Penelope hoffte, dass Ánthimos es wirklich wusste und nicht nur ihre kleinen Stichpunkte gehört und jetzt eben laut verkündet hat. Sie glaubte, die Antwort auf die Frage zu kennen, traute sich aber nicht, diese Anthi nun zuzuflüstern. Der Gymnasiarchos sah auch direkt zu ihnen herüber, und das würde wohl einen wirklich schlechten Eindruck machen. Aber ihr Mann hatte ja auch eine gute Bildung genossen, und wenn seine Eltern dabei nur halb so pingelig wie ihr Großvater waren, würde er es sicherlich auch wissen. Ansonsten würde sich Penelope wohl den restlichen Tag mit einem schlechten Gewissen herumschlagen.
Unterricht im Freien
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"Nun, ein griechischer Bürger hat die Pflicht, sich an der Demokratie zu beteiligen. Das heißt zum einen, dass er möglichst oft die Volksversammlung besucht und dort seine Stimme abgibt, also aktiv wählt. Zum anderen werden Richter bestimmt, und da hat ein Bürger die Pflicht, dieses Amt gewissenhaft für diesen Tag auszuüben. Bei den Göttern ist es so, dass man nicht den Zorn der Götter durch falsche Taten heraufbeschwören, die Feste zu deren Ehren feiern und regelmäßig Opfer darbringen soll."
Anthi war beileibe nicht dumm und eigentlich immer ein guter Schüler gewesen, trotzdem mochte er einen solchen Unterricht nicht und wünschte sich schon jetzt das Ende der Stunde herbei, denn er kam sich hier vor wie als kleiner Stepcke beim Unterricht seiner Mutter. Außerdem war er gespannt auch die sportliche Betätigung hier bei der Ephebia, denn das Stadion war eher seine Welt als dieses dröge herumsitzen, dass hier angesagt war.
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Nikolaos musste schmunzeln. Da hatte jemand gut auswendig zu lernen gewusst. Er sah den Jungen tief in die Augen. Dann strich er sich eine Haarlocke aus der Stirn.
"Du erwähntest nur Bürger, die wählen, nicht aber die, die gewählt werden. Eine Volksversammlung ist schließlich keine Marktbude, wohin alle gehen, sich zum Beispiel unter Gemüse einiges auswählen und dann den Einkauf nach Hause tragen. Genausowenig wie unsere Polis ein Markt ist oder eine öffentliche Latrine, in der sich jedermann sein bevorzugtes Loch auswählen kann." -
Der Vergleich der Polis mit einer Latrine missfiel Anthi zutiefst, und das sah man ihm auch an. Aber dem würde er es zeigen und so antwortete er sofort: "Natürlich gibt es auch die Bürger die sich für die etwaigen Ämter der Polis zur Verfügng stellen. Dies ist ebenso ein Dienst an der Polis, denn die viele Arbeit eines solchen Postens wird meist nur unzureichend vergütet. Da es häufig mehrere Kandidaten für jeden Posten gibt, liegt es den Wählern mit ihren Stimmen den geeignetsten unter ihnen zu wählen. Natürlich dürfen sich nur Leute aufstellen lassen, die die Ephebia bestanden haben und somit Bürger der Polis sind. Jeder Bürger der Polis kann sich für ein Amt der ersten Stufe aufstellen lassen. Um allerdings ein Amt der zweiten Stufe zu besetzten muss man vorher eines der ersten Stufe begleitet haben."
Jetzt war er gespannt welches Haar der Gymnasiarchos dieses Mal finden würde. Aber Anthi war fest entschlossen zu zeigen, dass ihre Mutter sie gut gelehrt hatte.
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Nikolaos blickte den Jüngling prüfend an. Sein Schwerpunkt schien wahrlich mehr auf der Ausbildung seines Körpers als auf der Schärfung seines Verstandes zu liegen, was bei Nikolaos, der selbst eher Geistesmensch als Athlet war, auf Missbilligung stieß.
"Du sprichst von Ämtern wie von Vergnügungen, die man tun oder unterlassen kann.
Um dich vielleicht auf den richtigen Pfad zu geleiten, werde ich dir einmal ein Beispiel geben:
Du seist Bürger und auf der Volksversammlung fiele dein Name für ein Amt. Hast du nun die Wahl, es anzunehmen oder nicht?
