officium MAC | Ein Gespräch

  • Am Tag nach seiner Ankunft hielt Ursus den Zeitpunkt für gekommen, ein Gespräch mit seinem Onkel zu suchen. Er paßte einen Zeitpunkt ab, an dem kein Besucher mehr da war und konnte nun nur hoffen, daß Corvinus ein wenig Zeit für ihn erübrigen konnte. So ganz sicher war Ursus sich nicht, wie er seinem Onkel gegenübertreten sollte. Es war so vieles geschehen, es gab so viele Dinge, die er schlicht nicht wußte. Und von denen er auch nicht wußte, ob es besser war, sie anzusprechen oder ob es besser war, sie noch eine Weile ruhen zu lassen. Hoffentlich ergab es sich einfach im Gespräch. Denn daß sie miteinander reden mußten, war ganz klar. Am besten war es, er begann mit unverfänglichen Themen. Davon gab es schließlich auch genug nach einem Jahr Abwesenheit. Auch wenn sie sich einigermaßen regelmäßig geschrieben hatten, so war Ursus doch klar, daß die Briefe nur einen kleinen Teil der Geschehnisse hatten berühren können. Das wichtigste eben.


    Bewaffnet mit einem versiegelten Krug und einem Paket stand er nun vor dem officium und straffte seine Gestalt, bevor er anklopfte und seinen Kopf zur Tür reinsteckte. "Salve, Marcus. Hast Du ein wenig Zeit für mich oder paßt es gerade nicht?"

  • Verdammt, wo hatte ich sie nur hingelegt? Einen Zeigefinger auf den Lippen und den Arm mit dem anderen stützend, stand ich mit dem Rücken zur Tür vor einem der hohen Regale in meinem Arbeitszimmer und suchte mit gerunzelter Stirn die Fächer ab. Als es klopfte, kam von mir ein nachdenkliches "Mhmm...", und nachdem die Tür sich wohl geöffnet haben musste - ich hörte es, sah es aber nicht, da ich mich nicht umwandte - fragte mich Ursus, ob er ungelegen kam. Ich wandte mich um, seufzte tief und sagte: "Ganz und gar nicht. Komm rein. Ich fürchte, ich werde langsam alt. Du hast nicht zufällig irgendwo eine Schriftrolle liegen sehen?" Ich sah ratlos drein und zuckte mit den Schultern. Wo konnte sie nur liegen? Und gerade der Geschäftsbericht vom vergangenen Monat. Das war wirklich ärgerlich. Und ich hatte ihn doch auf dem Schreibtisch liegen lassen. Oder?

  • Ursus trat ein und schloß die Tür hinter sich. "Schriftrollen habe ich heute schon ein paar gesehen und sehe ich auch hier", er deutete grinsend auf die Regale, "doch ich nehme mal an, Du suchst eine bestimmte?" Er stellte den Krug und das Paket auf dem Tisch ab und blickte sich pflichtschuldigst um. "Wenn Du mir sagst, was es für eine sein soll, dann helfe ich Dir suchen. Bestimmt hat ein übereifriger Sklave sie beim Aufräumen einfach irgendwohin gelegt." Auch wenn die Sklaven im allgemeinen doch wußten, daß sie ihre Finger von den Schriftrollen und Wachstafeln lassen sollten.


    "Ach, es tut gut, wieder zuhause zu sein, obwohl ich mich dort in Germanien auch unerwartet wohl gefühlt habe. Ich soll Dich übrigens ganz herzlich von Deinem Klienten, Artorius Raetinus, grüßen." Eigentlich hatte er diesen Gruß gestern schon ausrichten wollen, doch dann war es irgendwie ganz in der Wiedersehensfreude untergegangen.

  • Ich zoh eine Grimasse, die grinsend verdeutlichte, was ich von dieser aufschlussreichen Antwort hielt, und winkte ab. "Ah, nein, lass nur. Ich muss mich eben damit abfinden, dass es bergab geht mit mir", witzelte ich und setzte mich, um das Paket zu begutachten, das Ursus auf meinen Tisch gelegt hatte. "Was ist das? Ist das für mich?" fragte ich ihn und sah auf.


    "Setz dich doch. Und danke für die Grüße. Leider scheint man Reatinus vergessen zu haben bei den letzten Standeserhebungen. Ich hoffe, dass meine Erinnerung dem Abhilfe schaffen kann. Haben sie dich gestern noch lange belagert? Ich weiß noch, wie das damals bei mir war, als ich heim gekommen bin. So viel Trubel gleich nach der langen Reise...das hat ziemlich geschlaucht. Da wollte ich dich gestern nicht auch noch mit Fragen löchern. Allerdings bist du ja jetzt ausgeruht, also schieß los." Ich grinste Ursus an und sah neugierig zu dem Krug, den er mitgebracht hatte.

