Was bisher hier geschah...

  • Primus winkte ab,


    "Klischees, Petronius,...Klischees!"


    Er reichte der Sklavin seinen Teller und lächelte sie kurz an.


    "...aber im Ernst,...ich glaube daß ein Reiter es durchaus in Sachen Kondition mit einem Legionär aufnehmen kann..."


    Es war ihm von Anfang an ein Anliegen gewesen die körperliche Ertüchtigung in seiner Turma voran zu treiben,...und es war ihm gelungen. Seine Turma war sportlich auf der Höhe, wie interne Wettkämpfe zeigten.
    Sie trainierten nicht nur Ausdauer, sondern auch Nahkampf mit und ohne Waffen...schließlich war man nicht immer zu Pferde...und die Aufgaben der Turmae vielfältig.

  • "Hey, jetzt übertreibst du aber - unsere Kondition ist römisch und Römer waren schon immer Fußvolk! Oder seid ihr wohl die optimale Mischung aus römischem und gallischem Blut?"


    Tatsächlich war es in der Geschichte stets so gewesen, dass sie unterworfene Stämme wie Gallier als Reiterei eingesetzt hatten. Der römische Bürger diente nunmal in der Regel zu Fuß und für diese Einheiten war die römische Disziplin gemacht worden. Und wegen dieser marschierte man schließlich!

  • Das war er also immer noch der Alte,...der Primus Pilus wenn es um seine Legionäre ging. Primus winkte ab und meinte,


    "Zweifellos ist sie das,...jedoch gehört es auch zu den Tugenden der Römer sind die für sie brauchbaren Eigenschaften der besiegten und der Gegner zueigen zu machen."


    Er sah den Petronier fest an.


    "Die germanischen Reiter sind unserer Reiterei bei weitem überlegen,...sowohl in der Taktik als auch im Waldkampf, welcher hier nun mal obligat ist. Wir haben die Tugenden der Römischen Legion als Grundlage genommen und uns die der Germanen zueigen gemacht,...wir sind quasi eine Kampfeinheit zu Pferde, mit allen Manövern die denen der Legion gar nicht unähnlich sind. Wir haben leichte Panzer entwickelt mit denen wir unsere Rösser und uns schützen um schnell durch Wälder vorrücken können,...wir trainieren den Kampf zu Pferde und zu Fuß,...Crispus,...wir sind die Garde des Legatus,...glaubst du denn ich kann es riskieren ihn durch einfache Soldaten schützen zu lassen?"


    Er hob beschwörend die Hand,


    " Jeder meiner Männer ist ein durchtrainierter und gnadenloser Kämpfer, taktisch geschult und nahezu ein Meister in der Anwendung der ihm zur Verfügung stehenden Waffen,...das sind wir dem Legatus schuldig!"

  • Endlich, endlich, endlich, sie war so froh, als der Wagen endlich in die richtige Strasse einbog und vor einem Haus hielt welches wohl das Richtige sein sollte. Nun würde sie hoffentlich bald vor einem Mann stehen, an den sie sich eigentlich gar nicht erinnern konnte. Wahrscheinlich hatte sie ihn das letzte Mal gesehen als sie noch ein kleines Kind gewesen war, und das war ja nun doch schon eine ganze Weile her.
    Ihr Onkel und ihr Vater hatten scheinbar ein nicht wirklich gutes Verhältnis gehabt aber wie es wirklich um die beiden gestanden hatte wusste sie nicht.
    Crispina war aufgeregt und hatte auch ein wenig Angst vor dieser Begegnung da sie nicht wusste was sie wirklich erwartete. Sie kannte ihren Onkel ja eigentlich gar nicht und sollte ihm nun gegenüber treten ohne zu wissen wie er eigentlich war.


    Vorsichtig entstieg sie dem Wagen und wurde gleich von dem kalten Hauch des Winters erfasst. Ja hier draußen war es eindeutig kälter als im Inneren des Wagens und sie zog den Pelz noch enger um sich. Ihr Atem stieg in kleinen Rauchwölkchen nach oben und sie seufzte leise auf, denn sie vermisste die angenehmen Winter in Rom, waren sie doch wesentlich angenehmer als hier. Einem Sklaven trug sie auf schon einmal an die Türe zu klopfen und einem anderen trug sie auf ihr die kleine Schatulle zu bringen, denn diese würde sie noch brauchen, wenn man sie einließ. Den Tod ihres Vaters hatte sie langsam verkraftet, aber er fehlte ihr noch immer sehr.


    Langsam ging sie zu der Türe an der der Sklave schon geklopft hatte und wartete dann. Der andere kam und reichte ihr die kleine Schatulle und sie spürte langsam wie schnell doch ihr Herz am schlagen war. Aufgeregt schaute sie die Türe an.

  • | Morag


    Seitdem Crispus Magistratus von Mogontiacum war, hatte der Besucherverkehr in der Domus stark zugenommen, sodass der Herr überlegte, sich einen weiteren Sklaven anzuschaffen. Da er sich als sparsamer Mensch jedoch noch immer nicht dazu durchgerungen hatte, musste Morag noch immer als Gärtner, Hausmeister, Leibdiener und Ianitor gleichzeitig fungieren.


    Aus diesem Grund war es wieder er, der die Tür an diesem kalten Wintertag öffnete und eine junge Frau davon erblickte.


    "Was willst du?"


    fragte er unwirsch (auf Latein, denn die Dame vor ihm sah doch nicht aus wie eine Germanin).





    SKLAVE - MARCUS PETRONIUS CRISPUS


  • Offensichtlich war diese Angelegenheit ein Herzensanliegen des Decurios, wie Crispus feststellte. Obwohl er Recht hatte und die Römer tatsächlich Meister im Adaptieren fremder Technologie und Taktik waren (so war sogar das römische Gladius von den Kelten geklaut), misstraute der alte Primus Pilus der Kavallerie bis heute. Er hatte sich einfach nie auf einem Pferd wohlgefühlt. Um die Stimmung jedoch nicht zu vermiesen meinte er


    "Schon gut, Terentius!"


