Mons aventinus | Eine Hochzeit oder: Auf in den Hafen der Ehe

  • Auf dem Weg röteten sich Epicharis' Wangen durchaus mehrere Male, was Dunkelheit und Schleier allerdings doch recht gut verbargen. Zumindest hoffte sie das. Ihre Hand in Aristides' war zunächst kühl, wurde auf dem weiteren Weg des Zuges jedoch wärmer und schwitziger. Nun wäre es also bald soweit. Zunächst aber würde der Ritus vollzogen werden müssen. Prüfend sah sich Epicharis nach Minna und Fiona um. Irgendwo entdeckte sie auch Antonia und lächelte ihr ein wenig unsicher zu.


    Von irgendwo her hörte sie Nordwin lachen, dann verkündete auch er einen Spottvers.
    "Flavius, du mächt'ger Krieger,
    heut bist du ein großer Sieger!
    Kriegst du doch die Claudia,
    jippieh jeh, hipp hipp hurra!
    Drum beweis' ihr auch das Kriegsführwissen
    und drück' sie ordentlich in die Kissen!
    Zeig ihr, wo der Hammer hängt
    der sie ihn and're Sphären lenkt!
    Hossa!"


    Oh ja, Epicharis nahm sich vor, mit Nordwin ein ernstes Wörtchen zu reden. Und mit denen, die auf seine Reime mit fröhlichem Gelächter antworteten, ebenso. Andererseits stand ein besonderer Zweck hinter solchen Verlautbarungen, und Epicharis sollte froh darüber sein, dass so viele der Gäste munter die bösen Geister vertrieben. Wie auf ein Zeichen hin, prasselten nun auch wieder Nüsse und Bohnen auf sie und Aristides hinunter. Irgendwo im Dunkel abseits des Weges konnte man Tauben gurren hören, die sich wohl über jede Hochzeit freuten.


    Und dann waren sie angekommen. Die Villa der Flavier war hell erleuchtet, von drinnen waren leise einige musische Töne zu vernehmen. Vermutlich Instrumentalisten, die noch einmal probten, ehe die Gäste drinnen weiterfeiern würden. Die drei Jungen traten zur Seite. Epicharis warf Aristides einen liebevollen Blick zu, dann ließ sie ihn los und sah sich nach Fiona und Minna um. Jemand hielt ihr eine flache Schale mit Öl hin. Epicharis schloss die Augen, der Großteil der Gäste war verstummt. Nur das stetige Prasseln und gelegentliches Knacken der Fackeln war zu hören, hier ein Hüsteln, dort ein Fußscharren. "Ianus, Cardea, hier stehe ich nun vor euch und ersuche um Einlass in mein neues Heim. Ich bitte euch, haltet die bösen Geister fern von diesem Haus, lasst sie nicht über die Schwelle treten und versagt ihnen den Zutritt, aufdass Zufriedenheit und Glück stets unbehelligter Gast in der Villa Flavia sein werden", sprach Epicharis ein kurzes Gebet an die Götter der Schwellen. Dann griff sie nach dem kurzen Pferdehaarpinsel, der in der Schale mit dem Öl lag, und bestrich damit die Pfosten zur rechten und zur linken Seite. Jemand reichte ihr die Wollfäden, die es danach zu befestigen galt. Epicharis legte den Pinsel zurück und begann, mit ruhigen Bewegungen die bunten Bändchen zu platzieren. Als sie der Meinung war, dem Ritus Genüge getan zu haben, gab sie die restlichen Fäden Fiona und wandte sich dann zu Aristides um. Jetzt würden sie starke Männerarme der Gäste über die Schwelle tragen müssen, damit sie nicht stolperte, und Aristides überantworten. Er würde im Atrium warten und ihr Feuer und Wasser darreichen. Epicharis lächelte dem jungen Decimer zu, der in der Nähe stand. Von ihm würde sie sich gern tragen lassen.

