Musikalische Stadtführung mit Harmonia

  • "Memphis ist viel kleiner als Alexandria, das ist gar kein Vergleich." Dann wurde er kurz still und sagte einige Meter überhaupt nichts. Er wusste nicht, was er genau erzählen sollte, oder besser wieviel konnte er weglassen? Er entschied sich für eine "endtramatisierte" Version, bei der die meisten Fakten aber doch stimmten.


    "Das ist eine lange und teilweise vielleicht etwas merkwürdige Geschichte. Aber ich erzähle dir die Kurzform: Meine Eltern starben und durch einen hinterhältigen Trick verloren wir mit dem Tod unseres Vaters fast unser gesamtes Hab und Gut. Meine Brüder und ich entschlossen uns zurück nach Griechenland zu gehen und bestiegen ein Schiff Richtung Athen. Aber es kam ein unerwartet heftiger Sturm auf, und das Schiff sank. Wir konnten uns an Land retten und standen dann endgültig ohne etwas da. Wir hatten nur noch, was wir am Leibe trugen. Zum Glück hatten wir auch ein bisschen Schmuck dabei, den wir dann eintauschten. Und da die Götter uns offensichtlich nicht in Athen haben wollten, und ich garantiert in den nächsten vier Jahren kein Schiff besteigen werde, beschlossen wir nach Alexandria zu gehen. Hier gibt es gute Chancen für uns, und ich habe hier perfekte Trainingbedingungen." Er hoffte sie würde ihm das glauben, zumal die Realität noch um einiges schlimmer war. Aber sowas konnte er niemandem beim ersten Traffen auf die Nase binden. "Ich weis, es klingt wie ein schlechter Opiumtraum, aber so war es halt mal leider." Mente er ein wenig geknickt. Zumindest die Grundfakten stimmten ja wirklich.

  • Dass er so still wurde, verunsicherte Penelope. Hatte sie etwas falsches gesagt? Bei seiner Erzählung dann hörte sie sich schweigend alles an und rückte ein wenig von ihm ab. Sie fand es irgendwie unpassend, bei diesen Worten so mit ihm zu „kuscheln“, und auch die anderen Gefühle schienen ihr plötzlich schrecklich unpassend. Eltern gestorben, alles verloren, ihr kam das so schrecklich bekannt vor. Sie hoffte, dass Ánthimos aber ansonsten ein besseres Schicksal erwartete als sie selbst es erfahren hatte.
    Sie überlegte einen Moment, ob sie ihn nicht besser ganz loslassen sollte, damit er seine Privatsphäre wieder hatte. Hier auf den Nebenstraßen war nicht so viel los, als dass sie ihn verlieren könnte, und auch sonst gab es eigentlich keinen Grund, sich bei ihm einzuhaken. Aber irgendwie glaubte sie, dass ihm die Berührung ganz gut tat. Also ließ sie seine Hand bei ihm eingehakt.
    "Es gibt keine guten Opiumträume", meinte Penelope leise, aber aus ihrer Stimme war herauszuhören, wie wenig sie von dem Zeug hielt. Eigentlich hatte sie ihre Worte gut unter Kontrolle, aber gerade, wenn es um Opium ging, war der Impuls, wütend zu sein, einfach manchmal größer als die Vernunft. Da reichte manchmal schon nur das Wort. Sie hasste dieses Zeug manchmal, war es doch mit Schuld am Verfall des Großvaters. Wenn er Opium genommen hatte, träumte und schlief er nur und alles war ihm egal. Es war, als wäre er ein Geist. Und Penelope hasste es, wenn er so war, aber mittlerweile hatte sie sich damit abgefunden. Mit 13 Jahren war es da noch schwerer gewesen, aber nun war sie älter und selbständiger.
    Während ihre Erinnerungen hoch kamen, war sie wohl sehr leise gewesen, deshalb räusperte sie sich einmal kurz und sah entschuldigend zu Ánthimos hoch.


    "Es tut mir leid. Meine Äußerung eben, und auch die Frage vorhin. Ich wollte dich nicht traurig stimmen. Kann ich es irgendwie wieder gut machen?"

  • "Ach weist du, dass ich mit dir durch diese beeindruckende Stadt schlendern darf, reicht schon völlig aus. Du konntest ja nicht wissen, dass es in meiner Vergangenheit die ein oder andere Tragödie gab. Außerdem habe ich ja noch meine Brüder. Dass wir drei den Schiffsbruch überlebt haben, ist ja schon fast ein Wunder, zumal alles andere als ein gute Schwimmer bin."
    Jetzt aber weg von diesem leidigen Thema.


