Musikalische Stadtführung mit Harmonia

  • Er legte ihren Arm um sie. "Keine Angst mir wird schon nichts passieren. Heute Abend bin ich absolut nicht auf Streit aus und für gewöhnlich erachten mich die wenigsten Räuber als gutes Opfer." Er schaute sich prüfend um. So schlimm hatter er sich Rhakotis nicht vorgestellt. Er versuchte sich nichts anmerken zu lassen, weil er Penelope nicht beschämen wollte, aber es gelang ihm wohl nur unzureichend. Die Häuser waren schief und schlecht gebaut, es war dunkel und alles andere als einladend. Er war sich nicht sicher, ob er sie zurücklassen wollte... oder konnte.

  • Penelope nahm nicht den direkten Weg zu der Garküche. Dabei ging es dieses Mal nicht ums Zeitschinden, sie umging einfach die Stellen, von denen sie wusste, dass sie dort wohl nicht willkommen war. In einigen Gassen waren Huren mit ihren Freiern beschäftigt, und ihre Zuhälter bewachten sie aus der Entfernung mit wachsamen Augen. Da war es besser, einen kleinen Umweg zu laufen.
    Schließlich kamen sie an einen größeren Platz. Penelope erinnerte sich, dass hier einst zwei Häuser gestanden hatten, diese waren aber in sich zusammen gestürzt, schon vor Jahren. Die Ziegel und Balken waren schon lange Teil anderer Häuser geworden, in Rhakotis blieb nichts lange liegen. Und so war hier nun ein etwas größerer Platz entstanden. In einigen Jahren würden bestimmt wieder Häuser hier stehen. Hier brannte ein großes Feuer in der Mitte und einige Spielleute machten auf ihren Flöten Musik und wurden begleitet von Schellen und Trommeln. Bei Kenamons Garküche war nach Sonnenuntergang immer fröhliche Stimmung. Der große, dicke Ägypter war so etwas wie eine Respektsperson hier unten, alle Bandenstreitigkeiten oder die verschiedener Völker hatten auf seinem Platz nichts zu suchen. Also war hier so eine Art kleiner, sicherer Hafen, den selbst die Rhomäer von ihrer Anwesenheit meistens verschonten.
    "Da vorne, der dicke Mann, das ist Kenamon. Ihm gehört die Küche. Lass uns fragen, was er heute im Kessel hat. Achja, sprichst du ägyptisch? Sein Koine ist scheußlich."

  • "Ja, ich spreche und schreibe Ägyptisch und Hebräisch. Sprichst du denn kein Ägyptisch?" Fragte er erstaunt, weil er dachte er solle für sie übersetzen. Ansonsten sah es hier trotz der Umgebung doch sehr einladend aus. Es schien hier irgendwie einfach friedlich zu sein, und die Stimmung war nicht anders als fröhlich zu bezeichnen. Außerdem duftete es verführerisch, so dass Anthi meinte sein Magen wolle aus seinem bauch springen und auf eigene Faust sein Essen zu sich nehmen.


    "Der Dicke sieht nett aus." Meinte er leise.

  • Doch, natürlich spreche ich Ägyptisch. Schreiben nicht so gut, aber sprechen kann ich. Hebräisch verstehe ich auch, und ionisch und attisch. Und mein Nachbar spricht auch irgendeine Sprache, den versteh ich mittlerweile auch recht gut, aber da weiß ich nicht, was das ist.
    Vor vier Jahren hätte sie wahrscheinlich noch viel weniger Sprachen aufzählen können, die sie verstand. Aber wenn man nicht nur mit den Händen herumfuchteln wollte und darauf hoffte, dass der andere schon verstand, musste man wohl das eine oder andere lernen.
    Penelope lächelte Ánthimos aufmunternd an. Seit sie Rhakotis betreten hatten, wirkte er irgendwie ein bisschen verloren. Sie erinnerte sich noch gut an ihre ersten Tage und Wochen hier, sie musste damals elend ausgesehen haben. Sie hoffte, es erschreckte ihn nicht zu sehr.
    "Ja, er ist auch nett. Solange man keinen Streit anfängt. Er ist ziemlich kräftig und kann gemein zuschlagen, wenn man sich mit ihm anlegt. Er behauptet immer, in seiner Jugend habe er einen Stier mit bloßen Händen niedergerungen. Wenn du ihn fragst, wird er dir sicher die Geschichte in allen Einzelheiten erzählen.
    Deshalb ist es hier auch so friedlich. Niemand fängt hier freiwillig einen Streit an.
    "


