officium TAU | Wieso, weshalb, warum? Wer nicht fragt, bleibt dumm!

  • Ich war mächtig aufgeregt! Gleich sollte sie kommen. Eine echte Dame!
    Heute morgen hatte ich noch hier noch, in Ursus´Anwesenheit meine Arbeit verrichtet. Jetzt war er weg und sein Arbeitszimmer gehörte mir alleine. Naja, nicht ganz allein, denn sie sollte ja auch noch kommen.
    Extra für sie hatte ich mir nochmal die Haare gekämmt und mir ´ne frische Tunika angezogen.
    Caelyn würde sicher wieder rummeckern, weil ich so viel Schmutzwäsche fabrizierte. Die konnte froh sein, dass ich ´n ordentlichen Bürojob hatte und nicht auf dem Bau arbeiten musste. Da hätte sie sich mal umgeschaut!
    Jetzt saß ich hier und wartete. Hatte ich auch alles da, was ich brauchte? ´Ne Wachstafel und den passenden Griffel dazu. Mehr brauchte ich nicht, wenigstens am Anfang.
    Ich betrachtete meine Fingernägel. Die waren ein bisschen lang. Die musste ich unbedingt schneiden. Aber jetzt war keine Zeit mehr dazu, denn jeden Moment würde sie hier reinschneien.
    Usus hatte ja so einiges über sie erzählt. Puh, war ich aufgeregt!
    Aber sie würde mir bestimmt helfen können! Das hatte Ursus jedenfalls gesagt.

  • Am späten Nachmittag betrat ich Ursus Officium zusammen mit dem Sklavenjungen, der eine Menge
    Lernmaterial in seinen Händen hielt. Der Raum war behaglich eingerichtet und ein großer Schreibtisch
    befand sich direkt am Fenster. Der Sklavenjunge legte das Lernmaterial auf diesen Tisch und entfernte
    sich leise aus dem Zimmer.
    Ursus bat mich seinen Schützling Louan zu unterrichten, ihn auf Cursus Res Vulgares vorzubereiten und
    ich habe ihm versprochen dem Jungen zu helfen.
    Und der war bereits im Raum, er schien etwas nervös zu sein, sah aber sehr gepflegt aus und machte
    einen guten Eindruck auf mich. Ich lächelte ihn freundlich an,


    "Salve, ich bin Duccia Clara, hoffentlich habe ich Dich nicht zu lange auf mich warten lassen..., Louan ...?

  • Die Tür ging auf. Mein Herz rutschte mir fast in die Hose, wenn ich eine angehabt hätte. Herein trat eine wunderhübsche Dame. Wahnsinn ey, die war ja voll die Wucht! Meine Augen leuchteten und meine Kinnlade ging runter. Die dadurch entstandene Zufuhr an Sauerstoff war nicht gut für meine Konzentration. Ich stand überstürzt auf, so dass mein Stuhl um kippte. So´n Mist aber auch! Das war mir jetzt voll peinlich!
    Mit ihr war noch so ´n kleiner Steppke herein gekommen. Der legte ihr Lehrmaterial auf dem Schreibtisch ab und grinste wie´n Honigkuchenpferd, als er mich so sah. Kein Respekt, die jungen Leute!
    "Öhm ja, öhm nein, mein ich. Mist! Öhm salve mein ich! Ja, ich öhm bin Louan. Genau! der bin ich! Und nein, ich hab nicht lang warten müssen."
    Oh Mann, war ich verkrampft! Mit Ach und Krach bekam ich´n Lcheln zustande.

  • Der junge Mann wirkte etwas aufgeregt und verkrampft, das wunderte mich aber nicht, schließlich wird
    eine neue Ära in seinem Leben beginnen: viel und schnell lernen, was sehr viel Disziplin und Ausdauer
    erfordert.
    Aber er hatte kluge Augen, die so seltsam leuchteten und ich mochte sein Lächeln. Ursus hatte Recht,
    seine Ausdrucksweise lies schon sehr zu wünschen übrig...Ich setzte mich an den Schreibtisch und sah
    ihn mit einem aufmunternden Blick an.


    "Nun, Louan, es freut mich, Dich kennen zu lernen, nimm bitte lieber auf diesem Sessel Platz, der wird
    nicht so leicht umkippen ...und erzähl mir über Deine Zukunftswünsche. Für welche Studienrichtung und,
    ... oder für welche Berufsausbildung interessierst Du Dich?"

  • Ohje, sie sprach so vornehm und ich so ungehobelt. Was die von mir denken musste? Alleine schon wegen ihr musste ich mich da noch anstregen!
    Sie wies mir einen Sessel zu, auf dem ich Platz nahm. Ja, der war echt viel sicherer! Der fiel bestimmt nicht um!
    Meine Zukunftswünsche? Da gab´s nur eins für mich! "Ich wüsch mir, dass ich mal so viel Geld verdient hab, um meine Schwester frei kaufen zu können. Das wünsch ich mir und deswegen mach das hier alles auch.
    Ursus meint, ich würde als Architekt was taugen, weil ich gut zeichnen und so."

