Tiberius Decimus Optatus

  • Verus lachte. Er konnte den Kleinen nicht für Voll nehmen. Jedoch unterdrückte er das verspielte Lachen recht schnell wieder.


    "Kleiner, du musst noch lernen, dass man Geschenke annehmen sollte. Es könnte den Schenkenden recht verletzen, wenn man dies nicht tut. Zumal du auch das Holzschwert willst."


    Er beugte sich zu dem Jungen herab.


    "Hör' zu. Ich verspreche dir, dass dir deine Tante nichts tun wird. Ich selbst, römischer Offizier, gebe dir mein Wort. Zumal wir Seesoldaten, weitaus bessere Krieger sind als normale Legionäre. Wir kämpfen auf brennenden Schiffen, sehen die gesamte Welt und bekämpfen Seeungeheuer. Seeschlachten sind wesentlich heroischer als du denkst! Nenn' mir eine Landschlacht, die so eindrucksvoll ist?"


    Er lächelte den Jungen freudig an.

  • Auf die doch recht aufmüpfigen und ungehobelten Worte folgt ein Klaps auf den Hinterkopf, nicht doll, aber eine Warnung war es allemal. Ihre grünen Augen funkelten ebenso wütend wie die seinen.
    "Optatus! Entschuldige dich! Sofort!" sagte sie im ruhigen Tonfall, aber streng genug, dass der Junge wusste, das er soeben einen ernsthaften Fehler gemacht hatte. Sie duldete es nicht, wenn der Junge so unhöflich war, selbst wenn er schlechte Laune hatte.


    Kiya war zwar erleichtert das Verus dem Jungen nicht Böse war, aber sein Verhalten spiegelte ihre Erziehung wieder und der Junge hatte nun sie verärgert. Und sie würde an diesem Tage nur noch wenige Kompromisse eingehen.


    "Domine ihr seit recht freundlich... doch es wäre nun besser, wenn ich nun mich allein mit dem Jungen beschäftige!" wendete sie sich erneut an Verus.

  • Verus nickte.


    "Entschuldige mich, Optatus. Ich werde vor deiner Tür Wache halten und die böse Tante von dir fernhalten!"


    Er stellte die Liburne neben Optatus' Sachen auf dem Tisch ab.


    Er streckte sich, das Kettenhemd hatte er lange nicht mehr getragen. Es war recht ungewohnt, dieses auch noch im Haus zu tragen. Er legte vorsichtig die Hand auf Kiyas Schulter.


    "Pass' mir ja auf den Kleinen auf und mache einen guten Menschen aus ihm." - Sprach er minder ernst, mehr freundlich belobigend. Er lächelte sie dabei an. Heute hatte Verus wirklich die Grinse-Katze gegessen.


    Er verließ langsamen Schrittes den Raum.

  • Sein Onkel versucht es noch mit warmen Worten, die jedoch an dem trotzigen Kopf vorbeigehen, denn längst schält Optatus auf Stur. Brennende Schiffe und Seeungeheuer... Wäre er selbst nicht so dickköpfig, wie es alle Decima waren und sind, würde er die magischen Worte dieses großen Mannes hören. So jedoch hört er nichts mehr, schließt seine Augen und hält die Luft an. Erst recht nachdem Kiya ihm eines hinter die Ohren gibt. Er beschließt sie dafür auspeitschen zu lassen, sobald er erwachsen ist. Jeden einzelnen Schlag wird sie von ihm zurückbekommen. So wie dieser Sklave neulich ausgepeitscht wurde, der im Nachbarhaushalt gestohlen hatte. In der Küche und in den Sklavenunterkünften hatte man es erzählt und Menas, ja Menas hatte es ihm selbst mitgeteilt.


    "Ich hasse Dich! Ich hasse DIIIIIICHHHHHH!"


    kommt es aus dem Kleinen heraus und er stampft nun energisch auf den Boden, wie sein Onkel das Zimmer verlässt. Doch ob dieser schon weg ist, oder noch da ist, es macht keinen Unterschied. Es geht alleine um Kiya und ihn selbst. Um die Frage ob er Baden muss oder nicht. Und er fürchtet, dass es er baden muss. Und er ahnt, dass er den Kürzeren ziehen wird. Wut steigt in ihm auf. Wut auf Kiya, Wut auf Mama, Wut auf Tante Urganilla! Wut auf alle Erwachsenen! Darauf, dass er selbst noch nicht groß ist. Dass er ohnmächtig ist. Und nichts ist schlimmer für einen Jungen, der sich selbst auf Augenhöhe mit den Erwachsenen sehen möchte. Da hilft es nichts, dass sich Kiya in die Hocke begiebt, denn er weiß, dass sie jeden Moment wieder aufstehen wird. Dass dieses Entgegenkommen nur einem Erwachsenen Zweck dient.


