    Original von Matthias
    "[...] Du hast recht, hier auf dem Forum Romanum ist tatsächlich nicht der richtige Ort - obwohl - warum eigentlich nicht."


    Bei diesen Worten ihres Gesprächspartners fuhr die ansonsten doch so mutige Sergierin ein wenig zusammen. Bisher hatte sie sich eher um Matthias und die Seinen gesorgt - daran, dass möglicherweise auch sie selbst sich verdächtig machen konnte, hatte sie noch gar nicht gedacht. Außer bei ihrer Begegnung mit Theodoros hatte Plotina noch nie wirklich lange Gespräche mit Juden oder gar Christen gehabt; von der Religion der Torah hatte ihr schließlich auch nur ihr paedagogus etwas erzählt, sie selbst aber nicht ins Delta zu seinen Unterredungen mit den jüdischen Gelehrten mitgenommen. So waren es tatsächlich erst die Worte dieses Matthias, die Plotina auf das Problem aufmerksam machten:


    "Wenn ich das entsprechende Gesetz richtig verstanden habe, ist es ja noch keine Straftat, ein Mitglied der Christen zu sein. Mission allerdings ist verboten, und natürlich, wenn man böswillig ist, könnte man auch unser Gespräch so auffassen..."


    Die Sergierin ließ den letzten Satz in der Luft hängen. Nein, eine Christin werden wollte sie nicht, zu groß war ihre Treue gegenüber ihrer angestammten, der römischen Religion. Allerdings wollte sie sich - abseits aller Gerüchte - gerne selbst ein Bild dieses neuen Kultes machen, der doch offensichtlich so vielen ihrer Mitbürger etwas zu geben vermochte, was die römische oder auch die griechische Religion vermissen ließ. Was mochte das nur sein? - Plotina wandte sich wieder ihrem Gesprächspartner zu:


    "Ich habe da so eine Idee, wo wir gut miteinander reden könnten. Aber dazu müsste ich in meinem eigenen Haus erst noch etwas klären; dich dorthin einladen möchte ich auch lieber nicht, denn ich glaube, dass würde meine Verwandte, die dort mit mir wohnt, sehr verletzten. - Sag', kann ich dich in Rom irgendwo erreichen? Und könntest du einen ganzen Tag opfern?"


    Allmählich machte sich das alte konspirative Talent der Sergierin wieder bemerkbar.

  • Matthias schaute noch einmal zu den Menschen, die zu ihnen geschaut hatten. Er konnte aber niemanden mehr sehen, der sie beobachtete. Das sollte aber noch nichts heißen - sie konnten sich wahrscheinlich irgendwo verstecken. Er warnte deshalb Sergia Plotina:


    "Ich muß dich warnen, ich habe bemerkt, daß man uns beobachtet. Deshalb kann ich dich auch nicht einladen in das Haus, in dem ich derzeit wohne. Auch deswegen, weil ich nicht weiß wie meine Gastgeber reagieren würden. Da wir beobachtet werden, rate ich davon ab, mir Boten zu senden. Deshalb sage mir nur, wo du dich mit mir treffen möchtest – oder möchtest du das jetzt nicht mehr – was ich verstehen könnte."

  • Völlig in Gedanken versunken spaziert Sebastian durch die Strassen Roms. Vieles geht ihm in diesen Tagen durch den Kopf! Wie wird es weiter gehen mit der Gemeinde? Wird es so ruhig bleiben wie im Moment?
    Es war noch nicht lange her, als die ersten Schwestern und Brüder in der großen Arena ihr Leben liessen im Glauben an Jesu Christi und seit dem sind so viele schon heimgegangen....


    Plötzlich, auch wenn er sich nicht gänzlich sicher ist, erblickt er ein paar Meter weiter ein bekanntes Gesicht. War das nicht der Bruder aus Alexandria? Matthias, so war wohl sein Name....