  • "Es geht bergab mir Dir, alter Mann?" Ursus mußte lachen. Corvinus war nur wenige Jahre älter als er selbst, auch wenn er sein Onkel war. "Das sind ja rosige Aussichten für meine eigene Zukunft", scherzte er zurück und setzte sich nun ebenfalls. "Ja, das ist für Dich. Ich hoffe, Dir schmeckt Met. Ich dachte, ich rette besser einen Krug für Dich, bevor meine lieben Vettern alles niedergekämpft haben. Und das da ist auch für Dich." Er schob das Paket zu Corvinus herüber. Es enthielt weiße Pelze von irgendwelchen wieselflinken Tieren, die weit im Osten lebten, von Germanien aus gesehen. Ursus hatte den Namen der Tiere vergessen. Doch die Pelze waren sehr kostbar und würden an jedem Wintermantel eine besondere Zierde sein.


    "Ja, es ist doch ziemlich spät geworden gestern Abend und es war in der Tat ausgesprochen schlauchend. Zudem bescherte mir die Nacht merkwürdige Träume." Er schüttelte unwillkürlich den Kopf, denn ganz frei von den Eindrücken der Nacht war er noch nicht. "Raetinus ist wahrhaft ein guter Mann, der die Standeserhebung vollauf verdient hat. Er war mir eine große Hilfe bei den Limesarbeiten. Ich hoffe, Du bist mit meiner Entscheidung, ihm einen Satz Schlüssel für die Villa auszuhändigen, einverstanden? Ich bin sicher, sie sind bei ihm in guten Händen. Achja, hier sind übrigens die Schlüssel für die Villa in Mogontiacum." Er reichte Corvinus den Schlüsselbund.


    "Stell Dir vor, aus mir ist nun doch noch ein ganz passabler Reiter geworden. Einer der ritterlichen Tribune, Terentius Alienus, hat sich meiner angenommen, damit ich mich vor meinen Männern nicht blamiere. Und ich habe eng mit dem Quästor vor Ort zusammengearbeitet, Germanicus Sedulus. Ich habe ihn zu den Mattiakern begleitet und das war wirklich ein besonderes Erlebnis. Stolz sind sie, die Germanen. Empfindlich, wenn sie glauben, man zweifelt an ihrer Ehre. Doch auch herzlich und ungemein gastfreundlich. Ich verstehe allerdings nicht, warum sie in diesen dunklen Hütten hausen." Er erzählte einfach drauflos und vermied erst einmal das Thema Fhionn.

  • Ich warf Ursus einen bedauernden Blick zu und zuckte mit den Schultern. "Tja, das kann man nicht ändern. Alt werden wir alle. Die einen früher, die anderen später", erwiderte ich und warf Ursus einen vielsagenden Blick mit breitem Grinsen zu. "Ah, Met? Ich habe lange keinen mehr getrunken... Schmeckt er denn dir? Ich habe den herben bevorzugt. Und das Paket... Da fühlt man sich fast wie zu den Saturnalien. Danke dir. Jetzt muss ich doch glatt mal schauen, was da drin ist." Gemächlich begann ich, das Paket zu öffnen, während Ursus erzählte.


    "Ja, natürlich. Es ist mir viel lieber, wenn er ab und an nach dem Rechten sieht, als so ein Nichtsnutz von Verwalter, wie du ihn entlassen hast. Ich kann über eine solche Dreistigkeit nur immer wieder den Kopf schütteln. Nun ja." Ursus schienen weitaus interessantere Aufgaben zugeteilt worden sein als mir seinerzeit. Er schien ganz in seinen Erlebnissen und Eindrücken aufzugehen. Für mich blieb da im Grunde nur eine einzige Frage, die ich vordringlich beantwortet wissen wollte: "Dann hat es dir also gefallen." Mehr Feststellung als Frage. Etwas Weiches berührte meine Finger, und als ich darauf hinab sah, entdeckte ich weißes Fell. Überrascht zog ich eines aus der Kiste, befühlte es ausgiebiger und sah dann Ursus an. "Ist das ein...ich glaube, sie nennen es im Norden Hermelin? Oder Iltis? Na, vielen Dank auf jeden Fall." Lächelnd legte ich das Fell zurück in die Kiste und schob sie zur Seite, damit sie nicht mehr zwischen Ursus und mir stand. "Ich hoffe, wenigstens deine Zeit war frei von Sorge und Turbulenzen", sagte ich dahin.

  • "Ich hofe einfach mal, daß ich zu denen gehöre, die sich mit dem Altwerden ein wenig Zeit lassen", grinste Ursus breit zurück, den bedauernden Blick vollständig ignorierend. Dann deutete er zu dem Krug hin. "Dann habe ich ja Deinen Geschmack getroffen. Auch ich bevorzuge den herben Met. Am allerbesten hat mir sogar der Federweiße geschmeckt, doch der eignete sich leider nicht zum mitnehmen. Laß ihn Dir schmecken."