    "Wähhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhh!"


    Tapfere Soldaten weinen eigentlich nicht.


    Doch das Spiel ist längst zu Ende. Die römischen Truppen haben verloren, sind auf dem Rückzug, der Limes ist gefallen, Rom wird gebrandschatzt. Ein Kelte würde sagen, die Welt fällt ihm auf den Kopf. Optatus fühlt gerade eben so. Nicht anders.

  • Kiya nickte dankbar Verus zu und lächelte. "Ich werde mein Bestes geben. Der kleine Sturkopf ist in guten Händen!" versicherte sie ihm bevor dieser das Zimmer verließ und kurz bevor das Geheul und Geschrei losging. Das war mal wieder typisch, typisch Dickkopf, typisch Kind. In letzter Zeit tat er dies öfters, er testete seine Macht aus, die Grenzen die man ihm auferlegt hatte, doch damit konnte sie mit stoischer Geduld umgehen. Sollte er schreien, sollte er drohen, aber nun sie trug gerade die Verantwortung und würde sich auch nicht unterkriegen lassen. Strafe fürchtete sie nicht, seine Eltern hatten Optatus vertrauensvoll in ihre Hände gelegt und sie hatte vor das Beste aus dem Jungen zu machen, was ihr Möglich war.


    Das Geschrei des Jungen war infernalisch, es klang als würde die Welt untergehen, zumindest war die Welt des Jungen für kurze Zeit untergegangen und sie würde nun eben die Böse sein müssen und ihm den Spaß verderben. Auch das war sie, das große böse doofe Kindermädchen.


    Mit Worten würde sie nun bei Optatus nicht durchdringen, als schnappte sie sich den Jungen kurzerhand, klemmte ihn sich unter den Arm und ließ ihn Brüllen so viel er wollte.
    "Mach nur weiter so, es wird dir nichts helfen... und mit deinem Geschrei lockst du nur deine Tante an!" sagte sie kurz und rückte den Jungen sich zurecht, Mit Sicherheit würde er strampeln und zappeln nur um ihrem Griff zu entkommen.

  • Ehe er reagieren kann, verliert Optatus nicht nur den Machtkampf, sondern auch den Boden unter den Füßen. Kiya erhebt sich, wie er es vorhergesagt hat und reißt ihn nach oben. Alle Kraftaufwendung von seiner Seite reicht nicht aus, um sich dagegen zu wehren, zumal er die meiste Energie fürs Schreien benötigt, so dass ein koordinierter Krafteinsatz schon gar nicht mehr möglich ist. Was folgen wird, ist der Gang ins Bad. Die unvermeidliche Begegnung mit dem Wasser, Seife, ein kratziger Schwamm, ein trockenes Tuch. Der Widerstand lodert ein letztes mal auf, bricht dann aber zusammen, als die Sklavin den Namen Urganillas erwähnt.


    Kraftlos und verloren verstummt das Geschrei beinahe und geht in endloses Wimmern und Flennen über, das sich beinahe in sich selbst erstickt, zunehmend leiser wird, nur um dann wieder eine Renaissance zu erleben, sobald die Sklavin denkt, dass Optatus verstummt.


    Rotz läuft. Und die Augen stehen unter Wasser.
    Krank werden oder Sterben sind jetzt gleich.
    Nur kein Morgen. Nicht nach dieser Niederlage.

  • Sie hatte gewonnen, auch wenn sie keinen Triumph verspürte. Es war ein notwendiger Sieg, damit er lernte das es Grenzen gab. Grenzen die ihm später das ganze Leben auferlegen würde. Das Leben war nicht leicht udn von Optatus würde es noch eine Menge abfordern. Optatus würde der Familie gerecht werden müssen, seinem Vater und noch vielen andere Menschen. Und sie konnte ihn nur auf dieses Leben vorbereiten, ihn Lieben und sich um ihn kümmern.


    Der Widerstand des Jungen wurde weniger und erstarb, doch ein leises schniefen und schluchzen begleitete sie ins Bad.

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