Officium des Praefectus Urbi P.V.S.

  • Potitus' Wut über die Ausrufung von Cornelius Palma zum Gegenkaiser war gerade erst marginal heruntergekühlt, da musste ihn sein Scriba mit weiteren schlechten Nachrichten konfrontieren. Ungläubig starrte Salinator auf das Papyrus aus Aegyptus, das ihm der Scriba gereicht hatte. "Das ist ein Scherz, oder? Das muss ein Scherz sein! Verdammt nochmal, sag' mir, dass das ein Scherz ist!" Er sprang auf, brüllte mit rotem Kopf, aber sein Scriba konnte ihm nicht den Gefallen tun und das Schreiben für einen Scherz erklären. "Was erlauben sich diese Ratten eigentlich noch alles? Was glaube sie, wer ich bin? Wer gibt ihnen das Recht dazu?" Salinator schleuderte den Brief zu Boden und starrte eine Weile mit leerem Blick in den Raum. "Die Flotte in Alarmbereitschaft! Die in Misenum - die aus Ravenna brauche ich für diesen Aasgeier von Palma. Und die Namen kommen auf die Proskriptionsliste!"

  • Zitat

    Original von POTITUS VESCULARIUS SALINATOR
    Potitus schaute die Flavia fast mitleidig an, als sie ihm die Gesichte von ihrem Vater auftischte. Ob er sie glaubte oder nicht war kaum zu erkennen, aber beeindruckt war er von ihr offenbar nicht. Zumal sie seine Frage nicht beantwortete. Bei der Gegenfrage der Flavia schnaubte Salinator verächtlich. "Beweise? Vinicius Hungaricus hat gestanden und ist im Exil. Vinicius Lucianus hat gestanden und ist im Exil. Flavius Furianus hat gestanden und ist im Exil." Auf Details der Geständnisse verzichtete er, da er sie nicht im Kopf hatte. Er wusste nicht einmal, ob in den Geständnissen Aurelius Lupus überhaupt erwähnt worden war. Hauptsache, diese Senatoren waren weit weg von Rom und die Verurteilungen schüchterten alle anderen ein. "Und der alte Tiberius hat sich gleich selbst umgebracht." In Salinators Augen die mit Abstand beste Tat, die dieser Patrizier jemals vollbracht hatte.


    Nigrina wurde noch ein Stück bleicher, wenn das überhaupt noch möglich war. Sextus hatte ihr herzlich wenig erzählt an dem Abend bevor sie aus Rom abgehauen war, und sie hatte noch weniger davon in Erinnerung – von daher war sie sich nicht sicher, ob die Namen, die Vescularius nun nannte, da dabei gewesen waren. Aber es waren freilich Namen, die bekannt waren, mehr als bekannt. Consulare. Pontifex pro Magistro. Und das Schlimmste: einer ein Vetter von ihr. Der andere der Patron ihres Mannes. Sie schloss erneut die Augen für einen Moment, öffnete sie dann wieder und hob in einer fast hilflosen Geste die Hände. Und ließ sie dann wieder sinken, diesmal mutlos. Sie hatte keine Ahnung, was sie darauf erwidern sollte. Alles, was ihr einfiel, erschien ihr irgendwie... lächerlich. Rumtoben und darauf bestehen, dass das alles Lügen waren und sie nichts davon glaubte? Darauf bestehen, dass er sie einer Patrizierin angemessen behandelte? So tun als wäre sie völlig erschüttert – gut, dafür musste sie noch nicht einmal so tun, das war sie wirklich – und beteuern, dass sie davon keine Ahnung gehabt hatte und entsetzt war über das, was sie hier erfahren musste? „Das... das ist...“ versuchte sie Worte zu finden, aber es war vergeblich. Es wollte ihr nichts einfallen. Es war lächerlich. Alles irgendwie lächerlich. Und davon abgesehen hatte der Praefectus ja bereits gezeigt, dass er auf solche Kommentare nicht einging. „Was willst du von mir?“ fragte sie schließlich tonlos.

  • Potitus genoss es nun wieder sichtlich, dass er die Flavia nun offenbar gänzlich gebrochen hatte. Wenn sie nicht eine grandiose Schauspielerin war, dann konnte er jetzt von ihr wohl fordern, was er wollte. Und wenn sie eine grandiose Schauspielerin war, dann spielte sie gerade ganz exklusiv für ihn, so dass Salinator in jedem Fall auf seine Kosten kam. So oder so konnte er also zufrieden sein. "Ich will wissen, wo den Mann ist." Das war die wichtigste Forderung und Salinator tischte sie nun plötzlich wieder ganz sachlich auf. Er war nicht zum Verhandeln hier. Er stellte die Maximalforderungen und von der Flavia erwartete er nichts anderes, als dass sie sie vollständig erfüllte. "Und du wirst dich scheiden lassen. Eine schöne Frau hat einen ehrbaren Mann verdient. Ich kenne mehrere ehrbare Männer, an deren Seite du eine Zierde wärst." Zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen - einen Getreuen glücklich machen und eine Patrizierin kaltstellen. So mochte Salinator das.

