Conventus - Iulius DCCCLVII A.U.C.

  • Würde ihm seine Krankheit nicht jegliche Tätigkeit verleiden, selbst wenn es nur Herumsitzen und Zuhören ist, hätte Valerianus diese Debatte vielleicht sogar als spannend empfunden und sich aktiver eingebracht. So aber reichten ihm wenige eindeutige Stimmen, um die Diskussion weiter zu bringen.


    "Dann soll es so sein und der Mann wird Tribun. Salinator, hätte deine ehemalige Legion noch Bedarf? Oder Tiberius Vitamalacus, wie sieht es mit der Legio I aus?"

  • Tiberius Vitamalacus hatte die Diskussion eine ganze Weile schweigend mit dem ewig gleichen, emotionslosen Gesichtsausdruck verfolgt. Als er angesprochen wurde, blickte zum Imperator und erwiederte knapp mit fester Stimme:


    "Einen guten Tribun kann die Prima sicherlich gebrauchen."


    Auch im Stab hatte der Krieg seine Spuren hinterlassen, auch wenn kein Stabsoffizier gefallen war. Doch es waren innerliche Spuren und äusserliche Verletztungen, welche schon so manchen Tribun dazu gebracht hatte, seinen Abschied zunehmen. Etwas frisches Blut auch im Stab würde der Prima nur gut tun.

  • Einer der Männer, die im Halbrund hinter Valerianus Platz genommen hatten, beugte sich nach vorne und schob seinem Herrn eine Notiz zu und flüsterte ihm etwas zu. Valerianus blickte danach auf und suchte erneut den Blickkontakt mit den Senatoren Purgitius Macer und Tiberius Vitamalacus.


    "Bietet sich dort vielleicht ein Tausch an? Purgitius Macer schlug Terentius Cyprianus für ein ritterliches Kommando vor und dieser dient derzeit in der Legio I."

  • Tiberius Vitamalacus hatte seinen Blick nicht vom Imperator genommen, seine dunkeln Augen waren so kühl und emotionslos wie immer, keine Regung zeigte sich auf seinem Gesicht. Ohne zu Purgitius Macer zu blicken entgegnete er dem Imperator :


    "Der Tribun hat lange der Prima gedient. Er wäre so in der Tat ein Kandidat für ein Kommando."

  • Mehr als eine Bestätigung hatte Valerianus auch kaum erwartet. Jede Diskussion im Detail würde einen Großteil der Anwesenden wohl langweilen. Dabei schloß er sich selber ein, den die Ermüdung machte sich zunehmend bemerkbar.


    "Gut. Das wird in Kürze geklärt werden. Liegt sonst noch etwas an?"


    Ansonsten könnte er die Sitzung wohl schließen.

  • Hungi, der sich in letzter Zeit aus den Gesprächen herausgehalten hatte, schüttelte verneinend den Kopf. Er hatte seine Schäfchen ins Trockene gebracht, mehr brauchte er nicht tun und mehr wollte er auch nicht machen. Außerdem verspürte er gerade ziemlichen Hunger. Er hatte Lust auf einen sanft gegarten Lammbraten in Kräuter-Honig-Kruste mit gekochtem Gemüse und einem fantastisch guten Wein, der natürlich aus Pannonien stammen mußte. Und da wußte er schon, wohin er nachher gehen würde. Zum Händler seines Vertrauens, dessen Frau ein Talent zum Kochen hatte, geradewegs zum Niederknien. Und daher war Hungi in Gedanken schon eine Stunde voraus und wartete im Prinzip nur mehr auf das Ende dieser Besprechung.

  • Das tat keiner und darum raffte er seine Unterlagen zusammen und sagte:
    “Also gut. Dann mag unser Zusammentreffen hiermit enden. Ich danke allen Anwesenden für ihr Kommen und die rege Beteiligung.“

  • Auch Macer klappte seine Wachtafel auf dieses Schlußwort hin zusammen, zeigte aber noch keine Eile sich zu erheben. Erstens hatte er ohnehin keinen Drang, den Raum sofort zu verlassen, sondern wartete vielleicht noch auf das eine oder andere zwanglose Gespräch mit den Beteiligten. Zweitens hatte zwar Aelius Quarto die Sitzung geleitet, aber trotz allem war Aelius Valerianus noch immer der Kaiser und solange er sich nicht erhoben hatte oder ebenfalls ein Schlußwort gesprochen hatte, war die Sitzung für Macer noch nicht vorbei.

  • Mit einem Nicken dankte Valerianus seinem Bruder für das Schlußwort und versicherte sich mit einem Blick zu Salinator, dass dieser ebenfalls nichts hinzuzufügen hatte. Er war auffallend still gewesen in dieser Sitzung, auch wenn Valerianus ihn ausdrücklich mit der Absicht einer aktiveren Beteiligung zu seinem Praefectus Urbi gemacht hatte.


