Officium des Praefectus Urbi P.V.S.

  • Zitat

    Original von Iullus Octavius Ofella
    Ofella klopfte an und trat ein. Ich freue mich schon auf diesen Scriba dachte er gerade, als er auch schon vor ihm stand. "Salve da draußen am Tor steht eine Bande, mit einem Geschäftsvorschlag für den Praefectus Urbi. Um es kurz zu machen, sie haben eine Frau, eine Angehörige, von einem der auf der Fahndungsliste steht"


    Der Scriba zog bei den ersten Worten die Stirn in Falten, denn Banden waren hier nicht gerne gesehen, zumindest sofern sie ungefragt kamen und keine von Salinator bestellten und bezahlten Schläger waren. Dann aber entspannten sich seine Züge wieder, als er das Ende der Mitteilung hörte. Frauen, egal welcher Art, waren Salinator immer Recht, vor allem, wenn man sie ihm frei Haus lieferte. Und wenn es auch noch ein Fahndungserfolg war, umso mehr. "Sollen reinkommen. Ich sorge dafür, dass sie schnell vorgelassen werden."

  • Zitat

    Original von Marcus Pompeius Agrippa
    [quote]Original von POTITUS VESCULARIUS SALINATOR
    Potitus legte den Kopf schief. "Du kannst davon ausgehen, dass die Cohortes Urbanae nur mich in einer Toga auf diesem Platz sitzen lassen! Verschone mich also in Zukunft mit irgendwelchen Marschbefehlen, sondern sage einfach, was dein Anliegen ist, Soldat!" Sonst lernte der Bursche es ja nie! "Was die Classis angeht..." Er überlegte einen Moment. "Habe ich keine Befehle außer dem, dass sie ausschließlich Befehle von mir annehmen soll! Ich verwalte Rom, solange es keinen Kaiser gibt! Und nur hier in Rom kann ein legitimer, neuer Imperator Caesar Augustus ernannt werden! Dann wird er aber informiert werden!" Da er vorerst keine Seekriegskampagne plante, dürfte das wohl alles sein!


    Potitus winkte ab. "Nichts weiter. Wegtreten." Je schneller dieser komisch Bursche mit seinem komischen Marschbefehl weg war, umso besser. So ein Kleinkram!

  • "In Ordnung!"


    Ich wandte mich ab und verließ das Zimmer des praefect urbi- des mächtigsten Mannes Rom's -und machte mich mit den Befehlen auf den Weg nach Misenum. Bald würde ich wieder in meiner Heimat sein, weit ab des ganzen Trubels und der Menschenmengen.
    Wie schön ...

  • Zitat

    Original von POTITUS VESCULARIUS SALINATOR


    Potitus winkte ab. "Nichts weiter. Wegtreten." Je schneller dieser komisch Bursche mit seinem komischen Marschbefehl weg war, umso besser. So ein Kleinkram!




    Mit sehr gemischten Gefühlen hörte Ofella die Antwort des Scriba. Er freute sich, dass er einmal so schnell und ohne Gemaule von ihm eine Antwort bekam, doch auf der anderen Seite ärgerte er sich weit mehr, dass diese verfluchte Bande soviel Glück hatte. Er konnte also nichts mehr für die Frau tun. „Dann bis gleich“, verabschiedete er sich und machte sich auf zur Porta.

  • Nigrina bemerkte den Blick, den der Soldat ihr zuwarf, aber sie reagierte nicht darauf – sie ließ sich nicht einmal anmerken, dass sie ihn gesehen hatte. Genauso wenig würdigte sie ihren Leibwächter noch eines Blickes, als sie hörte, dass er nicht mit hinein gehen würde. Sie hätte ihn gern um sich gehabt, weil es ihr ein Gefühl von Sicherheit gegeben hätte... aber sie wusste, dass das völlig irrational war. Er mochte seinen Nutzen bewiesen haben inzwischen, aber auch er würde ihr in der Castra nicht helfen können. Und irrationale Anwandlungen behinderten sie nur – wenn sie etwas von ihrem Mann gelernt hatte, dann das. Nicht dass sie bislang darauf wirklich viel gegeben hätte, wenn ihr der Sinn nach etwas anderem stand, nur... sie hatte das sichere Gefühl, dass es besser war, wenn sie sich von jetzt an ein Beispiel an Sextus nahm. Und davon mal ganz abgesehen: es hätte von Schwäche gezeugt, und sie wollte nichts weniger als schwach wirken.


