Alleine der Gedanke das Wort Vater bei ihrem Onkel in den Mund zu nehmen hätte ihr wohl die schlimmste Gänsehaut ihres Lebens bereitet. Sie hatte nur einen Vater und auch wenn dieser nicht mehr lebte so würde er immer ihr Vater bleiben und keiner konnte seinen Platz einnehmen, auch nicht dessen Bruder. Vielleicht konnte sie wirklich von Glück reden, dass ihr Onkel die Patria Potestas nicht übernehmen konnte oder übernommen hatte. Crispina hatte von dem ganzen keine Ahnung und wusste nicht ob er vielleicht doch die Möglichkeit hatte das zu machen, aber sie glaubte nicht daran, machte sich darüber aber auch keine weiteren Gedanken. Es wäre wohl der schlimmste Alptraum wenn das möglich wäre und er es tun würde. Aber nichts desto trotz, sie war ihm so oder so unterstellt und in gewisser Weise verpflichtet, außerdem konnte sie ohne seine Erlaubnis nicht viel machen und schon gar nicht zurück nach Rom, ohne Geld war das schlecht. An diesen Mann sich zu gewöhnen war mehr als schwer, aber sie gab sich alle Mühe, konnte aber die erste Begegnung nicht vergessen und auch nicht was er fast getan hätte.
Als das Essen gebracht wurde drang ein etwas gewöhnungsbedürftiger Geruch in ihre Nase. Er war nicht schlecht aber dennoch anders als die Gerüche die sie von zu Hause kannte. Doch sie glaubte nicht daran, dass es hier viel andere Dinge zu essen geben würde als zu Hause in Rom. Sie waren doch hier auch Römer und warum sollten sie hier etwas anderes essen als in der Heimat? Vielleicht weil man nicht alle Sachen aus Rom hier her bringen konnte, aber daran dachte sie nicht. Auf jeden Fall roch das Essen nicht schlecht und sie hatte die letzten wenigen Tage schon die Kochkünste von Gunda unter die Lupe nehmen können und es hatte doch recht gut geschmeckt.
Als Lucius das Essen aufgetischt bekam entging ihr der Blick des Jungen nicht vollkommen, denn sie schaute etwas neugierig zu ihm herüber um zu sehen was es eigentlich gab. Wirklich sehr begeistert sah er nicht aus und so blickte sie unauffällig, zumindest hoffte sie es, zu ihrem Onkel herüber, der anscheinend sehr zufrieden mit seinem Essen war. Als auch sie selber einen Teller aufgetischt bekam, war ihre Begeisterung grenzenlos…….naja das wäre wohl übertrieben, doch sie lächelte Gunda einfach freundlich an und versuchte sich nicht anmerken zu lassen, dass das Essen nicht wirklich Appetitanregend ausschaute. „Ich denke schon, dass ich es mag Gunda, schließlich waren deine anderen Sachen bis jetzt auch sehr köstlich,“ schmierte sie der Frau ein wenig Honig um den Mund aber alles in sehr freundlicher Ausführung und doch recht ernst gemeint. Am liebsten hätte sie aber die Suppe auf die Seite geschoben und es sein lassen.
Was würde sie jetzt für etwas Hühnchen, Brot und einige Oliven geben……doch sie biss in den sauren Apfel und probierte vorsichtig von der Suppe. „Es ist gut,“ sagte sie knapp, doch wer sie wirklich kannte hätte gewusst, dass sie es nur aus Höflichkeit sagte, denn wirklich schmecken tat es ihr nicht.