  • Kaum hatten die beiden Sklavinnen sich in den Brautzug eingereiht, übergab man ihnen eine Spindel und einen Spinnrocken in ihre Hände. Fiona nahm sich den Rocken, während Minna die Spindel trug. Langsam schob sich der Brautzug voran und mit ihm die beiden Sklavinnen, für die nun endlich ein neuer Abschnitt in ihrem Dasein beginnen sollte. Fiona, für die eine solche Zeremonie auch völlig neu war, hätte nicht beschreiben können, was in diesem Moment in ihr vorging. Zum einen war sie fasziniert von alledem, was sie umgab zum anderen stellte sich auch die Frage nach ihrer Zukunft. Das letztere versuchte sie an diesem Abend zu unterdrücken. Dieser Abend war ihrer Herrin alleine gewidmet. In einigen Tagen, wenn der ganze Trubel vorbei war, wollte sie mit ihr sprechen.
    Immer wieder wandte sich Epicharis nach ihr um und sie lächelte ihr zurück. Sie sollte sich keine Sorgen machen müssen, an ihrem schönsten Tag ihres Lebens.
    An ihrer neuen Heimstatt angekommen, sprach Epicharis ein Gebet. Fiona beobachtete sie dabei und verfolgte nun gespannt, was danach passierte. Sie bestrich die Türpfosten mit Hilfe eines Pinsels mit einem Öl, welches man ihr mittels einer Schale gereicht hatte. Dann befestigte sie Wollbändchen daran. Wieder sah sich die Herrin nach ihren Sklavinnen um, doch nun reichte sie Fiona die übriggebliebenen Fäden. Welcher Sinn hinter diesen Riten steckte, konnte Fiona nicht ergründen. Trotz allem sah sie gespannt dem weiteren Fortgang entgegen. Sie nahm an, Epicharis würde nun die Villa betreten und danach auch sie.

  • Das letzte Stück des Weges zur Villa Flavia hin war Gracchus derart vertraut, dass er beinahe nicht bemerkt hätte, dass der Brautzug bereits an jenem Hause war angekommen, hätte nicht die Gästeschar inne gehalten, und wäre nicht ein kurzes Gerangel ausgebrochen, als einige Teilnehmer des Brautzuges suchten, sich der Weißdornfackeln zu bemächtigen, welche jenen, die sie mit nachhause in ihr eigenes Heim würden nehmen, Glück sollten verheißen. Neben der Pforte, herausgeputzt in eine strahlende, weißfarbene Tunika mit goldfarbenen Borten, stand Acanthus, einen Blumenkranz mit purpurnen Blüten auf seinem Kopfe tragend, und mit einem so überaus glücklichen Lächeln in seinem Gesichte, wie man es selten dort sah, solange er an der Türe stand - immerhin wurde an diesem Tage nicht von ihm erwartet, die Gäste mit grimmiger Miene abzuweisen, sondern gegenteilig, sie dem freudigen Ereignis gebührend freundlichst in das Haus zu bitten. Der Hausherr, Aristides, war es, welcher den ersten Schritt durch die Türe hindurch trat, um im Atrium auf seine Gemahlin zu warten, während eben diese nach der Durchführung des ersten Ritus am neuen Heim vor dem Türrahmen verharrte, um von den Gästen über die Schwelle getragen zu werden. Ein euthymisches Lächeln legte sich um Gracchus' Lippen und er blickte suchend sich nach seinem Vetter um, konnte diesen jedoch nicht entdecken. Allfällig war Caius an einer Amphore Wein oder aber einer jungen Frau hängen geblieben, womöglich auch an beidem. Das Risiko, Epicharis alleine über die Schwelle zu heben, wollte Gracchus indes nicht eingehen, mangelte es bisweilen ihm doch noch ein wenig an Koordination, und obgleich er seinen Körper in den vergangenen Wochen hatte oft trainiert, so traute er ihm nicht gänzlich. Dennoch beugte er seinen Kopf zu seiner Gemahlin hin,
    "Bitte 'ntschuld..'ge mi'h ... für einen Aug'nblick"
    , trat dann hervor und deutete mit einer vagen Handbewegung auf Corvinus, welcher bereits nahe der Türe stand und als erstes ihm in den Blick fiel.
    "Au..relius, würde 's dir ... etw's aus..ma'hen, ... ein'n Teil dazu ... beiz'tragen, ... den Fortb'stand der Flavia ... zu si'hern?"
    Es war dies ein Angebot, welches der Aurelier unmöglich konnte ablehnen, so dass Gracchus sich zur Rechten Epicharis' postierte - der linken Hälfte seines Körpers traute er weit mehr als der rechten - und schlussendlich gemeinsam mit Corvinus die Braut empor hob, ihr claudisch-flavisches Hinterteil auf den Händen balancierend und ihre Arme je um einen der männlichen Nacken gelegt, wie auf einem Throne posierend. Umsichtig, gleichsam mit gebotener Gravitas dem überaus feierlichen Ereignis Rechnung tragend, traten sie die wenigen Schritte über die Schwelle in die Villa Flavia Felix hinweg und ließen Epicharis dahinter sanft auf ihre Füße wieder hinab. Die korrekte Faltung der Toga war nun augenscheinlich dahin, doch die Feierlichkeit ohnehin bereits weit genug fortgeschritten, die äußeren Hüllen fallen zu lassen.