    Immer noch schweigend und mit hoch erhobenem Kopf betrat sie also die Castra. Mit einer unwilligen Bewegung hatte sie noch die Hand versucht abzuschütteln, die auf ihrer Schulter lag, aber das war vergebens – der Griff verstärkte sich nur noch etwas. Also beließ sie es dabei und versuchte unabhängig davon, so stolz wie möglich zu wirken. Es gab da allerdings noch etwas, was ihr in zunehmendem Maß einen weiteren, ziemlich dicken Strich durch die Rechnung machte. Mehr und mehr wurde ihr bewusst, wie sie aussah – erschöpft, verdreckt, mit strähnigem Haar und mit Schmutz und getrocknetem Blut befleckter Kleidung. Ihre Haltung war und blieb die gleiche, und unter all dem, was die vergangenen Tage mit ihrem Äußeren angerichtet hatten, war doch zu erkennen, dass sie schön war. Und sie war eine Flavia! Das war es was zählte. Nicht wie sehr man sehen – oder riechen – konnte, dass sie dringend ein Bad brauchte, und eine lange Nacht voll Schlaf, und ganze Heerscharen an Sklaven, die sie verwöhnten, massierten, sich um ihre Haare und ihre Haut und ihre Nägel und alles mögliche andere kümmerten, und zu guter Letzt neue Kleidung. Sie redete sich ein, dass das alles nicht zählte, aber Fakt war: es spielte eine Rolle. Für sie. In den letzten Tagen, unter Männern, die so weit unter ihrer Würde standen, dass sie sie normalerweise nicht einmal bewusst bemerkt hätte, wären sie ihr auf der Straße begegnet, war das noch nicht so wichtig gewesen, abgesehen von dem Fakt dass sie sich schlicht und ergreifend nach Schlaf, Wärme, einem Bad gesehnt hatte. Aber hier, wo sie wieder Menschen gegenüber stehen würde, denen sie so oder so mehr Achtung geschenkt hätte, störte es sie. Und das einzige was sie tun konnte war, sich davon nichts anmerken zu lassen, während sie durch die Castra gingen und schließlich das Vorzimmer zum Büro des Vescularius betraten.

  • Der Scriba war nicht untätig gewesen in der Wartezeit, wie man unschwer an den Männern der Leibwache des Praefectus Urbi sehen konnte, die nun im Vorzimmer standen. Offenbar wollte man jedes Risiko, egal welcher Art, vollkommen ausschließen. Der Scriba wirkte daher auch etwas nervöser, zog aber erst einmal das Protokoll durch. "Salve. Wer seid ihr und wer ist die Dame?" Beinahe hätte er noch gefragt, warum sie so dreckig war, aber das verkniff er sich gerade noch.

  • Als sie schließlich eintraten und Nigrina nicht nur einen Scriba sah, sondern auch ein paar Wachen, fuhr sie sich unwillkürlich – und nervös – durch ihre Haare, versuchte sie ein wenig zu glätten, und strich sich ihre Kleidung glatt. Ziemlich nutzlos, und sie ärgerte sich gleich darauf über sich selbst, aber sie konnte auch nicht aus ihrer Haut, und hier fühlte sie sich einfach unwohl. Sie hätte sich zwar so oder so unwohl gefühlt, selbst wenn sie aufs Feinste herausgeputzt gewesen wäre... aber es war einfacher, sich an diese Äußerlichkeiten festzuklammern als über das nachzudenken, was darunter lauerte.