    "Aber du scheinst eine Abneigung gegen Opium zu haben, wenn ich das deiner Stimme richtig entnommen habe. Das gefällt mir, denn ich mag das Zeug auch überhaupt nicht. Mein Bruder raucht es ab und an und ich hab schon hundert mal versucht ihn davon abzubringen. Es benebelt die Sinne und ich denke es schadet auch dem Körper. Er ist dann so komisch und das macht mich unglaublich wütend." Er macht für extra einen etwas unsicher wirkenden Schritt, um sie wieder näher an sich zu ziehen.


    "Es ist schon interessant in wie vielen Sachen wir eine ähnliche Einstellung haben."

  • Penelope sagte zu den ersten beiden Themen nichts. Zum Schiffbruch sagte sie nichts, weil sie nicht tiefer in der Wunde rühren wollte, und zum Opium sagte sie nichts, weil es sie so wütend und traurig machte, und sie Ánthimos das von Philolaos nicht gestehen wollte. Zumindest nicht jetzt. Es war einfach kein passender Zeitpunkt, und sie kannten sich zu kurz.
    Er stolperte kurz beinahe, fing sich aber sogleich wieder, und irgendwie war er wieder dichter bei ihr. Penelope streichelte kurz über seinen Arm in einer vertraulichen Geste mit der eingehakten Hand.
    "Ja, schon ein großer Zufall. Vor allem, dass wir uns getroffen haben. Wäre mir nicht heute morgen das Brot ausgegangen, wäre ich vermutlich gar nicht zu Lyros gegangen. Aber ich bin froh, dass es passiert ist."
    Sie sah wieder kurz zu ihm hoch, bis sie wieder das Glühen auf den Wangen spürte und ihr Gesicht abwandte. Ihr Blick fiel auf eine wohlbekannte Straße, und ganz leise musste sie seufzen. Entschuldigend blickte sie kurz zu Ánthimos wieder, der natürlich nicht den Grund für ihre Sehnsucht kannte.
    "Da hinten habe ich früher gewohnt. Aber das ist lange her. Ich habe gehört, das Haus gehört nun einem Kaufmann."

  • Als sie ihm über den Arm strich jagdte ihm eine Gänsehaut über den Arm und den ganzen Rücken.


    "Ich bin auch froh, dass ich dich heute getroffen habe. Wieder so eine glückliche Fügung des Schicksals." Er schaute zu ihr hinab. Sie hatte leicht rote Wangen bekommen und er fühlte sich ihr so nahe. Am Liebsten hätte er sie richtig in den Arm genommen...


    Als sie ihm von ihrem alten Haus erzählte, hört er eine Sehnsucht ihn ihrer Stimme, die ihm fast weh tat. Er merkte sich das Haus ganz genau, vielleicht hatte er ja irgendwann einmal genug Geld...und er würde viel Geld brauchen.


    "Ein schönes Haus. Aber die Häuser leben nur von den Menschen, die darin wohnen und da hat es sicher etwas von seiner Anziehungskraft verloren."

  • "Ach, es ist nicht das Haus, was ich vermisse."
    Penelope vermisste vielmehr das Leben, wie es früher war. Sie war so gerne mit auf den Festen, bei denen Großvater spielte. Nicht wegen der Feste an sich, sondern wegen der Leute, die da waren. Sie beobachtete immer heimlich das Publikum, während ihr Großvater spielte, sah in ihre glänzenden, gerührten Augen, lauschte der Stille, die sich über alle Gespräche senkte, damit man ihm zuhören konnte. Damals gab es einige, die in geradezu ehrfürchtigem Staunen einfach nur gelauscht haben. Und diese Achtung ihrem Großvater gegenüber, die vermisste sie. Heute hatte er noch nicht einmal selber Achtung vor sich.
    Sie merkte, dass sie sich in ihrer wehmütigen Erinnerung fast schon an ihn geschmiegt hatte, und ganz entschuldigend guckend rückte sie wieder ein ganz klein wenig von ihm ab. Ihre Schultern berührten sich trotzdem noch.
    "Entschuldige, manchmal träume ich, obwohl ich wach bin.
    Oh, das hab ich ganz vergessen, das wollte ich dich eigentlich beim Gymnasion schon fragen. Haben deine Brüder und du schon die Ephebia gemacht? Ansonsten kannst du dich im Gymnasion dafür anmelden, damit ihr hier Bürgerrecht bekommt. Als Grieche hat man es diesbezüglich etwas besser als als Ägypter oder Nubier oder was hier sonst noch so rumläuft.
    "
    Eigentlich war das mehr eine Ausflucht, aber ihr fiel sonst kein anderes Thema ein, was nicht so schwermütig wäre.