  • Da war es wieder, das genüssliche Grinsen. Und obwohl Nigrina gerade eben noch gedacht hatte, dass ihr dieses lieber wäre, war sie sich jetzt wieder unsicher. Aber vermutlich gab sich da einfach nicht viel. Es war nur eine andere Art von unangenehmem Grinsen, von... unangenehmer Ausstrahlung, aber in ihrer jeweiligen Art waren beide gleich. Und sie stand immer noch da und versuchte zu verdauen, was sie gerade gehört hatte. Hatte der Vescularius gerade eben wirklich gesagt, dass Tiberius Durus sich umgebracht hatte? War der Alte von Sinnen gewesen? Ein besseres Schuldeingeständnis gab es doch nicht! Von wegen ehrbarer Römer und bla, darauf gab Nigrina nicht viel – ehrbar wäre gewesen, der Folter ins Auge zu sehen! Alles, was unter Folter gestanden wurde, konnte später in Frage gestellt werden, aber wer sich selbst umbrachte, der zeigte doch, dass er etwas zu verbergen hatte. Kein Mensch brachte sich doch um, wenn er sich wirklich nichts, aber auch gar nichts hatte zu Schulden kommen lassen...


    Ihr Mund war plötzlich trocken, so trocken, dass er klebte. Sie wich dem Augenkontakt mit dem Vescularius aus und fuhr sich über den Mund, ihr Blick irrte durch das Officium, bevor er sich dann doch wieder auf den Mann vor ihr heftete. „Ich weiß nicht, wo er ist“, wiederholte sie, immer noch tonlos. Sie biss sich auf die Unterlippe, und ihre Gedanken rasten. Sie war keine Märtyrerin. Sie wollte auch gar keine sein. Wenn sie die Wahl hatte zwischen dem, was gemeinhin als richtig betrachtet werden mochte, und dem, was gut, was vorteilhaft für sie war, dann musste sie nicht lange überlegen, für was sie sich entschied. Schon gar nicht, wenn die angeblich richtige Entscheidung im schlimmsten Fall so was wie Folter oder so nach sich ziehen konnte.
    Trotzdem war auch in ihr ein Minimum an Anstand, genug, dass sie zumindest überlegte. Aber allein die Tatsache, dass Salinator noch mal nachgefragt hatte, zeugte doch davon, dass er ihr nicht geglaubt hatte vorhin. Und sie... hatte nichts davon, wenn sie sich stur stellte. Sie wollte hier so ungeschoren wie möglich heraus kommen, das war das einzige, was für sie zählte, und so viel wie möglich von dem, was sie im Erreichen dieses Ziels behindern mochte, wurde ausgeblendet. Andernfalls hätte sie vermutlich mittlerweile eine Panikattacke oder einen Nervenzusammenbruch bekommen. „Als er mich weggeschickt hat, hat er... davon gesprochen, Rom auch zu verlassen. Er wollte nach Norden. Aber das... ist schon eine Zeitlang her. Das war am Tag als der Tod des Kaisers in Rom bekannt wurde.“ Vielleicht gab sich der Praefectus mit dieser Erklärung zufrieden. Sie hoffte es. Sie konnte ja tatsächlich nicht wissen, ob Sextus seine Pläne in der Zwischenzeit geändert hatte, oder ob ihn vielleicht irgendwas aufgehalten hatte, dafür war zu viel Zeit vergangen. Was sie hingegen wusste, war Sextus' ursprüngliches Ziel... das sie immer noch nicht genannt hatte. Sie würde tun was nötig war, um selbst zu überleben, aber das änderte nichts daran, dass sie den Mann vor ihr am liebsten vor ihr im Staub kriechen sehen würde. Und für den Fall, dass die Prima sich gegen ihn stellte... er das aber noch nicht wusste... wollte sie ihm diese Überraschung – und seinen Gegnern diesen taktischen Vorteil – nicht verderben. Sie hoffte nur bei allen Göttern, dass er sich mit ihren Worten tatsächlich zufrieden gab.


