[Corsica] Eine Lagune bei Aiacium

  • Normalerweise hätte Gorgus bei diesem Anblick gelächelt. Gelächelt ob des letzten verbliebenen Rests an Menschenwürde in dieser Frau, an Lebenswillen und Wut.


    Doch nicht einmal das gönnte man ihm.


    Mit einer ruhigen Bewegung nahm er ihr das Messer aus der Hand, drehte es herum und betrachtete es mit leerem Blick.
    Dann schlug er sie nieder.


    Der Rausch, den Gorgus nur vom Töten kannte, bemächtigte sich seiner auf ein Neues, und dieses Mal holte er sich sein Opfer an Land. Durch die Störung ihrer Kaperfahrt durch die Classis hatte sich in Gorgus' routiniertem Töten-Feiern-Ficken einiges verdreht, und das machte ihn tierisch wütend.


    Das folgende war, dass er seine Wut an ihr ausließ. Nicht etwas weil sie es gewagt hatte sich gegen ihn zu erheben, sondern eher, weil sie es letztendlich doch nicht gewagt hatte. Seine Wut über soviel Unzuverlässigkeit der Menschen steigerte sich dieses Mal in unkontrollierten Hass. Und der entlud sich direkt auf die Frau.


    Es war das erste Mal für Gorgus, dass er eine Frau verprügelte, und er fühlte sich alles andere als gut dabei. Und doch, es erleichterte ihn. Der Tag an sich führte zu keinem guten Ende, das wusste er, und so verschaffte er sich durch das Erleichterung, was er normalerweise nur in seinem Kopf ablaufen ließ.


    Am Ende wusste er nicht einmal mehr selbst wie oft er zugeschlagen und getreten hatte, die Vergangenheit lag wie ein roter Film auf der Szenerie vor ihm.
    Iulia saß in ihrer Ecke und hielt die Augen geschlossen, als wollte sie die schreckliche Wirklichkeit ausblenden, die vor ihr statt fand. Und selbst Gorgus hatte Schwierigkeiten zurück zu finden, aus dem rot brüllenden Licht der Wut und des Hasses auf die dunklen Pfade, die er seit Jahren sein Reich nannte.


    Erst als er sie, weniger durch Lusterlösung als aus männlicher Verzweiflung, am Ende der Tortur noch einmal emotionslos schändete, gelangte wieder so etwas wie Klarheit in sein Hirn.


    Es ging zu Ende.


    Jetzt wusste er es, Pluto würde kommen. Und sie würden ihm einen Empfang bereiten der dem eines Gottes würdig war.


    Nachdem er sich von der Römerin zurückgezogen hatte, strich er seine blutverschmierte Kleidung glatt und zog die Leiche der Sklavin mit finsterem Blick aus der Hütte zu seinen Leuten. Sie würde als Omen über der Lagune hängen, bis der Gott eintraf.

  • Die letzte Nacht hatte mir ein Inferno beschert, welches ich meinem ärgsten Feind nicht gewünscht hätte. Blutverkrustet, beschmutzt und nackt lag ich auf dem harten Boden der Hütte. Halb benommen hatte ich nur noch schemenhaft erahnen können, was weiterhin um mich geschehen war. Mein ganzer Körper brannte und pochte vor Schmerzen. Unfähig, mich zu bewegen, blieb ich einfach nur liegen und röchelte die Luft zum Atmen ein und aus. In meinem Mund konnte ich noch den blutigen Geschmack wahrnehmen.
    Ich hatte Durst, aber nicht die Kraft, um nach Wasser zu suchen. Ich hätte auch keines in der Hütte vorfinden können. Es war nichts da!
    Als die ersten Sonnenstrahlen durch das Fenster der Hütte fielen, versuchte ich die geschwollenen Augen zu öffnen. Ich fing das Bild einer Kakerlake ein, die recht selbstsicher auf dem Boden der Hütte entlang krabbelte. Ich konnte nicht erkennen, ob ich alleine war, ob das Mädchen noch in seiner Ecke saß. Meinen Kopf zu bewegen, schaffte ich nicht. Jede kleinste Bewegung schmerzte höllisch. Sie mußte alles mit angesehen haben.
    Ich vermied jeden Gedanken, der mich an die letzte Nacht erinnerte. Der Augenblick, als der Kerl mir ohne größere Schwierigkeiten das Messer aus der Hand genommen hatte, spulte sich vor meinem inneren Auge immer und immer wieder ab. Ich hatte meine Chance vertan, sie einfach verstreichen lassen. Nun lag ich hier, das Produkt meiner eigenen Schwäche, zum sterben zurück gelassen.
    Ylvas Leiche war nicht mehr da. Sie mußten sie fort geschafft haben. Ich wollte nicht darüber nachdenken, was sie mit ihr angestellt hatten, diese Bestien. Nun konnte ich Ylvas Handeln verstehen. Sie hatte den einzig richtigen Weg gewählt. Ich wünschte mir, Pluto würde mir auch einen so leichten Abgang bescheren.
    Ein kalter Windzug, der von dem Meer herkam, durchzog das Innere der Hütte und strich über meine nackte geschundene Haut. Es war nichts da, womit ich mich hätte bedecken können. Das Frieren nahm ich gar nicht mehr richtig wahr. Bald würde es vorbei sein. In einigen Stunden schon, oder in einigen Tagen vielleicht.