Ein anderes Beispiel: Du seist ein reicher Bürger und auf der Volksversammlung wird durch die Mehrheit der Bürger beschlossen, du sollest das nächste Fest der Kore organisieren und bezahlen. Könntest du sagen: >Ich will aber nicht<?" -
Penelope hatte keine Ahnung, wie der Gymnasiarchos für gewöhnlich war. Sie hoffte, dass er im allgemeinen netter und freundlicher war und nur grade schlechte Laune hatte, weil sie sich verspätet hatten. Vielleicht versuchte er deswegen Ánthimos mit seinen Worten so vorzuführen? Penelope selber verstand solcherlei Verhalten nicht, für sie war das eine Unart der Männer, ständig und stets zu zeigen, wer wem in welchem Gebiet überlegen war. Schwanzvergleich, wie Inhapy es so schön und auch häufig ausdrückte. Sie hätte dem Gymnasiarchos da irgendwie mehr zugetraut, aber scheinbar war er in der Beziehung auch nur ein Mann.
Sie für ihren Teil fand Ánthimos’ Antworten sehr gut und auch sehr präzise. Und er war auch immerhin der einzige von all diesen jungen Männern, die es überhaupt gewagt hatten, etwas zu sagen. Vermutlich kannten die anderen den Gymnasiarchos einfach schon und hatten keine Lust gehabt, so vorgeführt zu werden. Aber sie kannte ihren Mann auch und sah ihm an, dass er es nicht mochte, so angesprochen zu werden. Und dabei war er doch eigentlich eher sanftmütig.
Also fasste Penelope einen für ihre Verhältnisse tollkühnen Plan. Sie war eine Frau und daher erwartete von ihr ohnehin niemand tiefschürfende, philosophische Erkenntnisse. Wenn sie sich dem Spott des Gymnasiarchos aussetzte, war das nicht halb so kränkend. An ihr konnte er ruhig seine niederschmetternden Worte auslassen, sie war solche Verhaltensweise von ihrem Großvater zu genüge gewohnt. Natürlich tat auch ihr Spott weh, aber bei weitem nicht so sehr, wie es wohl jedem der ehrbaren jungen Männer hier ergangen wäre.
“Aber ist es nicht so, dass ein solches Amt auszufüllen eine Ehre ist und sich daher auch genug ehrbare Griechen finden, die sich mit Freuden einer solchen Pflicht annehmen? So dass man niemanden, der unwillig ist, dies zu tun, überhaupt in die Lage bringen muss, sich dafür zu entscheiden?“
Penelope hatte zumindest noch nie gehört, dass jemand, der wirklich nicht wollte, gewählt worden wäre. Natürlich sagten immer alle gewählten, mit welch schwerem Herzen sie ihr Amt antraten, aber sie wusste, dass das Quatsch war. Natürlich war die Arbeit nicht so gut bezahlt wie manch andere, aber die Macht, die damit einherging, die gab wohl keiner so leichtfertig aus der Hand. -
Die erstaunlich luzide Antwort des Mädchens überraschte, ja beschämte den Gymnasiarchos. Dass es ausgerechnet noch die vermeintliche Ehefrau seines Opfers sein musste... . Natürlich ließ er sich von seiner Beschämung nichts anmerken.
Stattdessen sah er Penelope offen an und nickte zustimmend.
"So ist es, werte Penelope. So heißt du doch, oder?"
Er war spürbar sanfter und wohlwollender geworden.
"Nun noch eine Frage an dich, werter Ánthimos. Ist ein Bürger, der nicht voller Freude ist, seine heilige Pflicht an der Gemeinschaft der Polis und an den Göttern zu tun, würdig, sich überhaupt Bürger nennen zu dürfen?" -
"Nein, ist er nicht." Die Antwort kam kurz und gepresst. Das Penelope für ihn in die Presche gesprungen war, ärgerte ihn nicht, auch wenn er die Antwort gewusst hätte. Was ihn ärgerte war allerdings, dass der Gymnasiarchos offenbar einen Narren daran gefressen hatte ihn mit ständigen Fragen zu quälen.