    Nigrina räusperte sich, und unwillkürlich verschränkte sie wieder die Arme vor der Brust, als sie sich dem nächsten Thema zuwandte, das er auf den Tisch gebracht hatte. Scheiden lassen. Neu heiraten. Das war auch eine Variante, sie in Geißelhaft zu belassen, vermutete sie. In jedem Fall hatte er sie so unter Kontrolle – andererseits hatte sie dadurch wenigstens halbwegs Gewissheit, dass sie sicher war. Und wenigstens einen gewissen Lebensstandard haben würde, denn sie ging mal nicht davon aus, dass er sie an den Fußabtreter unter seinen Anhängern verheiraten würde. Nicht eine Flavia – dafür zählte ihr Name, der Name ihrer Familie, zu viel, das konnte nicht einmal er ignorieren. Trotzdem willigte sie nicht sofort ein. Auch wenn sie wusste, dass sie hier auf verlorenem Boden stand, hatte sie immer noch ihren Stolz, und den würde sie sich bewahren so gut es ging. „Ich bin mir sicher, dass du viele ehrbare Männer kennst. Aber ich bin nicht sui iuris.“ Sie hatte keine Ahnung, ob es da einen rechtlichen Kniff gab, wie die Einwilligung ihres Vaters übergangen werden konnte – denn sie wagte zu bezweifeln, ob der zur Zeit auffindbar war, wenn Furianus Hochverrat gestanden hatte. Mit solchen Dingen hatte sie sich weder beschäftigt noch hatte es sie je interessiert. Warum auch? Es gab eine größere Entscheidung zu treffen in ihrem Leben – ihr Vater traf sie. Sprach vorher vielleicht noch mit ihr, bezog ihre Meinung mit ein – aber er traf sie. So einfach war das. „Und mit meiner Mitgift dürfte es auch ein kleines Problem geben.“

  • Potitus legte den Kopf schief. Scheinbar wurde sie langsam etwas redewilliger, auch wenn der Norden nicht unbedingt eine präzise Beschreibung eines Aufenthaltsortes war. Dass sie nicht mehr wusste, war allerdings doch verdächtig. Diese Patrizier setzten doch sehr stark auf Familie und es sah ihnen gar nicht ähnlich, dass sie ihre Ehefrauen einfach irgendwo zurückließen. "Und du hast keine Ahnung, wo er hinwollte? Das kannst du mir nicht erzählen!" antwortete er dann wieder etwas härter. Sie schien ihn verarschen zu wollen!


    Dann ging er aber wieder auf die Frage der Scheidung ein und wurde etwas freundlicher. Da hatte sie keine Chance! "Ich glaube nicht, dass dein Vater sich über die Empfehlung des Kaisers hinwegsetzt. Und Geld sollte auch keine Rolle spielen..." Er hatte nun Zugriff auf quasi alles Geld des Imperiums, da konnte er seine Getreuen auch anderweitig versorgen. Die Flavia musste seinen Aufsteigerfreunden nur ein bisschen altehrwürdigen Glanz verleihen.

  • Nigrina presste wieder die Lippen aufeinander. Es reichte ihm nicht. Natürlich nicht. Hätte sie das geglaubt an seiner Stelle? Vermutlich nicht, gestand sie sich ein, schon allein deshalb nicht, weil sie davon ausgegangen wäre, dass sie gefragt hätte, wo ihr Mann denn hin wollte. Erneut überlegte sie, was sie sagen sollte. Sie könnte sagen, dass er zu seinen alten Ausbildungsstätten in Etrurien gewollt hatte, oder dass er ihr das zumindest gesagt hatte. Nur... falls der Vescularius auf ihre Worte hin jemanden dorthin schickte... falls er jemanden nach Tarquinia schickte, zu Sextus' altem Lehrer... Nein. Sie hatte keine Ahnung, was mit ihrem Sohn geschehen war, aber falls es einer von Velanius' Männern geschafft hatte, mit dem Knirps zu fliehen, dann würde er wohl seinen Auftrag erfüllt und ihn nach Tarquinia gebracht haben. Und falls auch nur die geringste Chance bestand, dass ihr Sohn dort war, würde sie ganz sicher nicht die Männer des Vescularius dorthin führen. Also blieb als Alternative nur, sich entweder weiter dumm zu stellen oder doch... Mantua zu erwähnen...
    „Nein“, entschied sie sich für die erste Variante. Mit einer wie sie hoffte guten Begründung, die sie versuchte angemessen zerknirscht vorzutragen: „Ich hab ihn gefragt, aber er wollte es mir nicht sagen. Er... meinte, es sei besser, wenn ich nichts wüsste. Ich sollte nur zu meinem Vater, und er würde sich bei mir melden.“ Womit sie zwar zugab, dass Sextus Geheimnisse gehabt hatte vor ihr, und der Wortwahl nach zu schließen solche, die zu gefährlich waren um sie mit ihr zu teilen, aber ihre Unwissenheit war damit auch erklärt. Und so ungewöhnlich war das gar nicht mal. Sextus hatte ihr sowieso immer nur das gesagt, was notwendig gewesen war, und es sonst kaum für nötig gehalten, sie in irgendwas einzuweihen... oder sie um Rat zu bitten, wie sie sich etwas säuerlich erinnerte. Nur wenn ihre Verbindungen ihm irgendwas gebracht hatten, dann hatte er sie freilich gerne in Anspruch genommen.