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  • Im Gegenzug für die restlichen Fäden hatte Fiona Epicharis drei Münzen gegeben. Kühl fühlten sie sich an. Als Epicharis kurz auf sie hinunter sah, schimmerte der Kopf des vergangenen Kaisers auf dem metallenen Rund. Auf Hochglanz poliert und so ebenmäßig rund als möglich, würden sie ein geeignetes Münzopfer darstellen, nachdem sie dein zweitwichtigsten Schwur dieses zu Ende gehenden Tages geleistet haben würde. Doch zuvor kam noch die Bekanntmachung mit den flavischen Hausgöttern, die gewiss doch auch Gracchus übernehmen würde, als Pontifex. Oder war es Aristides' Part? Epicharis war sich plötzlich nicht mehr so sicher, und diese Unsicherheit ließ ihre Aufregung rapide in die Höhe schnellen. Sie warf dem schmucken Soldaten noch einen Blick zu. Wollte er nicht?


    Im nächsten Moment trat Gracchus an Epicharis' Seite. Sie blickte zu ihm auf, und seine feierliche Miene ließ ein wenig Zuversicht und Ruhe in ihrem Gemüt einkehren, wenngleich sie noch immer aufgeregt war. Er und ihr Arbeitgeber postierten sich zu ihrer Rechten und Linken. Epicharis legte ihre Arme um die Nacken ihrer beider Träger. Und dann verloren ihre Füße den Kontakt zum Boden und sie schwebte förmlich über die Schwelle ihres zukünftigen Heimes. Epicharis strahlte. Und als ihre Füße den blitzblanken Boden im Inneren des Hauses zum ersten Mal an diesem Tage berührten, warf sie Gracchus und Corvinus nacheinander je einen dankbaren Blick zu. Die wenigen Schritte hin zu ihrem Ehemann, der vor dem Impluvium Aufstellung genommen zu haben schien, tätigte Epicharis nun wieder selbst. An jeder zweiten Säule des Atriums war eine Feuerschale platziert worden. Die züngelnden Flammen tauchten den Raum in ein verwunschenes Licht. Sie würde nach der Bekanntmachung mit den Göttern nun Feuer und Wasser von Aristides erhalten, jeweils in einer kleinen Schale, die genau in die Hand passte.

  • Wer konnte da nein sagen? Wäre es nicht Gracchus gewesen, der mich selbst gebeten hätte - ich hatte ohnehin mit dem Gedanken gespielt, Epicharis die Ehre zu erweisen. Doch aufgrund unserer - Celerinas, Sivs und meiner - mittleren Position innerhalb des Brautzuges und der Tatsache, dass die hübsche lectrix bereits von Soldaten umringt gewesen war, hatte ich darauf verzichtet. Von denen aber schien niemand Epicharis diesen Dienst erweisen zu wollen. So wandte ich mich mit einem Schmunzeln zunächst an Gracchus, dann an Celerina, die bald meine Verlobte sein würde. "Wie könnte ich dies Angebot ausschlagen? Es wäre mir ein Vergnügen. Wenn du mich bitte einen Moment entschuldigst?"


    Ich folgte Gracchus zur Braut hin, ging um beide herum und nahm zu ihrer Linken Aufstellung. Gemeinsam hoben wir das Federgewicht empor, machten verantwortungsbewusst die paar Schritte über die flavische Schwelle hinweg und setzten sie dann behutsam wieder ab. Ihr dankender Blick sprach Bände, und ich erwiderte das Lächeln mit einem aufmunternden Zwinkern, ehe ich zur Seite trat, damit auch die anderen Gäste nun nach der Braut das Haus betreten und sich im atrium verteilen konnten, um der weiteren Zeremonie beizuwohnen. Um die Falten der toga war es damit nicht nur bei mir geschehen, sondern auch bei Gracchus. Aber das war es allemal wert gewesen, um Epicharis so ganz offensichtlich und ohne zu befürchtende Negativreaktion an den Hintern packen zu können. :D