    Sie schlenderte mit Anthi an ihrer Seite hinüber zum Kessel. Auf ägyptisch begrüßte sie ihn, als er sie sah.
    "Ah, Pelo, und wer ist das? Neuer Freund in Rhakotis? Willkommen, willkommen."
    Er war wie immer überschwänglich, und Penelope lächelte dabei. "Sag, Kenamon, was hast du heute feines? Wir haben Hunger."
    "Oh, da hast du Glück. Heute ist eine echte Kuh im Topf, mit guten Gemüse."
    "Wirklich eine Kuh? Das ist ja schon fast ein Festmahl"
    "Na, das möchte ich meinen. Nur das Brot ist hart, aber ihr habt ja kräftige Zähne. Und ich habe frisches, gutes, ägyptisches Bier. Für zwei Drachmen?"


    Penelope wusste zwar, das das Bier wahrscheinlich weder frisch noch besonders gut sein würde, und sie trank eigentlich ohnehin lieber Wein, aber den gab es hier nicht. Und von Wasser wurden mehr Menschen krank als von dem Bier, von daher war das wohl die bessere Wahl. Sie sah zu Anthi hoch, was er meinte.

  • "Gerne PELO. Kuh ist immer gut." Er betonte ihren Spitznamen besonders und zwinkerte dabei.


    Dann sprach er den Ägypter an.


    "Ich bin Anthi und freue mich dich kennen zu lernen." Meinte er freundlich. "Ja, wir nehmen das Essen und das Bier zwei Mal. So ein Fußmarsch durch ganz Alexandria macht ja sowas von hungrig." Mal ganz davon abgesehen von gelegentlichen Schäferstündchen.

  • Penelope schaute Anthimos mit hochgezogener Augenbraue kurz an, als er ihren Spitznamen so sehr betonte. Sie war dabei daran völlig unschuldig! Vor zwei Jahren war sie das erste Mal hier gewesen, und Kenamon konnte ihren Namen nicht aussprechen, ohne sich zu verhaspeln. Da hatte er ihn kurzerhand verkürzt, und sie hatte sich daran gewöhnt. Aber wenn Anthi ihn aussprach, gefiel er ihr irgendwie besser.
    Kenamon unterdessen lachte und brach einen Leib Brot in der Mitte auseinander. Er holte den hellen Teig heraus und griff nach seiner Schöpfkelle. In jedes ausgehölte Brot kam so ein Löffel des Topfinhaltes, großzügig geschnittene Fleischstücke und Zwiebeln und Gemüse. Die Kuh musste zwar ein mageres Vieh gewesen sein, aber dennoch sah das ganze in Penelopes Augen sehr appetitlich aus. Und sie hatte Hunger.
    Danach erhielten sie beide noch einen Holzbecher voll mit Bier, das zwar grässlich warm war, aber trotzdem trinkbar. Zu guter Letzt bekamen sie schließlich das Innenleben ihres Brotes noch oben auf ihre improvisierten Essensschalen.
    Penelope suchte sich mit Anthi ein Plätzchen zum Hinsetzen. Das Essen war gut warm, von daher wollte sie sich ohnehin nicht gleich die Finger verbrennen. Erst, als sie saßen, wandte sich Penelope wieder an ihn.
    "Dann mal hoffen, dass die Kuh auch schmeckt. Und dir gefällt wohl der Name, den Kenamon mir verpasst hat?"