  • In den schrecklichen Momenten, in denen die Römerin ihren Lebenswillen verlor, verlor Iulia ihre Kindheit. Sie hatte sich oft davor retten können, hatte die schrecklichsten Dinge mit angesehen, und immer wieder mit viel Mühe eine Erklärung dafür gefunden die ihr ihre unbeschwerte Kindlichkeit erhielt, wenn auch immer weiter verdüsterte.


    Das, was Gorgus nun mit der Römerin anstellte, nachdem sie es nicht gewagt hatte ihn zu töten, ließ Iulia in ihrem Einfallsreichtum um Erklärungen an die Grenzen stoßen. Es ging einfach nicht mehr. Bei jedem Schlag, und jedem Tritt, den Gorgus der hilflos am Boden liegenden Frau verpasste zerbrach in Iulia immer mehr ein Stück dessen, was sich vor den Wochen bei ihrer Entführung durch die Piraten einen starken Panzer gebastelt hatte.
    Wären es nur die Schläge gewesen, ihr Vater hatte dazu geneigt unwillige Sklaven zu verprügeln, hätte es ihr einfach nur weh getan. Sie tat ihr leid, diese Frau. Doch was er danach mit ihr anstellte war das finale Ende eines Horrors, wie man ihn nicht einmal dem schlimmsten Verbrechern zumuten mochte, zumindest in Iulias Augen.


    Als Gorgus weg war, hockte sie immernoch stundenlang da, starrte auf die geschändete und einfach liegen gelassene Römerin, die in ihrem eigenen Blut und dem der toten Sklavin lag, die Gorgus mit sich genommen hatte. Ihr Geist schien still zu stehen, weil er es nicht wagte sich mit dem zu befassen was die Augen gerade unerbittlich in ihm abgeladen hatten.


    Als er es letztendlich tat, blinzelte Iulia einmal. Und das Kind in ihr starb, starb denselben Tod in den die blonde Frau sich gerettet hatte. Als sie sich erhob, war sie ruhig. Zu ruhig, mit leerem Blick, noch unfähig zu irgendwelchen Reaktionen.


    Sie ging nach draußen, und nahm garnicht mehr wahr wie Gorgus' Männer die tote Sklavin entstellt zwischen zwei Bäumen, gestreckt wie ein billiger Fahnenflüchtiger der Armee, aufhängten, und so der später brüllenden Sonne auslieferten.


    Iulia beachtete all das nicht. Sie ging in die Barracken, holte sich einen Eimer und ein Stück Tuch, kehrte zum Strand zurück und später mit einem mit Salzwasser gefüllten Eimer zurück in die Barracke, die so viel Grauen geboren hatte.


    Sie hockte sich neben die Frau, und begann sie zu säubern. Von all den Spuren die die grausamen Tage unter Gorgus Piraten an ihr hinterlassen hatten. Sie dachte nicht daran dass Salzwasser schmerzen konnte, wusste nur was ihre Mutter ihr immer wieder eingetrichtert hatte: Meerwasser ist gesund, es heilt. Und das tat sie nun... sie versuchte zu heilen, heilen was Gorgus zerstört hatte. Vielleicht nicht nur um die Frau zu retten, sondern auch ein Stück von sich selbst.