    Trotz dieser Erinnerung wollte sie sich allerdings eigentlich nicht von ihm scheiden lassen. Schon allein weil sie sich denken konnte, dass der Vescularius garantiert keinen Patrizier für sie aussuchen würde, aber auch, weil sie... nun ja. Sie hatte sich an Sextus gewöhnt. Aber sie wusste, dass sie keinen Verhandlungsspielraum hatte. Sie konnte ja schon froh sein, dass ihr Name genug Wert war, dass es für den Vescularius nützlich sein würde sie weiter zu verheiraten... sie wollte sich nicht wirklich vorstellen, wo sie sonst gelandet wäre, wenn er keinen Nutzen mehr für sie gehabt hätte, nachdem er von ihr erfahren hatte was er wissen wollte.
    Bevor sie allerdings etwas erwidern konnte, sagte der Vescularius etwas, was sie innehalten ließ. Ihre Augen weiteten sich ein wenig, und ihr Mund öffnete sich leicht. Kaiser. Kaiser? Hatte der gerade KAISER gesagt?!? „Du... bist inthronisiert worden?“ entfuhr es ihr, teils ungläubig, teils beinahe entsetzt.

  • Es hätte sie vermutlich nicht überraschen sollen... Nein, nicht vermutlich. Es hätte sie definitiv nicht überraschen sollen. Trotzdem tat es genau das. Und zu ihrem eigenen Leidwesen brauchte sie noch ein paar Momente, bevor sie sich wieder einigermaßen gefasst hatte. Hatte dieser ganze beschissene Plan nicht eigentlich zum Ziel haben sollen, dass am Ende der Vescularius als großer Verlierer da stand? Sie konnte sich nicht mehr genau daran erinnern, was Sextus ihr erzählt hatte, aber dass der Mann vor ihr dabei NICHT hatte gewinnen sollen, war eigentlich klar gewesen. Warum war der Mann jetzt Kaiser, oder würde es bald sein? WARUM?
    Nigrina sah seitlich zu Boden, schloss die Augen, versteifte ihre Kiefermuskulatur. Es war klar gewesen, hämmerte sie sich selbst ein, sie hätte damit rechnen müssen. Natürlich griff der Vescularius nach dem Kaiserthron. Warum auch nicht? Er wäre blöd, wenn er es nicht tun würde, und hätte Nigrina nicht von vornherein eine Abneigung gegen alles, was unterhalb ihres Standes war, und erst recht gegen alles, was so weit unter ihrem Stand war wie ein Homo novus, und pauschal eine Abneigung gegen den Vescularius persönlich, weil er einfach er war und Patrizier benachteiligte, hätte sie ihn vermutlich bewundert. Ein Teil von ihr tat das sogar, auch wenn sie sich das nicht mal selbst eingestand.


    Nach einer für sie gefühlten Ewigkeit, in Wahrheit aber wohl bloß ein paar Augenblicke, hob sie wieder den Kopf und setzte ein Lächeln auf. „Ein Glückwunsch ist dann wohl angebracht... Imperator. Oder soll ich damit noch warten bis nach deiner Inthronisierung?“ Sie versuchte ihre Stimme neutral und fest klingen zu lassen, aber so ganz gelang ihr das nicht. Sie räusperte sich und fuhr fort: „Meiner... Scheidung steht dann wohl nichts im Weg. Ich erwähnte ja schon, dass mein Vater in Ravenna lebt.“ Auch wenn sie hoffte, dass sie ihn dort nicht mehr finden würden. Immerhin hatte sie ihm ja eine Nachricht zukommen lassen. Und wenn ihr Vater nicht aufzutreiben war, würde das Ganze hoffentlich doch platzen, oder sich zumindest aufschieben lassen. Oder würde der Vescularius dann einfach einen Vormund bestimmen, der für sie entschied?
    Nigrina schob diese Gedanken weg und beschloss, sich später damit zu beschäftigen. Erst mal musste jemand nach Ravenna geschickt werden und wieder zurück kommen, was einige Zeit dauern würde, und dann... sahen sie weiter. Stattdessen stellte sie nach einem kurzen Zögern eine andere Frage: „Hast du schon... jemanden im Sinn?“

