bibliotheca | Sprich Freund und tritt ein...

  • Es war einer dieser Tage, an denen man nichts mit sich anzufangen weiß. Draußen regnete es in Strömen, seit der Horizont die Sonne irgendwo hinter den Wolken auf ihre Reise geschickt hatte. Ein Wetter, das einen zum Verweilen zwang, wollte man nicht im Regen durch den nassen Unrat Roms schlendern. Nach dem almorgendlichen Empfang meiner Klienten hatte ich mich in die Bibliothek zurückgezogen. Ohne bestimmtes Ziel und ohne bestimmte Absicht, was ich zu tun gedachte. Mehr gedankenverloren als wirklich bei der Sache, ging ich die schmalen Regale ab und besah mir die zahlreichen Abschriften wie die wenigen Originale, die sich hier aneinanderreihten. In Gedanken war ich ganz anders - wie nur machte man einen stilvollen und angemessenen Heiratsantrag?


    Mir darüber den Kopf zerbrechend, suchte ich mit dem Zeigefinger die Regalböden ab nach einer Schrift, die vielleicht ein wenig mehr Aufschluss bringen würde über diese wichtige Angelegenheit, die mir noch bevorstand. Wichtig war auch das Ambiente - wo sollte ich den Antrag machen? Fragen musste ich glücklicherweise niemanden mehr zuvor, denn Celerina war sui iuris. Ich seufzte, zog eine Rolle mit vielversprechendem Titel heraus und setzte mich an einen kleinen runden Tisch, als plötzlich....



    Sim-Off:

    reserviert ;)

  • Die verdammte Tür klemmte! "So´n Mist! Na los, geh schon auf, blödes Ding!" Kaum hatte ich das gesagt, schaute ich mich auch schon nervös um. Zum Glück war Ursus nicht in der Nähe. Erst gestern hatte ich ihm ja versprochen, mir eine gewähltere Sprache zuzulegen. Eben so, wie die feinen Pinkel daherquatschten. Ich merkte aber schon bald, wie steinig und schwer dieser Weg war.
    Tja, also da wollte ich mal in die Bibliothek und was war? Die Tür ging nicht auf. Ich zerrte solange am der Klinke, bis sie sich mit einem ziemlich unangenehmen Quietschton öffnete. "N´Paar Tropfen Öl wirken auch Wunder," murmelte ich in meinen nicht vorhandenen Bart.
    Aha, das war sie also, die Bibliothek! Echt beeindruckend, die vielen Schriftrollen. Es roch auch schon so nach geballtem Wissen. Wehe, wenn einer mal auf die Idee kam, hier ein Feuerchen zu machen!


    Ich hatte ja überhaupt keinen Plan, wo ich denn jetzt anfangen sollte. Gab´s hier nicht so was, wie ein Bibliothekar, der wusste, wo was steht? Was war denn mit dem Typen, der da am Tisch saß uns las?
    "Tach Meister! Hör mal, kannst du mir vielleicht weiterhelfen? Ich such was und weiß gar nicht, wo ich mit suchen anfangen soll." Ich war mir ja nich so ganz sicher, ob das auch wirklich der Bibliothkar war. Wer aber sollte denn sonst auf die Idee kommen, am hellichten Tage in einer Bibliothek zu sitzen und zu lesen? Logisch, der Bibliothekar, wer denn sonst!
    "Also ich such den, öhm, den... na wie heißt er denn noch gleich? Na der Typ der die Geschichte von den beiden Typen geschrieben hat, die öhm , na wie Rom gegründet wurde. Irgendso´n Grieche, glaub ich." So was blödes auch! Die Fähigkeit, mir Namen merken zu können, musste ich unbedingt noch verbessern. Ständig vergas ich diese komischen Namen und Bezeichnungen. Das war ein echtes Problem! Aber der Bibliothekar, sah ganz pfiffig aus. Der konnte mir garantiert weiter helfen.