    Trotzdem ärgerte es sie, dass sie diesem Impuls zunächst nachgegeben hatte, und so verschränkte sie beinahe trotzig die Arme und versuchte den Scriba wortlos nieder zu starren, während sie sich bemühte, Haltung zu wahren.



    ~~~


    Sulca indes lächelte den Scriba jovial an und ignorierte die Wachen im Raum. „Mein Name ist Ennius Sulca... und die... Dame hier ist Flavia Nigrina. Meine Männer und ich haben sie und ihre Begleitung vor ein einigen Tagen angetroffen, auf dem Weg nach Norden.“ Wenn die Sklavin die Wahrheit gesagt hatte, dann würde dem Scriba der Name wohl ein Begriff sein, vermutete Sulca. Unnötig also, noch mehr zu erwähnen, jedenfalls für den Moment – wenn der Mann Fragen hatte, konnte er sie immer noch stellen. „Ich bin hier, um sie auszuliefern... und hoffe auf die Großzügigkeit einer Belohnung für meine Männer und mich.“ Wieder ein Lächeln – aber gesagt werden musste, was er wollte. Nicht dass am Ende noch der Irrtum aufzuklären war, dass er das für lau tat, weil er ein achsoaufrechter Bürger war.

  • Während der Mann antwortete, betrachtete der Scriba die Dame eingehend. Am Ende nickte er leicht, ohne direkt auf das Gesagte einzugehen. Stattdessen wandte er sich direkt an die vorgebliche Flavierin. "Spricht dieser Mann die Wahrheit? Bist du wirklch Flavia Nigrina, die Frau des Aurelius Lupus?"

  • Potitus schimpfte, fluchte und tobte und schleuderte den nächstbesten Gegenstand zu Boden, was den Boten im Raum angstvoll zucken ließ. "Dieser Bastard! Dieser hohlwangige Geist von einem Greis! Was fällt ihm ein? Wie kommt er dazu? Was sind das für verlauste Verräter um ihn herum?" Erst jetzt schien er die Anwesenheit des Boten, der ihm Augenblicke zuvor eine Nachricht übergeben hatte, wieder zu bemerken. "Heraus mit dir! Sofort! Und lass' den Terentier kommen! Sofort!" Man konnte meinen, dass das donnernde Echo seiner Stimme über ganz Rom zu hören war. Und vermutlich war es genau das Donnern, dass sich ein gewisser Senator namens Cornelius Palma erhofft hatte, als er sich in Syria zum Kaiser ausrufen ließ.

  • Zitat

    Original von POTITUS VESCULARIUS SALINATOR
    Während der Mann antwortete, betrachtete der Scriba die Dame eingehend. Am Ende nickte er leicht, ohne direkt auf das Gesagte einzugehen. Stattdessen wandte er sich direkt an die vorgebliche Flavierin. "Spricht dieser Mann die Wahrheit? Bist du wirklch Flavia Nigrina, die Frau des Aurelius Lupus?"