  • Potitus grinste weiter. Die Maske der stolzen Patrizierin bröckelte für einen kleinen Augenblick und verriet, dass sie die Wahrheit bisher erfolgreich verdrängt hatte. Dann war es aber auch schon wieder vorbei und sie rang sich ein Lächeln ab. Aber Salinator wusste ganz genau, dass es sie große Beherrschung kostete! "Na wunderbar! Ich werde mal mit meinen Freunden reden, ob dich irgendjemand haben will." Immerhin hatte er nicht damit rechnen können, dass ihm eine Flavierin ins Netz ging!

  • „Ob mich...“ Nigrina rang nach Luft. Ob sie jemand haben wollte?!? War der Mann irre? Sie war eine FLAVIA, jeder einzelne seiner minderwertigen Gefolgsleute würde sich die Finger nach ihr lecken! Selbst mit dem kleinen Makel, dass zur Zeit sowohl ihre Familie als auch ihr Noch-Ehemann entweder wegen Hochverrats gesucht wurden oder schon verbannt worden waren.


    Wieder dauerte es einige Momente, bis sie sich wieder unter Kontrolle hatte, aber es fiel ihr zunehmend schwerer. Langsam, aber unaufhaltbar brach die Schutzschicht, die ihr Geist um sich selbst herum aufgebaut hatte. Jetzt, wo zumindest für den Moment klar zu sein schien, dass sie sicher war – dass ihr weder die Banditen noch der Vescularius und seine Männer etwas antun würden –, wo die unmittelbare Gefahr nachließ, ließ auch ihr Selbstschutz nach. Und es war auch nicht mehr viel von ihrer Selbstbeherrschung vorhanden. Sie war erschöpft, zutiefst erschöpft nach den vergangenen Tagen.... und dazu kam, dass sie die Ereignisse noch nicht einmal ansatzweise verarbeitet hatte, sondern sich nur in einer Art Überlebensmodus befand. Der jetzt allerdings nicht mehr nötig war, und mit ihm schwand auch der Halt, den er ihr gegeben hatte. Und dazu jetzt dieser Kommentar des Vescularius, als ob es auch nur den geringsten Zweifel daran geben könnte, dass sie jemand haben wollte... Von einem Moment zum anderen hätte sie am liebsten geheult, aber immerhin dafür reichte ihre Selbstbeherrschung, dass sie das verhinderte. Diese... ganze... Situation war so... so... Sie fand keine Worte dafür. Sie wollte... sie wollte nur noch weg hier. „Tu das“, murmelte sie endlich, ohne den begonnenen Ausruf von vorhin zu beenden. „Gibt es... noch etwas, das du von mir möchtest?“ Sie wollte dieses Gespräch beenden. Sie wollte nach Hause. Aber beides lag nicht in ihrer Hand... und sie bezweifelte, dass der Vescularius sie in der Villa Flavia wohnen lassen würde. Oder doch? Sie hoffte es. Wenn er das tat, würde sich vielleicht sogar eine Chance zur Flucht ergeben, denn selbst wenn er die Villa beobachten lassen würde – es wären ihre Sklaven, ihre und die ihrer Familie, die dort waren, und sie kannten die Villa. Irgendeine Möglichkeit würde sich dort sicher ergeben. Allein der Gedanke an diese vage Möglichkeit half ihr, sich wieder ein wenig mehr zu fassen. Und erneut etwas arroganter zu wirken. „Oder kann ich dann nach Hause gehen?“

  • Potitus hätte fast aufgelacht. Da hatte er genau getroffen! "Es wäre mir eine Freude, wenn du mein Gast sein würdest. Die Villa Flavia ist sowieso verwaist, weil deine Verwandten natürlich auch zu den Verrätern um deinen Mann zählten." Salinator war nicht dumm und befürchtete, dass Nigrina am Ende sogar Beweise vernichten würde! Also sollte sie lieber in einem der Zimmer seiner eigenen Casa unter Aufsicht bleiben. Er hatte ja genügend für seine Konkubinen! "Übrigens: Möglicherweise haben die Praetorianer noch ein paar Fragen an dich!" Ein Verhör würde ihr auch nach einer Scheidung nicht erspart bleiben!