    Lächelnd beobachtete er, wie Corvinus das Paket öffnete und den feinen Pelz befühlte. "Hermelin, ja richtig, das war der Name, der mir entfallen war. Meinem Schwesterchen habe ich auch davon mitgebracht. Ich bin schon sehr auf ihr Gesicht gespannt, wenn sie das Paket aufmacht." Natürlich würde sie es erst bekommen, wenn er sich tüchtig über ihre Schreibfaulheit beschwert hatte. Das mußte sein, das forderte die Geschwisterliebe. ( ;) )


    "Ja, es hat mir wahrhaftig gefallen. Und es war auch eine echte Herausforderung, gleich ein Kommando übertragen zu bekommen. Das hätte auch schiefgehen können, aber ich hatte größtenteils fähige Offiziere unter mir, so daß ich mich da schnell eingefunden habe. Turbulenzen? Doch davon gab es einige. Sorgen? Eigentlich nur um euch hier." Er machte eine Pause und blickte Corvinus an. "Aber was Sorgen angeht, reden wir nicht von mir. Reden wir lieber von Dir. Die Last der Sorgen muß wahrhaft groß sein. Laß mich Dir helfen und Dir beistehen, Marcus. Wir hatten unsere Differenzen... aber das sollte uns nicht daran hindern, zusammen zu halten."

  • "Federweiß?" fragte ich verwirrt. Das bezeichnete doch einen Wein aus Trauben, nicht aber Met. So zumindest nahm ich an. Met hingegen wurde aus Honig und Wasser hergestellt, natürlich unter Beimengung von vergorenem Fruchtsaft und entsprechenden Gewürzen. Ob 'federweiß' die Herstellung von Met unter Zugabe von Traubensaft bezeichnete? "Ah, ja. Minervina hatte in deiner Abwesenheit alle Hände voll zu tun. Sie hat neue Freundinnen gesucht und auch gefunden. Sie wird sich sicher freuen."


    Ursus' Bericht erinnerte mich an meine eigene Zeit als Tribun. Ich war damals heidenfroh gewesen, mich nicht um Pferde und Reiter kümmern zu müssen. Das Kommando über die Reiterei hätte ich freiwillig nicht haben wollen, wo ich doch eine wahrlich großartige Figur im Sattel machte... Das hatte sich zu meiner Schande bis heute auch nicht geändert. Schlimm fand ich es gegenwärtig nicht, schließlich musste ich nirgendwo hin reiten und hatte auch sonst relativ wenig mit Pferden zu schaffen. Wo ich hin wollte, ging ich hin oder ließ mich tragen, und um Pferde machte ich nach wie vor einen Bogen. Ursus' Worte holten mich zurück in mein Arbeitszimmer. Er erkundigte sich nach meinen Sorgen, und wie er vom Beistand sprach, erwischte er mich auf dem falschen Fuß. Beistand sollte ich nicht brauchen, das klang so...unfähig. Andererseits, betrachtete man die Begebenheiten der letzten Wochen und Monate, so steckte darin vielleicht ein Keim Wahrheit.


    Ein Klopfen bewahrte mich davor, augenblicklich antworten zu müssen. Caecus trat ein, richtete kurz das Wort an mich und reichte mir dann einen Brief, der eben wohl via Eildepesche gekommen war. Er zog sich zurück, während ich das Siegel begutachtete und überrascht die Augen hoch zog. "Aus Achaia", teilte ich Ursus verwundert mit, brach das Siegel und begann zu lesen.



    Ad
    Marcus Aurelius Corvinus
    Villa Aurelia
    Roma, ITALIA




    C' Blandus M. Aurelio Corvino s.p.d.


    Nach mehreren Anfällen und langer Schwäche ging in der letzten Woche Euer Onkel Marcus Aurelius Lyso in seiner Villa in Griechenland ins Elysium. Nach langen, hier verbrachten Jahren besuchte er Rom, doch kehrte schon bald zurück, da er von Anfällen heimgesucht wurde. Vor fast 16 Jahren bekam er, schon im hohen Alter, eine Tochter, Aurelia Laevina, die er über alles liebte. Euer Oheim hinterlässt sein Vermögen, seine Villa und seine Sklaven dem Staate. Sein letzter Wunsch aber war es, dass Ihr Euch seiner Tochter Aurelia Laevina annehmt. Laevina ist noch ein junges Mädchen und bisher nicht versprochen, also fleht Euch mein Herr auch aus dem Jenseits noch an, sie gut zu behandeln und sie einst an einen ehrenwerten Mann zu verheiraten. Ich werde Laevina in einigen Wochen nach Rom zu Euch bringen. Ich hoffe auf Euer Entgegenkommen und bedaure, keine frohere Botschaft von meinem Herrn senden zu können,


    Caius Blandus, Verwalter



    Diesen Brief las ich ganze zwei Mal, dann ließ ich die Hand sinken und sah Ursus mit gerunzelter Stirn an. "Lyso war in Rom? Ich frage mich, wann das gewesen sein soll. Ich erinnere mich kaum noch an ihn. Und er hat eine Tochter? Das ist interessant. Und unerwartet." Ich reichte Ursus den Brief, damit auch er ihn lesen konnte. Meinen so genannten Onkel hatte ich in meinem ganzen Leben vielleicht dreimal zu Gesicht bekommen. Erinnerungen hatte ich demnach so gut wie keine an ihn. Seufzend versuchte ich, den Faden unseres Gesprächs wiederzufinden. Achja. Die Sorgen. Ich zog eine flüchtige Grimasse und zuckte dann mit den Schultern. "Lass uns nicht von vergangenen Sorgen sprechen, Titus. Lass uns lieber hoffen, dass diese Zeiten vorüber sind. Sprechen wir doch über etwas Erbaulicheres... Du bist sogar der erste, dem ich davon erzähle." Ich lächelte ein wenig und lehnte mich zurück. "Vermutlich werde ich bald heiraten. Das heißt, wenn alles so verläuft, wie ich es gern hätte."