    Den folgenden Abend wurde das Thema auf verschiedene Gerüchte in und um die Legio gelenkt, die Crispus sehr belustigten (zumal seine Stimmung durch den Weinkonsum angeheizt wurde). Nach einiger Zeit verabschiedeten sich Lucius und Arminius, während Morag noch ein wenig da blieb (er musste sowieso abräumen). Alles in allem behielt Crispus den Abend als sehr erfreulich in Erinnerung.


    Sim-Off:

    Um das hier mal abzuschließen, damit ich mein Antrittsmahl nicht die ganze Amtszeit laufen lasse ;)

  • Der Artorier versank langsam aber sicher im Hintergrund, während er grinsend die alte Diskussion mitverfolgte - Infanterei gegen Reiterei. Nun, beides hatte seine Vorteile, auch wenn Reatinus seine Karriere als Fußsoldat hingelegt hatte. Für ihn war die Infanterie der wichtigste Hauptbestandteil der römischen Disziplin. Ein Rückgrat, welches nie gebrochen werden durfe. Schild und Schwert des römischen Staates. Alpha und Omega.


    "Ihr mögt den Legaten beschützen, und das ist ohne Zweifel eine wichtige Rolle.", kam der leidenschaftliche Infanterist mit humorvollem Unterton aus der Versenkung zur Rede, "Aber die richtige Arbeit auf dem Schlachtfeld macht die Infanterie. Sie blockt den feindlichen Ansturm, schlägt zurück, erklimmt Befestigungen... wobei ich die Kavallerie als Schocktruppe schätzen und auf feindlicher Seite... nunja, respektieren würde.".


    Langsam wurde abgeräumt und auch die Kleinen verabschiedeten sich. Der Abend neigte sich wohl dem Ende zu...

  • Crispina widerstand dem Gefühl auf ihren Füßen hin und her zu wippen, das tat sie gerne wenn sie nervös oder aufgeregt war und auf etwas warten musste, aber es hätte sicher kein gutes Bild von ihr abgegeben wenn man sie hier rumwippen gesehen hätte. Nein sie stand still da und starrte schon fast gebannt auf diese Tür und hoffte, dass sie sich nun öffnen würde.
    Mit jeden weiteren Herzschlag wurde sie aufgeregter und dann hörte sie endlich das typische Knacken für eine Türe die man aufschloss und dann das Geräusch wenn sie sich öffnete. Erleichtert sah sie in das Gesicht eines älteren Mannes. Anhand seiner Kleidung ganz sicher nicht der Hausherr.


    Doch mit einer solch herzlichen Begrüßung hatte sie sicher nicht gerechnet. Crispina war es einfach gewohnt, dass man sie ziemlich freundlich begrüßte denn sie machte eigentlich nie den Eindruck als sei sie eine Bettlerin oder Hausiererin, doch dieser Mann schien recht wirsch und das brachte sie einen Augenblick etwas durcheinander.
    Nach einem tieferen Atemzug dann hatte sie sich wieder im Griff und blickte dem Mann in die Augen.


    Wahrscheinlich der Charme dieses Landes, huschte es durch ihre Gedanken.


    „Mein Name ist Petronia Crispina und ich bin auf der Suche nach Marcus Petronius Crispus, er ist mein Onkel….und wohnt doch hier…nicht?“ fragte sie.

  • | Morag


    Petronia Crispina? Bereits der Name wies auf eine Verwandtschaft hin, was sich bestätigte: Sie war seine Nichte! Ein wenig verwundert war der Sklave schon, denn er konnte sich nicht erinnern, dass sein Dominus jemals etwas über eine Nichte verloren hätte - wahrscheinlich hatte er aber einfach nicht richtig zugehört. Und da er nicht davon ausging, dass das Mädchen vor seiner Tür ein Attentäter war, der den Magistratus ermorden sollte, meinte er


    "Komm rein! Ich melde dich an!"


    Er führte das Mädchen in den Innenhof des Hauses, wo der Schnee bereits den kleinen Garten bedeckt hatte. Auch der Brunnen war mit Holzbrettern abgedeckt, da man die Leitung ohnehin abgestellt hatte (ehe sie bei Frost platzte!).


    "Warte hier!"


    meinte Morag und spitzte in eine Tür. Offensichtlich war Crispus hinter dieser, denn kurz darauf wandte er sich wieder an Crispina und meinte


    "Kannst 'reinkommen!"


    Damit durfte die Petronierin das Tablinium, in dem Crispus zu arbeiten pflegte, aufsuchen.





    SKLAVE - MARCUS PETRONIUS CRISPUS

  • Pure Erleichterung machte sich in ihr breit. Es war doch immer von Vorteil wenn man zu einer Familie gehörte wenn man vor einer fremden Tür stand. Dennoch die Nervosität blieb als sie dem Sklaven langsam und mit einem kurzen Zögern folgte. Was würde ihr Onkel wohl sagen? Sie hatte ihm keinen Brief geschrieben und dies hatte alleine den einen Grund, dass sie hatte vermeiden wollen, dass er es nicht zuließ, dass sie kam. Deswegen hatte sie einfach so beschlossen hier her zu reisen um dem letzten Wunsch ihres Vaters auch gerecht zu werden.


    Mit einigen neugierigen Blicken folgte sie dem Sklaven. Crispina wollte natürlich schon wissen wie ihr Onkel hier so lebte, so weit weg von Rom in diesem seltsamen Land. Es war ihre erste Reise die sie gemacht hatte an die sie sich erinnern konnte und dann auch noch so weit und in einen Welt die ihr so unendlich fremd erschien.
    Den Pelz zog sie wieder etwas fester um ihre Schultern und sie nickte dem Sklaven zu, dass sie warten würde. Warum sollte sie auch weglaufen? Dafür war ihr der Weg dann doch zu weit gewesen, auch wenn sie nicht wusste was sie hier wirklich erwartete.


