Seit jenem denkwürdigen Ausbildungstag, an dem die Probati aus Pius' Gruppe zum ersten Mal mit Holzwaffen trainiert hatten, war bei vielen, und so auch bei dem Sergier, nicht nur ein ausgewachsener Muskelkater wegen der vielen Strafübungen auszukurieren gewesen, sondern auch ein gewisser Lagerkoller eingetreten. Die jungen Soldaten waren nun schon im Schnitt etwa zweieinhalb Wochen in der Castra - manche auch länger - und hatten auch nichts außerhalb gesehen, sondern nur immer die gleichen Gesichter.
Auch zwischen Pius und seinem "Freund" Geganius Balbus war es immer wieder zu kleineren Reibereien gekommen; immerhin hatten die beiden Kontrahenten sich aber doch noch soweit zusammenreißen können, dass sie um eine veritable Prügelei herumgekommen waren. Eine solche hatte dann allerdings am Vorabend schon nach Einbruch der Dunkelheit im Unterkunftsraum des Contuberniums des Sergiers zwischen zwei anderen Soldaten stattgefunden und war leider nicht ganz folgenlos geblieben. Pius war daher gezwungen, dem Centurio nach den normalen Aufwärmrunden und -übungen wieder die folgende Meldung zu machen: "Quintus Sergius Pius, Probatus der Zweiten Centurie der Dritten Cohorte. Melde gehorsamst die Vollzähligkeit der Gruppe bis auf einen Probatus, der sich seit gestern Abend im Valetudinarium befindet wegen eines vereiterten Zahnes."
So jedenfalls war man noch in der Nacht in der Unterkunft übereingekommen, es nach außen hin darzustellen in der Hoffnung, dass der zuständige Medicus das Theater mitspielen würde. Denn der "vereiterte" Zahn war natürlich keineswegs vereitert, sondern vielmehr ein Opfer der Prügelei gewesen. Aber das sollten selbstverständlich auf keinen Fall die Vorgesetzten erfahren.