  • Ursus hatte nicht die geringste Ahnung, daß seine Wortwahl ein derartiges Mißverständnis auslöste. Immerhin wollte er lediglich seine Hilfe anbieten, nichts weiter. Da Corvinus nichts sagte, ging Ursus davon aus, daß diesesd Angebot auch angenommen würde. Zudem wurde das Gespräch unterbrochen, so daß dieses Thema irgendwie in den Hintergrund rückte.


    Corvinus gab den Brief an Ursus weiter, der sich die Zeit nahm, ihn zu lesen. Seine Augenbraue hob sich. "Aurelius Lyso ist tot? Ich kann mich auch kaum an ihn erinnern... Aber schon wieder ein Familienmitglied weniger." Er schüttelte traurig den Kopf. In letzter Zeit stand die Familie wahrhaft unter keniem guten Stern. "Und er hatte also eine Tochter? Wie schade, daß wir bisher keine Gelegenheit hatten, sie kennenzulernen. Es steht kein Datum dabei. Am Ende ist sie so schnell wie der Brief..." Sie sollten sich vielleicht auf ihre Ankunft vorbereiten.


    Die nächste Nachricht allerdings warf Ursus fast um. "Heiraten? Naja, eigentlich sollte mich das nicht überraschen. Wer ist denn die Auserkorene? Kenne ich sie?" Eigentlich war diese Hochzeit ja schon überfällig, doch das wollte er ihm dann doch nicht so unverblümt sagen. Zumal er sich da auch an seine eigene Nase fassen mußte. Auch bei ihm wurde es längst Zeit, eine Frau zu finden.

  • Auf meine Frage ging Ursus gar nicht ein. Ich schloss daraus, dass er es selbst nicht wusste, und dass die Sache mit seiner Schwester nicht so schlimm war, wie angenommen. Ich schwieg, während er las, und seufzte tief als Kommentar darauf, dass wir wieder einer weniger waren. Mit einem traurigen Lächeln bemerkte ich: "Nicht nur deswegen wird es Zeit, dass ich endlich heirate." Ich glaubte indes nicht, dass ein Brief so schnell war wie ein Reisender, der Wert auf Komfort legte. Wenn mir eines von Lyso in Erinnerung geblieben war, so waren es die rauschende Feste und die pompöse Ausstattung seinerselbst. Ursus war dies sicher auch noch in Erinnerung. Teilweise hatte ich Lyso gar für verschwenderisch gehalten.


    Ich musste schmunzeln, als ich Ursus' Miene sah. "Vielleicht", erwiderte ich, um noch ein wenig die Spannung zu steigern. "Ich werde Celerina von den Flaviern heiraten." Eine kurze Pause. "Ich ahne, was du denken magst, Titus. Das Schicksal der Aurelia und der Flavia scheinen letztens enger verflochten zu sein als es dieser Tage gut sein könnte." Damit spielte ich natürlich auf die Vergangenheit des derzeitigen Kaisers an, der persönlichen Groll gegen die Flavier hegte. Wie tief dieser sitzen musste, war jedoch bisherig nicht feststellbar gewesen. Insofern war es ein Spiel mit dem Feuer, sich eine Flavia zur Frau zu nehmen.

  • Ursus nahm sich die Zeit, zunächst über die Worte von Corvinus nachzudenken. Sicher, natürlich war es gerade im Moment riskant, eine solch enge Beziehung zu den Flaviern einzugehen. Doch waren sie mit dieser Familie nicht ohnehin eng verbunden? Jeder wußte davon, also konnte dieser weitere Schritt auch nicht schaden. Dies war es auch, was Ursus dann schließlich dazu äußerte. "Wir sind seit sehr langer Zeit mit den Flaviern eng befreundet. Wer in Rom wüßte das nicht? Ich glaube nicht, daß diese Verbindung zusätzlichen Schaden anrichtet. Wenn der Kaiser nicht blind ist, so wird er unsere Treue erkennen. Wenn er sie nicht erkennt, so würde auch ein Verzicht auf diese Heirat nichts daran ändern. - Ich wünsche Dir auf jeden Fall alles Glück für Deine Verbindung und hoffe für Dich, daß alles so läuft, wie Du es Dir wünschst. Du hast sie richtig gern, oder?" Zumindest schien seine Miene dies zu verraten. Und auch die Tatsache, daß Corvinus evetuelle politische Nachteile in Kauf nahm, sprach für diese Annahme. "Es ist selten genug, daß in unseren Kreisen Gefühle bei einer Heirat im Spiel sind. Schön zu sehen, daß es vorkommt. Ich freue mich für Dich. Für euch beide. Und hoffe auf einen ganzen Haufen von Cousins und Cousinen." Die ehrliche Freude über diese Nachricht jedenfalls war Ursus durchaus anzusehen. Kinder waren es, die diesem Haus wahrhaftig fehlten. "Deinen Worten entnehme ich, daß die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen sind? Probleme wird es doch sicher nicht geben, oder?" Nicht mit den Flaviern! Das konnte sich Ursus wirklich nicht vorstellen.