  • "Es ist gut, dass du träumst. Was wäre denn eine Künstlerin ohne Träume?" Aber auch ihm kam der Themenwechsel sehr gelegen. Wenn sie über das Haus redete sahen ihre grauen Augen so traurig aus und das wollte Anthi nun wirklich nicht, auch wenn sie sich immer weiter an ihn geschmiegt hatte. So nah, dass er sie das erste mal roch, und ihr Geruch betörte ihn zusätzlich. Er wusste nicht, ob sie Duftwasser benutze, oder o ihre Haut wirklich so gut roch, aber er war denn nun doch froh, als sie ein wenig abrückte, denn sonst hätte das ganze ein wenig peinlich für ihn werden können...


    Er räusperte sich kurz, bevor er weitersprach:
    "Nein, wir haben noch nicht die Ephebia gemacht. Aber wir werden so schnell wie möglich versuchen sie zu bestehen. Ich denke mal, dass dürfte kein Problem für uns sein, denn unsere Eltern haben uns gut unterrichtet. Wie sieht es denn mit dir aus, hast du das Bürgerrecht hier in Alexandria?" Eigentlich war das eine blöde Frage, denn warum sollte die Enkelin eines solch großen Musikers die Ephebia nicht bereits absolviert haben?

  • "Es kam was dazwischen."
    Und dieses was dauerte nun schon fast vier Jahre und hatte ihr nicht sehr viel Zeit gelassen. Sie hatte aber keinen Zweifel daran, die Prüfung zu bestehen, denn sie war fit sowohl an Körper als auch an Geist. „Aber das war etwas, was ich demnächst nachholen will. Ich kam nur noch nicht dazu.
    Irgendwie fand sie die Vorstellung lustig, sie und Ánthimos könnten die Prüfung zur selben Zeit machen. Aber vermutlich würde sie dann durchfallen, weil sie zu abgelenkt wäre. Sie sollte sich wirklich nicht zu sehr ihren Tagträumen hingeben. Auch wenn das im Moment etwas schwerer war.


    Zwei Vögel jagten einander im Tiefflug und flogen dabei fast gegen die beiden Spaziergänger. Wild zwitschernd und tirilierend erhoben sie sich gerade noch rechtzeitig, um über die Dächer davon zu fliegen. Es war ein sehr seltsames Bild, und plötzlich musste Penelope grinsen.
    "Ich glaube, ich träume grade schon wieder ein bisschen. Mal schauen, wenn ich noch ein wenig weiter träume, bekommst du noch dein Bild auf der Kithara."
    Ja, ihre Idee gefiel ihr. Jetzt musste sie sie nur behalten, ihre Melodie für Ánthimos. Voller Vorfreude strich sie ihm noch einmal über den Arm und ging wieder etwas beschwingter mit ihm dahin.

  • "Na ja, wenn du sie demnächst machen möchtest können wir uns da ja vielleicht helfen." Er wollte lieber nicht genauer nachfragen, was ihr dazwischen gekommen war. Peinliche Fragen hatten sie heute schon genug gehabt. Auch die Idee mit ihr zusammen die Ephebia zu absolvieren kam sicher nicht nur aus seinem Kopf, den der alleine hätte ihm gesagt, dass das ein sehr dummer Gedanke war. Er war wirklich in sehr raschem Tempo dabei sich in Penelope zu verlieben. Und eigentlich hatten sie heute Abend noch das ein oder andere Freudenhnaus aufsuchen wollen! Das würde er ganz sicher nicht tun, denn das alles würde ihm heute Abend schal und belanglos vorkommen. Aphrodite hatte so ihre ganz eigenen Wege ihrer Familie zur Seite zu stehen...


    "Irgend etwas zauberhaftes hat dieser Nachmittag wirklich. Ich hoffe nur dass Thimos mich nicht gleich weckt. Vielleicht solltest du mich mal zwicken, damit ich weis das ich wach bin." Sie schien jetzt wieder glücklicher zu sein, also versuchte er diese Stimmung mit ein paar Späßen zu erhalten.