    Nigrina zögerte, als der Scriba sich an sie wandte – und das nicht nur, weil sie instinktiv zunächst erwartete, dass sich ihr... Begleiter wieder einmischen würde. Was er nicht tat – vermutlich weil er es doch für klüger hielt, hier, im Vorzimmer des Praefecten, und umgeben von ein paar Wachen, während er allein und unbewaffnet war, sich etwas zurückzuhalten. Nein, Nigrina zögerte, weil sie keine Ahnung hatte, was sie antworten sollte. Lügen? Behaupten sie sei es nicht? Leugnen, dass sie eine Flavia war?
    Alles in ihr sträubte sich dagegen – sie war eine Flavia, und sie war stolz darauf! Nur was würde ihr die Wahrheit hier bringen? Sie wusste nicht, was genau die Bande dazu gebracht hatte, sie hierher zu bringen, sie wusste nur, was dieser Sulca ihr gesagt hatte, und das war nur, dass ihre Familie und die ihres Mannes Hochverrat begangen hätten. Aber selbst wenn das nur ein Trick war, ob nun von Sulca oder vom Vescularius: Fakt war doch, dass zumindest Sextus – und sie ja auch – geflohen waren. Sie hoffte jedenfalls, dass Sextus geflohen war und nicht noch irgendwo hier in Rom war, weil er es nicht geschafft hatte. So oder so: die Gesellschaft eines anerkannten Patrizierhassers, der faktisch die Macht hier hatte und seit dem Tod des Kaisers nichts mehr, was ihn zurückhielt, war wohl keine sonderlich gute für sie.
    Ein Teil von ihr wollte also dennoch leugnen, obwohl sich in ihr so viel dagegen sträubte. Nur, abgesehen von Stolz und Trotz: was dann? Selbst wenn der Scriba ihr das unbesehen glauben würde, sie bezweifelte, dass dieser... Sulca, wie er sich vorgestellt hatte, es darauf beruhen lassen würde. Er hatte nicht nur sie, sondern auch noch ihre Sklaven, die das flavische Zeichen mit ihrem Kürzel eintätowiert trugen. Und er hatte ihre Sachen... Und selbst wenn er mit all dem nicht durchkam, und sie hinaus geschickt wurden, weil der Scriba glaubte sie – sie beide! – wollten ihm nur was vormachen: am Ende würde der ihr dann draußen die Kehle durchschneiden, weil sie keinen Nutzen mehr für ihn hatte – da war es doch eindeutig besser, hier zu bleiben, fand sie, weil sie ganz eindeutig am Leben bleiben wollte. Wahrscheinlicher war allerdings, dass er den Scriba doch würde überzeugen können, zumindest genug, dass sie sie da behielten, bis sie jemanden anderen aufgetrieben hatten, der bezeugen konnte wer sie war.


    All diese Gedanken schossen durch ihren Kopf, schneller als sie einen einzelnen davon wirklich fassen könnte, während sie fieberhaft überlegte... Letztlich wurde ihr allerdings keiner davon wirklich bewusst. Bewusst waren ihr nur zwei Dinge: sie war eine Flavia. Sie konnte, wollte, würde nicht leugnen, wer sie war. Und: sie hatte Angst. Angst, die falsche Entscheidung zu treffen, und Angst, dass jede Entscheidung irgendwie falsch war. Aber Angst half ihr nicht weiter. Immer noch mit verschränkten Armen, und immer noch mit trotzigem Blick sah sie den Scriba an. „Was spielt es für eine Rolle, wer ich bin?“ antwortete sie schließlich, gleichermaßen patzig wie arrogant – und entschied sich damit weder für das Leugnen noch die Wahrheit, sondern für Angriff. „Ich bin eine römische Bürgerin, also sorg einfach dafür, dass der Kerl da mich nicht weiter belästigt und lass mich gehen!“


    Neben ihr verdrehte Sulca nur die Augen... und zog aus seiner Tasche einen kleinen Gegenstand hervor, den er dem Scriba auf den Tisch warf, wo er mit einem Klimpern landete. Als er zur Ruhe kam, war erkennbar, dass es ein Siegelring der Flavier war. „War bei ihren Sachen. Genügt das als Beweis?“

  • Der Scriba verstand nicht, warum sich die Dame ihm gegenüber so schnippisch benahm und die Aussage verweigerte. Er konnte sich nicht vorstellen, welchen Vorteil sie sich davon erhoffte, wenn ihre Identität nicht geklärt wurde. Entsprechend schaute er fast dankbar auf den Ring, den der Bandenchef vorlegte und für dessen Prüfung er nur wenige Augenblicke brauchte. Dann nickte er. "Ja, das reicht mir. Flavia Nigrina, der Praefectus Urbi möchte dich sprechen. Folge mir bitte", richtete er dann wieder das Wort an die Dame und ging voran in Richtung des Büros seines Vorgesetzen. Mit kleinen Gesten mit der Hand wies er die Leibwachen des Praefectus an, dass sie zum Teil ihn begleiten und zum Teil im Vorzimmer bleiben sollten.


