Atrium | Ein Hochzeitsgast

  • Der Ianitor hatte höchstpersönlich seine porta kurzfistig verlassen, um den Besucher ins Atrium zu führen.
    "Bitte nimm doch Platz!" Acanthus deutete auf einen Stuhl, der zum Inventar des Atrium gehörte und gerne von den wartenden Gästen genutzt wurde.
    Bevor der Ianitor wieder zur porta eilte, schickte er einen Sklavenjungen los, dominus Flavius Aristides von seinem Besuch in Kenntnis zu setzten.

  • „Still halten!“
    , murrte der alte Mann, der zu Füßen von Marcus stand und mit einer Nadel durch weißen Stoff stach.
    „Au, verdammt und zugenäht noch mal, meine Haut muß nicht mit an den Stoff, Mann!“
    Der ältere Sklave, deßen Haare wie eine weiße Wolke um sein Haupt zu schweben schien, sah mürrisch zu Marcus hinauf und verkniff sich einen giftigen Kommentar, einer von vielen, die er schon an dem Tag mit Marcus ausgetauscht hatte, seitdem er damit beschäftigt war, die toga, die Neue für die Hochzeit, fertig zu stellen. Sodenn klopfte es an der Tür und ein dunkler Schopf streckte sich durch die Türlücke.
    „Herr, ein Besucher ist für Dich eingetroffen, ein gewißer Iulius Sparsus aus Germania. Er wartet im atrium!“
    - „He...“
    , protestierte der Sklave zu den Füßen von Marcus, doch zu spät, Marcus hatte überrascht aufgeschaut als er die Worte vernahm und sofort das kleine Holzpodest verlaßen, auf dem er nun schon eine hora mehr oder weniger ruhig stand. Die Nadel wurde dem alten Mann entrissen und Marcus eilte schnellen Schrittes, mit halb umsäumter toga, den Gang entlang auf das atrium zu.


    „Sapperlot und Donnerwetter!“
    , gab Marcus von sich, als er Sparsus sah.
    „Und ich dachte schon, der Sklave wollte mir ein Streich spielen, aber Tatsache, optio Iulius Sparsus von der Secunda! Potzblitz, welch eine Freude!“
    Marcus' Grinsen war so breit wie die mürrische Miene des Sklaven, der hinter her eilte, finster war.
    „Herr, eure toga...“
    , brummte der Sklave im Rücken von Marcus, der sich nur schnell herum drehte und die toga von seinem Körper zog und den Haufen weißen Stoffes an den Sklaven weiter gab. Der wiederum wandte sich leise fluchend um und schnitt hinter Marcus' Rücken noch eine giftige Miene und zeigte zudem eine unflätige Geste, war dann jedoch im Gang verschwunden.


    „Sei mir gegrüßt, Sparsus!“
    Marcus streckte die Hand aus, um Sparsus Unterarm freundschaftlich zu umgreifen.
    „Schön, daß Du es nach Rom geschafft hast. Wie geht es Dir? War die Reise gut? Wie lange wirst Du denn in Rom bleiben dürfen?“

  • Erstaunlich welche Wirkung so ein Fetzen bei dem Richtigen hatte. Denn schon wurde er vom Ianitor ins Atrium geführt und ihm ein Stuhl angeboten. Noch etwas zu Essen und ein Wasserbecken zum Waschen dann sah die Sache schon wieder rosig aus. Aber es sollte nicht sein. Stattdessen wurde ihm sein ehemaliger Centurio gebracht. Auch gut, schoss es durch Sparsus Kopf und er stimmte bei Aristides‘ Grinsen automatisch mit ein. Als er dann noch kurz das Verhalten des Sklaven erblickte, breitete sich das Grinsen noch ein wenig. Die Zweite Centurie war, Sparsus‘ Meinung nach, damals um einiges disziplinierter gewesen.


    "Salve Dominus, es freut mich dich wieder zu sehen."


    Er ergriff den Unterarm des Flaviers und erwiderte den Gruß.


    "Och mir geht es gut und die Reise war … nun ja … öde. Wie lange Reisen allein nun mal so sind."


    Sparsus kam aus dem Grinsen kaum mehr heraus. Er war froh wieder mal in Rom zu sein.


    "Mein Praefectus Castorum hat mir für 14 Tage Urlaub gewährt. Das heißt, dass ich knapp 4 Tage in Rom verweilen darf.
    Und du? Hast du dir das mit der freiwilligen Sklaverei gut überlegt? Wie ergeht es dir überhaupt bei der Cohortes Urbane? Und wie geht es deinem Bein?"


    Fragte er zurück. Er konnte immer noch nicht ganz begreifen, wie man sich an eine Frau binden konnte, obwohl da draußen Schaaren herum wackelten. Und er hatte Fünf Tage lang auf dem Hinweg darüber gegrübelt. Naja Jedem das Seine, wie irgendeiner, der mehr Ahnung hatte als er, mal gesagt.

