Die Garde unterwegs in Italia

  • Obschon es früh am Morgen war herrschte auf der von Rom aus in nördliche Richtung verlaufenden Straße bereits rege Betriebsamkeit. Händler und Reisende machten sich auf den Weg in die Hauptstadt des Imperiums oder kamen von dort, und das waren nicht wenige.


    Unter den Reisenden stach eine Truppe besonders hervor. Eine Truppe in schwere Rüstungen gekleideter Soldaten, unverkennbar mit Marschgepäck ausgerüstet.


    Decius führte seine Centurie über die nördliche Straße in Richtung Veii; Seit sie die Castra verlassen hatten hatte er seinen Männern keine Pause zugestanden, und von dem Ziel oder Sinn des Marsches wussten sie auch noch nichts. Schließlich beschleunigte der Centurio seinen Schritt sogar noch; Er wollte seine Soldaten nun wirklich auf die Probe stellen.

  • Warum eigentlich hatten sie es schon wieder so eilig? Normales Marschtempo schienen die Praetorianer grundsätzlich nicht zu kennen. Schon auf dem Weg von Germanien nach Rom hatten sie ein derartiges Tempo durchgezogen. Hoffentlich wurde dies nicht auch eine so lange Reise in diesem Tempo.


    Es war heiß. Die Sonne brannte auf den schwarzen Rüstungen und bald war der Marsch kein Spaß mehr, sondern einfach nur anstrengend und schweißtreibend. Der Centurio sah nicht so aus, als würde er die Hitze auch nur spüren. Und natürlich versuchten sie alle, es ihm gleichzutun. Ein Praetorianer schwitzte nicht. Ein Praetorianer ermüdete nicht. Ein Praetorianer war immer zu allem bereit, was sein Kaiser von ihm verlangte - oder sein Offizier im Namen des Kaisers.


    Manchmal war es wahrhaft schwer, ein Praetorianer zu sein. Ohne das tägliche harte Training wäre dies hier kaum durchzustehen. Hoffentlich war es nicht so weit bis zu ihrem Ziel!

  • Das Tempo und die Hitze waren mörderisch, vor allem für Quintus, der bis vor Kurzem noch im kühlen Germanien gelebt hatte. Während seine Kameraden noch recht wacker dreinblickten, rann ihm der Schweiß bereits in Strömen über die Stirn.


    Laufen, wieso musste er eigentlich laufen? War er nicht ein Reiter der Ala gewesen? Hatte er nicht fast sein ganzes Leben auf dem Rücken eines Pferdes verbracht? Wie weit zurück schien diese Zeit zu liegen. Wie sehr sehnte er sich nach seiner Heimat und seinen alten Kameraden in Confluentes...


    Der Germane verdrängte die Gedanken aus seinem Kopf. Er war jetzt ein Praetorianer! Und wenn das hieß, dass er laufen musste, dann lief er eben. Schließlich galt es hier, das Andenken seines Vaters zu ehren...

  • Decius jagte seine Männer über die Straßne, als wären sie im Kriegszustand, verfolgt von wilden Barbarenhorden. Das war zwar nicht der Fall, aber es war sicher nicht schlecht so zu tun als ob. Auf der anderen Seite, wenn die Barbarenhorden so weit vorgedrungen waren dass auch sie die wunderbar ausgebauten Straßen Italias nutzen konnte, so stünde es um das Imperium wohl wirklich nicht zum Besten.


    Gegen Mittag beschloss Decius, den Männern eine kurze Pause zu gönnen und ihnen auch vom Sinn und Zweck dieses Marsches zu berichten. Er führte sie auf einen kleinen, neben der Straße gelegenen Lagerplatz und lies sie sich dort Niederlassen. So hatten die Männer schließlich etwas Zeit um sich auszuruhen und ein kleines Mittagessen zuzubereiten. Auch Decius verzehrte ein paar Äpfel und Brotstücke.


    Schließlich rief er die Soldaten zru Ruhe und ließ sie dicht vor sich antreten.


    "Milites, ihr fragt euch sicherlich was das ganze hier soll. Nun, wir haben Befehl erhalten nach Mantua zur Legio Prima zu marschieren, dort einen parthischen Gefangenen aus dem Kerker zu holen und ihn nach Rom zu überführen. Und da man das Nützliche mit dem Vergnüglichen verbinden sollte, nutzen wir die Hinreise nach Mantua um ein wenig das Marschieren zu üben. Ich möchte nämlich nicht dass meine Centurie dies verlernt!