Der Neid den dieser kleine, schwächliche Gnom ihm gegenüber empfand, war offensichtlich. Wahrscheinlich würde dieses Bürschchen nicht einmal einen Stadionlauf überleben, von anderen sportlichen Aktivitäten ganz zu schweigen. Oder aber er hatte herausgefunden, dass Ànthimos für seinen Konkurenten Mithridates Castor arbeitete.Aber diese Erkenntnis beruhigte Anthi sofort, denn dass ein Gymnasiarchos versuchte sich auf Kosten eines Schülers zu profilieren machte ihn nur allzu menschlich und weniger überlebensgroß also noch vor einigen Minuten. So beschloss der junge Grieche das Ganze weiter gleichmütig zu ertragen-schließlich war er ansonsten völlig zufrieden und er war sich sicher in einigen Jahren nicht mehr zu diesem kränklichen Männlein aufschauen zu müssen.
Hoffentlich war Nikolaos auch für die körperliche Ertüchtigung der Schüler zuständig...
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"Was, außer dem Gefühl für die Ehre, die es bedeutet, der Polis verpflichtet zu sein, sind die Eigenschaften eines guten Bürgers?", fragte Nikolaos kühl. Offenbar wurde sein Schüler allmählich bockig. Das belustigte den Gymnasiarchos. Doch er musste sich hüten, in seiner Freude an der Demütigung sich nicht selbst zu demütigen, indem er Menschen zu große Beachtung schenkte, die es - in seinen Augen! - nicht verdienten. So wandte er sich nun von Ánthimos ab, ohne dessen Antwort abzuwarten und sah sich in der Runde der Schüler um. "Möchte noch jemand anderes sich dazu äußern und vielleicht etwas präziser die Pflichten eines Bürgers darstellen, als es schon getan worden ist?"
Sein Blick blieb an dem einzigen Mädchen der Runde hängen. -
Warum nur schaute er jetzt zu ihr? Penelope bemerkte natürlich den Blick des Gymnasiarchos und erwiderte ihn einen Augenblick stumm. Lag es vielleicht daran, dass sie eben einfach ungefragt dazwischengeredet hatte? Nungut, es war ihre Entscheidung gewesen, jetzt musste sie mit den Konsequenzen auch leben. Allerdings wusste sie nicht genau, was der Gymnasiarchos hören wollte. In ihren Augen hatte Ánthimos das wichtigste ja schon gesagt, und sie wusste nicht, was es da noch anzufügen gab. Oder bezog sich seine frage auf die Frage davor nach den Tugenden eines Bürgers?
“Ein guter Bürger führt ein tugendhaftes Leben. Das bedeutet, er besitzt neben Ehre auch Pflichtgefühl, Stärke, Mut, einen wachen Geist und Gottesfurcht. Er verteidigt die Polis gegen ihre Feinde, so wie er seine Familie verteidigen würde. Auch mit Waffen, so die Pflicht es erfordert.
Ein guter Bürger versucht, sein Wissen zu mehren in den Künsten, die den Göttern gefallen. Er lernt dabei nicht für sich, sondern gibt sein Wissen auch an andere Bürger weiter. Denn die Kultur ist es, die uns von Barbaren unterscheidet, also sollte sie gefördert werden.“
Penelope hoffte, dass diese Antwort den Gymnasiarchos zufrieden stellte. Aber so wie sie ihn einschätzte, tat sie das wohl bestimmt, nicht, also fügte sie noch schnell hinzu:
“Ich bin sicher, dass es noch mehr gibt, was ich nicht weiß oder mir entfallen ist. Aber um zu lernen und an deinem Wissen, werter Gymnasiarchos, teilhaben zu können, sind wir ja auch gekommen.“Er konnte ja nicht erwarten, dass sie schon alles wußten.
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Das Mädchen schien ihm, im Gegensatz zu dem entweder etwas einfacher gestrickten oder einfach nur einsilbigen dazugehörigen Knäblein, durchaus begabt und wachen Geistes zu sein.
"In dir scheint der Polis ein Bürger* heranzuwachsen, der seine Pflichten kennt.", antwortete er dem Mädchen wohlwollend.
"Ich bin allerdings nicht dazu da, euch das Wissen mit silbernen Löffeln einzuflößen, sondern euch vielmehr bei der Geburt der Erkenntnis zu helfen. Du, Penelope, weißt zum Beispiel selbst schon sehr viel, sodass mein Wissen dazu genügt, kleine Lücken zu stopfen. Außerdem wisst ihr sicher, dass es nicht so sehr darauf ankommt, seine Pflichten zu kennen, als sie gewissenhaft auszuführen."
Er legte eine kurze Pause ein.