    Die Sekunden verstrichen und auch wenn es nicht lange dauerte, war das Gefühl doch trügerisch und es kam ihr ewig lange vor. Doch der Sklave wandte sich wieder zu ihr und sie durfte eintreten. Auch wenn sie sonst nicht auf den Mund gefallen war, hatte sie nun doch wirklich Herzklopfen und zögerte wieder eine Sekunde ehe sie durch die Tür ging und den dahinter liegenden Raum betrat.
    Dann blieb sie stehen und schaute den Mann an der ihr Onkel sein sollte. „Salve,“ sagte sie, was irgendwie viel zu förmlich klang „Ich bin Crispina, deine Nichte,“ meinte sie dann noch, was nicht wirklich besser klang als das förmliche Salve in ihren Ohren. Innerlich seufzte sie auf.

  • Der Magistratus Petronius saß in seinem Tablinium, wo er gerade damit beschäftigt war, die Lohnlisten seines Steinbruches zu lesen. Gerade wollte er sich eine Notiz machen, als Morag seinen Kopf zur Tür hereinsteckte.


    "Da ist eine Frau, die behauptet, Deine Nichte zu sein. Sie heißt Petronia Crispina!"


    Petronia Crispina? Crispus musste einen Augenblick überlegen und fragte sich, ob sein Bruder Mela etwa geheiratet und eine Tochter bekommen hatte. Doch eigentlich konnte das nicht sein - soweit er wusste, hatte Mela die Armee nicht verlassen! Oder war er nicht sogar verschollen? In jedem Fall konnte er keine legitime Tochter haben. Doch dann blieb nur noch Tiberius Sequester, sein jüngster Bruder...tatsächlich erinnerte er sich gehört zu haben, dass dieser ein Balg in die Welt gesetzt hatte. Aber ob es ein Mädchen gewesen war? Im Grunde war es Crispus damals egal gewesen - er und Sequester hatten sich nie leiden können - das kleine Nesthäkchen hatte immer alles hinterhergeworfen bekommen! Während Crispus sich mit Mühe den Grammaticus erkämpfen hatte müssen, hatte Sequester sogar eine Zeit lang eine Rhetorenschule besucht - zumindest solange er den Ansprüchen dort genügt hatte! In Crispus' Augen war sein Bruder nämlich stets faul gewesen, hatte jeden Wunsch erfüllt bekommen und sich noch nicht einmal dankbar erwiesen!


    Das letzte Mal, als Crispus ihn getroffen hatte, war das ganze in einen gewaltigen Streit um die Besitzrechte an der Casa Petronia in Rom auseinander gegangen. Zwar hatte Sequester damals das Haus bewohnt, andererseits war er der Ältere und hatte damit eher ein Anrecht! Letztendlich war Crispus davongestürmt und hatte nachgegeben, da er ohnehin bei der Legion gewesen war und vorerst keine Verwendung für Grundbesitz in Italia besaß (ganz zu schweigen von der Möglichkeit, ihn zu pflegen und zu verwalten). Und nun stand die Tochter dieses miesen Weicheis vor seiner Tür? Crispus konnte das nicht glauben und ging davon aus, dass jemand das behauptet hatte, um von Morag eingelassen zu werden. Doch es war nur eine Frau und sie würde sicher keine Gefahr darstellen, also beschloss er, sie einzulassen.


    "Lass' sie 'rein!"


    seufzte er daher und griff nach seinem Gürtel, wo er noch immer seinen Soldatendolch trug - sicher war sicher!


    Und dann trat sie ein und Crispus musterte sie von oben bis unten: Sie besaß die berühmten Petronier-Augen, die ein wenig schmaler und mandelförmiger waren als bei anderen, ihre Haarfarbe war zwar rötlicher als die von Sequester, doch das lag vermutlich daran, dass sie mehr nach ihrer Mutter kam. Die Sommersprossen hingegen erinnerten wieder an Sequester, der diese als Kind gehabt hatte und auch die Kopfform erinnerte an ihn - es bestand wirklich kein Zweifel: Vor ihm stand die Tochter seines jüngsten Bruders!


    "Have."


    erwiderte Crispus und verschränkte die Arme vor der Brust. Das hatte er wirklich nicht erwartet. Und was wollte sie hier? Hatte Sequester etwa auch noch das Haus in Rom verzockt und wollte nun seinen Bruder, der es inzwischen zu etwas gebracht hatte, anbetteln? Aber wahrscheinlich traute er sich selbst nicht und schickte deshalb seine Tochter vor...doch Crispus dachte nicht daran, den Müßiggang von Sequester zu finanzieren!


    "Was willst du?"


    fragte er kalt.

  • Und genau jene Augen die einen Petronier ausmachten musterten nun Crispus. Crispina war jung und in vielen Dingen sicher noch vollkommen unerfahren aber wenn sie eines an Menschen sah dann doch wohl, dass mit dieser Haltung die ihr Onkel an den Tag legte etwas nicht stimmte. Alles an ihm strahlte etwas Ablehnendes aus und Crispina schluckte die Enttäuschung die sie innerlich spürte hinunter. Natürlich hatte sie gewusst, dass es Spannungen zwischen ihm und ihrem Vater gegeben hatte, aber was bitte konnte sie denn für diese ganzen Sachen? Sie war doch gar nicht dabei gewesen wenn die beiden sich in den Haaren hatten oder was auch immer zwischen ihnen gestanden hatte, denn das wusste die junge Frau bis heute nicht.