  • Die Zeit zerrann, während ich dahin dämmerte. Der Lebensmut, der Wille zur Selbsterhaltung war mir in der vergangenen Nacht aus dem Leib geprügelt worden.
    Eine Zeitlang hatten meine Augen die Kakerlake beobachtet, bis diese schließlich in einer Ecke verschwand und meine Augen ermüdet waren. Ich schloß sie und war im Begriff, wieder hinab zu gleiten. Doch dann hörte ich dieses leise, zaghafte Geräusch der Tür, wie sie am Boden schleifte, wenn man sie langsam öffnete. Angst und Panik breiteten sich wieder in mir aus. Ein Indiz dafür, daß ich doch noch am Leben war! Von der Furcht erfüllt, er könne erneut zurückkehren und mir noch mehr Leid zufügen, versuchte ich, in meine Ecke zu kriechen, was allerdings Angesichts meiner Schmerzen aussichtslos war. Mein Körper, der sich kurz aufgebäumt hatte, sackte kraftlos wieder in sich zusammen. Wenigstens krümmte ich mich wie ein schutzsuchendes Tier zusammen und bettelte mit angsterfüllter Stimme, er möge mir nichts mehr antun. Jedoch erkannte ich bald, daß es sich um das Mädchen handelte. Iulia war zu mir gekommen, nach allem, was ich ihr am Abend zuvor angetan hatte. Sie begann, mich mit einem Lappen und etwas Wasser zu reinigen. Das kalte Wasser tat meinem geschwollenen Körper gut, jedenfalls dort, wo meine Haut nicht von den Schlägen aufgeplatzt war. Sobald das salzige Wasser an meine Wunden kam, entstand ein brennender Schmerz, der mich aufschreien ließ. Allerdings ließ der Schmerz bald nach oder ich nahm ihn nicht mehr wahr, weil er von meinen übrigen Leiden überlagert wurde.
    Ich wußte diese Geste des Mädchens zu schätzen, auch wenn ich es im Augenblick nicht durch Worte oder einem dankenden Lächeln erwidern konnte. Mut zum weiterleben, konnte es mir allerdings nicht geben. Den Mut hatte ich verloren, den Tod noch nicht gefunden.
    Das Geräusch des plätschernden Wassers, steigerte meinen Durst noch mehr. Mein Mund war so trocken. "Wasser, bitte! Bitte gib mir Wasser!" Nur einige Tropfen hätten mir schon genügt.

  • Iulia verstand, auch wenn sie sich dies nicht anmerken ließ. Sie beendete ihr Werk, legte die Frau mit gewaltiger Kraftanstrengung auf die Seite und begann von neuem die andere Seite zu reinigen.


    Ungeachtet der immer lauteren Schreie, die durch die zerschlagene Tür in die Hütte drangen, führte Iulia ihr Werk fort und sorgte dafür, dass die Frau ihren Verletzungen nicht erlag. Zumindest hoffte das Mädchen, dass sie dafür sorgte. Als sie geendet hatte erhob sie sich, verließ den Raum, und blieb einen Moment lang schreck starr stehen...


    In der definiten Aussicht des Endes ihrer Reise hatten Gorgus und seine Mannen das letzte Fass der Pandora geöffnet (und falls das nicht reichen sollte, die letzten Fässer Wein und Bier dazu), und auf dem Strand fand eine Orgie statt die an Gewalttätigkeit und Wildheit wohl nicht zu überbieten war. Die Nachricht, dass man Pluto bald gegenübertreten würde, hatte eingeschlagen wie eine Bombe, und Mechanismen in Gang gesetzt die wohl jedes Maß an menschlicher Würde und Moral hinwegfegten. Während sich Gorgus damit begnügte sich in eine Ecke zu hocken und weiter seinen finsteren Gedanken zu folgen, verbrachte der Rest der Mannschaft den Abend in ungehemmter Zügellosigkeit. Einige wenige tranken sich noch vor Sonnenuntergang in die Besinnungslosigkeit, während andere eine Untergangsfeier veranstalteten die die junge Iulia wohl nie vergessen würde. Nackt tanzten die einen durch die Reihen der Zechenden, andere vergingen sich ungehemmt an den Frauen, und andere einfach an sich selbst. Gesungen wurde laut, getrunken wurde viel, und beachtet wurde hier niemand, im Untergang war sich jeder selbst der nächste. Die tote Sklavin, die wie ein Mahnmal in der Luft hing, hatte hier eher den Effekt einer makabren Dekoration, als den Wink mit dem Grabstein.


    Als das junge Mädchen wieder die alte Hütte, die mal Gorgus Refugium gewesen, zurückkam, kniete sie sich mit einem Eimer voll Wasser neben die Frau und schöpfte mit einer kleinen Schale Flüssigkeit, die sie danach der Römerin einflößte...