    Dann öffnete er die Tür und stellte die Dame noch einmal förmlich vor. "Praefectus, dies ist Flavia Nigrina, die Ehefrau des Aurelius Lupus." Schweigend zog er sich zurück, um der Flavia Platz zu machen und auf die Reaktion des Praefectus zu warten.

  • Nein. Natürlich tat der Scriba nicht, was sie ihm sagte. Natürlich ließ er sie nicht gehen, und sorgte gleichzeitig noch dafür, dass sie auch der Bande entkam. Nigrina verschränkte ihre Arme noch ein bisschen fester, so dass es nun beinahe schon so aussah, als ob sie sie um ihren Oberkörper geschlungen hatte, weil sie fror – was so falsch gar nicht war. Sie fröstelte tatsächlich, aber nicht, weil ihr kalt war, und sie wollte um keinen Preis das jemand das Zittern sah, das durch ihren Körper lief. Sie hasste sich selbst für diese verräterischen Zeichen ihres Körpers. Und sie hasste den Scriba. Und diesen Sulca. Und alle, die sonst noch irgendwie Schuld daran trugen, dass sie in dieser Situation war.


    Mit aufeinander gepressten Lippen folgte sie dem Scriba, ohne sich noch einmal nach dem Kerl umzusehen, der sie hierher gebracht hatte, die Arme nach wie vor verschränkt, der Blick nach wie vor trotzig – wenn auch nicht mehr ganz so sehr wie noch zuvor. Sie bemühte sich um Haltung, klammerte sich an ihren Stolz. Sie hatte nicht vergessen, wie der Praefectus Urbi aufgetreten war, als Sextus ihn zur Cena eingeladen hatte bei ihnen, und sie wollte verdammt sein, wenn sie sich vor diesem Mann eine Blöße gab. Nun... eine größere als die, die sie zwangsläufig durch ihren Aufzug hinnehmen musste.
    Und wie von selbst schaltete etwas in ihr um, als sie schließlich das Officium des Praefecten betrat und dem mächtigsten Mann Roms – des Reichs! – gegenüber trat. „Salve, Praefectus. Wie erfreulich, dich wieder zu sehen. Ich hoffe Thalia ist wohlauf?“ Macht war Macht, daran gab es nichts zu rütteln. Dennoch konnte sie nicht verhindern, dass ihre Stimme eine merkwürdige Mischung aus verschiedensten Klangfarben war: die übliche Höflichkeit, die sie gegenüber solchen Persönlichkeiten an den Tag legte, eine gewisse Selbstverständlichkeit, als sei es völlig normal, dass sie ihm hier nun einen Besuch abstattete – aber auch der Trotz, der versuchte, Nervosität, Anspannung, Furcht zu unterdrücken, ein Hauch von Ironie, weil die Situation eben keine völlig normale war, und nicht zuletzt Nervosität, Anspannung, Furcht, die sich nicht unterdrücken ließen. Wenn sie wenigstens wüsste, was wirklich Sache war... wie es Sextus ging. Und Gracchus und ihren anderen Verwandten. Das Unwissen darüber, was seit ihrer Flucht aus Rom passiert war, machte sie unsicherer als ihr lieb war.