  • Hatte sie sich gerade ernsthaft Hoffnungen gemacht, er könnte sie in der Villa Flavia leben lassen? Hatte sie wohl. Es musste die Erschöpfung sein, die dazu führte, dass sie einfach nicht mehr klar denken konnte – sonst wäre ihr wohl klar gewesen, dass sie darauf gar nicht erst hätte hoffen dürfen. Wieder lag dieser angespannte, angestrengte Zug um ihre Mundwinkel, und das Lächeln, das sie diesmal auf ihre Lippen mühte, wirkte eindeutig gezwungen. „Natürlich lebt es sich in Gesellschaft viel angenehmer.“ Sklaven zählten ja nicht... allerdings wäre sie doch lieber allein gewesen – allein unter Sklaven – als die Gesellschaft des Vescularius' zu haben. Und zum ersten Mal erlaubte sie sich flüchtig die Frage, wann sie wohl in seinem Bett landen würde – gleich heute Abend, oder würde er sich damit noch etwas Zeit lassen? Denn ob sie in seinem Bett landen würde, stand in ihren Augen gar nicht mehr zur Debatte, immerhin war es nicht gerade unbekannt, dass der Vescularius sich gerne Frauen nahm. Und ihr war auch aufgefallen, wie er sie gemustert hatte – sowohl bei jenem Abendessen als auch zeitweise bei diesem Gespräch. Er fand sie anziehend, davon war sie überzeugt. Und dazu war sie eine Flavia. Ein Teil von ihr würde wohl sogar beleidigt sein, wenn er gar kein Interesse an ihr zeigen würde...
    Was allerdings nicht hieß, dass sie die Aussicht eine seiner Gespielinnen zu werden sonderlich erfreulich fand. Allerdings war es ihr immer noch lieber mit ihm zu schlafen, als im Carcer zu verrotten. Oder sich von irgendwem sonst begrabschen zu lassen, der sie für Freiwild halten mochte hier. Da stand sie lieber unter dem Schutz des Vescularius, auch wenn das hieß, ihm näher zu kommen als sie freiwillig jemals in Betracht gezogen hätte... und immerhin: der Mann war jetzt Kaiser. Er war beileibe keine Schönheit, und seine Umgangsformen ließen zu wünschen übrig... aber er war Kaiser, und Macht machte anziehend. Selbst einen Kerl wie ihn. Und wenn der Gedanke nicht half, konnte sie ihn sich immer noch schön trinken.


    „Ich wäre nur nie so vermessen gewesen zu denken, dass mir der Kaiser selbst seine Gastfreundschaft anbieten würde. Es ehrt mich, dein Gast sein zu dürfen.“ Jahrelanger Schliff in gesellschaftlichen Konversationen half dann letztlich doch, obwohl ihr eher danach zumute war auszuflippen. Oder wahlweise zu heulen. Oder ihn wenigstens doch noch zu überzeugen, sie einfach gehen zu lassen, bis er das mit Scheidung und Hochzeit arrangiert hatte.
    Als er dann allerdings die Praetorianer ins Spiel brachte, wurde sie wieder ein wenig bleicher. Er hatte sie doch gerade mehr oder weniger verhört! Und sie hatte in all seine Wünsche eingewilligt, hatte mitgespielt, hatte nachgegeben. War das nicht wenigstens genug Wert, dass er verhinderte, dass sie von den Praetorianern in die Mangel genommen wurde? „Reicht es nicht, dass ich dir deine Fragen beantwortet habe?“ Ohne es zu wollen, war in ihrer Stimme ganz schwach ein beinahe flehender Unterton zu hören. Sie hasste sich selbst dafür, aber sie konnte es auch nicht verhindern – und sie wollte endlich wieder in Sicherheit sein. Oder sich wenigstens in Sicherheit fühlen, so gut es möglich war unter den Umständen.

  • Potitus liebte es, wenn er jemandem seine Machtlosigkeit vor Augen führen konnte! Und dieses seltsame Wechselspiel aus eingeprügelter Höflichkeit und blankem Entsetzen war genau nach seinem Geschmack! "Naja, so weit sind wir noch nicht! Aber die Casa Vescularia hat auch ein Plätzchen für dich!" Vielleicht war es sogar ganz praktisch, sie bei sich zu haben, dann später aber etwas Abstand zu ihr zu gewinnen. "Aber das alles wird dich nicht vor den Ermittlungen bewahren. Die Praetorianer brennen vor Hass auf die Mörder des Kaisers und du als Ehefrau eines von ihnen... da kann ich dich ihnen nicht vorenthalten! Sie werden schon eigenhändig prüfen wollen, ob du wirklich nichts weißt!" Das war wohl genug der Anspielung. In Wirklichkeit würde er allerdings Order geben, sie nicht zu hart anzupacken, denn eine stark beschädigte Flavia würde auch keiner seiner Kameraden wollen!