  • Golden leuchtete die villa ihnen entgegen, nachdem sie schon so viele dunkle Gaßen hinter sich gebracht hatten, das war nun das Ende ihres Brautzuges und würde der Anfang ihrer Ehe symbolisieren, und de facto auch bald sein; Marcus' Kehlkopf hüpfte hoch und runter als er schlucken mußte, in dem Augenblick als es ihm wieder bewußt wurde und ganz besonders, was bald folgen würde; nein, es war keine Nervosität eines Unerfahrenen, schließlich hatte er schon eine Ehe hinter sich, aber selbst der geübteste Bühnendarsteller wurde immer wieder nervös und bekam Lampenfieber. Er warf noch einen Blick auf seine schöne Braut, ehe er in dem Haus verschwand, während die Gäste, die Braut und ihre Sklavinnen den Ritus an der Tür voll führten. Licht und Schatten glitten über sein Gesicht als er durch den Eingang in das Haus und schlussendlich das atrium trat, bei seinem Vorbeischreiten flackerten die Flammen in den Feuerschalen, ehe ihre Feuerzungen wieder beständig nach oben brannten.


    Zwei Sklaven warteten bereits im atrium; Marcus streckte seine Hände aus und nahm zwei Bronzeschalen entgegen, die am Rande mit alten Schriften und Zeichen versehen waren, die Marcus nicht hätte entziffern können. Die Bronze glänzte rotgolden im Schein des großen Schalen, in der einen Schale glitzerte dunkel das Wasser, in der anderen brannten kleine Zedernzweige, die mit Öl getränkt waren, die Flammen spiegelten sich in dem Metall der Schalen wieder. Kalt ruhte die Schale mit dem Wasser in Marcus rechter Hand und in seiner Linken spürte er das leichte Gewicht der Feuerschale, deren Boden aus glattem Stein bestand, der langsam etwas wärmer wurde vom Feuer. Schweigend drehte sich Marcus um, sein Schatten fiel auf die Oberfläche des impluvium, verzerrte sich in dem sanften Gekräusel, das der abendliche Wind in dem Wasserbecken aufwarf. Lange Schatten gingen der Braut und den Gästen voraus, ehe sie in die Sicht des Lichtes kamen. Marcus trat Epicharis einen Schritt entgegen und bot ihr die beiden Schalen – Feuer und Wasser - an, Symbole für Heim und Herd, über das Epicharis von dem heutigen Tage an die Oberhoheit übernehmen würde.


    Nach dem rituellen „Ubi tu Gaius, ego Gaia“, das die Braut in ihrem neuen Heim auf die Gaben des Bräutigams erwiderte, folgte auch die Opferung der drei Geldmünzen; eines war für Marcus – dem Ehemann -, das Zweite für die Götter des häuslichen Herdes und das Dritte und Letzte wurde den Laren geopfert. Somit war die Braut nicht länger nur die Braut, sondern die Frau des Hauses. Weiter ging es nun auf den Pfaden des letzten Brautzugteils, es war kein großer Weg mehr bis zu dem Gemach, in dem die Hochzeitsnacht von statten gehen sollte, Marcus obließ es der Brautführerin, sich wieder Epicharis anzunehmen; einige Momente verstrichen, einige weitere derbe Scherze wurden getrieben, ehe sich ein Teil des Geschehens hinter eben selbige Tür jenes Zimmers verlagerte. Derweil wurde in der villa geschäftig von Sklaven Wein und weitere kleinere Köstlichkeiten den Gästen gebracht, die sich noch, sofern sie es wünschten, weiter verlustieren konnten.

  • Feuer und Wasser - die Gaben, mit denen sie Aristides zur Hausherrin machte. Viele mochten es nicht wissen, aber sie selbst würde damit tatsächlich die Hausherrin werden, da Aristides der älteste in Rom lebende Flavier war und nicht Gracchus. Doch Epicharis würde ganz sicher nicht Antonia diesen Posten streitig machen. Sie war eigentlich sogar froh darum, dass Antonia bislang die Rolle der Hausherrin ausgefüllt hatte, und Epicharis fand, dass sie das auch weiterhin tun sollte. Immerhin lebte sie viel länger bei den Flaviern, und Gracchus hatte ganz gewiss eine so unangefochtene Autorität auch nach außen hin, dass kaum jemand bemerken mochte, wenn sich die Formalia geändert haben würden. Aber Epicharis machte sich ohnehin kaum Gedanken darüber, denn das Bronzeschälchen mit dem Feuer war inzwischen doch ziemlich warm geworden, so dass sie nach kurzer Verweildauer und ihrem rituellen Schwur beide Schalen an Fiona abgab.