    "Ein Bild von dir bräuchte ja nicht viel Vorstellungskraft, aber wie denkst du denn, müsste sich ein Ànthimos-Lied anhören? Wenn du dir das nur vorstellen kannst wenn du träumst, sollte ich dich wohl besser tragen. Nicht das wir noch irgendwo dagegenrennen." Nahm er sie jetzt erstmal sprichwörtlich auf den Arm und grinste dabei breit.

  • Eigentlich dachte sie bei dem Lied mehr an die Vögel als an Ánthimos, so dass sie jetzt ein wenig überrascht war. Und seine Worte brachten sie – schon wieder – in Verlegenheit. Er konnte sie doch nicht in aller Öffentlichkeit in die Arme nehmen und hochheben? Gleich würden ihre Ohren noch zu leuchten anfangen, wenn er so weiter redete. Wahrscheinlich zum ersten Mal in ihrem Leben war Penelope vollkommen sprachlos, während sie ihn verliebt anschaute. Es dauerte einen Moment, bis sie sich gefangen hatte, und versuchte sich auch in die Komik zu retten und zu scherzen.
    "Wenn ich dir das jetzt verrate, ist es doch dann keine Überraschung mehr."
    Und in Anlehnung an seinen vorherigen Kommentar zwickte sie ihn einmal leicht an die kitzelige Stelle oberhalb der Hüften, wo das Zwerchfell saß und die meisten Menschen zu lustigen Hüpfern animierte. Wirklich ein Lied über ihn zu schreiben, das würde schwerer sein. Aber sie wollte es versuchen. Allein bei der Vorstellung fing ihr Herz an zu pochen.

  • "Aua!" Meinte er künstlich gequält hüpfte einen Schritt zur Seite und lachte. "Ich hätte mir ja gar nicht vorstellen können, dass du so fest zwicken kannst. Also ich träum schonmal nicht. Bei dir versuchen wir es besser nicht, sonst löse ich mich noch in Rauch auf und das würde mir ja jetzt gar nicht gefallen." Dann bot er ihr wie selbstverständlich wieder seinen Arm an. Der "Darfichihrdenarmanbietenodernichtmoment" schien schon lange überschritten zu sein. "Außerdem weist du jetzt, dass ich furchtbar kitzelig bin. Da geht es ja noch, aber bei dem Gedanken, dass jemand meine Füße anfasst, springe ich dir aus dem Stand zwei Meter hoch. Aber sag es ja nicht weiter, sonst werd ich beim nächsten Ringkampf aus dem Ring gekitzelt." Er zwinkerte ihr zu.

  • Penelope hakte sich gerne wieder bei ihm ein und lachte ihn an.
    "Keine Sorge, ich werde nichts verraten. Sonst kann ich ja in vier Jahren gar nicht damit angeben, mit dem Gewinner eines Olivenzweigs spazieren gewesen zu sein."
    Sie merkte, wie sie immer länger zu ihm schaute und immer weniger auf die Straße. Wenn sie so weiter machte, liefen sie wirklich noch irgendwo dagegen, oder ständig im Kreis und am Museion vorbei. Penelope räusperte sich kurz und richtete ihr Augenmerk wieder mehr auf die Straße.
    "Willst du das Museion auch von innen sehen? Die Bibliothek ist wirklich beeindruckend. Die größte, die es gibt."
    Es war zwar noch ein paar Straßen, bis sie zum Eingang kamen, aber es lenkte Penelope davon ab, ständig zu Ánthimos herüberzuschauen.

  • Ànthimos lachte. "Da siehst du mal, was wir bald für Geschichten zu erzählen haben." Es schmeichelte ihm, dass sie ihn für so gut hielt. Er hoffte dass dan auch halten zu können. "Natürlich möchte ich die berühmte Bibliothek von Alexandria sehen. Aber ich denke mal, dass das eigentlich ein eigener Ausflug ist, sie sich von innen anzuschauen. Wenn wir uns die jetzt richtig anschauen, dann kommen wir erst heraus wenn es schon lange dunkel ist. Was hältst du davon, wenn wir uns die auch ein anderes Mal anschauen? Das geschriebene Wort ist ja bekanntlich geduldig, aber so ein schöner Nachmittag vergeht viel zu schnell."