    "Auch für mich wird es langsam Zeit, mich nach einer passenden Braut umzuschauen. Ich hoffe dabei auf Deinen Rat, Marcus." Für Ursus war ganz klar, daß eine Heirat rein politisch motiviert sein würde. Und das störte ihn auch überhaupt nicht. Immer hatte er gewußt, daß es so kommen würde. Vielleicht konnte seine Heirat gar dazu beitragen, etwas mehr zu verdeutlichen, wo sie politisch standen? Verkehrt wäre dies sicherlich nicht. "Leider hatte ich bisher wenig Gelegenheit, in Frage kommende junge Damen - und deren Eltern - kennenzulernen. Finden nicht in der allernächsten Zeit einige größere Hochzeitsfeierlichkeiten statt? Gibt es schon Einladungen? Es wäre eine Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen."

  • Ursus' Worte waren selbstverständlich einleuchtend, doch wer verließ sich heutzutage schon darauf, dass man die guten Absichten oder gar die nicht greifbare Treue bei jemandem erkannte? Weder ich selbst noch ein anderer Aurelier hatte meines Wissens nach eng mit Valerian zusammengearbeitet, geschweige denn in dessen Beraterstab gesessen. Wie also sollte man einen Mann einschätzen, von dem man seltenst etwas sah und noch viel Widersprüchlicheres hörte? Ich schüttelte den Kopf und wollte etwas erwidern, als Ursus argwöhnte, ich hätte die Flavieri richtig gern. Doch dabei blieb es nicht, er sprach von Gefühlen, die ich wohl hegen sollte. Verdattert starrte ich ihn an und fand nur über ein Räuspern zurück zur Sprache. "Sie entstammt einer guten und angesehenen Familie, Titus. Zudem untersteht sie keiner patria potestas - ihr Ehemann ist tot, ebenso wohl ihr Vater. Das ist alles, was ich wissen muss. Und schätze ich ihr Wissen um die Flora", erwiderte ich trocken. Gefühle waren ein dehnbarer Begriff. Dies war eine politische Heirat, auch wenn ich Celerina mochte, denn da der Kaiser bisher nichts gegen die Flavier unternommen hatte, ging ich davon aus, dass er es auch zukünftig nicht tun würde. Doch von Liebe wagte ich nicht zu sprechen. "Gefühle sind etwas, das sich entwickeln muss, Titus. Ich bin nicht so töricht, einen Fehler zweimal zu begehen", sagte ich reserviert und spielte damit auf Deandra an.


    Ich trank einen Schluck Met und seufzte. "Im Grunde hoffe ich auf einen Erben, wenn weitere folgen sollten, soll es mir recht sein", fuhr ich etwas versöhnlicher fort. "Ich habe sie noch nicht offiziell darum gebeten, meine Frau zu werden. Aber sie ahnt etwas, dessen bin ich mir sicher. Und wo du gerade die kommenden Hochzeiten ansprichst, es wird demnächst eine geben, und zwar die von Flavius Aristides und Claudia Epicharis. Vorgestern erhielt ich eine Einladung. Du nicht? Vielleicht ergibt sich dort in der Tat eine interessante Möglichkeit für dich."

  • Ursus runzelte wieder die Stirn. Es war eine politische Heirat? Nun, da hätte es sicherlich auch noch andere Möglichkeiten gegeben, die der Gens mehr Vorteile eingebracht hätten. Doch als Corvinus erwähnte, daß er ihr Wissen um die Flora schätzte, da meinte Ursus zu wissen, daß doch mehr Gefühle im Spiel waren, als Corvinus zuzugeben bereit war. "Dann also doch eine reine Vernunftheirat", lenkte er versöhnlich ein. Er wollte keinen Streit. Schon gar nicht über so ein Thema. Zumal es Corvinus' Angelegenheit war, warum er die Flavia ehelichen wollte. Auch auf den Hinweis auf Deandra ging Ursus nicht weiter ein. Schließlich wußte er nur wenig von dem, was damals geschehen war. Eigentlich so gut wie nichts. Er fand es weiterhin nicht richtig, wie Corvinus die Verlobung gelöst hatte. Doch daß er es getan hatte, mußte schon schon gewaltige Gründe gehabt haben. "Du hast sie also noch nicht gefragt?", nahm er einen der anderen Punkte auf, die von Corvinus erwähnt worden waren. "Dann nehme ich mal an, daß ich vorerst Stillschweigen bewahren sollte?" Das war mehr eine rhetorische Frage, denn bevor die Abmachung getroffen war, wurde über so etwas eben nicht gesprochen.