  • Potitus saß bequem in seinem Stuhl und blickte gespannt zur Tür, als gäbe es einen größeren Aufzug zu erwarten. Seine Lippen umspielten ein etwas zu deutliches Lächeln, das eindeutig Züge von Selbstzufriedenheit und Triumph beinhaltete. "Salve, Flavia Nigrina. Deine Anwesenheit ist mir eine große Freude. Auch wenn ich zugeben muss, dass ich dich von unserem letzten Zusammentreffen ansehnlicher in Erinnerung hatte." Auch wenn es äußert unwahrscheinlich war, dass sie sich auf diese Bemerkung hin nackt vor ihn stellen würde, um die schmutzige Kleidung los zu werden, war allein der Gedanke schon ungemein reizvoll. Die Frage nach Thalia überging Salinator dagegen geflissentlich. Solange sie ihm keinen Vorteil brachte, war es nicht wert, über sie zu sprechen. "Den Männern, die dieses heutige Zusammentreffen möglich gemacht haben, gebührt mein Dank. Ist es eigentlich ein schlimmes Gefühl, mit einem Verräter und Kaisermörder verheiratet zu sein?"

  • So sehr sie sich selbst eingebläut hatte, Haltung zu wahren: Nigrina hatte sich nicht gut genug im Griff. Unwillig schoben sich ihre Brauen zusammen, und unwillkürlich sah sie an sich hinunter, während sie sich erneut kurz über ihre Kleidung strich. Alles nur kleine, flüchtige Gesten, die sie sofort wieder einstellte – aber sie waren da, und sie waren sichtbar. Und Nigrina ärgerte sich ein weiteres Mal über sich selbst. „Wie wäre es, wenn du mich von deinen Männern nach Hause bringen lässt?“ fragte sie, bemüht um einen spielerisch leichten Ton, und doch ebenso gepresst. „Ich verspreche dir auch, das erste, was ich tue, wird sein ein Bad zu nehmen. Und mich danach von meinen Sklaven herrichten zu lassen, damit ich wieder angemessen aussehe.“


    Über seine Mätresse schien der Vescularius nicht reden zu wollen, aber Nigina störte das nicht weiter. Das Ding interessierte sie nicht – es hatte sich nur angeboten als Gesprächseinstieg. Um nicht da zu stehen und gar nichts sagen zu können und den Praefectus nur anzusehen wie ein Kaninchen die Schlange. Nigrina war kein Kaninchen, sie sah sich eher selbst als die Schlange – oder noch besser als das Raubtier, dass die Schlange zerriss. Bei den nächsten Worten des Vescularius allerdings fühlte sie sich plötzlich verdächtig wie ein Beutetier. Bei den Göttern, sie wünschte sie wüsste Bescheid über das, was passiert war seit sie Rom verlassen hatte. Wenn nach Sextus nicht einfach nur gesucht wurde, weil er verbotenerweise die Stadt verlassen hatte, sondern tatsächlich beschuldigt worden war, den Kaiser ermordet zu haben... Das Blut wich ihr aus dem Gesicht, während sich in ihrem Magen ein Klumpen Eis zu bilden schien, und mit einem Mal wollte ihr nichts mehr einfallen, was sie hätte erwidern können. Nichts jedenfalls, was locker gewesen wäre, leichthin gesagt, und zugleich so, dass es ihm das Maul stopfen musste. Das einzige, was ihr einfiel, war weder sonderlich schlagfertig noch überzeugend, und trotzdem kam es zischend über ihre Lippen, weil nichts zu sagen noch schlimmer gewesen wäre: „Das ist eine Lüge!“

  • Potitus grinste weiter wölfisch, während er sich die Flavia nackt im Bad vorstellte. Er bezweifelte nicht, dass dies ein lohnenswerter Anblick sei. Er wollte schon eine entsprechende Bemerkung machen, als er sich dann doch entschied, sie noch weiter zappeln zu lassen. Vielleicht steigerte ihr sichtliches Unwohlsein in dieser Situation ja auch ihre Lust. "Eine Lüge? Seid ihr denn schon nicht mehr verheiratet? Konntest du die Schande nicht länger ertragen? Oder wurde dein Mann schon von kaisertreuen und pflichtbewussten Bürgern erschlagen?"