"Wo wir gerade bei der Beschaffenheit des Bürgers sind: Was unterscheidet den hellenischen Bürger einer Polis vom Untertan beispielsweise des parthischen megas basileus?"*männliche Form, da es -in-Verweiblichungen noch nicht gab ;).
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Sie hatte ein Lob erhalten! Penelope versuchte, es so bescheiden wie möglich aufzunehmen und neigte daher nur kurz demütig und dankbar den Kopf in Richtung des Gymnasiarchos. Sie hätte nicht gedacht, dass er ihre Antwort gleich so stehen lassen würde, ohne sie zu verbessern, aber natürlich war sie sehr froh darüber. Sie fühlte sich sogar doppelt geehrt, da sie das einzige Mädchen in der Runde war und trotzdem die Antwort gewusst hatte.
Aber die andere frage war wirklich sehr schwierig. Woher sollte sie denn wissen, wie es bei den Parthern war? Das waren Feinde, und damit in Penelopes einfacher, kleiner Welt Barbaren. Woher sollte sie wissen, wie sich die Untertanen des parthischen basileus benahmen? Sie kannte nur ein paar Parther aus Rhakotis, und bei diesen musste sie sagen, dass sie sie allesamt lieber nicht kennengelernt hätte. Und in Parthia war sie selbstverständlich auch nie gewesen. Woher also sollte sie solches Wissen haben? Und sie bezweifelte auch, dass ein normaler Grieche, der sich nicht speziell aus Wissensdrang mit fremdländischen Regierungsformen beschäftigte, das wissen würde. Pelo hatte eigentlich angenommen, die Ephebia wäre nicht ganz so speziell, aber nunja, sie war ja hier um zu lernen.
Sie sah kurz zu Anthi, ob er vielleicht wusste, was Nikolaos da von ihnen wollte. Er hatte ja auch eine gute Bildung erhalten, wobei sie auch nicht so recht wusste, ob seine Lehrer ihn zum Diplomaten erziehen wollten und ihm daher so etwas beigebracht hatten. Aber vielleicht wusste er es ja? Sie zumindest hatte keine Ahnung. -
Bei den Göttern, was waren denn das für Fragen? Eigentlich dachte Anthi hier würde ihr Wissen in Mathematik, Grammatik, Philosophie und die Dinge die direkt die Polis in Alexandria betrafen überprüft. Vom Sport und dem Kampf mal ganz abgesehen...
Parther? Das waren doch nur Barbaren, wieso sollte man etwas über die wissen müssen? Wie so fragte er nicht gleich nach den Hochzeitsriten der dunkelhäutigen Barbaren aus dem Süden? Er hatte nicht vor dort jemals hinzugehen, weder zu den Parthern noch zu den anderen Barbaren, und so zuckte er bloß mit seinen breiten Schultern. Penelope sah ebenso überfragt aus wie er.
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Als niemand antwortete, setzte sich Nikolaos gemächlich auf seinem Stuhl zurecht und begann zu sprechen.
"Die Parther sind, von den Bewohnern einiger Städte, die den Hellenen nacheifern und, freilich unterdrückt, ein gewisses Ehrgefühl haben, gänzlich unterschiedlich zu den Bürgern unserer Polis.
Der parthische sogenannte Megas Basileus, eigentlich Tyrann, ist kein wohlwollender Schutzherr wie unser göttlicher Basileus, der seine göttliche Hand über die freien Bürger hält, sondern ein Tyrann, der jeden Tag Frevel an den Göttern begeht.
Seine Untertanen kriechen vor ihm im Staub und wohnen in schäbigen Häusern, verrichten Arbeiten, die keines freien Mannes würdig sind und können zu einem großen Teil noch nicht einmal lesen und schreiben.
Bei den Parthern gibt es zum einen den sogenannten Megas Basileus und seine Vasallen, seine Satrapen, seine Hofschranzen, die allesamt verdorben sind und kein Maß kennen, das ist ein sehr kleiner Teil, zum anderem die arme Bevölkerung, vielgestalt in Völkern und Sitten, doch eins in ihrem Elend.
Die parthischen Städte haben keine Bürger, es sind nur die Untertanen, die dort leben, des Großkönigs, und wenn sie nicht in der Hauptstadt leben, dalso in anderen Städten oder auf dem Lande, so sind sie es immer noch, wobei sie dann vor seinen Stellvertretern kriechen.