  • Sim-Off:

    LOL :D



    Zunächst fühlte ich mich gar nicht angesprochen, dann hob ich aber doch den Kopf, rein aus Neugier heraus, um zu sehen, wer eben hereingekommen war. Die unflätige Art zu sprechen kannte ich wohl. Viele der aurelischen Sklaven beherrschten zwar kein flüssiges Latein, dieser Dialekt aber gehörte zur Sklavin von Ursus. Eigentlich.


    Denn vor mir stand ein Bengel von schätzungsweise achtzehn Jahren und sah mich erwartungsvoll an. Ich widerstand dem Impuls, hinter mich zu schauen, ob dort vielleicht jemand stand, doch ich wusste, dass dem nicht so war. Den Papyrus, den ich ohnehin nur überflogen hatte, ließ ich langsam sinken, während ich den Knaben vor mir musterte und mich eine fragte - wo kam er her? Und wer war er? Ich mochte nicht alle Sklaven mit Namen kennen, doch wie sie aussahen, wusste ich wohl. Der Junge redete bereits weiter. Als er geendet hatte, ließ ich einen Augenblick verstreichen und legte den Papyrus dann auf dem Tisch ab, um die Hände locker im Schoß zu falten. "Die Sage von Romulus und Remus? Du meinst sicher die von Plutarch oder Dionysios von Halikarnassos. Abschriften von beiden befinden sich im Regal hinter dir. Allerdings", erwiderte ich, "ist dies keine öffentliche Bibliothek, daher sei doch so gütig und verrate mir, wie du hier hereingekommen bist, wie du heißt und was du in diesem Hause tust." Selbst erstaunt über meinen nüchternen, ruhigen Tonfall, sah ich den Jungen an. Er hatte Glück, einen scheinbar guten Tag erwischt zu haben, denn wäre es anders, würde er sich jetzt bereits wieder in der Gosse befinden, wo er wohl auch hergekommen sein musste.

  • Ja, ja, die alten Leutchen! Der Bibliothekar war auch nicht mehr der Jüngste! Schätzungsweise zehn Jahre älter als ich oder sogar noch älter, war er mit Sicherheit. Klar, da kommen die Schallwellen halt immer mit einer Verzögerung am Ohr des Betreffenden an. Aber sonst hatte ich mich in ihm nicht getäuscht! Der wusste gleich, was Sache ist! "Genau die! Klasse Mann, du kennst dich richtig gut aus! Da bin ich ja gut bei dir aufgehoben!"
    Anscheinend gab´s für den gleichen Text zwei Typen, die ihn verfasst hatten. Wie ging das denn? Die hatten doch nicht von einander abgeschrieben? Früher in der Schule war so was strengstens verboten! Da hatte ich einen besonders fiesen Lehrer gehabt, der mir mit seinem Stock immer auf die Handinnenfläche schlug, wenn er mich beim abschreiben erwischte. "Blutarsch? He? Is ja echt voll krass!Aber öhm, ja! Ich glaub das war er, den ich suche!" Mannmann, warum hatten diese Griechen nur so kaputte Namen?
    Der Bibliothekar wies auf ein Regal hinter mir. Aber noch ehe ich mich umdrehen konnte, faselte er was von öffentlicher Bibliothek und so. Eigentlich war das ja auch einleuchtend. Der Typ kannte mich ja auch gar nicht. Es konnte ja auch sonst wer hier hereinschneien und behaupten, er suche die Abschrift der Sage von Remolus und Dingsda.
    "Ja, also mein Name ist Louan und was ich hier im Haus mache? Naja, ich wohne hier! Allerdings erst seit Neuestem! Deswegen kennst du mich auch noch nicht. Aber ich werde in Zukunft jetzt öfters hier sein. Ja! Nämlich jeden Tag! Ich muss lernen, verstehst du? Verdammt viel lernen!" Oh ja! Das musste ich wirklich und mir graute es auch schon, wenn ich die vielen tausend Schriftrollen in den Regalen sah. Aber mit so einem fähigen Bibliothekar an der Seite, konnte ja nix schiefgehen!