    Gut, noch fünf Minuten Pause, dann gehts weiter!"

  • Das wurde aber auch wirklich Zeit, daß eine Pause eingelegt wurde. Niemand sprach das aus, doch das überall hörbare Aufseufzen, beim Niederlassen war doch kaum zu überhören. Auch Valerian ließ sich nur allzu gern auf den Boden fallen und setzte sich bequem hin. Brot, etwas Käse, ein Apfel, das mußte als Mittagsmahl reichen. Zuviel zu essen war für solch einen Gewaltmarsch ohnehin nicht gut. Aber es tat unendlich gut, etwas zu trinken und das Halstuch anzufeuchten und um den Nacken zu legen. Das würde wenigstens für eine Weile für Abkühlung sorgen.


    Kaum hatten sie ihr Mahl verzehrt, da mußten sie auch schon wieder antreten. Ganz nah beim Centurio. Und bekamen nun zu hören, was Sinn und Zweck des Marsches war. Mantua! Da hatten sie aber noch eine ordentliche Strecke vor sich! Hoffentlich mußten sie nicht den ganzen Weg in diesem Tempo bewältigen! Bei dieser Hitze! Übung hin oder her, das hier war doch die reinste Schinderei.


    Ein parthischer Gefangener. Wohl ein wichtiger Gefangener, denn sonst wäre er gewiß schon auf dem Sklavenmarkt gelandet, wie so viele andere Parther. "Was hältst Du davon?", raunte Valerian Eburnus zu, als der Centurio ihnen noch fünf Minuten Zeit ließ, sich zu erholen. "Warum wohl jetzt? Ich meine, der muß doch schon ziemlich lange bei der Prima schmoren. Wer weiß, was überhaupt noch von dem übrig ist." Sicher hatten sie den doch von vorne bis hinten verhört. Und waren wohl kaum zimperlich mit ihm umgegangen.

  • Quintus wrang gerade die letzten Tropfen Wasser aus seinem Trinkschlauch, als Valerian ihn ansprach. Der Duccier zuckte mit den Achseln und fing das allerletzte kühle Nass mit der Zunge auf, er hatte immer noch Durst.


    Keine Ahnung, aber irgendwer in der Principia muss davon überzeugt sein, dass noch genug zum Verhören übrig ist, sonst würde man ja kaum uns schicken, oder? Wahrscheinlich haben wir diese Tortur sogar unserem Lieblingspräfekten zu verdanken.


    Er hielt seinem Kameraden den Schlauch hin.


    Sag mal, hast du noch was?

  • Valerian lachte. "Na, ob sich da wirklich jemand von überzeugt hat, daß von dem noch genug übrig ist... Ich bezweifle es. Dafür sind wir ja da: Um nachzugucken, wieviel von dem noch übrig ist und die Reste nach Rom zu schaffen." Er war schon ziemlich gespannt darauf, was sie da vorfinden würden.


    "Hast Du schon mal mit einem Parther zu tun gehabt? Ich habe bisher nur den einen oder anderen auf dem Sklavenmarkt gesehen." Sie sollten angeblich gute Reiter und Bogenschützen sein, hatte er gehört. Aber was konnte man schon auf Gerüchte geben?


    "Sicher habe ich noch etwas", grinste er und reichte dem Kameraden den noch halb gefüllten Schlauch. "Du solltest nicht zuviel auf einmal trinken. Das rächt sich bei solcher Hitze sonst beim Marschieren. Lieber hin und wieder einen Schluck. Ich habe mein Halstuch angefeuchtet, damit es den Nacken kühlt. Das hilft zwar nur für eine Weile, aber immerhin." Mit Hitze kannte er sich aus, die kannte er von Kindesbeinen an. Dafür hatte er ziemlich dumm dagestanden, als er in Germanien plötzlich dieser Eiseskälte ausgesetzt gewesen war.

  • Quintus nickte. Sicher, sie waren wieder die Dummen, die wahrscheinlich wegen einer längst verscharrten Leiche hier durch die Sonne rannten.


    Ich habe noch keinen Parther gesehen, aber mein Bruder meinte, glaube ich, dass deine Schwester sich einen parthischen Sklaven zugelegt hat.


    Er zuckte die Schultern, genau wusste er das nicht, aber er meinte, sich an so etwas erinnern zu können.