    Die Bibliothek war natürlich beeindruckend und er hätte sie gerne richtig und von innen gesehen, aber sie würde wohl für die Ewigkeit hier stehen. Außerdem hatte er so die Chance weiter mit Penelope durch die Stadt zu wandeln und gleichzeitig ein zweites Treffen zu vereinbaren.

  • Penelope musterte Ánthimos kurz aus den Augenwinkeln. Wo immer sie ihn hinführte, wenn sie da waren, wollte er es gar nicht sehen. So langsam beschlich sie das Gefühl, dass es ihm mehr um das Spazierengehen mit ihr ging als darum, die Gebäude zu sehen. Und eine weitere Frage kam auf: War das hier eine Verabredung? Penelope fühlte sich mit einem mal etwas unsicher und nervös. Sie konnte sich ja nicht einfach mit einem Fremden verabreden. Schlimm genug, dass sie sich bei ihm einhakte und es ihr auch noch gefiel.
    Sie versuchte, ganz sachlich an die Sache heranzugehen. Ánthimos war ein junger, gebildeter, gutaussehender Grieche. Im Moment war sie so mittellos wie er. Also, selbst wenn es eine Verabredung war, konnte doch eigentlich nichts dagegen sprechen? Sie gingen ja nur spazieren, oder?
    Irgendwie gelang ihr das mit dem „sachlich bleiben“ nicht so ganz bei ihren Überlegungen. Vor allem nicht, wenn sie zu ihm herüberschaute. Die Vorstellung schmeichelte ihr, dass sie ihm gefallen könnte.
    "Wenn wir überall nur vorbeigehen, dann siehst du ja gar nichts von Alexandria. Und wird Harmonia dir nicht schwer, wenn wir bis heute Abend spazieren gehen?"
    Nicht, dass sie etwas dagegen hätte, heute den ganzen Tag an seinem Arm zu verbringen und einfach nur zu spazieren. Aber sie wusste, wie schwer Harmonia mit der Zeit werden konnte. Und nicht, dass er am Abend eine gezerrte Schulter hatte. Er war es bestimmt nicht gewohnt, ein Bündel so über der Schulter zu tragen. Und da machte sie sich Sorgen um ihn.
    "Wir könnten natürlich – wenn du magst – auch zum Paneion gehen. Von da kann ich dir die ganze Stadt zeigen und wir können uns ein wenig ins Gras setzen."
    Eigentlich hatte sie sowieso vor, nach dem Museion mit ihm dahin zu gehen. Nach Apollo war Pan ihr der liebste der Götter, und sein Heiligtum war wirklich wunderschön.

  • Hatte sie ihn durchschaut? Ohoh, jetzt musste er sich rausreden.


    "Wie ich sehe nichts von Alexandria? Ich dachte ich sehe hier überall Alexandria!" Neckte er sie. "In der Bibliothek sehe ich Bücher, aber doch nicht Alexandria. Wenn ich hier mit dir durch die Straßen wandle sehe ich die Stadt wie ich sie wohl nie mehr sehen werde. Schließlich hat man sonst immer ein Ziel zu dem man so schnell wie möglich zu gelangen sucht. Jetzt kann ich mich ganz entspannt deiner Führung anvertrauen und die schöne Aussicht genießen." Eigentlich meinte er ja sie, aber das musste ja niemand wissen. "Heute schaue ich mir die Gebäude von außen an, von innen werde ich sie sicher noch oft genug sehen. Außerdem: Mein Großvater sagte immer, man muss erst wissen wo der Wald ist, bevor man nach den Tieren darin suchen kann. Ich merke mir heute, wo die Gebäude sind, und das ist eine sehr große Hilfe für mich, für die ich dir sehr dankbar bin." Dann ging er auf ihre Fragen ein.


    "Harmonia? Achso, die hatte ich schon fast vergessen. Nein, es macht mir gar kein Problem, ich spür sie kaum. Das Paneion ist eine klasse Idee. Sieht man von da aus wirklich die ganze Stadt? Das wird sicher toll." Mit ihr im Gras zu sitzen wäre sicher toll. Dann könnte er sie sicher noch besser betrachten. Penelope auf dem Paneion wenn das nicht passte. Dazu noch ein Sonnenuntergang...das wäre nicht nur für ein Gemälde eine großartige Idee.