  • "Klar. Er passt zu dir. Ist irgendwie süß!" Das "süß" ging in ein merkwürdiges Geräusch unter, denn er hatte bei seinem Hunger natürlich nicht gewartet bis sein Essen abgekühlt war und versuchte nun sich ein wenig Kühlung zu verschaffen. Als das nicht klappte nahm er schnell einen Schluck Bier. "Oh ist das heiß!" Meinte er mit einem treudoofen Gesichtsausdruck.

  • Erst schaute Penelope besorgt, dann musste sie lachen.
    "Du bist wohl immer so ungeduldig?" neckte sie ihn ein wenig. Sie selber nahm ein bisschen des Brotes und tunkte damit in den Eintopf, so dass ein bisschen der Soße daran hängen blieb und aß das langsam. Es schmeckte wirklich gut heute, und es war definitiv weder Hunde- noch Katzenfleisch, was schon mal ein großer Pluspunkt war.
    Dann wurde sie aber ein bisschen ernster, als ihr Blick über den Platz schweifte. Die Menschen hier waren ausgelassen und fröhlich, für den Moment. Aber nur ein paar Straßen weiter würde wieder Armut und Elend jegliche Freude überwiegen.
    "Und, was denkst du?"
    Mit einer Geste umfasste sie die ganze Umgebung.

  • "Geduld ist nicht eine meiner Stärken, da hast du wohl recht." Er tat es ihr gleich und aß nun doch deutlich langsamer. "Aber am ungeduldigsten bin ich bei dir und wenn ich Hunger habe." Grinste er breit.


    "Was ich von der Umgebung halte? Ich habe so etwas noch nie gesehen und es wird mir schwer fallen dich hier zu lassen. Hier ist es schön, aber da hinten sah es ganz anders aus. Ich fälle über niemanden ein Urteil, aber ich kann nicht verstehen wie man hier so Leben kann. Damit meine ich jetzt nicht arme Menschen wie du und dein Großvater, die sich in einer Notlage befinden. Aber hier gibt es viele junge und starke Männer die anpacken und sich nach oben arbeiten könnten oder zumindest dafür sorgen, dass hier Ordnung herrscht. Kenamon ist ein gutes Beispiel dafür, dass es funktionieren kann." Er hoffte sie nahm ihm seine ehrliche und nicht unbedingt bequeme Meinung nicht übel.

  • "Die meisten sind nicht freiwillig hier. Viele haben Familien, um die sie sich sorgen müssen, viele haben Schulden. Einige haben schlicht den Fehler, dass sie Ägypter sind. Die meisten versuchen, das beste daraus zu machen."
    Früher hatte Penelope auch eine sehr geringe Meinung von den Leuten in Rhakotis. Sie konnte nicht verstehen, dass ein intelligenter Mensch hier freiwillig leben wollte. Nach ihrer kindlichen Meinung waren die Leute hier selbst Schuld an ihrem Schicksal. Mittlerweile dachte sie da anders darüber. Die meisten hatten ihre Geschichten, und alle endeten damit, dass sie nun einmal arm waren und ihre Kinder daher nicht lesen lernen konnten, keine Philosophie studieren, kein ordentliches Handwerk lernen. Welcher Handwerker nahm schon einen Lehrburschen auf, wenn dieser das Lehrgeld nicht zahlen konnte?
    Aber sie machte Anthi keinen Vorwurf. Es war irgendwie süß, dass er sie nicht hier lassen wollte. Obwohl sie einige der Menschen hier sehr lieb gewonnen hatte, würde sie jederzeit wieder in ein richtiges Haus ziehen, das nicht drohte, zusammen zu brechen, vernünftige Kleidung tragen und sich nicht überlegen, ob das Fleisch im Teller nun Hund oder wirklich Rind ist.