    "Es geht zuende...", murmelte sie Tränenerstickt, der weggebrochene Panzer hatte auch jegliche Selbstbeherrschung verschwinden lassen, und die Grausamkeit der letzten Tage lastete wie ein schwerer Felsen auf dem Gemüt des Kindes, "Es geht zuende."

  • Die lichten Momente, in denen ich die Augen aufschlug und einige Bilder von dem Mädchen einfing, die sich aufopfernd um mich kümmerte, wurden kürzer. Die Schmerzen wollten sich gänzlich meiner bemächtigen und dieser schreckliche Durst! Zwischendurch glitt ich hinab und kam jedesmal dem Totenreich einen Schritt näher. Nur noch ein kleines Stück. Die Erlösung war nahe.
    Von dem Lärm, der von draußen bis in die Hütte drang, bekam ich nicht viel mit. Ich war Julia dankbar für ihre Nähe, allerdings hielt ich sie für meine Sklavin, die sich, so wie sie nun, in den letzten zehn Jahren immer in meiner Nähe aufgehalten hatte. Einen Moment verdrängte ich es, daß sie ja nicht mehr war und deshalb auch nicht mehr bei mir war. Ylva, welch ein Verlust! Meine tapfere Ylva, die so viel hatte erleiden müssen und am Ende noch so stark gewesen war. Sie hätte nicht gezögert, den Piraten niederzustechen, wäre sie an meiner Stelle gewesen.
    Sie war für mich stets etwas mehr gewesen, als nur eine Sklavin. In all den Jahren hatte sie mir treu gedient und mir zur Seite gestanden, obwohl ich sie nicht immer gut behandelt hatte. Ab und zu hatte ich sie sogar geschlagen, hatte sie gedemütigt, mit Worten und Taten. Ich hatte es nicht besser verdient, daß ich hier im Schmutz lag und auf den Tod wartete, daß sie nun fort war und mich verlassen hatte, gegangen war, ohne mich mitzunehmen. "Ylva…" rief ich fragend. "Es tut mir so leid, Ylva! Bitte…" War es dafür nicht etwas zu spät?
    Nichts. Kein Wort, keine Reaktion. "Ylva…" Einige Tropfen Wasser spürte ich in meinem Mund. Ich begann sofort zu schlucken, wollte jeden Tropfen aufsaugen, den ich erwischen konnte. Wie gut es tat! Julia, die ich vermeintlich für meine Ylva hielt, hatte mich doch nicht verlassen! Sie war da, bie mir! "Danke Ylva! Ich werde dich freilassen, Ylva! Bald schon… freilassen!" Das Mädchen murmelte etwas. Ich verstand, was sie sagte, was meine Ylva sagte.
    "Ja, Ylva.... es geht zu Ende!"

  • Am nächsten Morgen lag die Lagune wie tot da... was man mehr als sprichwörtlich nehmen konnte. Die Piraten hatten sich dessen entledigt, was sie als Menschen in dieser Welt hielt: ihrer Besitztümer, ihrer Hütten, und ihrer Frauen.
    Der Sand des Strandes war rot von Blut gefärbt, man konnte den weiblichen Wesen, die den letzten Rest an Menschlichkeit auf diesem Flecken Erde symbolisiert hatten, ihren Tod ansehen, kurz und schmerzlich, aber nicht gewaltfrei.
    Die tote Sklavin der Römerin hing immernoch hochgebunden zwischen zwei Bäumen, die Hütten waren meist nurnoch rauchende Aschehaufen, und ansonsten war alles zerstört was den Piraten eine Heimstatt gewesen war. Bis auf Gorgus' Hütte.


    Er hatte es nicht gewagt sie wieder zu betreten, schon fast beschämt von seinem Kontrollverlust, während dem er das Leben aus der Römerin herausgeprügelt hatte. Auch Iulia, kein Gedanke. Die Hütte, als Platz der schlimmsten menschlichen Gräuel, barg in diesem Moment einen Schutz für die beiden Frauen, die dieses Massaker überlebt hatten.


    Und das sah Iulia nun, als sie es wieder wagte die Tür zu verlassen. Was sollte sie tun?


    Sie begann die Trümmer nach essbarem zu durchsuchen, und nach allem was man für das Überleben in dieser Hölle benutzen konnte. Sie würde warten, und die Frau pflegen... einfach warten... Unheil blieb seltenst unbemerkt.

