Was bisher hier geschah...

  • "Tu das."


    erwiderte Crispus, der die Leitung der Miliz momentan eher etwas nachlässig verfolgte. Aber er hatte ja gute Optiones, die einen Großteil der Arbeit für ihn erledigten, abgesehen davon passierte ohnehin selten etwas.


    "Mein Sohn wird auch mitkommen. Er ist Optio der Miliz und wird dir bei der Organisation helfen können."


    Damit war wohl alles geklärt - Crispus war wieder einmal froh, dass er mit Haakon einen Burschen hatte, der auf Trapp war und schnell und sauber arbeitete.

  • Nachdem nun alles geklärt worden war, begann Crispus fieberhaft mit den Vorbereitungen für seine Gesandtschaftsreise. Nachdem er die ganze Sache angeleiert und sich sogar freiwillig für die Legation gemeldet hatte, war ihm die Leitung der ganzen Operation aufgetragen worden - eine Sache, bei der der alte Haudegen sich sofort in seinem Element fühlte. Wie damals, als er die Jagd der Banditen von Borbetomagus geplant hatte, musste er nun alles selbst entscheiden: Haakon würde die Bewachung übernehmen, aber auch eine Route musste geplant werden, es war für Proviant zu sorgen, er musste Händler wegen der Übernachtungsoptionen und der Sicherheit einzelner Straßen befragen (gerade jetzt am Ende des Bürgerkriegs!). Alles in allem gab es eine ganze Menge zu tun und so vergrub sich der Alte den ganzen Tag in seinem Tablinium, um gemeinsam mit Privatus alles vorzubereiten.


    Nach einigen Tagen, vielen Gesprächen und ein paar Überlegungen stand die Route schließlich fest: Sie würden zuerst den Rhenus hinauf fahren bis Augusta Raurica, um von dort per Wagen nach Massilia zu reisen. Von dort ging es dann wieder per Schiff bis Ostia und von dort nach Rom. Der Weg war etwas anders als damals, als er zu Onkel Varus' Hochzeit gereist war - allerdings war er damals auch allein und ohne großes Gepäck gereist. Dazu hatte er sich die teuren Schiffspassagen gespart. Mit der Goldladung war es aber doch zu gefährlich über die Alpen, außerdem gab es Gerüchte, dass der Padus dank der Zerstörung der Dämme im Bürgerkrieg noch immer nicht zur Ruhe gekommen war.
    Für den Transport des Goldes (das momentan nach und nach aufgekauft wurde) würde man in Augusta Raurica Fuhrwerke kaufen - sie auf dem Schiff den Rhenus hinunterzufahren machte eigentlich wenig Sinn und Augusta war eine Handelsstadt - da würde sich etwas organisieren lassen.


    Im Grunde waren damit die wichtigsten Punkte geklärt - jetzt konnte es jederzeit losgehen!

  • Auch Lucius traf letzte Vorbereitungen für seine Reise nach Rom: In der Schola Atheniensis hatte er sich eine Bestätigung über seinen Cursus Iuris ausstellen lassen, in der Curia eine für sein kommunalpolitisches Engagement. Für das Examen Primum hatte er nur aus der großen Truhe im Tablinium hervorkramen müssen. Daneben gab es aber noch viele andere Dinge zu packen: Seine Toga - noch immer dieselbe, die er damals nach dem Blutbad an Caius gekauft hatte - , seine Tunicae, die in soldatischer Manier kurz gehalten waren (und das teils ziemlich, denn die meisten hatte er schon ein paar Jahre und langsam war er doch mehr als "hineingewachsen"), die Paenula, die sein Vater ihm vor einiger Zeit gekauft hatte, ein paar etwas repräsentativere Umhänge und seine guten Calcei. Die Wollbinden, mit denen er im Winter seine Waden umwickelte, den Schal, die Filzmütze, seine abgetragensten Gewänder und die Sandalen ließ er dagegen hier - in Rom sollte er Eindruck schinden und nicht wie ein abgerissener Hinterwäldler wirken, wenn der Alte ihm einen Patron aussuchte. Lucius trauerte dem Zeug sowieso nicht nach - ebensowenig wie allem anderen, was er hier zurücklassen würde.