  • "Ich verstehe, dass viele hier leben müssen. Aber warum sieht es hier so aus? Warum schaffen die Leute hier denn keine Ordnung? Sie sind arm und kämpfen alle gegeneinander. Und so geht es nicht! Das ist wie in einer Familie: Man muss sich unterstützen wenn es jemandem schlecht geht. Hier geht es den Leuten schlecht, aber anstatt sich gegenseitig zu helfen, schaden sie sich. Außerdem verstehe nicht, warum sie dann hier in der Stadt wohnen bleiben und nicht aufs Land gehen. Dort könnten sie als Bauern arbeiten."


    Ànthimos war in solchen Sachen fest in seinen Ansichten verwurzelt, und er wusste das. Aber das hieß nicht, dass er nicht trotzdem reflektierte.


    "Vielleicht fehlt mir ja auch einfach die Erfahrung mit solchen Dingen, aber das sind halt meine Ansichten. Wenn du mir aber sagst ich liege falsch, dann werde ich dir glauben. Ich vertraue deinem Urteil, denn du wirst es sicher besser wissen, schließlich hast du lange hier gelebt." Er lächelte entschuldigend. Dass sie so lange hier überlebt hatte, ließ seine Bewunderung für sie nur noch steigern. Viele Mädchen hätten sicher ihren Körper verkauft um hier überleben zu können, aber sie war noch Jungfrau...gewesen.

  • "Es gibt auch immer Menschen, die von der Not der anderen Leben. Das macht misstrauisch. Und es ist einfacher, etwas zu stehlen, als es zu erschaffen.
    Die meisten hier haben nie gelernt, etwas zu tun. Ich kann auch nur Kithara spielen. Selbst wenn Rom den meisten hier ein Stück Land geben würde, um es zu bebauen, woher sollten sie wissen, wie es geht? Die meisten leben seit Generationen in der Stadt. Und die Rhomäer würden auch niemals Land an Ägypter einfach so herschenken. Diese ganze Provinz gehört dem Imperator.
    "
    Das Fleisch und das Gemüse waren nun soweit abgekühlt, dass Penelope es essen konnte, ohne sich zu verbrennen. Sie aß aber nur wenig, sie hatte gar keinen so großen Hunger. Kenamon hatte ihr wieder eine „Männerportion“ gegeben, und dabei aß sie doch nur wie ein Spatz.
    "Du liegst nicht falsch. Du bist nur zu gut für das hier. Aber die Welt ist voller schlechter Menschen. Und das hier ist ein Ort, wo viele von diesen eben herrschen."
    Pelo war eigentlich schon satt, aber es war immer noch etwas übrig. Normalerweise brachte sie es Großvater dann mit, aber Anthi schaute so hungrig aus. "Magst du noch was? Kenamon gibt mir immer viel zu viel."

  • Anthi hatte Penelope aufmerksam zugehört und dabei seine ganze Portion bis auf den letzten Krümel verputzt hatte. Sie hatte wohl recht, auch wenn er ihr in einer Sache nicht zustimmen konnte: "Nur Kithara spielen? Schatz hör auf dich immer selber schlecht zu machen! Du bist eine großartige Künstlerin und dass du nicht in Geld schwimmst, liegt nur daran, dass die Leute hier Banausen sind! Sie geben ihr Geld für Opium und solche Sachen aus, dabei erzeugst du mit deinen Melodien einen viel schöneren Rausch."


    Irgendwie hatte er noch Hunger. Normalerweis aß er immer für zwei Personen und die Käsebrote von heute Mittag waren nun mal nicht besonders viel gewesen. So war er überaus dankbar, als ihm Penelope ihren Rest anbot.


    "Danke. Ich bin ein unverbesserlicher Vielfraß, ich weis. War ich aber schon immer. Aber von nichts kommt nichts. Bist du sicher dass du nichts mehr möchtest?" Sie ergänzten sich wirklich perfekt, sogar beim Essen. Er musste grinsen.