  • „Offensichtlich ja nur eine Frage der Zeit“, murmelte sie, diesmal mehr zu sich selbst als zu ihm. Er hatte ja gesagt, dass die Vorbereitungen für seine Inthronisierung bereits liefen. „Ich bin sicher, ich werde mich dort sehr wohl fühlen.“ Das war wieder an ihn gerichtet, wenn auch wie bereits zuvor mit Anstrengung so höflich formuliert. Nigrina spürte zunehmend, wie das, was auch immer ihr bisher geholfen hatte sich so geschmeidig und unberührt wie möglich zu geben, nachließ. Sie hatte von Anfang an nicht die Beherrschung gezeigt, die sie gerne gehabt hätte – aber selbst das, was ihr möglich gewesen war, flackerte mehr und mehr.


    Erst recht, als der Vescularius von den Praetorianern sprach. Und das in einer Art und Weise, bei der es ihr kalt den Rücken hinunter lief. Brennen vor Hass auf den Mörder. Nicht vorenthalten. Eigenhändig prüfen. Das waren alles irgendwie Formulierungen, die nicht gerade darauf schließen ließen, dass die Garde mit ihr nur ein kleines Plauderstündchen abhalten wollte – ähnlich unangenehm wie ihr Gespräch mit dem Vescularius vielleicht, aber letztlich nicht mehr als ein Gespräch. Es klang mehr danach, als ging er davon aus, dass die Schwarzröcke tatsächlich Hand anlegen würden, um herauszufinden was sie wohl wissen mochte. Sie presste die Lippen aufeinander und wich seinem Blick für Momente aus, bevor sie ihn wieder ansah und etwas erwiderte. Und obwohl sie dabei trotzig klingen wollte, hörte sich ihr Tonfall für sie eher erbärmlich an. „Ich weiß nicht mehr als das, was ich dir gerade erzählt habe. Die Garde wird auch nichts anderes herausfinden.“ Ein Kommentar, der eigentlich verdeutlichen sollte, wie unglaublich egal ihr das war, ob nun auch noch die Praetorianer mit ihr sprachen. Wenn sie es nur geschafft hätte, ihre Stimme trotzig klingen zu lassen. Oder arrogant. So allerdings klang es vermutlich mehr nach einem weiteren Versuch, sich aus der Befragung herauszuwinden. Nigrina schluckte mühsam. „Soll ich... gleich mit ihnen sprechen?“

  • Potitus legte den Kopf schief. Jetzt hatte er sie aber wirklich! "Ich glaube, im Moment verhören sie noch ein paar andere Leute. Aber sie wissen ja, wo sie dich finden!" Er klingelte ein Glöckchen auf seinem Tisch und ein Scriba trat ein. "Eine Eskorte für meinen Gast! Bringt Flavia Nigrina in mein Haus!" Der Scriba nickte eifrig und machte sich dann davon, um den Befehl auszuführen. "Wenn du mir nichts mehr zu verraten hast, darfst du gehen!" sagte er dann zu Nigrina.

    Sim-Off:

    Welcher CU-Soldat auch immer das liest, kann hereinkommen und die Dame abführen!

  • Kurze Zeit nachdem der Scriba verschwunden war, kam Classicus mit zwei Miles in das Zimmer.


    Salve Imprator ! grüßte er militärisch und nahm Haltung an. Die zwei Miles taten es ihm gleich. Dein Scriba teilte mit, dass die Flavia Nigrina in dein Haus zu bringen sei? wiederholte er rhetorisch mehr als fragend.


    Hier in die Gemächer auf dem Palatin oder in die Casa Vescularia? Imperator?
    fragte Classicus dennoch nach, es konnte ja sein, dass der Vescularier hier auf dem Palatin seine Ruhe haben wollte.