Diese Menschen, wie ich sagte, sind keine Bürger. Daher haben sie auch alle Tugenden abgelegt, die eines Bürgers würdig sind. Sie ehren die Götter nicht richtig, denn der Tyrann stellt sich frevelhaft über die Götter, und seine Untertanen beten ihn mehr an als irgendeinen Gott.
Sie ehren ihre Städte nicht, denn ihre Städte sind nicht mehr als Kolonien der Haupstadt. Ihre Tempel zerfallen, jede Agora in im parthischen Reich ist über und über mit Schmutz bedeckt, sie pflegen die Künste nicht, denn entweder sind sie so arm und müssen derartige Sklavenarbeit verrichten, dass ihnen dafür weder Zeit noch Kraft bleibt, oder aber sie sind reich und kennen kein Maß, sodass sie alle Stunden des Tages für Völlerei und Verschwendung gebrauchen.
Auch Archonten haben die Parther nicht. Der Herrscher und seine Satrapen und Speichellecker ernennen so genannte Beamte, nicht das Volk tut dies. Und sie ernennen sie nach Gutdünken. Und ein so genannter Beamter dient nicht den Göttern, dient nicht der Polis, dient nicht dem Reich, ja sogar dient er nicht einmal dem Herrscher, sondern einzig sich allein und seinem Bauch. Ein parthischer Beamter gibt nicht für das Wohl aller alles sondern nimmt von allen alles für sein eigenes Wohl.
Große Männer im Sinne der Parther sind große Leckermäuler, große Säufer, große Räuber, große Schlächter.
So steht es um die parthischen Poleis, wenn man sie einmal so nennen will.
Da können die Untertanen gar keine Bürger sein.
So habt ihr also ein Beispiel, wie ihr als Bürger nicht sein sollt."Er holte Atem und ließ die Schüler seine Tirade verdauen.
"Hat jemand hierzu eine Frage, oder können wir fortfahren mit einem anderem Thema?"
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Sim-Off: Ich weiß ich bin spät, aber ich möchte darum bitten meinen Post so zu behandeln, als sei Thimótheos mit seinen Brüdern bereits von Anfang an dabei gewesen. Es war mir einfach nicht möglich, einen vernünftigen Einstieg im Chaos meines Studiums zu finden.
Timos hatte es sich auf einer mitgebrachten Schilfmatte bequem gemacht und eifrig Notizen gemacht, während der Gymnasiarchos den Unterricht abgehalten hatte. Unbeteiligt beobachtete er, wie Ánthimos die Antipathie des Gymnasiarchos zu spüren bekam und wie gleichermaßen Penelope die Vorteile seiner Gunst erfuhr.
Den Vortrag über parthische 'Polites', wenn man sie denn so nennen durfte, sog er in sich auf wie ein Schwamm das salzige Meerwasser. Seine Tabula war bereits völlig vollgeschrieben, als der Keryke ein weiteres Thema anschneiden wollte. Geschickt packte Timos also eine neue Wachstafel aus und legte sie vor sich auf die Knie, die im Schneidersitz eine geeignete Schreibunterlage boten.
Die Frage ihres Lehrers verneinten die Schüler mit stummem Kopfschütteln, so dass Nikolaos also fortfahren konnte. Oder gab es etwa doch noch Fragen? Timos schaute zu seinen Brüdern herüber, ließ seinen Blick erwartungsvoll über die anderen Schüler schweifen... -
Nikolaos sah prüfend in die Runde, um festzustellen, ob jeder der Schüler seiner Rede gefolgt war und auch schritthalten konnte. Er hatte bemerkt, dass einer der neueren Schüler eifrig mitgeschrieben hatte, was Nikolaos positiv auffiel.
"Nachdem ihr gelernt habt, wie ein Bürger beschaffen sein sollte und welche Pflichten er hat und wie er nicht sein sollte, steht nun die Angelegenheit des Dienstes an den Göttern in der Mitte unserer Betrachtungen."
Sim-Off: Für Rl-Chaos habe ich aus eigener Erfahrung größtes Verständnis ;).
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Als der Gymnasiarchos auf den Götterdienst zu sprechen kam, sah Timos auf und meldete sich. Ein Blick und er begann zu sprechen.