  • Dass der Junge bei mir gut aufgehoben war, wagte ich zu bezweifeln. Noch sah ich davon ab, Trautwini oder Leone zu rufen - ob mit oder ohne den Hunden -, denn ich wollte zuerst wissen, wie das kleine Kerlchen hier hereingekommen war und warum er so mir nichts, dir nichts in die Bibliothek spaziert und sich nach einem besonderen Schriftstück umgesehen hatte. Schon öffnete ich den Mund, um den Jungen in der Aussprache des Namens zu berichtigen, da schloss ich ihn wieder. Es würde wohl kaum einen Sinn haben, ihn erst zu belehren und dann davonzujagen, sagte ich mir.


    Louan hieß er also. Ein seltsamer Name, doch bestätigte er meine Vermutung, dass der Junge kein ein Römer war - zumal er die Gründungsgeschichte nicht zu kennen schien - und vermutlich von der Straße kam. Nur was wollte er dann hier? Die Antwort folgte postwendend, und ich konnte nicht verhindern, dass meine Züge kurz entglitten. Er wohnte hier? Was bitte war das für ein Scherz? Verärgert betrachtete ich den Knaben. "Setz dich", erwiderte ich, und der Tonfall machte deutlich, dass ich keine Widerrede dulden würde. "Wie kommst du in dieses Haus? Und wie kommst du auf die Idee, du könntest einfach hier hereinspazieren und behaupten, hier zu wohnen? Hältst du mich für dumm? Mein Name ist Marcus Aurelius Corvinus. Du siehst, es wäre mir bestimmt aufgefallen, wenn jemand in diesem Haus wohnt, der definitiv nicht hierher gehört."

  • Oha! Hatte ich jetzt was Falsches gesagt? Der guckte ganz böse! Ich hatte zwar eine ganze Menge gesagt, aber doch nichts, womit ich den Bibliothekar hätte beleidigen können. Seiner Aufforderung folgend, setzte ich mich. Oh Mann, der war sauer, weil ich den Griechen falsch ausgesprochen hatte! Logisch, das war´s! Nee, doch nicht! So´n Mist! Das war gar nicht der Bibliothekar! Das war Marcus Aurelius Corvinus! Aha, und musste ich jetzt Angst haben? Keine Ahnung, wer Marcus Aurelius Corvinus war! So wie er sich aufplusterte, musste er hier aber was zu melden haben. Na toll und ich labere ihn mit irgendeinem Schwachsinn voll!
    "Ich ja, öhm, nein! Ach so´n Mist! Tut mir echt leid! Wirklich!" Ich kam mir richtig blöd vor. Es wunderte mich nicht, wenn ich jetzt im hohen Bogen aus der Bibliothek geworfen worden wäre. Einen letzten Versuch hatte ich aber noch, bevor ich meinen Freiflug antrat. "Ja, also ich bin mit Titus Aurelius Ursus aus Germanien gekommen und seitdem wohne ich wirklich hier! Ehrlich! Aber ich bin natürlich kein Germane, nee bloß nicht! Igitt! Nee, ich komme aus Gallien, aus Augustodunum, ums genau zu sagen. Und damit ich demnächst mit einer Ausbildung beginnen kann, muss ich eben lernen! Da wollt ich eben am Besten mit dem Anfang anfangen." Na hoffentlich ließ Marcus Aurelius Corvinus das durchgehen, sonst hatte ich ein echtes Problem!

  • Ich wusste nicht so recht, was ich von dem jungen Mann halten sollte. Empfindungen wie Verwirrung und Ratlosigkeit wechselten sich auf seinem Gesicht mit Gefühlen wie Angst und Erkenntnis ab, doch wirklich zu dominieren schien keine dieser Ausdrücke seinen Geist. Seine gestammelte Entschuldigung nahm ich amüsiert und nur wenig naserümpfend zur Kenntnis, dann jedoch, als sich mir die Bedeutung der folgenden Worte erschloss, starrte ich den Knaben so entgeistert an, als hätte er mich soeben einen Hurensohn genannt.