    Und auch die nächste Mitteilung war nicht ganz leicht zu verdauen."Es gab eine persönliche Einladung für Dich allein und keine für die Familie?", staunte Ursus und schüttelte leicht enttäuscht den Kopf. Soviel zu der ach so großen Freundschaft zwischen den beiden Familien. Selbstverständlich hatte er erwartet, daß die gesamte Familie der Aurelier bei einem deratigen Fest der Flavier eingeladen gewesen wäre. Umgekehrt würden sie es jedenfalls sicher so halten. "Wenn das so ist, dann bin ich wohl nicht eingeladen, denn nein, ich habe keine Einladung erhalten. Schade, es wäre wahrhaftig eine gute Gelegenheit gewesen. Ohne Zweifel wird ein großer Teil der Gesellschaft Roms dort versammelt sein." Er war enttäuscht. Natürlich, wie auch nicht? Doch es würde sicherlich noch andere Gelegenheiten geben. "Nun denn, warte ich eben auf das nächste Fest, bei dem ich eingeladen werde. Hast Du wenigstens einen Rat für mich? In welchen Familien sollte ich mich umsehen? Und welche besser meiden?"

  • "So ist es", bestätigte ich gleich dreierlei Dinge und nickte bestätigend. Allerdings hätte ich ohnehin erwartet, dass Ursus nicht mit meiner Absicht hausieren gehen würde. "Ich wäre dir sehr verbunden, wenn die anderen ebenfalls von mir erfahren würden, dass bald eine Hochzeit ins Haus steht." Sicher war sicher. Wenn Ursus sich da schon im Allgemeinen nicht so sicher war, wies ich ihn besser auch auf das Spezielle hin.


    Was diese Einladung anging, sollte ich wohl auch noch einen Hinweis geben. "Soweit ich weiß, halten Epicharis und Aristides in sehr kleinem, privatem Rahmen Hochzeit. Mir ist zwar nicht bekannt, wer noch alles eine Einladung erhalten hat, aber die meine entstammt der persönlichen Feder Epicharis', so denke ich, dass... Nun, sie wird die engeren Mitarbeiter der Acta Diurna eingeladen haben. Allerdings wird man gewiss nichts dagegen haben, wenn ich dich mitbringe. Celerina wird ohnehin anwesend sein. Ich könnte euch gleich bekannt machen." Ich lehnte mich ein wenig zurück und betrachtete Ursus. "In diesen Zeiten ist es schwer, jemanden zu finden, der in vielfältiger Hinsicht passt. Im Grunde steht dir allerdings das imperium offen, solange das Umfeld stimmt. Ich spreche mich allerdings ganz klar gegen die Tiberia aus, Titus, zumindest, solange ihr pater direkt ivolviert ist. Ich traue ihm nicht einmal halb soweit, wie ich ihn werfen könnte. Den Legaten, du weißt schon. Aber ich könnte Durus fragen, ob es nicht eine Dame gibt, die zu heiraten gewillt ist und dabei nicht direkt ihm unterstellt ist."

  • "Natürlich, das habe ich eigentlich als selbstverständlich angesehen." Ein klein wenig mißverstanden fühlte sich Ursus ja nun doch. Aber gut, er würde vielleicht an Corvinus' Stelle genauso handeln. Immerhin war dies eine der Neuigkeiten, die jeder gern selbst verbreitete. Schon, um die Gesichter der anderen zu sehen. Und da war es besser, es noch einmal besonders zu betonen, bevor ein dummes Mißverständnis alles verdarb.


    Das mit der Einladung fand er ausgesprochen seltsam. Wenn die Feier so klein und privat gehalten wurde, war es dann angebracht, einfach jemanden mitzubringen? Und nur die engeren Mitarbeiter der Acta Diurna? Da gehörte er also nicht dazu? Nun, wenn Corvinus meinte, daß er mitkommen sollte und konnte, dann würde er auch mitkommen. Es war eben tatsächlich eine gute Gelegenheit, Kontakte zu schließen und die wollte er sich nicht entgehen lassen wegen irgendwelcher dummen Eitelkeiten. "Ich freue mich schon sehr darauf, sie kennenzulernen", nickte Ursus zu dem Angebot, ihm die Auserwählte bei der Gelegenheit vorzustellen.


    "Die Tiberia ist sicherlich nicht die schlechteste Wahl. Ich hatte noch keine Gelegenheit, den Familienvorstand, Tiberius Vitamalacus heißt er doch?, kennenzulernen. Von ihm sollte ich mich also fernhalten, meinst Du? Aber müßten wir nicht mit ihm leben, egal welche Tiberia ich ehelichen würde? Ich muß gestehen, daß ich Tiberius Durus als recht angenehmen Menschen empfand, als ich ihn kennenlernte. Und eine Verwandschaft mit ihm erscheint mir durchaus vorteilhaft." Das war natürlich schon eine ganze Weile her, daß er ihn kennengelernt hatte, und Menschen änderten sich. "Nun, ich werde mich auf jeden Fall umhören. Auch in den anderen vornehmen Gentes. Doch bevor ich mich festlege, würde ich das gerne noch einmal mit Dir besprechen. Schließlich geht das die ganze Familie an." Gerade bei der Heiratspolitik sollten sie am gleichen Strang ziehen.