"Der Dienst an den Göttern ist dem ehrbaren griechischen Polites eine der höchsten Pflichten. An forderster Stelle steht hierbei der Staatskult und das Pantheonder jeweiligen Polis. Im Falle unseres prächtigen Alexandrias hieße das die Verehrung des vergöttlichten Basileus, des rhomäischen Kaisers. Die Schutzgötter der Stadt sind Isis, die in verschiedenen Kulten und Personifizierungen in Alexandria sowie in anderen Poleis angebetet wird und Tyche, die Herrin des Glücks und der Zukunft, Hüterin dieser Stadt und auch Sarapis, der ähnlich wie Isis in vielen Formen gebührend geehrt wird."
Er schluckte kurz und sammelte seine Gedanken, dann fuhr er fort.
"Im Gegensatz dazu gibt es in den Heimen der Polites viele verschiedene Gottheiten. Jede Familie hat ihre 'Lares', wie die Rhomäer sagen würden und betet die verschiedensten lokalen Gottheiten oder Schutzpatrone ihrer Familie an. Zu all dem kommen dann noch weitere vergöttlichte Herrscher oder Halbgötter, wie Alexander der Große oder Herakles, die sich durch ihre ruhmreichen und unerreichbaren Taten in der Geschichte dem Olymp als würdig erwiesen haben."
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Das war eine durchaus gelungene Antwort. Zufrieden nickte der Gymnasiarchos.
"Mir scheint, du hast schon viel über die wesentlichen Dinge im Leben eines tugendhaften Bürgers erfahren und eine ausgezeichnete Erziehung genossen, werter Thimótheos. Wenn du später als Bürger so handelst, wie dein Wissen es dir vorgibt, hat die Polis in dir einen vortrefflichen Bürger gewonnen." Er sah sich in der Runde um. "An ihm-" Er nickte in Richtung des Thimótheos. "Und an ihr-" Er deutete auf Penelope. "-könnt ihr euch alle ein Vorbild nehmen. Wenn ihr alle so eifrig lernen würdet, könnte ich ständig Feste organisieren für die Polis.", tadelte er die anderen Schüler wohlwollend. "Doch dabei dürfen wir natürlich nicht vergessen, dass das Wissen um die Richtigkeit oder Falschheit einer Handlung und das richtige Handeln zwei unterschiedliche Dinge sind. Zwar wird das Zweite durch das Erste bedingt, doch die Anwesenheit des Ersten hat nicht die des Zweiten als notwendige Folge." Er sah jeden Einzelnen an. "Daher wollen wir nicht nur reden, sondern auch - wenngleich im Kleinen und eher modellhaft und symbolisch als praktisch, zudem die einige Bedingungen der Wirklichkeit vernachlässigend - handeln. Wir werden heute den beiden Göttern, denen diese Anlage geweiht ist, Opfer darbringen. In die Tempel selbst werde ich euch nicht mitnehmen, da ihr keine Priester seid. Ich will jedoch das Opfer zum Anlass nehmen, über einige Dinge bezüglich unserer Götter mit euch zu sprechen. Ich werde euch gleich in die Stadt entlassen, auf dass ihr, mit Geld, dass ich euch gleich geben werde, kleine Opfergaben kauft, wobei ihr achtgeben müsst, den Göttern gute Dinge zu schenken, die ihr Wohlgefallen erregen.
Zuvor jedoch sagt, welche beiden Götter ich meine. Beachtet dabei auch die Unterschiede zwischen Arten von Göttern, die Thimótheos so treffend herausgestellt hat, und beschreibt mir dann kurz, welche Taten sie vollbracht haben, was ihr Charakter jeweils ist. Einige Beispiele genügen. Möchte jemand mit einem der beiden den Anfang machen?"
Er blickte sich in der Runde um. -
Anthi meldete sich. Wenn er sich bei einem Gott auskannte dann war es Herakles. Schon als kleiner Junge wollte er diesem nacheifern und sein wertvollster Besitz war dem Sohn des Zeus gewidmet.
Also meldete er sich. Da sich sonst keiner meldete, er ging davon aus dass Pelo und Timos ihm den Vortritt ließen, kam er auch dran.
"Das Gymnasion ist Herakles und Hermes geweiht. Herakles und Hermes unterscheiden sich dergestalt, dass Herakles eine sterbliche Mutter hatte und somit nicht von Anfang an ein Gott war, im Gegensatz zu Hermes der zu den zwölf großen Olympischen Göttern gehört. Herakles hingegen zählt man zu den vergötterten Halbgöttern wie Thimótheos schon völlig richtig ausgeführt hat."