    "Du bist mit Ursus hierhergekommen?" fragte ich rhetorisch, und gleichsam bildete sich eine steile Falte auf meiner Stirn. Das hatte er wohl vergessen zu erwähnen. Die weiteren Bemerkungen des Jungen flossen eintönig an meiner plötzlichen Missstimmung vorbei, geistesabwesend rollte ich den Papyrus zusammen, den ich zuvor auf den Tisch gelegt hatte, wo er hernach auch seinen Platz wieder fand. Ich schluckte meinen Ärger herunter, sagte mir, dass der Junge nichts mit Ursus' mangelndem Verständnis des Wortes Hausherr in Bezug auf Gäste - noch dazu wildfremde! - zu tun hatte, und versuchte, mich an das zu erinnern, was nach dieser Information gesagt worden war. Mit meinem Neffen würde ich indes noch ein Huhn zu rupfen haben. Eines, das allmählich die Ausmaße einer villa annahm. Was hatte er mir noch alles verschwiegen? Sein Glück war es, dass ich von der Wahl wusste, weil er es erzählt hatte!


    "Ausbildung. So", versuchte ich den verloren gegangenen Faden wiederzufinden. "Was hat dir mein Neffe denn noch so alles versprochen?" fragte ich spitz. Ob er noch jemanden aufgegabelt hatte in Germanien? Oder war er ein Sklave? Abgerissen genug sah er aus, befand ich. Seufzend kratzte ich mir die Stirn und lehnte mich, auf der Suche nach Beruhigung, ein wenig zurück. "Hat er dich gekauft? Oder beim Stehlen erwischt?" Irgendetwas dieser Art musste es schließlich sein.

  • Der guckte schon wieder so komisch! Verdammt noch mal, was hatte ich den jetzt schon wieder falsches gesagt! Am Besten hielt ich meine Klappe. So´n Römer konnte ja echt nachtragend sein. Zum Glück war ein anderer Römer mein Patron. Dann konnten die sich ja in die Haare kriegen und ich war fein raus! Die Vorstellung alleine war ja schon wahnsinnig lustig. Aber das Lachen schenkte ich mir heute mal.
    "Ja, ja, mit Ursus!" Nickend wiederholte ich meine Antwort. Aber irgendwie erwartete der jetzt gar keine Antwort. Mannomann, der Typ war echt schräg drauf! Erst einige Zeit später kam dann wieder Text. "Ja klar, ´ne Ausbildung eben. Ist doch total wichtig heutzutage! Wie was? Dein Neffe? Ursus ist dein Neffe? Du bist Ursus´ Onkel? Nee, oder? Ist ja voll abgefahren," stellte ich überrascht fest und musste grinsen. Der war doch höchstens nur ein paar Jährchen älter als Ursus! "Naja, er hat mir in Aussicht gestellt, ordentlich viel Kohle, öhm Asche, öhm nee, ich meine Geld machen zu können, wenn ich ´ne ordentliche Ausbildung hab." Daran war doch nix anstößiges. Schließlich hatte ich ja ein erstrebenswertes Ziel vor Augen. Die Freiheit meiner Schwester!
    Was dann kam, war eindeutig unter der Gürtellinie! Blitzschnell war mir das Grinsen vergangen. "Weder noch! Ich bin kein Sklave! Ich bin frei! Und geklaut hab ich auch nix! Du glaubst wohl, bloß weil ich nicht in so´ nem Bettlak.., öhm Toga rumrenne, bin ich Abschaum! Bin ich aber nicht! Ich bin sein Klient und er mein Patron und sonst nix!" So´n Angeber! Das machte mich total wütend. Und wenn er Iulius Caesars bescheuerter Ur-Enkel war, dann war mir das Schnuppe! Beleidigen lassen musste ich mich nicht. Es war schon schlimm genug,´ne Sklavin in der Familie zu haben.