    Im flackernden Schein der Flammen war damit den Riten der Hochzeit beinahe Genüge getan. Epicharis hatte noch ihre Münzen zu opfern, was sie mit großer Hingabe und ehrlichen Worten auch tat. Die Götter des häuslichen Herdes erhielten die ihre, Marcus die seine und auch den Laren machte sie dieses symbolische Geschenk. Und damit war nun auch der vorletzte Teil vollzogen. Eines fehlte noch, damit sie vollends ein Ehepaar waren. Ein wenig bang dachte Epicharis an das Ehegemach, das Antonia für sie hergerichtet hatte und welches nun auf sie beide wartete. Es war nun an Antonia, sie, Epicharis, ein Stück des Weges dorthin zu begleiten, und Epicharis ließ sich von ihr führen, bis die feiernde Gästeschar außer Sichtweite war und Antonia sie an Aristides übergeben hatte. Einen letzten, dankenden Blick in dem Wissen ihres geführten Gesprächs warf sie ihrer Pronuba zu, dann wandte sich Epicharis Aristides zu und obließ ihm die Führung, die letzten Endes im Ehegemach enden würde.

  • Der Ritus der Hochzeit fand sein Ende, so dass die wichtigsten Teilnehmer - das Brautpaar - sich konnten zurück ziehen, während die Gäste im vorbereiteten Atrium der Villa Flavia konnten verweilen, mit weiteren kleinen Speisen und Getränken, mit Musik und Tänzerinnen wurden von der flavischen Sklavenschaft umsorgt. Während seine Gemahlin ihrer Rolle als pronuba folgend dem Paar voraus den Weg wies, blickte Gracchus ihr nachdenklich hernach und die verborgenen indigitamenta der Eheschließung kamen ihm in den Sinn. Domiducus, welcher die Braut zum Hause des Mannes führte, und Domitius, welcher sie als Ehefrau im Hause einsetzte, hatten ihre Aufgaben erfüllt, so dass nun Suigus, welcher die Frau dem Manne unterwarf, und Prema, welche die Frau während der Unterwerfung ruhig hielt, dass sie nicht aufbegehrte, ihre Pflichten konnten erfüllen, so dass schlussendlich auch Pertunda, welche den sexuellen Akt vollführte, und Manturna, welche den Rücken der Ehefrau im delikaten Momente stärkte - zum Zuge konnten kommen. Im Grunde also war alles durch das Zutun der Götter geregelt, dennoch war Gracchus nicht gänzlich sich sicher, ob er seinen Vetter Aristides sollte bedauern oder beneiden, dachte er doch mit einem gewissen Grauen an seine eigene Hochzeitsnacht zurück, wusste jedoch, dass Aristides diesbezüglich kaum Schwierigkeiten würde haben. Er ließ die letzen Reste Wein aus einem - zugegebenermaßen recht hastig ausgetrunkenen - Becher seine Kehle hinab rinnen, als bereits Antonia zurück zur Gästeschar trat, begab sich zu ihr und flüsterte leise ihr etwas ins Ohr. Ein feines Lächeln breitete sich auf ihren Lippen aus und ein Funkeln legte sich über ihre Augen, als sie ihm zunickte. Mit überaus knappen Worten verabschiedete Gracchus sich von dem ein oder anderen Gast, versicherte sich noch einmal bei seinem Vilicus Sciurus, dass jener mit für das Wohl aller Gäste würde Sorge tragen, und verließ sodann - mit nicht weniger zufriedenem Antlitz denn jene - gemeinsam mit Antonia das Atrium zu ihren privaten Gemächern hin - nicht, um in ehelicher Pflicht zu tun, was sie ohnehin selten taten, sondern um gemeinsam nach ihrem Sohne Minor zu blicken und sich in frischem Elternstolze an dessen Anblick zu erfreuen.

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