    Ich selbst hatte mir da noch wenig Gedanken gemacht, weil ich da auch noch nicht so gut Bescheid wusste. Aber Architekt hörte sich doch voll gut an, oder? Und damit konnte man auch ordentlich viel Kohle machen!

  • Der junge Mann schien immer noch aufgeregt zu sein, aber seine Nervosität hat sich etwas gelegt. Auf
    einmal konnte er sich auch sehr gut und deutlich ausdrücken, was mich auch sehr freute. Und er saß
    jetzt komfortabel und sicher auf einem bequemen Sessel. Um die Atmosphäre noch mehr zu entspannen,
    sprach ich über seine Schwester,


    "Ja,... Deine Schwester ... sie ist eine eigenwillige junge Frau, aber sehr bescheiden und fleißig, ich bin
    mit ihr sehr zufrieden ..." - dabei lächelte ich in mich hinein ...


    "Und Dein Wunsch, die frei zu kaufen ist sehr edel und aufopfernd und verdient meine Achtung. Ja, als
    Architekt kann man sehr, sehr viel Geld verdienen, dann kannst Du sogar ein schönes Haus für Deine
    Schwester bauen. Es ist aber ein langer und mühsamer Weg und als erstes musst Du den Cursus Res
    Vulgares erfolgreich absolvieren ... "


    Ich machte eine Pause und sah dann Louan eindringlich an:


    "Was kannst Du mir über den goldenen Apfel der Zwietracht erzählen?"

  • In dem Sessel saß es sich viel bequemer und außerdem konnte ich mich daran festhalten, damit meine Finger nicht so nervös in der Gegend herumschwirrten. Die Frau war echt nett zu mir und lächelte die ganze Zeit, während sie redete.


    Aha, mit meiner Schwester hatte sie auch schon Bekanntschaft gemacht. Na, das war ja auch kein Wunder! So riesig groß war die Villa jetzt auch wieder nicht. Ja, eigenwillig und stur, genau das war sie und das würde auch nicht mehr anders werden, eher fing´s an zu schneien, im August!


    Von meinem Berufswunsch war sie auch ganz hin und weg, erklärte mir aber gleich, dass es kein Zuckerschlecken war, dort hinzukommen. Das wusste ich ja aber und ich wollte ja auch lernen, was das Zeug hielt.
    Auf einmal guckte sie so komisch und fragte mich noch was viel komischeres. Der Apfel der Zwietracht? War das was zum Essen? Nee, bestimmt nicht! Oder doch? Ich kannte eigentlich nur Äpfel, die man essen konnte. Mein Großvater hatte früher ´nen Apfelbaum. Wenn die Äpfel im Herbst reif waren, hat meine Mutter immer Apfelbrot gebacken und mein Großvater hat Apfelwein daraus gemacht. Klar, den durften wir Kinder natürlich nicht trinken. Aber einmal hatte ich dran genippt und fand´s gar nicht so schlecht.
    "Eigentlich gar nichts. Öhm, das ist nix zum Essen, oder?"

  • Für ein paar Augenblicke machte ich meine Augen zu, um seine Antwort und seine Frage zu verdauen ...
    Über diesen "Zankapfel" wussten sogar die Kinder Bescheid ... Wird Louan das alles schaffen? Ich seufzte, holte tief Luft und blickte ihn ernst an:


    "...Nun, Louan, auf wen geht denn nun eigentlich die Gründung Roms zurück? Auf Aeneas, den trojanischen Helden, der nach dem Untergang
    seiner Heimatstadt in Latium ein neues Troja gründen sollte, oder doch auf die berühmten Zwillinge Romulus und Remus? Diese Frage könnte
    bei der Prüfung gestellt werden, ich erzähle Dir eine kurze Fassung der Geschichte:

    .....................


    "... Bei den Göttern wird Hochzeit gefeiert – die Göttin der Zwietracht, Discordia, stört das Fest, indem sie den goldenen Apfel
    mit der Aufschrift „Für die Schönste“ in den Ballsaal wirft. Nach dem Parisurteil kommt es zum trojanischen Krieg und der Flucht
    des Aeneas über Karthago nach Latium – in einer von ihm gegründeten Stadt regiert später König Amulius, der seine Neffen,
    die Zwillinge Romulus und Remus, auf dem Tiber aussetzen lässt – sie werden von der berühmten Wölfin gerettet ... Nach der
    Ermordung seines Bruders gründet Romulus die Stadt Rom."