  • "Er ist mein Neffe", wiederholte ich bestätigend. Der Kleine war wohl etwas langsam, was ich ihm nicht verübeln konnte. Allem Anschein nach konnte er allerdings lesen, das war schon mal nicht schlecht. Ihm zu erzählen, dass ich seinerzeit der Jüngste meiner Brüder gewesen war, hielt ich allerdings für unnötig. "Und worin gedenkt er, dich auszubilden? Mir scheint, er muss ganz unten anfangen", fuhr ich fort und lehnte mich ein wenig zurück, um Louan besser mustern zu können. Wer nicht einmal die Sage von der Gründung Roms kannte, mit dessen sonstigem Wissen konnte es dann auch nicht sonderlich weit her sein. Andererseits, was wollte man von einem Gallier schon groß erwarten? Mir war nur einer bekannt, der sich hier in Rom einen Namen gemacht hatte. Pollux. Der Koch. Da fiel mir ein, ich wusste gar nicht, ob es Pollux inzwischen wo anders hin verschlagen hatte. Lange schon hatten wir nicht mehr in der Apicia gegessen. Ich nahm mir vor, das in Bälde nachzuholen.


    "Aha", meinte ich auf seine brennende Rede zum Thema Abschaum hin. "Vermutlich hat mein Neffe vergessen, dir zu sagen, dass bezüglich der Gastfreundschaft in diesem Hause immer noch ich das letzte Wort habe." Diese Worte ließ ich einige Herzschläge lang wirken, dann machte ich eine nebensächliche Geste mit der Hand. "Von mir aus, Louan aus Augustodunum, kannst du hier bleiben. Allerdings", sagte ich und sah ihn dabei ernst an, "wünsche ich, dass du ein Bad nimmst und Ursus für entsprechende Kleidung für dich sorgt. So kannst du unmöglich hier herumlaufen. Morgens wimmelt die villa vor Klienten, und ich möchte nicht, dass sie einen abgerissenen Bengel hier herumlungern sehen. Und ich rate dir, dich in deine Ausbildung - wie auch immer Ursus sie gestalten mag - hereinzuknien und zu lernen. Wie alt bist du eigentlich? Erzähl mir etwas mehr über dich, kannst du rechnen? Irgendwelche besonderen Fähigkeiten?"

  • Ursus konnte einem echt Leid tun. Der Typ verstand echt keinen Spaß! Naja, wenn man so früh Onkel wurde, dann konnte man ja auch nicht anders.
    "Naja, er will das, was ich gut kann fördern und er hat gemeint ich soll jetzt schon mal mit den Grundlagen anfangen, damit ich später auch zu dieser Schola Dingsbums, na öhm, Athensiachwasweißich gehen kann."Mir schwante, der Kerl konnte mich nicht leiden. Lag´s an meiner Nase, an meinen Haaren oder vielleicht daran, dass ich aus Gallien kam? Naja, das Vergnügen war ganz auf meiner Seite. So wie der war, hatte ich mir früher immer die blöden Römer vorgestellt. Hochnäsige Angeber. Der einzige der nicht so war, das war Iustus. Der hatte mich nie von oben herab behandelt. Naja, Ursus eigentlich auch nicht und der Typ, der mit uns von Germanien hergeritten war, auch nicht und... Ja gut, es gab ´ne Handvoll Römer, die nicht so war, wie er hier.
    Dann machte er noch auf superwichtig, von wegen, er hätte zu bestimmen wer hier wohnt und wer nicht.
    Ach komm! Musste Ursus ihn echt fragen, ob ich da bleiben durfte? "Dann bist du hier so der Chef, oder was?"
    Na super in den Sand gesetzt, das Ganze! iZum Glück musste ich mir aber keine Sorgen machen, die Bewilligung auf Asyl wurde sofort gewährt. Puh, nochmal Schwein gehabt!
    Aber was sollte das denn jetzt? Warum meckerte der an meinen Klamotten rum. Die sahen doch aus, wie neu! Das waren meine Wohlfühlklamotten! Ich sah an mir runter und konnte nix tadeliges entdecken. Na gut, wenn er meinte! "Gewaschen hab ich mich aber heute Morgen! Das mache ich jeden Tag!"
    Mannomann, das Gewäschs ging einem ja echt auf den Keks. Wenn er nicht so nah bei mir gestanden wäre, hätte ich glatt die Augen verrollt.
    "Ich bin 17, nein 18. Rechnen, ich? Klar kann ich rechnen! Kannst du nicht rechnen? Ich rechne mit allem , was kommt!" Was sollte ich denn jetzt erzählen? Meine Lebensgeschichte, oder was?
    "Ich bin Caelyns Bruder. Ursus hat mich aus Gallien nach Mogontiacum kommen lassen. Naja und jetzt bin ich hier. Ich kann auch gut zeichnen. Das hab ich früher immer gern gemacht, bevor.. Ursus meint, ich könnte vielleicht mal so was wie´n Architekt werden. Irgendwann mal."