  • "Nein, iss ruhig, ich bin wirklich satt. Wenn ich nachher doch noch Hunger haben sollte, nasch ich vielleicht einfach noch ein bisschen an dir."
    Penelope schlug leicht die Beine übereinander und lauschte der Melodie der Flöten. Es war kein wirkliches Lied, was sie spielten, es war eine wilde Mischung aus den verschiedenen Richtungen. Ägyptische Rhythmen vermischten sich mit der griechischen Flöte, die von einem Nubier gespielt wurde, und heraus kam etwas wundervoll neues, das keine Grenzen zu haben schien. Wie Penelope dieses Improvisationstalent beneidete!
    "Naja, vielleicht finde ich ja bald Arbeit, auch wenn es heute nicht so ganz geklappt hat. Aber so eine große Künstlerin bin ich gar nicht. Ich spiele meistens nur nach, was andere geschrieben haben. Einfach so spielen können, wie diese drei dort am Feuer, das würde ich gerne können."
    Sie sah wieder zu Anthi und lächelte ihn verliebt an. "Aber dein Lied schreib ich dir noch. Vielleicht bin ich danach dann wirklich eine Künstlerin. Ich kann die Melodie schon fast hören. Auch wenn sie bestimmt nicht so wundervoll werden kann, wie du bist."

  • "Ach du kannst das auch, da bin ich mir sicher. Du denkst nur zu viel. Die spielen nach Gefühl und du spielst nach deinem Kopf, das ist alles. Die könten andererseits sicher nie im Leben so komplizierte Stücke wie du spielen."


    Er mochte es wenn man ihm schmeichelte, er war halt doch ein kleiner Narzisst. Und wenn sie es tat, war das etwas besonderes.


    "Auf mein Lied bin ich aber echt gespannt. Wobei wir ja heute zusammen schon sehr schöne Harmonien gespielt haben." Meinte er zweideutig. "Eigentlich müsstest du heute entspannt genug sein, um die drei da jetzt an die Wand zu spielen. Versuch es doch einfach mal."

  • "Wie? Jetzt?"
    Zweifelnd sah sie zwischen den Musikanten und Anthi hin und her. Er sah sie so stolz an, und sie hatte Angst, ihn zu enttäuschen. Wenn sie nun wirklich zu sehr mit dem Kopf spielte? Die großen Epen musste man voller Konzentration spielen, aber das hier kam mehr aus dem Bauch heraus. Sie wusste nicht, ob sie das wirklich konnte.
    Sie wollte ihn schon fragen, ob er sich sicher war, aber ein Blick in seine Augen reichte. Er strahlte soviel Zuversicht aus, dass Penelope ihn gar nicht fragen konnte. Natürlich war er sich sicher. Sie streckte also ihre Arme aus, dass er ihr Harmonia reichen konnte. Ein wenig zweifelte sie ja noch immer daran, dass sie das wirklich konnte.


    Die drei am Feuer hatten ihr Lied wohl gerade beendet und holten sich etwas zu Essen am Kessel ab. Einen Moment herrschte Stille, nur das Knacken des Holzes im Feuer war laut und das dicke Basslachen von Kenamon. Penelope schloss die Augen und ließ ihre Finger über Harmonia gleiten. Es war so schwer, den Kopf dabei auszuschalten. Aber sie wollte es für Anthi versuchen.
    Die ersten paar Töne klangen noch irgendwie falsch, viel zu hart. Harmonia schien geradezu zu jaulen ob der groben Behandlung. Doch dann wurden sie weicher und fließender. Eine kleine, hohe Melodie legte sich über die Grundakkorde, wie Vogelgesang. Penelope öffnete die Augen und sah Ánthimos an. Ihre Hände bewegten sich fast von allein, sie achtete nicht auf Takt oder richtige Tonabfolge. Sie versuchte, all das in Töne zu packen, was sie für ihn empfand. Wenn sie jemals jemand bitten würde, es noch einmal zu spielen, könnte sie es vermutlich nicht, denn sie ließ es einfach so aus ihrem Herzen direkt hinaus. Sie sah noch nicht einmal, ob irgendjemand anderes zuhörte.