  • Irgendwie war es mir gelungen, die Nacht zu überstehen. Ich war in einem tiefen Schlaf gefallen, der erst am darauffolgenden Tag endete.
    Meine Augen öffneten sich langsam. Das erste, was ich sah, war abermals der schmutzige, blutbeschmierte Boden der Hütte. Es waren die Reste von Ylvas eingetrocknetem Blut.
    Der Schmerz in meinen Gliedern hatte etwas nachgelassen. Doch fiel es mir immer noch schwer, mich zu bewegen. Mein Körper wurde von einem verschlissenen Tuch bedeckt. Es gab etwas Wärme ab.
    Mir war diese Stille aufgefallen, die draußen vor der Hütte herrschte. Es war eine Totenstille. Auch das Mädchen war fort. Ein Gedanke beschlich mich. Man hatte mich zurückgelassen. Zurückgelassen zum Sterben. Zum Sterben....
    Meine Augen waren wieder zugefallen. Wenn noch ein winziger Rest Hoffnung in mir gewesen war, dann war auch dieser nun endgültig verloren gegangen.
    Wie lange noch? Wie lange würde mein Herz noch schlagen, würde das Blut durch meine Ader fließen, würde ich diesen Schmerz spüren?
    Woran würde ich sterben? Aufgrund meiner Verletzungen? Verhungern? Verdursten? Oder würde es gar eine Mischung aus allem sein? Und was würde dann aus meinem Körper werden? Niemand würde diesen Körper einäschern. In keinem Mausoleum würde eine Urne mit meiner Asche stehen. Niemand würde eine Totenmaske meines Antlitzes nehmen. Verdammt, vergessen zu werden!
    Was hatte Marcus getan, als er von meinem Verschwinden gehört hatte? Mein Marcus! Zum ersten Mal, seit dem man mich in mein Unglück gestoßen hatte, dachte ich an meinen Verlobten. Der arme Marcus, nun würde er ein weiteres Mal in die Verlegenheit kommen, sich eine neue Verlobte zu suchen! Mein Ring! Mein Ring, den er mir zur Verlobung geschenkt hatte... Sie hatten ihn mir vom Finger gerissen, in Ostia, in diesem Lagerhaus, als sie begonnen hatten, mich zu töten...
    So siechte ich dahin, auf den Tod wartend.

  • Sim-Off:

    Dieser Handlungsstrang spielt einige Stunden nach der Vernichtung der Piraten.


    Die letzten beiden Schiffe der Classis liefen in die Lagune ein. Die großen Masten schoben sich langsam über den Horizont. Reges Treiben herrschte auf dem Schiff, auf dem Verus das militärische Kommando hatte.


    Verus stand auf der Brücke. Weiße Verbände aus Leinen zierten seine Schnittwunden. Er hatte einige Narben davongetragen. Sein Blick war nicht mehr so frei, wie er es vorher war, er war ernst geworden. Das grausame Bild des Gemetzels und des Feuers hatte sich in seinen Verstand gebrannt. Er hustete. Der Rauch war ihm auf die Lunge geschlagen. Verus legte seine, nun mehr vom Blut freigewaschenen Hände, auf das Geländer vor ihm. Das Holz wirkte fast weich, wie Seide. Er stützte sich auf, um die kleine und rauchende Stadt an der Lagune in einiger Entfernung zu betrachten. Er hatte diese Piraten für diese Schandtat an den Bürgern seines Imperiums bestraft. Ihr Tod war so grausam und schmerzvoll, wie ihr Leben. Er lächelte leicht verschlagen. Seine Männer hatten gesiegt. - Nun mehr war es daran, die Überlebenden der Stadt zu bergen und ebenso zu versorgen.


    Die Schiffe schoben sich weiter über das Wasser.


    Im Inneren des Schiffes war der Anführer der Piraten mehrfach verprügelt und gefoltert worden, die Ketten wogen schwer an seinen Handgelenken. Verus hatte seinen Männern freie Hand mit dem Schandtäter gegeben. Jeder Soldat auf dem Schiff versetzte Gorgus mindestens einen Schlag aus Rache für den grausamen Tod ihrer Kameraden. Jedoch hatte Verus seinen Männern eine Bedingung auferlegt: Der Pirat musste überleben, um gerichtet zu werden.


    Die Kriegsschiffe, die an einigen Stellen Brandspuren und Blutspritzer an Rumpf trugen, warfen die Täue aus. Einige Nautae sprangen an Land und vertäuten die Schiffe im Hafen. Die Planken wurden ausgefahren.