  • Grundlagen...das bedeutete, der Junge konnte im Grunde gar nichts. Außer lesen, wie es schien. "Dann hat er nicht ganz unrecht. Wenn du dich anstrengst, kannst du es mit etwas Hilfe weit bringen", sagte ich so dahin und ließ unklar, welche Hilfe ich meinte und wozu er es bringen konnte. "Sozusagen", kommentierte ich seine Nachfrage und drehte den Papyrus auf dem Tisch in eine etwas akkuratere Linie zur Tischkante hin.


    "Das ist gut zu wissen", fuhr ich fort und unterdrückte ein Schmunzeln. Ganz so auf den Kopf gefallen zu sein schien mir der Junge nicht, und er hatte wohl Humor. Achtzehn Jahre jung war er also. In seinem Alter war ich bereits wieder nach Rom zurückgekehrt von meinen Studien. Ich schwieg einen Moment, meine Augen blitzten belustigt auf, als er mich fragte, ob ich denn nicht selbst rechnen könnte. "Ich spreche von der Mathematik, Louan", stellte ich schmunzelnd fest. Und dann sah ich den kleinen Gallier überrascht an. Caelyns Bruder! "Er hat dich kommen lassen? Und du bist jetzt hier, weil...lass mich raten, du willst deine Schwester freikaufen", vermutete ich und stützte den Kopf müde auf die rechte Hand. "Hm. Du kannst gut zeichnen? Dann möchte ich, dass du es mir zeigst. Im Garten steht eine besondere Blume. Kannst du die für mich zeichnen?"

  • Da erzählte er mir jetzt aber nix neues! Das wusste ich ja schon selbst. Ohne Fleiß kein Preis! Dieser Satz war mir früher schon ganz schön auf die Nerven gegangen. Irgendwie hatten die alle den gleichen Spruch drauf. Aber ich wollte ja auch lernen. Ich wollte schuften, wie´n Irrer, damit meine Schwester frei kam.
    Na logisch war der der Chef hier, würde der sonst so einen auf dicke Hose machen? Naja, egal. Solange er mich nicht raus schmiss, war mir das recht! Aber ich konnt´ mir nicht helfen. Machte der sich etwa lustig über mich? Oder fand er mich einfach nur witzig? "Ja, ich auch. Bei mir heißt das bloß Rechnen! Mir kann keiner was vormachen, wenn du verstehst, was ich meine!" Das klang jetzt vielleicht ein bisschen arg übertrieben, aber das war so! In jeder Hinsicht! Rechnen hatte ich immer schon gut gekonnt. Deswegen war ja Iustus auch so froh gewesen, mich als Gehilfen zu haben. Ich hätt ihm locker alleine den Laden schmeißen können!
    Der hatte anscheinend nicht damit gerechnet, dass ich Caelyns Bruder war, weil er so überrascht guckte.
    "Ja hat er! Genau deswegen!" Ich musste schon sagen, auf den Kopf gefallen war der ja nicht! Und überhaupt war das ein total guter Grund, hier zu sein! Ich hätte ja auch in Mogontiacum bleiben können.
    "Ja, ich kann gut zeichnen!" antwortete ich ziemlich selbstbewusst auf seine Frage. Ich konnte ja nicht ahnen, dass ich damit sein Interesse geweckt hatte. Früher hatte ich für Iustus verschiedene Sachen gezeichnet und auch gemalt. Das hatte er dann benutzt, um Werbung für seinen Laden zu machen. Aber Grünzeug? Wieso das denn? Warum pflückte er sie denn nicht einfach? Das war doch viel einfacher! Aber wenn er mit so was glücklich zu machen war, hey, warum nicht!
    Blumen und so´n Zeug hatte ich zum letzten Mal für meine Mutter gezeichnet. Da war ich gerade mal vier oder fünf. "´Ne Blume? Naja, warum nicht? Klar kann ich machen! Öhm, da gibt´s nur´n kleines Problem! Ich hab nix womit ich zeichnen kann! Hast du Kohle, oder so was?" Klar, hatte der Kohle, das sah man ja! Aber die meinte ich natürlich nicht. Ich meinte Kohle zum zeichnen. Vielleicht hatte der ja sogar noch Farben, damit meine Zeichnung noch ´n bisschen bunter wurden.