  • Ich wiegte den Kopf hin und her. "Durus bildet vermutlich die einzige Ausnahme", erwiderte ich. "Ich würde ihn, wenn schon nicht als Freund, so zumindest als achtenswerten Mann und politischen Weggefährten bezeichnen. Ein Jammer, dass er nicht das Familienoberhaupt ist." Ich freute mich schon auf gemeinsame Senatssitzungen. Das würde gewiss interessant werden. "Was den Legaten betrifft... Nicht nur, dass er mich quasi verhört und indirekt hinausgeworfen hat, als ich eine alte Bekannte besuchen wollte, er ehelicht auch eine einfache Plebejerin, die nicht einmal Tochter eines Senators ist, und scheint nicht besonders viel Wert auf Traditionen zu legen. Einer der Priester, die die Legionen mit in den Krieg begleitet haben, erzählte von gravierenden Opferfehlern. Was das im Zusammenhang mit dem Tod des Iulianus bedeutet, muss ich dir ja nicht erklären." Ich überlegte einen Moment und zuckte mit den Schultern. "Seine Verlobte, Iulia Helena, kenne ich zwar. Sie ist durchaus eine angenehme und auch pfiffige Frau, was nicht zuletzt während ihrer Zeit als Magistratin deutlich geworden ist. Nur ist sie von einfacher Abstammung, nicht einmal die Tochter eines Senators, die einen Vorteil bringen könnte - und sie hat ihn an die Front begleitet." Letzteres empfand ich als besonders töricht. Ich hätte meinem Weib niemals erlaubt, mitzukommen. Der Krieg war schon ohne die Anwesenheit von Frauen schlimm genug.

  • Ursus hörte staunend zu, was Corvinus da über den Legaten zu berichten hatte. Von ein paar Dingen hatte er natürlich auch gerüchteweise gehört, doch das meiste war ihm noch unbekann. Hier machte sich wieder einmal bemerkbar, wie viele Informationen einem verloren gingen, wenn man ein Jahr in einer fernen Provinz weilte. "Sie war mit an der Front?", fragte er verblüfft an jener Stelle des Berichtes. "Nun, wenn er so unklug heiratet, schwächt er doch vor allem die eigene Gens. Und das als Familienvorstand. Daß der Rest der Familie da nicht gegen rebelliert, wundert mich doch sehr. Vielleicht sollten wir die Tiberia doch aus den Überlegungen einer möglichen Verbindung vorerst ausschließen." Was allerdings fatal war, da es nicht mehr viele patrizische Familien gab, in denen heiratswillige junge Frauen vorhanden waren.


    "Das mit den gravierenden Fehlern bei den Opferritualen finde ich besonders bedenklich." Gerade im Krieg sollte man doch besonders darauf achten, die Götter nicht zu verärgern. Es sei denn, es steckt eine Absicht dahinter. Nein, Corvinus hatte Recht, zu diesem Vitamalacus sollte man wohl besser Abstand halten.


    "Doch ich bin nicht nur zu Dir gekommen, um Dir die Mitbringsel zu überreichen und Dich um Rat in der Heiratsfrage zu bitten. Sondern ich wollte Dir mitteilen, daß ich beabsichtige, zur kommenden Wahl als Quästor zu kandidieren. Es mag etwas früh und schnell erscheinen, dieses Amt anzustreben, doch sowohl für meine Arbeit als Vigintivir, als auch für mein Tribunat habe ich Auszeichnungen erhalten, kann es also nicht gar so schlecht gemacht haben. Noch ist mein Name den Senatoren positiv im Gedächtnis. Ich denke, man sollte das Eisen schmieden, solange es noch heiß ist."

  • Ich nickte nur bei der Frage. Was gab es da sonst zu sagen? Ebenso gab es von mir nur ein Nicken zu seiner Schlussfolgerung, die Tiberia eher unbeachtet zu lassen. Es gab mit Sicherheit noch die ein oder andere lohnende Verbindung, die geeigneter war.


    Was die weiteren Worte angingen, runzelte ich unwillkürlich die Stirn. Mitteilen, dass er kandidierte, wollte er. "Sagtest du nicht, dass du in der Götter Dienst treten wolltest?" fragte ich nach. Es konnte natürlich auch sein, dass ich mich seinerzeit gravierend verhört hatte. Das Eisen schmieden, solange es heiß ist... Ich sah Ursus an. Unreifes Erz ließ man noch in der Erde, bis es reif war, zum Eisen zu werden, dachte ich mir, doch ich sagte es nicht. "Dann hoffe ich, dass du dir diese Entscheidung gut überlegt hast. Manchmal ist es sinniger, sich zuerst vor Ort wieder in Erinnerung zu bringen, In Germanien magst du bekannt sein, aber es dringen nur wenige Nachrichten von dort nach Rom. Ich hätte es besser gefunden, wenn du zufürderst deine Gottesfürchtigkeit unter Beweis gestellt hättest, Titus. Wann hast du zuletzt geopfert?" fragte ich ihn und blickte dabei ernst. Ich mochte es gar nicht, wenn man vor lauter Eifer dem Ziel entgegen strebte, ohne dabei auf die notwendigen Umstände acht zu geben. Nein, mit seiner Kandidatur, kaum dass er in Rom war, war ich nicht einverstanden. Doch untersagen konnte ich es ihm nicht, so sehr es mir missfiel.