    Marinesoldaten rannten hektisch über diese an Land. Sie bauten sich auf, um die Umgebung zu sichern. Die Optiones brüllten Befehle. Die Soldaten des Kaisers setzten sich in Marsch Richtung Stadt und dies nicht lautlos. Die Bürger sollten wissen, dass Rettung nahte und gegebenfalls sollten die zurückgebliebenen Piraten wissen, dass ihr Tod nahte.


    Verus ging mit einer kleineren Gruppe Milites an Land, er würde sich einen eigenen Überblick verschaffen. - Schließlich hatte er das Kommando.


    Die Soldaten, die nun in der Stadt ankamen, durchsuchten einige Häuser und bargen Leichen und einige Überlebende, die sich in Kellern versteckt hatten.


    Verus hingegen durchsuchte ein kleineres Anwesen mit seinen Männern. Er hatte das Gefühl, dass hier jemand seine Hilfe brauchte.


    Er fand eine hübsche Dame in dreckiger aber edler Kleidung. "Umgebung sichern!" - brüllte er und seine Männer taten, wie ihnen geheißen.


    Verus hingegen beugte sich zur Frau. Er fühlte am Hals nach ihren Lebenssäften und der Lebenskraft. Sie lebte. Er kniete sich zur ihr und lächelte. Er kam rechtzeitig.


    "Salve, die römische Flotte ist hier, um dich zu retten." - sprach er freundlich dezent.

  • Ich döste dahin, in der trostlosen Einsamkeit. Nur der Wind war zu hören, der durch die tote Piratensiedlung pfiff. Hier und da ließ er eine Tür gegen den Türrahmen schlagen. Der unheimliche Rhythmus des Todes.


    Ich versuchte zu schlafen, damit das endlos scheinende Warten auf den letzten Atemzug nicht zu unerträglich wurde. Irgendwann gelang es mir sogar. So bemerkte ich nichts von den Stimmen, die vom Strand herrührten, spürte nichts von dem Leben, das in die Lagune zurückkam. Meine Retter nahten! Und ich schlief.
    Als ich die warme Hand an meinem Hals spürte, glaubte ich erst zu träumen. Ich träumte, es wäre ein schöner warmer Frühlingstag, an dem Marcus und ich zusammen im Garten waren. Endlich verheiratet! Wie sehr hatte ich mir gewünscht, dies endlich sagen zu können. Doch dann besann ich mich. Das war nicht Marcus´ Hand und dies war auch nicht der aurelische Garten im Frühling. Dies war der Vorhof zur Hölle.
    Ich vernahm eine Stimme, die aber so weit weg schien, daß ich nicht verstehen konnte. Die Piraten waren zurück, glaubte ich und in der Panik nahm ich alle meine Kraft zusammen und vergaß den Schmerz. Ich versuchte, mich in Sicherheit zu bringen, in die Ecke der Hütte, dort wo ich mich zusammenrollen konnte, um mich gegen die Schläge zu schützen. "Nein, bitte tu mir nichts! Bitte, nicht schon wieder!", wimmerte ich.
    Ich hatte es tatsächlich geschafft, mich in die Ecke zu retten und versuchte mich mit der verschlissenen Decke mich vor den Blicken des Mannes zu schützen. Angsterfüllt besah ich mir ihn, der so freundlich zu schauen schien. Er trug die Uniform der Classis. Nein, sie würden mich nicht noch einmal täuschen, diese Verbrecher! Oder waren es diesmal doch die Echten?

  • Verus verzog leicht das Gesicht. Sie war ja fast nackt. :D
    "Ganz ruhig! Wir sind Soldaten Roms und hier um dich zu retten. Die Piraten sind geschlagen. Du brauchst keine Angst haben. Ich bin Centurio Decimus Verus, ein Bürger Roms."


    Er reichte ihr seine Hand. "Komm', wir bringen dich zurück nach Hause..."

  • Während sich die Soldaten daran machten, die Piratenbasis zu durchstöbern, gab es für die Nautae anderes zu tun. Die beiden übiggebliebenen Schiffe mussten, so weit eben möglich, auf ihre Fahrtüchtigkeit überprüft und gegebenfalls ausgebessert werden. Auch wenn die Liburnen nicht unmittelbar von den Einwirkungen des den Untergang der Ismene verursachenden Brandes betroffen gewesen waren, trugen auch sie Zeichen des vergangenen Kampfes. Des Weiteren galt es, die Ladung zu überprüfen und bei Bedarf aufzufrischen.
    Trotz der anstrengenden Arbeit würde T.C. um nichts auf der Welt mit den Marineinfanteristen tauschen wollen. Von Kampf und Tod hatte er auf absehbare Zeit genug.