    Danke für den Rat. Ich nehme nur noch einen Schluck, wenn du erlaubst, diese Hitze ist mörderisch.

  • Nach exakt fünf Minuten (vielleicht auch etwas früher) erscholl der Befehl des Centurios:


    "Milites, parate vos ad iter! Sarcinas Sumite! In duos ordines!"


    Nachdem die Soldaten diesen Anweisungen Folge geleistet hatten kam auch sogleich der Befehl zum Abmarsch, und so ging die Reise weiter. Decius wollte am heutigen Tag so viel Strecke schaffen wie möglich, daher trieb er seine Männer einmal mehr zu Höchstleistungen an.

  • "Ach, siehst Du? Den habe ich völlig verdrängt. Ich habe ihn ja auch nur einmal gesehen, diesen Bashir. Meine Schwester ist ganz begeistert von ihm, aber ich traue ihm nicht." Valerian seufzte. Das war auch so ein Thema. "Ich finde allerdings, er wirkt nicht sehr gefährlich."


    Natürlich streckte er dem Freund die Feldflasche entgegen. "Sicher. Trink nur. Irgendwann werden wir schon wieder auf einen Bach treffen und auffüllen dürfen." Kaum hatte er das ausgesprochen, da klang schon wieder die Stimme des Centurios herüber. Waren die fünf Minuten wirklich schon um? Daß die Zeit bei angenehmen Dingen immer so viel schneller zu verrinnen schien!


    Schnell nahm Valerian seine Sachen auf, richtete alles und nahm dann seine Position in der Marschformation ein. Sie waren sehr schnell marschbereit. Und der Dank dafür war, daß sie gleich wieder zu erhöhtem Tempo angetrieben wurden. Das würde noch ein langer Tag werden heute.

  • Und so marschierten sie über die guten römischen Straßen immer weiter.
    Sie hatten noch immer einen langen Weg vor sich als sich die Dämmerung schließlich über das Land legte und der Centurio ein einsehen mit seinen Soldaten hatte.


    Die Straße führte an einer brach liegenden Wiese vorbei, und in einiger Entfernung konnte man den Lauf eines Baches erkennen der von einer steinernen Brücke überspannt wurde. Hier, beschloß Decius, würden sie heute Nacht lagern. Zwar hätten sie auch in eine Mansio gehen können, aber dann hätten sie in dem kleinen Ort, den sie vor einer guten halben Stunde durchquert hatten bereits ihre heutige Etappe beenden müssen, und außerdem konnte es nicht schaden wenn die Männer wieder einmal lernten wie man ein Lager errichtete.


    Er ließ die Centurie anhalten und gab die nötigen Befehle:


    "Milites, consistite! Sarcinas deponite! Tabernacula statuite!"


    Daraufhin begab sich der Optio mit einigen Milites zu den Maultieren, lud das Gepäck ab und gab kurze Anweisungen wo genau die Zelte hergerichtet werden sollten. Decius indes schnappte sich vier Milite smit denen er nun zunächst einmal das Centurionenzelt aufbauen würde.

  • Als ob der Tag nicht schon anstrengend genug gewesen wäre, mussten sie jetzt auch noch ein Marschlager herrichten. Innerlich murrend fügte sich Quintus in seine Pflichten und brach schließlich, nachdem alles erledigt war, neben einem der Lagerfeuer förmlich zusammen.


    Hat jemand meine Beine gesehen? Ich muss sie irgendwo zwischen Rom und hier verloren haben.


    Ein schlechter Scherz, aber zu mehr war er nicht mehr fähig. Gewaltmärsche waren eindeutig nicht sein Ding...

  • Nach einem derartigen Gewaltmarsch auch noch Schanzarbeiten! Valerian stöhnte innerlich, machte sich aber an die Arbeit - nachdem er seine Wasserflasche aufgefüllt hatte. Wie die Kameraden war er unglaublich erschöpft. Und als endlich auch das Zelt stand und ein Feuer prasselte, ließ er sich neben Eburnus fallen.


    "Mach Dir keine Sorgen um sie. Sie haben es bestimmt bis morgen früh geschafft, nachzukommen. So wie meine hoffentlich auch", scherzte er zurück, während er auf den Topf mit Puls über dem Feuer starrte. Hoffentlich war das Zeug bald fertig. Er hatte Hunger. Und wollte dann nur noch schlafen.