  • Breit grinsend schüttelte Marcus den Kopf, ja, der Sparsus, der hatte sich kaum verändert, auch mit jener Angewohnheit, die einstmal sicher bei Militär paßend war, aber nun nicht mehr.
    „Komm, Iulius, hör' auf mich dominus zu nennen. Ich bin nicht mehr Dein centurio!“
    Vierzehn Tage war zwar etwas knausrig dafür, daß Sparsus darin auch zwei lange und nicht immer ungefährliche Reisen zu tätigen hatte, aber besser als gar nichts; außerdem freute sich Marcus sehr, daß sein ehemaliger optio es zu der Hochzeit dadurch schaffen konnte.
    „Vier Tage? Besser das als gar nichts. Du bleibst natürlich in der villa Flavia als mein Gast, hm?“


    Mit einer Hand winkte Marcus einen Sklaven heran und verzog das Gesicht bei den letzten Fragen, halb gequält, halb grinsend wieder. Denn Sparsus traf damit genau einen empfindlichen Nerv, freilich hatte sich Epicharis als sonnig und liebreizend heraus gestellt, schön war sie ohnehin, aber Marcus spürte schon seit Tagen so ein flaues Gefühl im Magen, gepaart mit dem Verlangen, sich ein Pferd zu nehmen, ein paar Sesterzen und einfach zu verschwinden, weit weg in den Süden, irgendwo hin nach Ägypten, um all dem Ganzen zu entfliehen; sprich, Marcus hatte einen ordentlichen Bammel vor der Hochzeit.
    „Hm!“
    , grummelte er.
    „Gut überlegt hab' ich es mir bestimmt nicht!“
    , erwiderte er kopfschüttelnd.
    „Aber was soll' man schon machen, die Pflicht ruft! Und mein Bein...“
    Das Grinsen verschwand und Marcus nahm auf einen der Stühle Platz.
    „Könnte besser sein, ich werde deswegen auch den Dienst aufgeben müßen bei den CU....Hast Du Hunger, optio?“
    Marcus nickte dem Sklaven zu, der wohl verstand und davon eilte, um entsprechende Vorbereitungen zu treffen. Marcus selber griff nach einer silbernen Karaffe und goß etwas von einem verdünnten Wein in einen Becher, den er Sparsus weiter reichte.
    „Ich laß' Dir natürlich auch noch ein Zimmer richten. Möchtest Du vielleicht ein Bad nehmen oder kann man Dir sonst noch etwas Gutes tun?“

  • Es war Sparsus durchaus klar, das der Flavier nicht mehr sein Centurio war. Doch manchmal siegte halt die Gewohnheit. Vielleicht war es auch um der alten Zeiten willen. Aber egal.


    Gerne quartiere ich mich hier ein, wenn du ein Zimmer für mich erübrigen kannst.


    Mit der nächsten Frage hatte er anscheinend ins Schwarze getroffen. Die Pflicht ruft? Ach diese Patrizier. Letzten Endes waren sie in ihrer Lebensweise doch eingeschnittener als der normale Bürger. Aber verstehen konnte Sparsus ihn voll und ganz.


    Ach das wird schon werden mit der Ehe …. Im Notfall sperrst du sie im Keller ein. Da stört sie wenigstens nicht.


    Fügte Sparsus grinsend hinzu. Aristides würde das Ganze schon schaukeln. Wer Parthia überlebt hatte, hatte in der Ehe gute Chancen heil davon zu kommen. Dramatischer Hingegen war da Aristides‘ Bein.


    Den Dienst aufgeben? Für so schlimm hatte ich es nicht gehalten. Was gedenkst du danach zu tun? Du weißt ja, der Ruhestand ist die Haupttodesursache Nummer Eins… Und als einen Politiker kann ich dich mir nicht vorstellen. Sag bloß du willst in den Cultus Deorum eintreten


    Der Wechsel kam Sparsus sehr gelegen. Besonders, da sich schon ein Sklave aufmachte, ohne groß eine Antwort abzuwarten. Das gibt 10 von 10 Punkten für Service, schoss es Sparsus durch den Kopf.


    Essen klingt gut und Baden noch besser. Habt ihr hier etwa eure eigene Therme?


    Falls ja, dann kannte Sparsus Feldlager die schlechter ausgerüstet waren als die Villa der Flavier. Sowieso ein netter Bau


    Aber ansonsten bin ich dann erstmal versorgt, Aristides. Ich bräuchte nur erst einmal ein Zimmer, da mein Gepäck noch draußen bei meinem Pferd ist… Ach, und überhaupt, wann ist denn die Hochzeit genau?