    Sebastian Paulus Britanicus
    Jesus Christus spricht " Ich bin das Licht der Welt."

  • Matthias blickte Sergia Plotina an und schaute dann nochmals über das Forum Romanum. Er versuchte die zu entdecken, von denen er meinte, daß diese Personen ihn und Plotina beobachteten. Er meinte, dasß sich jemanden hinter einer Säule verstecken würde. Plötzlich bemerkte er jemanden bekanntes, es war Sebastian Paulus. Er entschuldige sich bei Sergia Plotina und trat zu ihm.


    "Salve, Sebastian Paulus, ich freue mich, das wir uns hier treffen. Allerdings muß ich dich warnen: Ich habe den Eindruck, daß wir beobachtet werden. Mit wir meine ich die edle Dame, mit der ich mich unterhalte und mich selbst und nun wahrscheinlich auch dich. Aber komm, ich möchte dich der edlen Dame vorstellen - oder bist damit nicht einverstanden?"

  • Sebastian freute sich als Matthias zu ihm kam. es sind immer diese kleinen Momente des zusammengehörigkeitsgefühls, die das Leben in einer nicht immer wohlmeinenden Umgebung erträglich machen, das hat Sebastian in der Zeit seiner Wanderungen gelernt.


    Sei gegrüsst Matthias, ich freue mich dich zu sehen! Ich fürchte, dass das wohl zu den Dingen gehört, die dir in Alexandria nicht passiert sind, nicht wahr? Ich erzähle dir später ein wenig mehr über die Situation in Rom, aber jetzt ist die Strasse nicht der passende Ort dafür und ausserdem soll man eine Dame nicht so lange warten lassen.

    Sebastian Paulus Britanicus
    Jesus Christus spricht " Ich bin das Licht der Welt."

  • Zitat

    Original von Matthias
    .....und er bemerkte auch Personen, die zu ihnen herüberschauten.


    Eine dieser Personen war Megella, eine beleibte Bauersfrau, die von ihrem kleinen Stand aus zu Matthias und Plotina hinüberlugte. Sie hatte scharfe Ohren, und ein natürliches Interesse an den Angelegenheiten ihrer Mitmenschen, vorzugsweise wenn diese sie nichts angingen. Soeben hatte sie ein Reizwort aufgeschnappt, irgendwas mit "Caritas Christi". In Verbindung mit dem angeregten Gespräch war das nicht unverdächtig.
    Als Mattias' Blick in ihre Richtung ging sah sie sofort wieder weg, und musterte mit scheinbar grossem Interesse ihre Waren - Kräuter und Wurzeln, Pilze und Knollen aus den Sabiner Bergen, die sie hier feilbot, gegen allerlei Gebrechen. So ganz erlaubt war es nicht, das hier auf dem Forum zu verkaufen, aber auch nicht ganz verboten, so dass es für Megellas Geschäft wichtig war, sich immer gut mit den Urbanern zu stellen, die sie hier jederzeit vertreiben konnten.
    So überlegte sie nicht lange, bat ihre Nachbarin ein Auge auf den Stand zu haben und machte sich sehr verstohlen auf den Weg, um zu petzen. Den Kopf tief zwischen die Schultern gezogen watschelte sie an der Front der Basilica Aemilia entlang, sah sich suchend um, hielt dann schnurstracks auf zwei Urbaner zu, die an einer Ecke der Regia Posten bezogen hatten, und kontemplativ das friedliche morgendliche Treiben betrachteten.
    "Guten Morgen die Herren. Ich hätt da nämlich was, was die Obrigkeit wohl interessieren täte..."
    Einige Worte wurden gewechselt, die Marktfrau deutete in die Richtung wo sie zuvor das verdächtige Wort gehört hatte, gestikulierte, hob zweimal die flache Hand wie um die Grösse von Personen anzuzeigen. Einer der Soldaten nickte, dann setzten sich beide in Bewegung, strebten vorwärts und schoben dabei auf dem dicht bevölkerten Forum den ein oder anderen Passanten beiseite. Megella, die natürlich auf eine Belohnung hoffte, versteckte sich hinter einer (dicken) korinthischen Säule und spähte wieder zu den Verdächtigen, während die beiden Soldaten, ebenso aufmerksam aber weniger diskret, in diese Richtung marschierten, mit in der Morgensonne blitzenden Lanzen und hallenden Sohlen, um da mal nach dem Rechten zu sehen.