    "Ich danke den Herrn für ihre Anwesenheit und ihre Beratung. Mögen die Götter bewirken, dass diese Runde auch demnächst wieder so zusammentreten kann."


    Ein großer Schluck Wasser aus seinem Glas zeigte deutlich, dass er die Sitzung nun als beendete betrachtete. Eine Weile lang sortierten seine Sekretäre die Wachstafeln und sonstige Notizen vor ihm, während er selber leise mit seinem Bruder sprach. Dabei wurde ihm noch eine Tafel zugeschoben, auf die er flüchtig schaute und dann nickte, bevor er sich noch einmal bemerkbar machte.


    "Hat noch jemand Hinweise, wer sich besonders um das Andenken meines Vaters verdient gemacht hat? Den Autor des Nachrufes auf meinen Vater in der Acta Diurna werde ich mit einem Stück Land belohnen und gleiches möchte ich mit anderen Männern tun, sofern sie das Andenken meines Vaters entsprechend gewürdigt haben."

  • Es legte sich der Schatten von Bestechlichkeit über die Runde. Ein übler Beigeschmack, der das grandiose Andenken an Iulianus zerbröseln wollte. Avarus hatte die letzten Augenblicke geschwiegen. Zu oft ging es ihm um militärische Beförderungen, um Männer, die in ihren jungen Jahren zu freigiebig ihre Zukunft verschenkt hatten und nun mit Gnade des Kaisers einen späten Erfolg suchten und nur selten verwehrt auch bekamen. Nun da die Worte des neuen Kaisers auf dessen Vater münzten, blieb dem Senator Germanicus ebenso verwehrt den Mund zu öffnen. Kein noch so gefeiltes Wort konnte den trübsamen Verlust beschönigen, gar wett machen. Einer der letzten Großen war gegangen.

  • Endlich schien die Sitzung beendet, Tiberius Vitamalacus war schon fast dabei sich zu erheben, nachdem der Imperator sie scheinbar schon entlassen hatte, da wurde dem Imperator eine Tafel gereicht und dieser sprach ein weiteres Thema an. Und wenn er das Schweigen, das sich im Anschluss breit machte, deutete, dann drang sich ihm der Vergleich mit einem Schlachtfeld auf, auf dem sich die Parteien belauerten und jeder darauf wartete, das der Gegner seine Denkung lockerte, das der Gegner seinen ersten Zug offenbarte und seine Strategie verriet. Ein Schlachtfeld, auf dem keiner den ersten Zug tun wollte, auf dem keiner zuerst seine Stategie verriet.


    Doch Tiberius Vitamalacus war kein Politiker, er war Soldat. Und so schätzte er die Offensive, auch wenn sie Risiken bot.


    "Nicht einen," sagte er mit fester Stimme, "sondern 20.000 ! 20.000 Männer, welche ihn zurück ins Imperium brachten, 20.000 Männer der vier Legionen und ihrer Hilfstruppen, welche vor Dura Europos standen und welche vor Sura seinen Scheiterhaufen entzündeten.

  • Bei dem Einwand des Legaten der Prima konnte und wollte Crassus ein Augenrollen nicht verhindern. Er wartete erst einige Momente darauf, dass noch jemand anderes etwas sagte, doch als dies nicht eintrat erhob er selber seine Stimme:


    Nicht zu vergessen die anderen zigzehntausenden Männer, die in der Zwischenzeit die anderen Grenzen des Reiches bewacht und bewahrt haben, sonst hätte es eine Rückkehr in das Imperium, wie wir es heute kennen, gar nicht gegeben. Aber die hast du, Senator Tiberius, sicher nur zu erwähnen vergessen. Crassus machte eine Pause und sah zu dem Tiberier hinüber: Doch meinte der Imperator Caesar Augustus sicherlich Männer, die etwas geleistet haben, das über ihre bloße Pflichterfüllung hinausgeht.


    Die Diskussion darüber, ob die Legionen im Osten nur ihre Pflicht erfüllt haben oder ob sie nicht doch irgendetwas außerordentliches geleistet hatten, sah Crassus schon kommen. Deshalb hoffte er ja darauf, dass der Kaiser zuvor noch die Sitzung beenden würde...

  • Valerianus hatte zu lange aktiv an der Spitze einer Legion gestanden, bevor ihn seine Krankheit ereilte, um die Bemerkung des Legaten zu übergehen, auch wenn die Sitzung schon geschlossen war.


    "Noch kann ich die Legionen nicht entlassen und jeden einzelnen belohnen. Die Legio I hat Parthia weder als Sieger noch als Verlierer verlassen."


    Dass er nicht erfreut gewesen war zu hören, dass die Legio I ohne ausdrücklichen Befehl den Weg ins Illyricum angetreten hatte, sollte dem Legaten bekannt sein, nahm er an.

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