    Ohne Worte oder Regungen hatte sie die Musterung über sich ergehen lassen. Seine Blicke waren genau, irgendwie die Blicke eines Soldaten, denn soviel hatte sie über ihn erfahren, dass er Soldat war oder gewesen war, sie wusste es nicht genau, denn im Moment sah er nicht mehr soldatenhaft aus.
    Die kleine Schatulle hielt sie auch weiterhin unter ihrem Umhang verborgen, auch wenn es ihr langsam etwas wärmer wurde als eben noch draußen und es vielleicht besser gewesen wäre den Pelz abzulegen. Eine Hand jedoch zog sie nun unter dem Umhang hervor und legte ihn von oben auf ihren Anderen Arm der unter dem Umhang verborgen war. Schmale Finger zierten eine zierliche Hand.


    Für einen Moment verschlug es ihr einfach nur die Sprache, denn von so viel Unfreundlichkeit und Kälte war sie noch nie empfangen worden. Etwas betreten darüber, da die Stimmung alles andere als herzlich war, senkte sie etwas ihren Blick. Er wusste es also noch nicht, sonst hätte er anders reagiert, dachte sie sich. Aber woher hätte er es auch wissen sollen? Sie hatte ihm keinen Brief zukommen lassen und war schon bald nach dem Tod ihres Vaters aufgebrochen um vor dem schlimmsten Winter hier anzukommen.


    Die Stille die einen Moment hier herrschte war im anderen Moment dröhnend laut in ihren Ohren. Natürlich war es nur Einbildung, aber es kam ihr unerträglich laut vor. „Ich weiß nicht was zwischen dir und meinem Vater war, aber ich bin nicht mein Vater,“ war das erste was sie sagte und was ihr in den Sinn kam, denn sie mochte es einfach nicht wenn man ihr so kalt begegnete. „Ich bin hier, weil es der Wunsch meines Vaters war,“ warf sie ihm einen Krümel hin, denn sie hatte sicher nicht vor gleich alle Karten auf den Tisch zu legen. Sollte der Mann dort ruhig ein wenig zappeln. Es wäre nur gerecht für diese Begrüßung. Ihre mandelförmigen, grünlichen Augen musterten ihn und sie dachte nicht daran ihren Blick abzuwenden und sah ihm direkt in die Augen.


    Er war ein seltsamer Mann und doch gehörte er zu ihrer Familie und sie spürte eine gewisse Verbundenheit zu ihm. Er war der Bruder ihres Vaters und daran würde sich auch mit dem größten Zorn niemals etwas ändern.

  • Eine ganze Weile schien es, als wolle Crispina nicht mehr antworten und für einen Augenblick fragte sich Crispus, ob das Mädchen einfach wieder gehen würde. Offensichtlich hatte sie der Empfang ziemlich verunsichert - das sprach dagegen, dass sie irgendwie ein schlechtes Gewissen hatte, ihm unter die Augen zu treten (etwa, weil sie Geld wollte).


    Als sie endlich etwas antwortete, war der Petronier sehr erstaunt: Diese Antwort war fast ein wenig aufmüpfig, zumindest jedoch mutig. Und natürlich hatte sie Recht: Sie war nicht ihr Vater, war 'nur' dessen Tochter. Doch war sie damit nicht aus dem Blute von Sequester, hatte wahrscheinlich den ein oder anderen Charakterzug geerbt, wie sie auch Teile seines Aussehens übernommen hatte?


    Die zweite Äußerung erstaunte Crispus allerdings. Bevor sie das letzte Wort gesagt hatte, hatte er schon innerlich triumphieren wollen, weil seine Vorahnung sich bestätigte und sie doch zum Betteln kam, doch das 'war' irritierte ihn. Es war sehr unwahrscheinlich, dass Sequester sie losgeschickt hatte und dann wieder hatte zurückrufen wollen, doch die zweite Interpretation konnte nur bedeuten, dass sein Bruder verstorben war. Doch warum hatte er seine Tochter dann ausgerechnet zu ihm geschickt? Onkel Varus wäre doch auch eine Möglichkeit gewesen - mit ihm hatte Sequester doch ein gutes Verhältnis gepflegt! Und überhaupt - hatte sein Bruder wirklich erwartet, dass Crispus jetzt seine Waise versorgte? Oder überbrachte sie nur ein Testament, um danach wieder zu verschwinden? Es gab nur eine Möglichkeit, Klarheit zu erhalten:


    "Und warum wollte er das?"


    fragte er, nicht mehr ganz so distanziert, doch noch immer abschätzig.

  • Als Crispus am Morgen der Saturnalien aus seinem Cubiculum kam, war er nicht schlecht überrascht: Der gesamte Garten war unter einer weißen Decke verschwunden. Dann hörte er auch schon Kinderlachen und kurz darauf kamen Armin und Lucius aus dem Triclinium gerannt. Jeder von ihnen trug einen Zweig mit Süßigkeiten. Während Armin die Strenae noch bewunderte, hatte Lucius bereits begonnen, sich ein Honigplätzchen nach dem anderen in den Mund zu schieben.


    Doch ehe gefeiert werden konnte (und Crispus hatte bereits Vorräte angelegt), mussten die rituellen Pflichten vollführt werden. Und diese begannen mit einem Bad.


    "Lucius! Komm, wir holen Wasser!"


    rief Crispus daher seinem Sohn zu - traditionell mussten die Sklaven an diesen närrischen Tagen nicht arbeiten, doch in diesem Moment kam Gunda aus dem Triclinium und sagte


    "Wir haben das Bad schon vorbereitet, Domine! Ich wollte dich gerade wecken!"


    Offensichtlich hatte Gunda früher noch nicht in einem römischen Haushalt gedient - oder zumindest in einem, der die Saturnalia nicht feierte. Seufzend schüttelte der Petronier den Kopf.