  • Nachdem man ihn auf dem Schiff ein Gladius gereicht hatte und seine Beinwunde durch den Medicus versorgt worden war, hatte sich Classicus umgeschaut.


    Die Reihen der Infanterie hatten deutliche Lücken, die Piraten hatten sich nicht kampflos ergeben.


    Der Optio der Hoplites war gefallen. Classicus versammelte die verbliebenen um sich, machte dem Centurio Meldung über die Gefallenen.


    Zum Glück war Micius am Leben, er hatte einige Schnittverletzungen und wäre bei der Räumung der Ismene fast ertrunken, wenn, er kein solch guter Schwimmer gewesen wäre.


    Nun formierte man sich neu, der Waffenmeister verteilte Schwerter und andere Waffen, der Medicus kümmerte sich um die Blessuren.


    Danach hatte man sich um Pirat gekümmert. Dieser wurde in Ketten gelegt, wobei man eigentlich nicht viel brauchte. Das eine Bein war Quetschfleich ....was höllisch wehtun musste ....die eine Hand war nur nch ein triefender Stumpf... so hing er im Schiffskörper des Classiskahns an einem Bein und einem Arm angekettet. GROTESK....


    Während die Soldaten ihren Frust an ihm abluden, was immer wieder von dem Medicus unterbrochen wurde, da der Piratenanführer sonst sein Leben ausgehaucht hätte.


    Es musste für ihn wie eine Erlösung gewesen sein, an den Ort seiner Schanddtaten zurückzukehren, denn schlagartig lies man von Ihm ab und begab sich an Deck. Nur der Medicus blieb und gewährleistete, dass er überlebte.


    Dann stürmten sie mit dem Centurio an Land. Überall roch es nach Tod und Feuer. An einer einer Hütte rief der Centurio Sichern ! ... was dazu führte das rund um die Hütte Stellung bezogen wurde .. der Centurio begab sich ins Innere...


    Classicus und Micius gingen zuerst mit in die Hütte, als sie nur einen leblosen Körper sahen , begaben sie sich sofort wieder vor die Türe um dort die Hütte sowie den Centurio zu sichern.


    Dann warteten sie.

  • Zitat

    Original von Titus Decimus Verus
    Verus verzog leicht das Gesicht. Sie war ja fast nackt. :D
    "Ganz ruhig! Wir sind Soldaten Roms und hier um dich zu retten. Die Piraten sind geschlagen. Du brauchst keine Angst haben. Ich bin Centurio Decimus Verus, ein Bürger Roms."


    Er reichte ihr seine Hand. "Komm', wir bringen dich zurück nach Hause..."


    Verängstigt saß ich in der einen Ecke der Hütte. Der Mann sprach langsam und freundlich auf mich ein. Soldaten Roms, sagte er, seien er und seine Kameraden. Centurio Decimus Verus, sei sein Name.
    Ich kannte mal einen Decimer. Kurz vor meiner Entführung, hatte ich ihn auf dem Sklavenmarkt in Rom kennegelernt. Doch das schien nun so ewig weit zurückliegend, so als wäre es in einem anderen Leben gewesen.
    Schließlich reichte er mir seine Hand. Ich zögerte erst. Was wenn das nur wieder eine Falle war? Aber er sagte, er wolle mich zurück nach Hause bringen. Nach Hause! Ich sehnte mich so sehr danach, endlich wieder nach Hause zu kommen. Dann war alles wieder wie früher. Ylva und Chimerion würden da sein und… nein, würden sie nicht! Sie waren ja beide tot.
    Ich ergriff mit der einen Hand nach Verus´Hand. Mit der anderen hielt ich mich mit der Decke bedeckt. Außer dieser Decke hatte ich nichts, was meinen zerschundenen, mit blauen Flecken und Platzwunden übersäten Körper bedeckte.
    Beim aufstehen plagten mich solche Schmerzen, so daß ich beinahe wieder zusammen gefallen wäre. Ich wusste nicht, ob ich mich lange genug auf den Beinen halten konnte.
    "Decimus Verus, sagst du? Kennst du einen Decimus Serapio?"

  • Verus überlegte. Er wollte nun nichts Falsches sagen aber seine Familie war groß und somit kannte er nicht jeden Decimus.