  • Und schon wieder nahm ein Gespräch mit Corvinus einen Verlauf, wie Ursus ihn sich wahrhaftig nicht gewünscht hatte. Mußte er einen Ton anschlagen, wie ein alter Greis gegenüber einem Knaben? Das mußte er sich mit seinen mittlerweile fünfundzwanzig Jahren wahrhaftig nicht mehr bieten lassen, nicht von einem Mann, der nur wenige Jahre älter war. Doch er zwang sich, den aufsteigenden Zorn hinunter zu schlucken und den ernsten Blick ruhig zu erwidern, ohne sich etwas von seinem unterdrückten Zorn anmerken zu lassen.


    "Nun, was meinen ursprünglichen Plan, zunächst in den Dienst der Götter einzutreten, angeht, so habe ich beschlossen, dies erst noch zu verschieben. Unsere Familie ist mittlerweile in diesem Bereich gut vertreten und auch wenn ich mich zu diesem ehrenvollen Dienst durchaus hingezogen fühle und den Göttern allerhöchsten Respekt zolle, empfinde ich den jetzigen Zeitpunkt für einen Eintritt in diesen Dienst als sehr ungünstig. Ja, ich habe sehr lange nicht mehr geopfert. In Germanien fand ich die Gelegenheiten nicht günstig. Hier in Rom bin ich zuhause. Das gilt irgendwie auch für die Tempel... Doch eigentlich finde ich, daß dies eine Sache ist, die nur mich und die Götter etwas angeht." Er sagte dies in sehr ruhigem Ton, denn es war kein Angriff, sondern einfach eine Feststellung. Er war niemandem Rechenschaft schuldig, was sein persönliches Verhältnis zu den Göttern anging.


    Nach einer kurzen Pause sprach er schließlich weiter. "Und ich habe durchaus vor, mich bis zur Wahl wieder mehr in Erinnerung zu bringen. Es ist noch ein gutes halbes Jahr bis zur Wahl, also reichlich Zeit. Noch ist mein Vigintivirat den Senatoren gut im Gedächtnis, dies will ich nutzen. Ja, ich habe sehr gründlich und sehr lange darüber nachgedacht und sorgfältig für und wider abgewägt. Und ich halte es für richtig, jetzt zu kandidieren. Und ich bitte Dich um Deine Unterstützung für diese Wahl." Nun war es an ihm, sein Gegenüber sehr ernst anzublicken.

  • Ich machte eine entrüstete Geste und schüttelte den Kopf. "Gut vertreten... Du sprichst gerade so, als gäbe es eine Prämie bei den Göttern, je mehr Priester wir aufzuweisen haben", erwiderte ich. In Germanien nicht geopfert - das war, wenn man die Reise einplante, über ein Jahr her! Da war es kein Wunder, wenn man hier zu Hause gestraft wurde. Wie konnte Ursus nur derart fahrlässig sein? Ich erhob mich.


    "Du sagst, es sei deine Sache, wann du opferst. Du bist immer noch ein Mitglied dieser Familie, Titus Ursus, vergiss das nicht! Wie kannst du unser aller Schicksal auf die leichte Schulter nehmen, nur weil du dich in Germanien nicht heimisch genug fühlst?" fragte ich ihn. Ich war maßlos enttäuscht, schüttelte den Kopf. Am liebsten hätte ich ihn augenblicklich vor den Hausaltar geschleift. Und mit diesem Gebaren sollte ich ihm glauben, Für und Wider abgewägt zu haben? Selbst als Knabe hatten wir anderen gewusst, was es bedeuten konnte, wenn man die Götter vernachlässigte. "Dann ist eine Kandidatur wohl auch nur etwas, das dich etwas angeht, zumal du mich vor vollendete Tatsachen stellst. Und ebenso liegt es wohl auch an mir allein, die Götter zu besänftigen wegen deines fahrlässigen Verhaltens", fuhr ich ruhig fort. "Was nutzen einem zahlreiche Auszeichnungen, wenn man die römischen Tugenden nicht ehrt und lebt? Nun ja. Lass mich jetzt bitte allein. Das nächste Opfer muss größer ausfallen als die letzten. Es gibt wahrlich etwas Dringliches, um das ich bitten muss." Damit wies ich zur Tür, unterbrach Ursus, wann immer er gedachte, etwas zu erwidern, und als Ursus gegangen war, seufzte ich und ließ mich kopfschüttelnd wieder in den Stuhl sinken. Met und Fell - viel lieber hätte ich mir ein wenig des Nachdenkens von ihm gewünscht.

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