    "Gunda, die nächsten Tage Crispus! Es sind Saturnalien! Da gibt's keinen Herrn und keinen Sklaven! Also arbeitest du auch nicht! Bade am besten mit! Wo steckt eigentlich Morag?"


    Gunda grinste - scheinbar hatte sie nicht damit gerechnet, dass Crispus diese Feiertage so ernst nehmen würde. Dann antwortete sie


    "Er kauft das Schwein für das Opfer!"


    Noch einmal musste Crispus den Kopf schütteln. Hier war noch viel Romanisierung zu betreiben - sonst zürnte Saturn ihm am Ende!

  • Gerne hätte sie gewusst was im Moment in dem Kopf dieses Mannes los war und was er dachte, vor allem was er über sie dachte. Crispina war sich sicher, dass er in ihr einfach nur ihren Vater sah, aber nicht sie als Person. Für ihn schien es einfach nur zu zählen, dass sie die Tochter seines Bruders war und dessen Blut durch ihren Körper floss. Und sie fragte sich ob es das ganze überhaupt wert war hier her gekommen zu sein um ihm unter die Augen zu treten.


    Vielleicht wäre es auch einfach besser gewesen wenn ihr Vater ihr schon sehr viel früher mehr über ihren Onkel erzählt hätte und warum sie sich nicht verstanden. Crispina war jemand die Streit nicht wirklich mochte und gerne schlichtete, sich aber auch oft genug nichts sagen ließ und damit einen Streit vom Zaun brach. Es waren ziemliche Widersprüche und wer es mit ihr aufnahm hatte es sicher nicht immer einfach und auch ihrem Vater hatte sie bestimmt das ein oder andere graue Haar gekostet.


    „Es war sein letzter Wunsch gewesen,“ meinte sie und blickte ihm direkt in die Augen. Sanft strich ihre Hand die außerhalb des Umhanges war über ihren Arm als würde sie frieren, aber es war eigentlich das Gegenteil der Fall, denn ihr war schrecklich warm. Einen Augenblick schaute sie auf den Boden bevor sie ihn wieder anblickte und dann wieder den direkten Blickkontakt suchte. „Er lebt nicht mehr. Eine Krankheit hat ihn langsam dahingerafft und ich denke er hatte sehr viel Zeit zum nachdenken,“ sagte sie. „Mein Vater bat mich dir etwas zu bringen und ich musste ihm versprechen, dass ich es dir persönlich gebe und das habe ich getan und nun bin ich hier.“ Langsam zog sie die kleine Schatulle unter ihrem Umhang hervor und hielt sie an sich gedrückt fest.


    „Es tut mir leid wenn ich dir vielleicht Umstände bereite mit meinem Auftauchen. Und es tut mir auch leid, dass du dich vielleicht unwohl fühlst weil du nun der Tochter deines verhassten Bruders gegenüber stehst, deiner Nichte,“ sagte sie wobei sich ihr Ton auf seltsame Weise verändert hatte und ihr Blick schien bohrend zu werden. „Doch ich bin hier weil ich ein Versprechen gegeben habe und ich halte sie wenn ich eines gebe. Und ich kann mich nur wiederholen, dass ich nicht mein Vater bin. Ich bin ich, das solltest du bedenken bevor du zu schnell über mich urteilst,“ meinte sie und im Grunde war es ihr im Moment egal ob sie zu weit ging oder nicht, aber sie wollte diese Dinge hier klar stellen und das tat sie.

  • Ihr schien zu frösteln, was Crispus ein wenig verwunderte - er hatte extra ein Kohlebecken aufgestellt, um die Gliederschmerzen, die ihn seit neuestem bei niederen Temperaturen quälten, zu mindern. Sie schien sehr ergriffen - Crispus hingegen ein wenig verwirrt: Sein letzter Wunsch? Lange Krankheit? Viel Nachdenken? Etwas bringen? Fast fühlte sich der alte Petronier ein wenig schuldig: Sein Bruder war offensichtlich kläglich zugrunde gegangen und er hatte nicht einmal etwas davon mitbekommen! Zwar hatten sie sich niemals sehr gemocht, doch der Umstand, dass Sequester nun niemals wieder auf Erden wandeln würde und im Streit mit ihm von dieser Welt gegangen war, berührte ihn doch ein wenig. Und dann auch noch das Bemühen um Aussöhnung! Denn zweifelsohne hatte er seine Tochter nicht hierher geschickt, um ihm einen Brief zu schicken, der ihm nahelegte, seinem Bruder zu folgen!


    Er streckte die Hände aus, um die Schatulle zu ergreifen und nun fühlte er sich wirklich ein wenig schlecht, wo er so von seinem eigen Fleisch und Blut, das er so kühl empfangen hatte, zurechtgewiesen wurde. Vielleicht musste er ihr doch eine Chance geben...

  • Crispina war froh, dass er nichts auf ihre Worte erwiderte. Wahrscheinlich war es auch besser so, denn noch mehr wollte sie nicht aus sich rausgehen. Wahrscheinlich hatte sie sich schon genug erlaubt. Manchmal neigte sie dazu ein wenig zu übertreiben auch wenn sie glaubte einfach im Recht zu sein, so auch hier. Sie fand es nicht gerecht wie man sie zuerst begrüßt hatte und das hatte sie ihrem Onkel nun auch gesagt.
    Wieder blickte sie ihm in die Augen als er die Hände nach der kleinen Schatulle ausstreckte.


    Etwas zögerlich nahm sie beide Hände und umschloss die Schatulle, blickte auf diese und hielt sie ihm entgegen damit er sie ergreifen konnte. Irgendwie fiel es ihr schwer, war es doch das letzte was ihr Vater anscheinend in Händen gehalten hatte als er es ihr gegeben hatte. Im Moment schien es als würde ihr geradewegs bewusst, dass ihr Vater nicht mehr am leben war. Vorsichtig überreichte sie Crispus die Schatulle, berührte dabei leicht mit ihren Fingern seine Hände und zog die ihren dann wieder zurück.
    Nie hatte sie hineingesehen was in der Schatulle war und nie wäre sie auf die Idee gekommen es einfach zu tun auch wenn sie gerne wissen wollte was dort drinnen war.