  • "Ja", entgegnete ich trocken. "Ich verstehe, was du meinst." Der Knabe hatte nicht nur rhetorischen Feinschliff nötig, sondern zunächst einmal einen Grundschliff. Ich fragte mich, ob Ursus dieser Sache gewachsen war und bezweifelte dies ehrlicherweise. Einen Moment lang musterte ich Louan, ganz so, als wollte ich herausfinden, was wirklich hinter seiner Stirn vorging.


    Über meine Bitte schein er überrascht zu sein, was ich ihm jetzt im Nachhinein nicht verübeln konnte. Andererseits kannte er meine Passion wohl noch nicht - was sich mit der Zeit allerdings ändern würde, wenn er weiterhin hier lebte. "Natürlich", erwiderte ich. "Mit welchen Utensilien kannst du am besten Zeichnen? Ich kann dir auch Farbe bringen lassen." Das war einer der Vorteile, wenn man Geld hatte, man konnte sich bei Kleinigkeiten schon etwas Luxus leisten. "Siv wird dir später die Pflanze zeigen. Es ist eine Orchidee, und sie hat vor ein paar Tagen ihre erste Blüte getrieben. Die Zeichnung soll ein Geschenk werden, Louan, und sie muss daher sehr authentisch wirken. Wenn du deine Sache gut machst, werden wir sehen, was es als Belohnung gibt." Das war hoffentlich ein Ansporn, der den Jungen genügend antrieb. Vermutlich hörte er schon die Münzen klingeln.

  • Ich hatte ja immer noch nicht begriffen, warum ich so´n Grünzeug für ihn malen sollte. Aber gut, was macht man nicht alles! Ein Geschenk sollte das Bild werden? Vielleicht für einen, der keinen Garten hatte. Anders konnte ich mir das nicht vorstellen.
    Ich hatte ja schon immer gern gemalt und hatte mich da auch nie auf was bestimmtes fest gelegt. Ich malte mit dem, was ich hatte. Wenn ich nix hatte, malte ich nicht.
    "Ja, also wie du´s gern hättest!" Ich konnte mir Farben, mit Tinte oder eben auch mit Kohle zeichnen. "Mit Farbe wird´s halt schön bunt!" Ach nee, was für´n e tolle Neuigkeit! :D
    Ich konnte mir so gar nichts unter dieser Oschi De, oder wie die hieß, vorstellen. Naja, solange Siv wusste, wie das Teil aussah, dann gab´s ja keine Probleme.
    Jetzt,als er dann auch noch eine Belohnung ansprach, hatte er mich komplett davon überzeugt, ja zu sagen. Das wäre dann mein erstes verdientes Geld hier in Rom! Klasse, das muste ich dann auch gleich sparen. Für Caelyn natürlich!
    "Öhm, bis wann brauchst du denn das Bild? Ich könnt´s in zwei, drei Tagen ferig haben." Je nachdem, wie schwierig diese Oschi.. öhm Blume zu zeichnen war.