  • Für einen Moment lang war Nigrina ernsthaft in Versuchung, dem Vescularius zuzustimmen. Zu sagen, dass sie nicht mehr verheiratet sei, dass sie sich von Sextus losgesagt hatte. Aber was hätte das gebracht? Es war, wie ihr Mann gesagt hatte: die Flavier steckten da genauso mit drin. Und nach dem, was der Anführer der Bande ihr erzählt hatte, standen sie zumindest auch im Verdacht – jedenfalls hatte er auch davon gesprochen, dass ihre Familie Verrat begangen habe. Und einer der Gründe, warum sie nun hier gelandet war, war der, dass in der Villa Flavia offenbar kein Flavier mehr war, der hätte Lösegeld für sie zahlen können. Und ein patrizisches Geschlecht, das ausnahmslos verschwunden war, war verdächtig. Nein... würde ihre Familie mit weißer Weste da stehen, sähe die Sache völlig anders aus, aber so... brachte es ihr nichts, sich von Sextus jetzt loszusagen.


    „Nein“, antwortete sie also spitz. „Es ist eine Lüge, dass er ein Verräter sein soll! Hast du das die Welt gesetzt oder war das jemand anders?“ Sie wusste nicht, ob es klug war, jetzt, in dieser Situation, mit dem Praefectus Urbi auf Konfrontationskurs zu gehen... aber sie konnte auch nicht an sich halten. Der Mann war ein Ekel, ein anerkannter Patrizierhasser, und vor allem anderen ein Machtmensch – natürlich setzte er solche Gerüchte in die Welt, egal ob er Beweise dafür hatte oder nicht! Warum nicht die Gelegenheit nutzen und sich gleich mehrerer unliebsamer Personen auf einen Schlag zu entledigen? Würde sie an seiner Stelle ja auch nicht anders machen, wenn es darum ginge, ihre Macht zu erhalten.

  • Potitus beugte sich leicht nach vorne und das Lächeln in seinem Gesicht wurde eine Spur schwächer und kälter. "Er selbst war es. Mir wurde sein Name erst genannt, als er die Stadt schon wie eine dreckige Ratte verlassen hatte. Er war es, der mit noch heuchlerisch eine Prozession zu Ehren der Concordia empfahl, wo er doch selber die Eintracht zerstört hatte." Salinator schien die Sache also durchaus auch persönlich zu nehmen. "Wärst du wie eine streunende Katze von einem Fänger hier abgegeben worden, wenn du auf dem Weg zu einem ehrbaren Senator gewesen wärst? Wo hat man dich aufgegriffen? Wohin wolltest du? Warum hast du Rom verlassen? Wo ist dein Mann?"