    Würde Crispus die Schatulle öffnen würde er als erstes ein gefaltetes Pergament sehen welches mit der huddeligen Handschrift seines Bruders beschrieben wurde. Die Zeilen waren noch schlechter als sonst zu lesen und man würde den Brief sicher einige Male lesen müssen um auch das letzte Wort verstanden zu haben, aber wahrscheinlich würde man dann auch bemerken, dass er es geschrieben hatte als es ihm schon längst nicht mehr so gut ging. Außerdem befand sich auch noch der Siegelring des Sequester in der kleinen Schatulle.



    Mein Bruder,


    lange, viel zu lange haben wir nichts voneinander gehört und es hat in den ganzen Jahren zu viel Streit gegeben. Wenn du diese Zeilen hier lesen wirst verweile ich nicht mehr unter euch sondern habe den Styx überquert. Ob es dich freuen wird oder nicht, das möchte ich hier nicht zur Debatte stellen und mache mir darüber im Moment auch keine Gedanken.
    Die Frau die dir diese Schatulle überbringt ist deine Nichte Crispina, meine Tochter. Ja du hast richtig gelesen und wahrscheinlich auch gehört, denn ich habe ihr deinen Namen gegeben.


    Bevor ich diese Welt hier verlasse wollte ich noch einige Dinge klären für die ich leider nicht mehr persönlich vorbeikommen kann. Zu gerne hätte ich unsere Streitereien persönlich beiseite geschoben und dir die Hand gegeben. Man hat viel Zeit zum Nachdenken wenn man krank im Bett liegt und eigentlich waren unsere Streitereien die wir immer hatten nichts weiter als Eifersüchteleien auf den anderen. Der Kampf zwischen kleinen und großen Bruder.
    Im Nachhinein doch recht lachhaft, doch nicht mehr zu ändern.


    Ich möchte dich auch um einen Gefallen bitten. Crispina hat mit der ganzen Sache nichts zu tun. Schick sie nicht einfach weg. Sie hat unser Blut in ihren Adern und keine direkte Familie mehr außer dich. Sie ist mein Ein und Alles und ich brauche jemanden der ein Auge auf sie wirft, der für sie da ist und sich um sie kümmern kann und wen gibt es da anderes als meinen Bruder? Ich weiß, die Bitte wird dich überrumpeln, aber ich hoffe du wirst darüber nachdenken.


    Und noch etwas, das schreibe ich mit einem Schmunzeln. Lege dich nicht zu oft mir ihr an. Sie hat den Dickkopf von dir und mir, das kann nicht gut gehen.


    Mach es gut mein Bruder, wir werden uns wiedersehen.


    Tiberius Sequester


  • Kurze Zeit später war es so weit: Alle Hausbewohner hatten sich in der Küche versammelt, wo Gunda einen großen Bottich aufgestellt hatte, in dem man zu zwei sitzen konnte. Crispus bestand darauf, dass zuerst Gunda und Armin in die Wanne stiegen. Die beiden schienen das warme Wasser zu genießen, doch blieben sie nicht lange, sondern verließen das warme Nass recht schnell, um wieder in ihre Kleider zu schlüpfen. Unterdessen streifte Crispus seine Tunica ab und wies auch Lucius an, sich seiner zu entledigen. Wenn Crispus seinen Sohn so betrachtete, machte er sich ein wenig Sorgen: Der Knabe war etwas schmächtig und dünn - so würde er wohl kein guter Soldat werden! Er würde sich in Zukunft mehr darum kümmern, das der Junge genug aß!


    Obwohl das Wasser in der Wanne schon eine Zeit lang stand, war es noch immer angenehm warm, als die beiden Petronier hineinstiegen. Crispus setzte sich und Lucius nahm auf seinem Schoß Platz. Diese Situation erinnerte den Alten an ein bestimmtes Erlebnis aus seiner Kindheit: Auch er hatte am ersten Tage der Saturnalien gemeinsam mit seinem Vater gebadet (soweit dieser zu Hause war). Und dabei hatte man sich immer die Geschichte von Saturn und seinem Zeitalter erzählt. So wollte er diesmal auch seinem Sohn die Geschichte erzählen:


    "Lucius, weißt du, warum wir die Saturnalien feiern?"


    fragte er daher. Bei der Antwort des Jungen musste sich Crispus allerdings fragen, ob die Schule des Xanthos wirklich die beste war:


    "Nein, warum, Papa?"


    Mit großen Augen sah Lucius zu seinem Vater hinauf, der zuerst ein nachdenkliches, dann ein freundliches Gesicht machte. Wahrscheinlich hatte Xanthos ihnen schon etwas darüber erzählt, nur hatte Lucius wohl nicht aufgepasst - normalerweise hätte das Wut bei Crispus erzeugt, doch heute waren Saturnalien, da vergab man das schonmal.


    "Saturn war einmal der Herrscher des Himmels, bis Iuppiter gekommen ist, und ihn vertrieben hat. Da hat er nicht gewusst, was er tun sollte und ist auf die Erde gekommen. Dort hat er dann Ianus getroffen und zwar in Latium - weißt du, wo Latium liegt?"


    "In Italia!"


    antwortete Lucius rasch und Crispus nickte. Wenigstens etwas hatte sein Junge in der Schule gelernt! So fuhr er fort.