  • Sie sah ihn noch ein bisschen fragend an, dann widmete sie sich der Straße. Penelope war sich immer noch nicht sicher, was denn nun wirklich seine Absichten waren, aber sie würde ganz bestimmt nicht danach fragen und sich selbst verraten.
    Nun, das Museion ist gleich da vorne die Straße rein. Das kaum übersehbare da vorne. Und zum Paneion geht es wieder zurück, wo wir grade langgelaufen sind. Ich bin wohl eine schlechte Stadtführerin.
    Jetzt musste Penelope ein wenig lachen. Es fing schon an, sie gingen im Kreis. Sie hätte den Weg wirklich etwas besser Planen können. Mit einem undeutbaren Blick sah sie zu Ánthimos hoch, und diesmal blieben ihre Augen etwas länger wieder auf ihm. Sie mochte sein Gesicht. Sie konnte sich gar nicht vorstellen, wie er dieses Schlagen lassen konnte.

  • Wie sie gingen im Kreis? Das hatte er gar nicht mitbekommen. Vielleicht hatte er Glück und es würde ihm als Höflichkeit ausgelegt.


    "Das ist das Museion? Wirklich beeindruckend. Man mag kaum glauben zu welchen Sachen die Menschen fähig sind." Sagte er anerkennend. "Wieso sollst du eine schlechte Stadtführerin sein? Nur weil dein Begleiter keine Ahnung hat, wo er eigentlich hinmöchte?" Er stimmte in ihr Lachen ein und blickte zu ihr hinab und da sie gerade hinaufschaute, trafen sich ihre Augen. Sein Puls begann sich zu beschleunigen, aber er wollte den Blick nicht von ihr abwenden.

  • Penelopes Herz fing plötzlich wie wild an zu schlagen. Auch waren sie irgendwie erst langsamer geworden und standen jetzt ganz. Sie wollte etwas sagen, aber ihr fiel nichts ein. Sie schaute einfach, und er schaute, und sie beide schauten, und ihr Herz schlug wie verrückt. Er hatte so schöne, braune Augen.
    Ganz erschrocken richtete sich ihr Blick plötzlich wie gebannt auf ihre Füße. Was dachte sie sich nur dabei, ihn so anzuschauen, noch dazu mitten auf der Straße und am helllichten Tag? Ihre Ohren glühten.
    "Tut mir leid, ich träume schon wieder", meinte sie mit starr auf den Boden gerichteten Blick. Sie hatte keine Ahnung, wie lange sie ihn eben so angeschaut hatte. Was er jetzt nur von ihr dachte?
    "Ähm, zum Paneion, richtig? Da, ähm, ja, da müssen wir umdrehen."
    Erst jetzt hob sich ihr Blick wieder schüchtern und mit kurzen, kleinen Blicken aus den Augenwinkeln versuchte sie, zu erkennen, was er nun dachte.

  • Mehr als ein wenig eloquentes "Ich auch" bekam er nicht zustande. Sein Kopf brannte wie Feuer und er war sich sicher, dass seine Ohren glühten wie ein heißes Kohlebecken. "Entschuldige bitte, ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen... umdrehen....ach ja das Paneion." Trotdem schaute er noch einmal liebevoll auf sie herab...und schon wieder hatte sie ihn ertappt. Verdammt, sie musste einen sechsten Sinn für so etwas haben, dachte er, als sie ihre Schritte in Richtung Paneion fortsetzen.

  • Gerade, als sie hoch schaute, schaute er auch wieder runter und Penelope fühlte sich so schrecklich ertappt. Schnell schaute sie wieder auf die Straße, während sie ihren Weg zum Paneion fortsetzten. Ansonsten war sie eigentlich sehr redegewandt, schon allein wegen ihren Auftritten. Aber im Moment fiel ihr absolut nichts ein, was sie Ánthimos sagen könnte.
    Sie überlegte, ob sie vielleicht lieber wieder seinen Arm loslassen sollte. Der Moment eben wäre vermutlich nur halb so peinlich gewesen, wären sie einander nicht so verdammt nahe gewesen. Aber es war unheimlich schwer, den Arm loszulassen. Der Widerwille war so groß, dass sie sich doch lieber bei ihm eingehakt ließ.
    Das Schweigen war ihr peinlich. Aber alle Fragen, die ihr einfielen, konnte sie ihm unmöglich stellen. Auch wenn sie sie gerade interessiert hätten, aber sie wollte nicht zu neugierig sein.
    "Und hast du sonst noch Pläne hier in Alexandria? Also, außer der Arbeit als Schreiber und die Olympiade?"

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