  • Zitat

    Original von Sebastian Paulus
    Sebastian freute sich als Matthias zu ihm kam. es sind immer diese kleinen Momente des zusammengehörigkeitsgefühls, die das Leben in einer nicht immer wohlmeinenden Umgebung erträglich machen, das hat Sebastian in der Zeit seiner Wanderungen gelernt.


    Sei gegrüsst Matthias, ich freue mich dich zu sehen! Ich fürchte, dass das wohl zu den Dingen gehört, die dir in Alexandria nicht passiert sind, nicht wahr? Ich erzähle dir später ein wenig mehr über die Situation in Rom, aber jetzt ist die Strasse nicht der passende Ort dafür und ausserdem soll man eine Dame nicht so lange warten lassen.



    "Ja, du hast recht, komm ich stelle euch einander vor." Matthias und Sebastian Paulus gingen zu Sergia Plotina und Matthias sagte zu ihr:


    "Sergia Plotina, ich möchte dir Sebastian Paulus vorstellen, er ist gewissermaßen der Führer unserer Gemeinde."


    Matthias wandte sich an Sebastian Paulus und sage: "Sebastian Paulus, dies ist die edle Dame Sergia Plotina. Sie ist römische Bürgerin und hat schon einiges von den Christen gehört. Obwohl eine Verwandte von ihr Vestalin ist, bin ich überzeugt, daß man ihr vertrauen kann."


    Matthias war noch immer angespannt wegen der Beobachter und schaute sich noch einmal auf dem Forum um. Er sah wie eine dicke Frau sich mit 2 Soldaten heftig gestikulierend unterhielt. Er bemerkte, wie die Soldaten in ihre Richtung mit hallenden Schritten und blitzenden Lanzen kamen und die Frau sich hinter einer Säule versteckte. Er wandte sich an Sebastian Paulus und Sergia Plotina:


    "Meine Lieben, ich fürchte ich haben einen großen Fehler gemacht, als ich mich mit Sergia Plotina hier auf dem Forum über unseren Glauben unterhielt. Ich bemerke erst jetzt, daß in der Nähe ein Marktstand ist und ich glaube, daß die Marktfrau mitbekommen hat, über was wir uns unterhalten haben. Sie hat die Soldaten, die dort kommen, verständigt."


    Matthias fürchtete sich nicht vor dem Tod und er wußte, daß auch Sebastian Paulus sich nicht davor fürchtete. Allerdings sorgte er sich um Sergia Plotina.

  • Ein Mann, eingehüllt in einen schwarzen Umhang und das Gesicht von einer Kapuze verdeckt kommt schnellen Schrittes auf Sebastian, Matthias und Sergia Plotina zu. Er nutzt den Moment großer Beschäftigkeit im Forum um, recht unsanft, Matthias und Sergia in das nächst liegende Haus mehr oder weniger zu stoßen und mit einem Zeichen seiner Hand macht er ihnen deutlich, das sie ruhig sein müssen. Sebastian wurde zwar überrascht, wusste aber schnell was passiert war und verhielt sich auf dem Markt zunächst nicht weiter auffällig.Er kannte seinen alten Freund Olorian und er wusste, das Matthias und Sergia bei ihm sicherer sind, als bei ihm.


    Olorian zeigte Matthias das Kreuz um seinen Hals und flüsterte leise in seine und Sergias Richtung "Caritas Christi!"

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