    "Ianus hat Saturn an seiner Herrschaft beteiligt und als Dankeschön hat Saturn den Menschen den Ackerbau beigebracht. Und natürlich den Weinbau! Seine Herrschaft war eine tolle Zeit: Niemand musste säen, aber man hat in Hülle und Fülle ernten können! Außerdem waren alle gleich, es hat keine Sklaven und Herren gegeben - warum auch? Jeder hat ja gehabt, was er wollte! Aber leider haben die Leute bei all dem Wohlstand vergessen, was wichtig ist: Ordnung, Disziplin, vor allem in der Religio. Deswegen haben die anderen Götter wieder Ordnung geschafft und Saturn in Ketten gelegt - wie einen Verbrecher! Damit war es aus mit dem tollen Leben für alle - die Leute mussten wieder hart arbeiten und die Götter fürchten.


    Wenn du Saturn heute anrufst, kannst du manchmal sogar das Klirren seiner Ketten hören!"


    Mit großen Augen sah Lucius seinen Vater an. Dieser lächelte - seine Geschichte hatte Wirkung gezeigt. Sie war zwar nicht das, was sein Vater ihm damals erzählt hatte (dieser hatte die Zeit des Saturn etwas positiver dargestellt und die anderen Götter eher als missgünstige Neider dargestellt, sodass Saturn etwas besser wegkam), doch sie transportierte dafür seine wichtigsten Werte - Ordnung und Disziplin - besser und das war es, was Lucius vor allem lernen musste.


    "Heute vor vielen Jahren ist der Tempel des Saturn in Rom geweiht worden und deswegen feiern wir dieses Fest und lassen ihn sozusagen ein paar Tage nochmal regieren."


    "Und das macht den anderen Göttern nix aus?"


    "Nein, die dürfen ja den Rest des Jahres regieren!"


    Bei dieser Aussage war sich Crispus zwar nicht so sicher, doch die Tradition der Maiores war über jeden Zweifel erhaben und wenn sie sagten, dass die Saturnalia zu feiern waren, dann war das auch so - außerdem war Saturn sonst sicher böse!


    "Weißt du eigentlich, was am Saturntempel so besonders ist?"


    "Dass er einem alten König der Menschen geweiht ist?"


    "Nein, Quirinus Romulus ist doch auch ein König der Menschen gewesen und hat einen Tempel! In seinem Tempel ist das Aerarium Saturni, der Staatsschatz! Er muss darauf aufpassen!"


    Wieder einmal fragte Crispus sich, ob sein Sohn in der Schule eigentlich gar nichts Vernünftiges lernte! Vielleicht sollte er ihn irgendwann nach Italia schicken, damit er ein bisschen römischer wurde...

  • Zitat

    Original von Petronia Crispina
    [...]


    Etwas zögerlich nahm sie beide Hände und umschloss die Schatulle, blickte auf diese und hielt sie ihm entgegen damit er sie ergreifen konnte. Irgendwie fiel es ihr schwer, war es doch das letzte was ihr Vater anscheinend in Händen gehalten hatte als er es ihr gegeben hatte. Im Moment schien es als würde ihr geradewegs bewusst, dass ihr Vater nicht mehr am leben war. Vorsichtig überreichte sie Crispus die Schatulle, berührte dabei leicht mit ihren Fingern seine Hände und zog die ihren dann wieder zurück.
    Nie hatte sie hineingesehen was in der Schatulle war und nie wäre sie auf die Idee gekommen es einfach zu tun auch wenn sie gerne wissen wollte was dort drinnen war.


    Würde Crispus die Schatulle öffnen würde er als erstes ein gefaltetes Pergament sehen welches mit der huddeligen Handschrift seines Bruders beschrieben wurde. Die Zeilen waren noch schlechter als sonst zu lesen und man würde den Brief sicher einige Male lesen müssen um auch das letzte Wort verstanden zu haben, aber wahrscheinlich würde man dann auch bemerken, dass er es geschrieben hatte als es ihm schon längst nicht mehr so gut ging. Außerdem befand sich auch noch der Siegelring des Sequester in der kleinen Schatulle.


    Sim-Off:

    Ups, ist mir gar nicht aufgefallen :D


    Crispus nahm die Schatulle entgegen und spührte die kurze Berührung mit Crispina. Die Haut ihrer Finger war viel weicher als seine Hände, die zwanzig Jahre lang Bauarbeiten und Schwertkampf mitgemacht hatten. Eine Narbe ging über die Rechte - er hatte sie bei einem Übungskampf kassiert.


    Langsam zog er die Schatulle zu sich heran und öffnete sie - was mochte sein Bruder ihm schicken? Dann sah er es: Ganz oben lag ein Bogen Pergament, etwas unordentlich zusammengefaltet - in Crispus' Erinnerung hatte Sequester nie die Geduld zu akurater Arbeit besessen. Vorsichtig nahm er ihn heraus und überlegte, ob Crispina den Inhalt des Briefes wohl kannte. Ein Blick in ihr Gesicht verriet, dass sie offenbar selbst etwas neugierig war, was darin stand.


    Langsam entfaltete er den Brief und erkannte sofort die unsaubere Schrift seines Bruders. Offenbar war ihm seine Schönschrift in den Jahren der Trennung noch mehr abhanden gekommen. Es war gar nicht so einfach, die Worte zu entziffern. Dann endlich erkannte er die Bedeutung der Zeilen: Crispina war tatsächlich nach ihm benannt! Die Ähnlichkeit war ihm bei der Nennung ihres Namens gar nicht aufgefallen, sosehr war er damit beschäftigt gewesen, ihr Gift und Galle entgegenzuspucken! Und nun sollte er sich um sie kümmern? Glaubte sein Bruder tatsächlich, er könnte ihm mit seinem letzten Willen einen weiteren Esser aufbürden? Andererseits...vielleicht hatte Sequester recht...war es nicht wirklich eher Rivalität gewesen als wirklich einseitiges Verschulden gewesen? Nein, natürlich war Sequester schuld! Ständig hatte er die Bevorzugung, die er genossen hatte, ausgenutzt! Hatte er jemals etwas für ihn getan? Hatte er sich überhaupt jemals gemeldet? Crispus' Feindschaft war zu verhärtet, um durch ein einfaches Friedensangebot ausgelöscht zu werden.
    Doch dann kamen ihm wieder Crispinas Worte in den Sinn: 'Ich bin nicht mein Vater'. Konnte er sie wirklich einfach von der Tür weisen, sodass sie wahrscheinlich als Bettlerin oder Lupa leben musste? In ihren Adern floss das Blut seines Bruders, doch war das Grund genug, sie allein zu lassen? Und überhaupt: Hatte es nicht sogar Vorteile? Konnte sie nicht so eine Art 'Ersatzmutter' für Lucius werden? Konnte er sich damit nicht einen Sklaven sparen? Vielleicht sollte er es wirklich versuchen...