  • Nachdem er ihr die Kithara gegeben hatte, fing sie an zu spielen.
    Er hatte es gewusst, sie konnte es! Am Anfang waren noch einige schiefe Töne dabei, aber schon nach kurzer Zeit spielte sie eine wunderschöne und spontane Melodie. Ànthimos war begeistert denn er konnte sich nicht erinnern je so etwas gehört zu haben. Als Penelope dann ihre Augen öffnete und ihn beim Spielen ansah, bekam er ein ganz warmes Gefühl im Magen. Ihr Blick sagte mehr als tausend Worte, und in diesem Moment war sie für ihn ein offenes Buch und ihm gefiehl was er da las. Hatte er sie wirklich dazu inspiriert? Das war sein Lied und es würde ihm für immer erhalten bleiben. Nicht die Töne und deren Abfolge sondern die Aussagen und Gefühle, die Pelo damit vermittelte. Was war sie doch für eine tolle Frau. Sie traute sich nur zu wenig zu, aber er würde das zu ändern wissen.

  • Irgendwann gingen Penelope die Töne aus. Es gab keine Töne, die auch nur annähernd das vermitteln konnten, was sie fühlte. Es gab noch nicht einmal Worte dafür. Die letzten Noten verklangen, und sie saß einfach nur da und schaute Ánthimos weiter an. Sie ertrug den Gedanken kaum, heute Nacht von ihm getrennt zu sein. Bei der Vorstellung, sich nachher von ihm verabschieden zu müssen, und sei es nur für einen Tag, zerriss ihr beinahe das Herz.
    Vorsichtig packte sie die Kithara wieder ein, während im Hintergrund wieder die Flöte erklang. Sie fühlte sich ein bisschen komisch. Ihre Musik, das war immer eins gewesen mit Penelopes Seele, und so hier jetzt zu spielen, das war, als hätte sie ganz Rhakotis ihre Seele offenbart, mit all ihren Gefühlen. Sie hätte nicht lauter ihre Liebe für Ánthimos hinausschreien können. Und das Gefühl war ungewohnt. Nicht unbedingt schlecht, aber neu.
    "Hat es dir gefallen?"
    Sie war sich noch ein wenig unsicher.

  • Er küsste sie. "Du hast das Lied für mich gespielt, das habe ich gespürt. Niemals hat mir jemand ein schöneres Geschenk gemacht...es war wunderschön. Du hast die Flötenspieler ja total an die Wand gespielt."


    Er schaute ihr in die Augen.
    "Ich werde dieses Lied nie vergessen und es immer bei mir tragen."

  • Als er sie küsste, vor aller Augen, hätte Penelope eigentlich zögern müssen. Aber sie fand es nur schön. Erst hinterher fingen ihre Gedanken wieder an, darüber nachzudenken, und sie hoffte, dass die Leute hier nichts an ihren Großvater weitertratschen würden. Wenn, dann wollte sie es ihm selber sagen, oder noch besser, Anthi sollte um sie richtig anhalten. Aber das könnte vielleicht noch dauern.
    "Gut, weil noch mal spielen kann ich es bestimmt nicht. Ich hab mir keine einzelne Note gemerkt."
    Verlegen lächelte sie ihren Mann an. Wenn ihr Großvater das hören würde, dass sie ein Lied ohne Noten gespielt hatte, und es sich dann nicht einmal gemerkt hatte, hätte er auch zu seinen besten Zeiten die Hände über dem Kopf zusammen geschlagen.

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