    Und hier habe ich für Dich ein Schriftstück von Gajus Julius Hyginus mitgebracht:


    PARIDIS IUDICIUM



    Iovis cum Thetis Peleo nuberet, ad epulum dicitur omnis deos convocasse excepta Eride, id est Discordia, quae cum postea supervenisset nec admitteretur ad epulum, ab ianua misit in medium malum, dicit, quae esset formosissima, attolleret. Iuno Venus Minerva formam sibi vindicare coeperunt, inter quas magna discordia orta, Iovis imperat Mercurio, ut deducat eas in Ida monte ad Alexandrum Paridem eumque iubeat iudicare. Cui Iuno, si secundum se iudicasset, pollicita est in omnibus terris eum regnaturum, divitem praeter ceteros praestaturum; Minerva, si inde victrix discederet, fortissimum inter mortales futurum et omni artificio scium; Venus autem Helenam Tyndarei filiam formosissimam omnium mulierum se in coniugium dare promisit. Paris donum posterius prioribus anteposuit Veneremque pulcherrimam esse iudicavit; ob id Iuno et Minerva Troianis fuerunt infestae. Alexander Veneris impulsu Helenam a Lacedaemone ab hospite Menelao Troiam abduxit eamque in coniugio habuit cum ancillis duabus Aethra et Thisadie, quas Castor et Pollux captivas ei assignarant, aliquando reginas.



    "Du sollst diesen Text abschreiben, ihn auswendig lernen und bei unserem nächsten Treffen imstande sein, mir diesen Text
    richtig vor zu lesen. Danach werden wir uns mit Vergilius "Aeneis" und Livius „Ab arbe condita“ beschäftigen ... Einverstanden?"

  • Öhm, das war wirklich ´ne gute Frage! Ich hatte wie üblich mal wieder keine Ahnung. Aber ich hörte mir einfach die Geschichte an, die die Dame mir erzählte. Und dann bekam ich auch raus, was, was es mit diesem Apfel auf sich hatte. Ahso! Also wirklich nichts zum Essen! Das hatte ich mit fast schon gedacht! Ja, typisch Weiber! Die sorgten immer für Ärger! Das sah man ja auch mal wieder an meiner Schwester. Wenigsten war die nicht für ´nen Krieg zuständig!
    Dann gab sie mir ´ne Schriftrolle von, öhm, wie hieß der Hygienus? Der wusch sich bestimmt den ganzen Tag! :D
    Ich schaute sie mir gleich mal an, rollte sie aber dann wieder zu.
    "Abschreiben, auswendig lernen und vorlesen können. Geht klar! Soll ich jetzt gleich anfangen oder soll ich das später machen?"
    Aha, mit Vergilus wollte sie weiter machen. Gut zu wissen! Dann war ja klar, wo ich nach dem Unterricht hingehen würde. Logisch, in die Bibliothek! Und dann konnte ich das auch noch mal mit diesen zwei Typen nachlesen. Mit diesem Remus und Romulus!

  • Louan hörte aufmerksam zu, in seinen Augen konnte man aber sehen, dass er keine Ahnung hatte, dass diese dramatischen
    Ereignisse ihm völlig unbekannt waren. Es kamen mir wieder Zweifel, ob er das alles schaffen wird, ob wir es schaffen werden,
    dann sah ich ihn an und sagte mit einem freundlichen Lächeln,


    "Ja, Louan, abschreiben und auswendig lernen. Dann sollst Du auch üben, den Text richtig vorzutragen, es ist sehr wichtig,
    damit wird Deine Ausdrucksweise sich deutlich verbessern.... Wann Du das machen wirst, überlasse ich Dir, erwarte Dich
    aber morgen Nachmittag hier, in Ursus Officium, und bis dahin musst Du mit dieser Aufgabe fertig sein... Für heute machen
    wir aber Schluß ..., hast Du noch Fragen?"

  • Ich nickte. In meinem Kopf arbeitete ich bereits schon enen Plan aus, wie ich weiter vorgehen wollte. Als nächstes kam erst mal die Bibliothek dan. Abschreiben und auswendig lernen das konnte ich noch danach. Notfalls musste Caelyn dran glauben, die müsste mir dann zuhören und mir sagen, wie gut oder wie schlecht ich war.
    "Morgen nachmittag! Alles klar, ich komm wieder! Nee, Fragen hab ich noch keine. Die kommen bestimmt noch!" Voll der Wahnsinn, wie motiviert ich wieder war. Ich konnt´s selbst kaum glauben.
    Ich packte mein Zeug wieder zusammen und lächelte ihr noch mal zu. "Danke für alles! Is echt nett, von dir, mir zu helfen! Also dann, bis morgen."
    Gut gelaunt schritt ich zur Tür raus. Ich war echt gut drauf, denn die erst Stunde hatte ich schon mal gepackt!

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