    Weil die Etikette es scheinbar so wollten, hatte er seine Schul"freunde" und ein paar besonders beflissene Milizionäre zwar noch zu einem Abschiedsbesäufnis in die Silva Nigra eingeladen und eine Runde geschmissen, letztlich würde er aber keinen von ihnen vermissen. Weder den naiven Antonius, der ihm damals beim Cursus Iuris geholfen hatte, noch den Angeber Iulius - nicht einmal Alrik, der bei der Miliz jeden Befehl übererfüllt und ihm sogar einmal seine Sachen nachgetragen hatte. Niemanden von diesen ganzen Hinterwäldlern würde ihm fehlen - ebensowenig wie Mogontiacum, dieses verschlafene Nest, das eigentlich nur das Anhängsel eines Militärlagers war. Ob es nun eine Civitas, ein Municipium oder gar eine Colonia war, spielte da keine Rolle. Wenn er daran dachte, statt durch die verwinkelten Gassen Mogontiacums zukünftig durch die parallel und rechtwinklig eingemessenen und sauber gepflasterten Straßen der italischen Städte zu spazieren, hatte er für seine Heimatstadt nur Spott und Mitleid übrig. Im Grunde war es mit dieser Stadt ähnlich wie mit dem Alten: Im Grunde ein Niemand, der durch glückliche Fügung in eine Welt gestolpert war, in die er eigentlich nicht hineingehörte. So wie ein Vinicius oder ein Iulius über den alten Petronier lachten, so lachten die Stadtväter Italias sicherlich über die Bemühungen Mogontiacums, in ihren Kreis aufgenommen zu werden. Wie die teuren Gewänder seines Vaters kaum verstecken konnten, dass er aus dem Pöbel kam, so versteckten auch die paar Tempel und öffentlichen Gebäude, auch das imposante Theatrum Mogontiaci (das GRÖSSTE außerhalb Italias, wie immer wieder behauptet wurde) nicht, dass dies hier ein etwas zu groß geratenes Dorf war.


    Aber all das würde er hinter sich lassen - für immer! Auch wenn der Alte ein provinzieller, ignoranter Holzkopf sein mochte, so hatte er Lucius doch beste Voraussetzungen geboten, weiter aufzusteigen und seine Talente an der Stelle einzubringen, wo sie auch gebraucht und geschätzt wurden: Er hatte sich durch die Schule gequält, hatte den Grammaticus und sogar den Rhetor besucht. Der junge Petronier mochte voller Bitterkeit an diesen langjährigen Spießrutenlauf zurück denken - letztlich wusste er, dass man in der Oberschicht reden musste wie ein Cicero und nicht wie ein hispanischer Immigrant (so wenig das über die Qualität des Inhalts aussagte), dass man eine Rede gliedern musste (so langweilig und unlogisch das manchmal sein mochte) und dass man Leute wie Hercules, Aeneas, Titus Livius und Vergilius Naso einfach kennen musste (so banal und langweilig ihre Märchen auch waren). Immerhin hatte er auch Geometrie und Arithmetik gelernt, diese beiden wundervollen Künste, die ihm so manchen trüben Nachmittag bei Xanthippus versüßt hatten. Immer, wenn er Zeit hatte, vertiefte er sich in diese WIssenschaften, las noch einmal Euklids Elemente, die er von dem Griechlein stibitzt hatte oder malte Figuren in den Sand. Wenn er erst einmal in Rom war, würde er Gelegenheit haben, mit richtigen Philosophen zu diskutieren und sein Wissen zu erweitern - ein Traum würde in Erfüllung gehen! Dass er dazu auch in diesem Kaff ein wenig gezeigt hatte, dass er Organisationstalent hatte, würde dem Kaiser noch dazu zeigen, dass man ihm höhere Aufgaben anvertrauen konnte - vielleicht würde er ja eines Tages in der Finanzverwaltung arbeiten und endlich auch sein mathematisches Wissen unter Beweis stellen können!


    Mit diesen fröhlichen Gedanken schnürte Lucius sein Bündel. In die Mitte legte er dabei die Beinschienen, die der Alte ihm gestern auch noch geschenkt hatte - sein Vater hatte sie damals als Centurio getragen und extra anfertigen lassen, weshalb zwei hispanische Stiere auf ihnen abgebildet waren. Damit er nicht vergesse, wo die Petronier herkämen, hatte er gesagt - Lucius war das herzlich egal, ihn interessierte vielmehr, wo er hinkommen würde! Aber immerhin musste er schonmal keine neuen kaufen - und hübsch waren sie trotz der Kratzer allemal. Als dann alles verpackt war, umgürtete er sich mit seinem Gladius, dem er vor kurzem einen Namen gegeben hatte. Zwar war dies eigentlich eher eine barbarische Sitte, aber der junge Petronier liebte seine Waffe und war zu dem Schluss gekommen, dass er ihr gegenüber ähnliche oder sogar eher stärkere Gefühle hegte als gegenüber einem Menschen. Und das, was man liebte, musste man irgendwie benennen - also hieß die Waffe nun Pythagoras!


    Noch einmal zog er die Klinge aus der Scheide und sah sie prüfend an - wie immer war sie ordentlich poliert und glänzte im fahlen Licht seines Zimmers. Dann schob er sie zurück und ging nach draußen, wo Armin auf ihn wartete. Er war eigentlich der einzige Mensch, den er mochte und wohl auch ein bisschen vermisst hätte - aber zum Glück hatte der Alte entschieden, dass der Sklave ihn begleiten würde. Dann war er wenigstens nicht ganz allein in der großen Stadt...

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    Klient - Herius Claudius Menecrates

    DECURIO - MOGONTIACUM

    MUNICEPS - MOGONTIACUM

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