  • Ein Schauer lief über Nigrinas Rücken, und fast wünschte sie sich, der Vescularius würde sein voriges Lächeln wieder aufsetzen. Und als er anfing zu sprechen, wurde sie noch kleines Stück bleicher. Er selbst war es. Für einen Augenblick, der sich für sie endlos in die Länge zog, glaubte sie Sextus wäre gefangen genommen, verhört worden, hätte gestanden. Das Blut in ihren Adern schien aus Eiswasser zu bestehen, und die Worte dröhnten in ihren Ohren, während sie sich fragte, was das nun für sie bedeutete. Einen Augenblick lang. Und hätte der Praefect nun geschwiegen und einfach gewartet, sie wusste nicht wie sie reagiert hätte. Aber er sprach weiter, und Nigrina realisierte, dass er seine Worte völlig anders gemeint hatte als sie sie zunächst verstanden hatte. Und nachdem ihr Herz zuerst ausgesetzt zu haben schien, pochte es nun doppelt so schnell und hart weiter. Und jagte mit jedem Schlag die Frage durch sie hindurch, was um alles in der Welt sie tun sollte. Sie schloss für einen Moment die Augen und versuchte, Ruhe zu finden. Sich zu konzentrieren. „Nein“, antwortete sie mit einem halb bitteren, halb ironischen Unterton, „wenn mein Mann nicht gesucht werden würde, wäre ich wohl bei meinen Verwandten abgeliefert worden. Gegen eine... Belohnung, versteht sich.“ Sie presste die Lippen aufeinander und überlegte fieberhaft, aber wirklich viele Wahlmöglichkeiten hatte sie nicht. Das einzige, was sie wirklich tun konnte, war so zu tun als ob sie von nichts wüsste. Und sich mit dem Praefectus Urbi gut stellen, so demütigend das auch sein mochte. Sie atmete tief ein und gab sich einen Ruck, und diesmal geschah es bewusst, dass sie das auch zeigte. Sollte er ruhig merken, dass sie mit sich kämpfte, um von Konfrontation wieder Abstand zu nehmen – alles andere wäre wohl ohnehin kaum glaubwürdig. „Ein paar Tagesreisen nördlich von Rom“, beantwortete sie schließlich seine Fragen. Etwas in ihr sträubte sich nach wie vor dagegen, weil sie den Kerl einfach nicht mochte, aber das hier war kein Platz für persönliche Animositäten – und Nigrina war beileibe keine Märtyrerin oder irgendwas in der Art. Das einzige was zählte war, dass sie hier halbwegs ungeschoren davon kam. Sollte er sie ruhig als Geißel halten, aber dann doch bitte so, wie es ihrem Stand gebührte – auf eine Kerkerzelle hatte sie keine Lust. „Ich war auf dem Weg nach Ravenna zu meinem Vater. In Rom waren Unruhen im Gange, und mein Mann wollte... mich in an einem sicheren Ort wissen. Und ich habe meinen Vater schon zu lange nicht mehr gesehen. Da hat es sich angeboten, ihn nun zu besuchen.“ Sie schwieg einen Moment und presste wieder die Lippen aufeinander, unschlüssig, wie sie weiter vorgehen sollte. Ob sie passiv bleiben und einfach auf seine Fragen, seine Äußerungen warten sollte, um dann darauf zu reagieren, oder ob sie selbst eine Frage stellen sollte. „Und ich weiß nicht, wo er ist“, sagte sie zunächst noch, überlegte kurz, ob sie noch hinzufügen sollte, dass sie angeblich nicht einmal gewusst hatte, dass er Rom auch verlassen wollte... wagte es dann aber doch nicht. Stattdessen stellte sie nun doch eine Frage – und sie bemühte sich wirklich, diese nicht trotzig oder aggressiv klingen zu lassen, sondern fragend. Noch nicht so, als kämen ihr wirkliche Zweifel an Sextus' Unschuld, aber so, als ob sie sich... erste Gedanken machen würde. „Hast du Beweise für... was er getan haben soll?“

  • Potitus schaute die Flavia fast mitleidig an, als sie ihm die Gesichte von ihrem Vater auftischte. Ob er sie glaubte oder nicht war kaum zu erkennen, aber beeindruckt war er von ihr offenbar nicht. Zumal sie seine Frage nicht beantwortete. Bei der Gegenfrage der Flavia schnaubte Salinator verächtlich. "Beweise? Vinicius Hungaricus hat gestanden und ist im Exil. Vinicius Lucianus hat gestanden und ist im Exil. Flavius Furianus hat gestanden und ist im Exil." Auf Details der Geständnisse verzichtete er, da er sie nicht im Kopf hatte. Er wusste nicht einmal, ob in den Geständnissen Aurelius Lupus überhaupt erwähnt worden war. Hauptsache, diese Senatoren waren weit weg von Rom und die Verurteilungen schüchterten alle anderen ein. "Und der alte Tiberius hat sich gleich selbst umgebracht." In Salinators Augen die mit Abstand beste Tat, die dieser Patrizier jemals vollbracht hatte.

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