  • Nigrina versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen – aber sie war erleichtert als der Vescularius sagte, dass sie zumindest jetzt noch nicht zur Garde musste. Dass sie ihre Ruhe haben würde... vorerst. Sie erwiderte darauf nichts, sondern nickte nur, insgeheim schon wieder mit der Hoffnung, dass er sie vielleicht nur hatte erschrecken wollen. Was ihm zwar leider gelungen war, aber der Preis war gering, wenn sie nur tatsächlich um ein Verhör herum kam. Und wie es schien, war sie hier auch endlich fertig und konnte gehen. Konnte endlich gehen, und würde hoffentlich endlich bald irgendwo ankommen. Eine Sache war da allerdings noch: „Mein Leibwächter.“ Nicht dass Nigrina aus Anstand oder Mitgefühl um dessen Wohlergehen besorgt war... die beiden anderen, die wohl noch vor Rom mit dem Rest der Gruppe waren, waren ihr auch ziemlich egal, vor allem diese Schlampe, die getratscht hatte. Aber dieser spezielle Sklave war zu wertvoll. Sie hatte keine Ahnung, was ihr Bruder damals für ihn gezahlt hatte, aber sie wusste, was ihr Vater investiert hatte, um den Burschen zu einem Gladiator ausbilden zu lassen, und das war happig gewesen, happig genug, dass es sogar jemandem in Erinnerung blieb, für den Geld keine Rolle spielte. Ein Parther also, ein ausgebildeter Gladiator, aber das allein war es noch nicht, was ihn so wertvoll machte. Es war mehr noch der Fakt, dass er gerade in letzter Zeit bewiesen hatte, dass er ein guter Leibwächter war, vor allem in dem Sinn, dass er loyal war, dass sie ihm vertrauen konnte – und so einer, in dieser Kombination, war nahezu unbezahlbar. „Er ist auch hier. Und er ist ausgebildeter Gladiator. Ich möchte ihn behalten.“ Falls der Vescularius nicht wollte, dass sie von einem ihrer Sklaven begleitet wurde, konnte sie ihn vorläufig immer noch Vollzeit in den Ludus geben, aber sie hatte nicht vor, ihn einfach den Banditen zu überlassen.


    Bevor der Vescularius antworten konnte, traten ein paar Urbaner ein – aber Nigrina warf ihnen erst einen kurzen Blick zu, als einer von ihnen fragte, wo sie hingebracht werden sollte. Flüchtig runzelte sie die Stirn, hatte der Vescularius doch vorhin noch gesagt, dass die Inthronisation sich noch in Vorbereitung befand – er also offiziell noch gar nicht Kaiser war und damit auch offiziell wohl noch gar nicht im Palast wohnte. Aber sie schwieg. Sie wollte das hier nicht noch unnötig in die Länge ziehen, jetzt, wo endlich das Ende in Sicht war.

  • Potitus runzelte die Stirn. Einen fremden Leibwächter im Haus zu haben, war nicht gerade etwas, bei dem er sich sonderlich sicher fühlte. Wer wusste schon, was dieser Kerl so alles drauf hatte? "Du brauchst deinen Leibwächter nicht. Meine eigenen Leute werden ein Auge auf dich haben. Such dir eine andere Unterbringung für ihn!" Von ihm aus konnte sie ihn auch in der Villa Flavia wohnen lassen!


    Dann traten auch schon die Soldaten ein. "Richtig. Sorgt dafür, dass sie wohlbehalten ankommt. Und teilt meinen Bediensteten mit, dass sie bis auf weiteres bei mir wohnt!"

  • Nigrina zweifelte nicht daran, dass Vescularius' Leute auf sie aufpassen würden. In mehr als nur einer Hinsicht. Aber obwohl es sie gefreut hätte, wenn sie wenigstens einen Vertrauten hätte um sich haben können, hatte sie damit nicht wirklich gerechnet. Sie hatte erreichen wollen, dass sie den Parther nicht verlor... und das immerhin schloss sie aus den Worten des Vescularius, dass die Banditen auch ihn hier würden lassen müssen und nicht wieder mitnehmen konnten.


    Sie nickte also nur auf seine Anweisung hin, murmelte noch ein „Vale“, und wandte sich dann endgültig den Urbanern zu. Und schwieg, als die sie in die Mitte nahmen, als wäre sie eine Schwerverbrecherin. Das Gespräch mit dem Vescularius hatte noch dafür gesorgt, dass Adrenalin durch ihren Körper schoss und sie aufmerksam hielt, aber nun... fühlte sie sich nur noch ausgelaugt, so sehr, dass sie nicht mal mehr genug Energie in sich zu finden schien, sich darüber aufzuregen, wie die Urbaner sich positionierten. Sie folgte ihnen nur widerspruchslos hinaus, und sagte dann, bevor sie sich endgültig auf den Weg machen konnten: „Wir müssen erst sehen, wo mein Sklave abgeblieben ist.“

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