  • Widerwillig musste ich schmunzeln. Der Junge schien doch etwas Humor zu haben, der mit meinem kompatibel war. Vielleicht war es ja doch ganz amüsant, wenn er eine Weile blieb. Entweder, bis er wirklich etwas gelernt haben würde, oder aber, bis Ursus seiner überdrüssig wurde. "Ich werde dir alles zur Verfügung stellen lassen, was du benötigst, und dann kannst du selbst entscheiden, auf welche Art die Zeichnung am besten zur Geltung kommt", erwiderte ich. "Ich habe dafür nicht das rechte Auge. Du schon, wenn du öfter zeichnest. Wir werden sehen, wie gut die Zeichnung dir gelingt. Ich bin gespannt."


    Er fragte mich, wie lange er sich Zeit lassen konnte. Ich überlegte kurz. "Es wäre schön, wenn du in zwei Tagen soweit bist, aber wenn es länger dauern sollte, nimm dir nur Zeit. Mit Eile ist keinem geholfen, wenn sie die Zeichnung verdirbt." Je nach dem wie gut Louan war und wie schnell er zeichnen konnte, würde ich das Geschenk gleich schon übergeben können, wenn ich Celerina besuchte. Und vielleicht fand sich noch eine andere Aufgabe für den kleinen Gallier, wenn er wirklich etwas auf dem Kerbholz hatte. Ich hatte da schon eine Idee... Doch da fiel mir noch etwas ein. "Hat man dir schon ein Zimmer zugewiesen oder wo schläfst du?" Es konnte schließlich auch sein, dass man ihn zu den Sklaven gesteckt hatte. Nur würde er da keinen Platz zum Zeichnen haben.

  • Den Spruch mit der Farbe fand er anscheinend total witzig. Tja, manchmal konnte ich richtig witzig sein. Sonst war ich eigentlich nicht witzig. Höchstens ungewollt. Das passierte ab und zu. Eigentlich war der Spruch ja gar nicht witzig gemeint.
    "Also gut, dann schau ich mir die Osch.. öhm Blume mal an und dann überleg ich mir, womit ich sie zeichne." Ich war ja eher so der spontane Typ! Wenn die Blume schön bunt war, dann konnte ich sie ja auch so malen. Am Besten, ich haute mal Siv an, damit sie mir die Pflanze zeigte.
    "Ja, also in zwei drei Tagen könnt ich das schon schaffen, wenn die Blume nicht so groß ist." Naja, eigentlich hätte ich sie ja dann auch kleiner zeichnen können. -.^ Das müsste ich mir echt mal überlegen!
    Was, wo ich schlief? Was hatte das denn jetzt mit dem Bild zu tun?
    "Ja, öhm, ich hab´n Zimmer gekriegt. So´n nettes kleines. Aber es reicht für mich." Das war nicht so schön, wie das von Ursus. Aber da hatte ich alles, was man so brauchte. N´Bett, n´Stuhl und n´Tisch. Was hätte ich denn noch mehr gebraucht?

  • Sim-Off:

    Ich bin derzeitig etwas langsam, schließe diesen Thread dann aber, da du schon ein Folgethema angefangen hast. Wir machen dann dort weiter, wenn es dir recht ist. :)


    "Sehr gut. Ich bin gespannt, was deine Fähigkeiten anbelangt, Louan." Und ob er wirklich so gut war, wie er mich glauben machen wollte. Auf seine Erklärung hin nickte ich. "Dann wirst du ausreichend Platz zum Zeichnen haben. Du kannst aber auch jederzeit hierher kommen. Ich werde den Bibliothekar anweisen, dir ein wenig leichte Lektüre zusammenzustellen. Ich denke mir, dies liegt auch in Ursus' Interesse. Und nun", sagte ich und erhob mich, die Schriftrolle in der Rechten haltend, "entschuldige mich bitte. Ich lasse dir die benötigten Utensilien dann zukommen. Es hat mich gefreut, dich kennenzulernen, Loaun." Mit einem Schmunzeln auf den Lippen schickte ich mich an, den mit Wissen so prall gefüllten Raum zu verlassen.

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