    Er zog sie vorsichtig an ihrer warmen Hand hoch, hielt ihre Hand aber noch kurz fest, um ihr Zuflucht zu bieten. Sie hatte sicherlich viel durchgemacht.


    "Ich kenne keinen Decimus Serapio. Du musst wissen, dass unsere Familie sehr groß ist und ich nicht jeden von ihnen kenne. - Ich denke jedoch, dass er ein anständiger Bürger Roms ist, wie jeder Decimus. Wir wissen, wo wir stehen." - antwortete er in einem sanften und freundlichen Ton.
    "Hast du einen Namen? - Vielleicht können wir dich direkt zu deiner Familie zurückbringen. Ich selbst werde die Verantwortung dafür übernehmen und dich von Misenum aus nach Hause geleiten. - Sofern du Heim willst."


    Die letzten vier Wörter waren nicht ganz so ernst gemeint. Sie sollten vielmehr die Situation entspannen.


    "Sei' dir gewiss, du bist gerettet." - versicherte Verus der fremden Schönheit noch einmal.

  • Er kannte Decimus Serapio nicht, was mich wieder vorsichtig werden ließ. Zweifel stiegen wieder in mir auf. Doch er rechtfertigte sich damit, daß seine Familie groß und ehrenwert sei, was für mich plausibel klang. So wollte ich ihm Glauben schenken. Er fragte nach meinem Namen und meiner Herkunft, meine Familie. Meine Familie! Ich hatte schon die Hoffnung aufgegeben, sie wieder zu sehen. "Mein Name ist Flavia Celerina. Mein Verlobter ist der Senator Aurelius Corvinus." Das klang alles so unwirklich. Ich hatte bereits mit allem abgeschlossen und nun war die Rettung gekommen, die mich in mein altes Leben zurückbringen wollte. Aber da gab es noch jemanden, dessen Leben auch gerettet werden mußte!
    "Das Mädchen, Julia, lebt sie noch? Sie hat sich um mich gekümmert. Ich würde sie gerne mitnehmen. Ich glaube, sie hat niemanden mehr."
    Ich hatte sie nie danach gefragt, was mit ihrer Familie war. Vielleicht vermisste sie jemand und wartete schon lange auf ihrer Rückkehr.
    "Ja, bitte. Ich möchte heim!"

  • Er lächelte erneut. "Wir sollten aufbrechen. Dann kommst du noch pünktlich zu den Saturnalien nach Hause."


    Verus deutete mit einer Handbewegung an, dass sich seine Männer nun zum Abmarsch sammeln sollten. Man würde diesen dreckigen Ort, dieses dreckige und zerstörte Piratennest endlich verlassen. Was sie diesem Mädchen angetan hatten, war nicht mehr gut zu machen und Verus würde dafür sorgen, dass dieser sogenannte Pirat seiner gerechten Strafe zugeführt würde.


    "Komm', dich erwartet ein Bett und deine Heimat, Flavia Celerina."


    Verus ging einige Schritte vor und winkte ihr freundlich zu. Es war auch für sie vorbei.


  • Endlich verließ ich die Hütte, die beinahe mein Grab geworden wäre. Draußen bot sich mir ein Bild des Schreckens. Der Stand war übersät mit Leichen. Die Frauen der Piraten. Sie hatten sie alle getötet, bevor sie ausgelaufen waren. Julia war wohl auch unter den Toten. Das hatte das Mädchen nicht verdient!
    Am abscheulichsten allerdings war der Anblick Ylvas! Die Piraten hatten ihren toten Körper aufgehängt. Wahrscheinlich als Abschreckung.
    Ich bat die Soldaten darum, ihren Leichnam abzunehmen und zu verbrennen. Das war das letzte, was ich für sie tun konnte.
    Mit gemischten Gefühlen betrat ich das Schiff. Zu tief saß immer noch der Schrecken meiner Entführung. Der Centurio stellte mir seine Kabine zur Verfügung, die ich kein einziges Mal verließ, bis wir den Hafen von Misenum erreichten.

  • Iulia hatte sich bei der Ankunft der Classis versteckt, aus purer Angst, dass jetzt noch größere Gräuel über sie kommen würden.
    Doch es entpuppte sich vollkommen anders... man rettete die Frau.
    Es brauchte eine Weile bis Iulia sich aufraffte, und zu den Booten der Classis lief, der Frau, die von einigen Soldaten gestützt wurde, einfach hinterher... sie dachte nicht groß nach, was sollte sie schon tun? An diesem Ort bleiben, und letztendlich verhungern?

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