  • Schließlich und endlich stand as Marschlager, und Decius war mit dem Erscheinungsbild sogar zufrieden. Er wies seinen Optio an die übliche Wacheinteilung vorzunehmen, dann setzte er sich zu einigen Männern ans Feuer.


    "Na Jungs, das Lagerbauen habt ihr offensichtlich noch nicht verlernt." sprach er zunächst einmal ein Lob aus. Dann wurde er gewahr dass er mit einem der neuen Milites am Feuer saß.


    "Na, wie gefällt es dir bei der Garde? Das ist doch um einiges angenehmer als in Germanien an der Grenze zu hocken und auf die Barbaren aufzupassen."

  • Als der Centurio zu ihnen trat, straffte sich Quintus ganz automatisch, auch wenn er nicht mehr in der Lage war, aufzustehen.


    Einerseits ja, Herr, andererseits nein... Ich finde es viel zu warm hier in Italia. Es fühlt sich an als marschierten wir durch den Backofen der Götter.


    Der gebürtige Germane war sichtlich erschöpft und pickte mehr an seinem Puls als dass er ihn quasi verschlang, wie man es bei den Kameraden beobachten konnte...

  • Auch Valerian wäre fast aufgesprungen, um zu salutieren. Naja, aufgesprungen vielleicht doch nicht. Aber er wollte schon aufstehen, als der Centurio sich zu ihnen setzte - und sogar ein Lob aussprach!


    Das bedeutete wohl, daß sie es etwas ungezwungener angehen lassen konnten. Das war auch gut so, denn das Essen war gerade fertig. Valerian nahm sich eine Portion und begann hungrig zu essen. Zwischendurch trank er immer wieder Wasser. Er hatte noch einigen Flüssigkeitsbedarf heute. Da der Centurio Eburnus direkt angesprochen hatte, hörte er dem Gespräch einfach zu und genoß es, etwas ordentliches in den Magen zu bekommen.

  • "Hehe, zu warm? Da hättest du mal in Parthien dabei sein sollen, wenn das hier schon zu warm für dich ist. Aber du wirst dich daran gewöhnen."


    Decius deutete auf den neben dem Duccier sitzenden Soldaten.


    "Nimm dir ein Besipiel an Valerian, der war vor seinem Wechel zur Garde ebenfalls in Germanien stationiert, und er scheint das Klima besser zu vertragen..."

  • Valerian hustete, er hatte sich so halb an seinem Puls verschluckt, als der Centurio ihn als Beispiel heranzog. Verlegen grinste er den Vorgesetzten an. "Naja, ich stamme aus Rom. Ich fand es in Germanien furchtbar naß und kalt in den gut zwei Jahren, die ich dort war. Was das Klima angeht, bin ich wirklich froh, wieder hier zu sein." Auch wenn er es heute doch etwas arg warm fand. Was aber weniger am Klima, als vielmehr an dem anstrengenden Marsch lag.

  • Quintus hatte gerade mit gespielter Geringschätzung auf die Abstammung seines Kameraden hinweisen wollen, als ihm dieser zuvorkam. So konnte er nur noch die Achseln zucken und zustimmend nicken. Schnell steckte er sich noch einen Löffel Puls in den Mund, damit er nicht gezwungen war, doch noch was zu sagen.
    Außerdem war eindeutig zu sehen, dass er germanischer Abstammung war. Der Duccier überragte viele seiner Kameraden um gut einen Kopf, und ihm war kein Volk außer den Germanen bekannt, bei denen dies vorkam... sah man einmal von dem Nubier Silko ab, aber der war wahrscheinlich nur besonders groß...

  • Der Centurio grinste ob der Äußerung des Quintiliers belustigt und machte eine wegwerfende Handbewegung.


    "Hmja, ich habe auch einen Verwandten der in Germanien herumsitzt und sich über die dortigen Verhältnisse beschwert. Naja, sind wir erst einmal froh dass wir nicht in Britannia herumsitzen müssen, denn dort soll es ja noch scheußlicher sein."


    Schließlich erhob er sich und schaute hoch in den Himmel.


    "Tja, ich denke du wirst noch etwas hadern müssen, Eburnus. Keine Wolken in Sicht, der morgige Tag verspircht schön zu werden. Denkt dran, vor dem Morgengrauen geht es weiter!"


    Er nickte den Milites noch einmal aufmunternd zu und begab sich dann in sein Centurionenzelt um sich zur Ruhe zu begeben.

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