Anthi holte kurz Luft.
"Die Taten des Herakles waren groß an der Zahl, doch erzählt man sich meist seine zwölf wichtigsten Taten. Diese waren die Erlegung des Nemëischen Löwen, den er erwürgte, die Tötung der neunköpfigen Hydra, die er in zwei Teile schlug, das Einfangen der Kerynitischen Hirschkuh, des Kretischen Stiers und des Erymanthischen Ebers, dem Ausmisten der Rinderställe des Augias, wofür er die Flüsse Alpheios und Peneios umleitete, das Ausrotten der Stymphalischen Vögel, die er mit zwei vergifteten Pfeilen tötete, die Zähmung der menschenfressenden Pferde des Diomedes, das Herbeischaffung des Wehrgehänges der Amazonenkönigin Hippolyte, der Raub der Rinderherde des Riesen Geryon, das Pflücken der goldenen Äpfel der Hesperiden und zu guterletzt das Heraufbringen des Kerberos an die Oberwelt, nachdem er ihn niedergerungen hatte."
Das alles erzählte er mit geschlossenen Augen, denn während er das sagte dachte er an seinen Vater der ihm diese Geschichten bestimmt einige hundert Male erzählt hatte."Entschuldige bitte verehrter Gymnasiarchos, dass ich so viel über Herakles erzählt habe. Ich bin mir aber sicher, dass es über Hermes nicht weniger zu berichten gibt."
Dabei schaute er kurz zu Pelo, denn über Hermes konnte sie sicher stundenlang erzählen, und dann zum Gymnsasiarchos.
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Da Ánthimos sie schon so auffordernd anschaute, fasste sich Penelope ein Herz und beantwortete die unausgesprochene Frage nach dem zweiten Gott. Sie hoffte, der Gymnasiarchos nahm es ihr nicht allzu übel, die Initiative zu ergreifen, bevor er fragte.
“Hermes ist der Sohn des Zeus und der Nymphe Maia. Er ist der Bote der Götter und verkündet die göttlichen Beschlüsse. Auch ist er derjenige, der die Verstorbenen auf ihrem Weg zum Hades begleitet. Er ist Schutzher der Wege, daher gibt es an Kreuzungen viele Schreine für ihn. Des Weiteren ist er Gott des Handelns und auch der Diebe. Als er gerade geboren war, stahl er so dem Neptun den Dreizack, dem Ares sein Schwert, Apollos Bogen, Hephaistos Schmiedehammer und selbst das Szepter des Zeus. Apollo entwendete er auch noch eine Rinderherde, die er in eine Höhle entführte, wo er zwei Rinder schlachtete.
Auf dem Berg Kyllene fand Hermes eine Schildkröte. Aus deren Panzer und den Häuten der geschlachteten Rinder baute er so die erste Lyra und erfand damit die Musik. Beim Hüten der restlichen Rinder erfand er auch noch die Pfeifen. Als Apollo mit Zeus kam, um seine Rinder zurückzufordern und auch das andere Diebesgut, war er von den Klängen so verzaubert, dass er die Lyra gegen die Rinder tauschte und Hermes auch noch seinen Stab im Tausch für das Flötenspiel schenkte und ihm das Knöchelspiel beibrachte. Daher ist Hermes auch Gott des Glücksspiels.“
Penelope merkte, wie sie bei ihrer ganzen Schwärmerei für Musik immer mehr vom eigentlichen Thema abkam. Die Musik war sicher nicht der Grund, warum Hermes im Gymnasion verehrt wurde, und auch seine Diebeskunst oder sein Geschick als Händler nicht.
“Im Gymnasion wird Hermes verehrt, weil er auch der Gott des Ringkampfes ist. So rang er nach seiner Geburt mit Eros und besiegte ihn. Auch ist er der Gott der Fechtkunst, des Boxens und des Turnens.“
Das war jetzt beinahe noch ausführlicher gewesen als Ánthimos’ Ausführungen zu Herakles. Penelope hoffte, dass der Gymnasiarchos so ausführliche Antworten haben wollte. Aber über die Götter, die mit Musik zu tun hatten, wie Apollo, Pan, Hermes oder die Musen, konnte Penelope Stunden erzählen.
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