    Er seufzte gedehnt und meinte dann:


    "Also gut. Du kannst bei mir bleiben!"


    Sein Blick fiel in die Schatulle. Der Ring Sequesters lag dort und er holte ihn heraus. Wahrscheinlich hatte Vater ihn seinem Lieblingssohn geschenkt. Er trug das Wappen der Petronier - vielleicht sollte er ihn aufbewahren. Oder aber in den Rhenus werfen...

  • Nachdem sich die Hausbewohner gebadet hatten, schlüpfte Crispus in seine Festtagstracht: Eine Tunica, sowie einen Pileus, den er vor kurzem gekauft hatte. Auch Lucius erhielt eine solche Mütze, während er bei den Sklaven auf dieses Accessoire verzichtet hatte. Irgendwie widerstrebte es ihm, einen Sklaven symbolisch freizulassen und dann doch nicht. Außerdem hätten sie es vermutlich sowieso missverstanden, wie er heute feststellte: Sie kannten sich mit römischen Sitten nicht aus!


    Schließlich versammelte sich die Familie vor dem Lararium, das Crispus gegenüber seines Schlafzimmers unter den Porticus platziert hatte. Da er die Figuren aus dem Lararium seiner Familie nicht mitnehmen konnte, hatte er neue Figürchen gekauft: Zwei tanzende Jünglinge, die die Hausgeister darstellten, dazu ein Genius für ihn und eine persönliche Iuno für Heila. Er hatte das Figürchen auch nicht weggeworfen, als sie verstorben war. Da es doch recht kalt war, trugen alle Mäntel (Crispus natürlich sein altes Sagum). Außerdem hatte er einen Kranz auf dem Kopf, denn das Opfer würde dem griechischen Ritus folgen. Lucius durfte als Opferhelfer fungieren, während Morag das Ferkel, das er gekauft hatte, schlachten musste. Zwar hätte auch das nach Crispus' Meinung Lucius tun sollen, damit er weniger zimperlich wurde, doch nachdem er zu weinen begonnen hatte, hatte Gunda erkämpft, dass er es doch nicht tun musste.


    So stand Crispus vor dem Lararium, während Lucius neben ihm eine Dose mit Weihrauch, Armin Wein und Morag das Ferkel an einem Strick trug. Da Lucius noch nicht so flüssig lesen konnte, trug Crispus auch die Tafel, auf der das traditionelle Saturnaliengebet stand (so oft hatte er es doch noch nicht gesprochen):


    "Der Kreis des Jahres teilt sich in vier Teile, und in den Ländern unserer Heimat und unserer Provinzen ist die dunkle Zeit von der Sommersonnenwende zur Wintersonnenwende die Zeit zu pflügen und den Boden zu bestellen und den Samen auszustreuen.
    Wenn dies getan ist ruhen die Menschen aus in der Winterzeit, bis zur Rückkehr der Sonne. Drei alte Götter werden in dieser Zeit geehrt: Saturnus, Ops und Consus sind ihre Namen.


    Saturnus, wir geben Dir dieses Ferkel, das Junge eines Schweines. Bewahre das Korn für die Saat und mache es fruchtbar für die Ernte!"


    Das Opfer wurde vollzogen: Zuerst der Weihrauch, dann der Wein und zuletzt griff Crispus das Opfermesser, das zum Zubehör des Larariums gehörte, um das Ferkel rituell zu entkleiden.


    "Age!"


    erklang endlich der Opferbefehl und Morag ergriff das Tier, um ihm dann die Kehle durchzuschneiden. Das Tierchen quiekte kläglich, dann jedoch spritzte das Blut aus dem Hals und traf Lucius im Gesicht, der sofort vor Schreck aufschrie. Er hatte sowieso schon mitleidig ausgesehen, doch nun war er völlig verwirrt. Das ganze schöne Opfer wurde gestört! Rasch entriss Crispus seinem Sohn die Schüssel, die das Blut auffangen sollte und hielt es unter das Ferkel. Es dauerte einige Zeit, in der Lucius sich einigermaßen beruhigte, dann jedoch kam kein Blut mehr und das Tier zuckte nicht mehr.


    Morag begann, das Schwein aufzuschneiden und die Innereien zu entnehmen. Sie wurden auf den kleinen Altar, der am Lararium war, verbrannt. Das Fleisch hingegen sollte heute Abend als Festtagsschmauß dienen. Da hier niemand Haruspex war, musste Crispus darauf vertrauen, dass die Götter das Opfer annahmen und beendete alles mit einem


    "Bona Saturnalia!"


    Gunda eilte zu Lucius, der das Blut auf seinem Gesicht etwas verschmiert hatte und weiterhin ziemlich verwirrt wirkte. Doch Crispus kam ihr zuvor und packte ihn an der Schulter.


    "Ein Römer erträgt sowas diszipliniert und ruhig! Sowas gefällt den Göttern nicht!"


    Dann wandte er sich ab und ging, sich eine neue Tunica anzuziehen und die Sigillae zu holen, die er an alle zu verschenken gedachte.

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