  • Ein dunkles und amüsiertes Lächeln entschlüpfte Marcus auf die Erwiderung von Sparsus, seine Schultern zuckten marginal ; ach ja, bei seiner letzten Ehefrau und der Mutter seiner Kinder hatte er sich das oft gewünscht – sie in den Keller in Baiae zu sperren und wenigstens ein paar Stunden zu Hause seine Ruhe zu haben, aber da er das nicht konnte, hatte er sich eben immer in die Stadt verdrückt und war selten in der villa seiner Mutter zu der Zeit gewesen.
    „Den guten Rat werde ich mir merken, Sparsus!“
    Sich selber füllte Marcus ebenfalls einen Becher und trank einen tiefen Schluck, die Sache mit dem Dienst lastete ihn in diesen Tagen auch schon schwer auf dem Herzen. Erst da hatte er gemerkt, daß ihm der Dienst als Soldat doch viel bedeutet hatte, Marcus verzog das Gesicht zu einer leidenden Grimasse und zuckte mit der Schulter.
    „Es geht leider nicht anders, der medicus der CU will mich sonst dienstunfähig schreiben, sprich, entweder gebe ich den Dienst auf oder er erledigt das für mich. Aber den Gang zu unserem Präfektus habe ich noch nicht getan...dabei bleiben mir nicht mehr wenige Tage...naja...Politiker? Hm!“
    Erneut hörte man ein kurzes, etwas abgehacktes Lachen.
    Cultus Deorum, herrje, da hast Du Recht, das ist nichts für mich. Selbst wenn meine Familie das doch ganz anders sieht. Na, mal schaun, wird sich hoffentlich danach zeigen!“
    Ganz so optimitisch war Marcus nicht und das klang durchaus in seiner Stimme mit, doch ein schiefes Grinsen zeigte sich sofort wieder auf seinem Gesicht.
    „Aber natürlich haben wir eigene Thermen, Sparsus, das ist die villa Flavia!“
    Marcus lachte erneut und winkte einen anderen Sklaven herbei, der gerade seines Weges kam.
    „Sorge dafür, dass ein Zimmer für meinen Gast gerichtet, ebenso, daß sein Pferd versorgt wird, seine Sachen auf das Zimmer getragen werden und das Bad aufgefüllt wird, dann das Essen für den Abend!“
    Der Sklave nickte artig und tat was ihm befohlen wurde.
    „Die Hochzeit ist übermorgen, also bist Du gerade rechtzeitig eingetroffen! Ich würde vorschlagen, daß Du Dein Bad nehmen kannst, Dich schon einrichten und danach können wir gemeinsam die cena einnehmen, was meinst Du dazu?“
    Die man natürlich schon am frühen Nachmittag beginnen konnte.

  • Aristides Probleme mit seinem Bein hatten anscheinend schwerere Folgen als zu Beginn Angenommen. Erschreckend, was so eine Heugabel alles anrichten konnte. Und das mit dem Medicus war eine üble Sache. Natürlich, wenn er sagte Dienstuntauglich, dann war man Dienstuntauglich. Da half nichts. Sparsus nickte nur und ein Grinsen konnte er sich wieder nicht verkneifen. Jaja, Aristides als Priester wäre schon eine Schau und auch wenn die Meinung seiner Familie mehr in Richtung CD ging, so konnte es sich Sparsus doch nicht vorstellen. Wahrscheinlich würde Aristides als Sacerdos erst einmal Torwachen aufstellen und Übungsmärsche veranstalten lassen. Und spätestens dann, wäre er wieder draußen…


    Sparsus bemitleidete den armen Sklaven. Immerhin hatte er ja jetzt noch einiges vor. Doch zumindest war sich Sparsus sicher, dass er hier einige schöne Tage verbringen würde. Darauf genehmigte er sich erstmal einen Schluck aus dem gereichten Becher.


    "Sicher können wir dann die Cena zusammen einnehmen."


    Irgendwie war es komisch, mit seinem ehemaligen Centurio zu Abend zu essen. Im Feld, da war klar was zu tun und zu sagen war, aber jetzt im Privaten, da war alles … ungewohnt. Im Endeffekt wäre es Sparsus lieber, wenn er ihn weiterhin hätte Centurio nennen können. Da wäre wenigstens etwas beim Alten geblieben.

  • „Wunderbar!“
    , erwiderte Marcus und sah auf als der Sklave schon zurück eilte.
    „Herr, das Bad ist bereit!“
    , kündigte der Sklave an. Marcus sah zu Sparsus und nickte ihm zu.
    „Dann wird Dich der Sklave zum Bad führen und anschließend auf Dein Zimmer. Wenn Du bereit bist – laß' Dir ruhig Zeit-, können wir gerne zusammen sssen. Ich stelle mich derweil wieder der Tortur mit der toga! Die Zeit rennt schließlich davon und Du weißt ja wie Frauen sind, wenn etwas an so einem Tag nicht perfekt ist, muß ich mein ganzes Leben lang darunter leiden!“
    Marcus grinste breit und erhob sich. Der Sklave verbeugte sich tief und ging voraus in einen der Gänge, um Sparsus das flavische Bad zu zeigen, in dessen Becken warmes Wasser sprudelte und das mit bunten Fresken und farbigen Mosaikböden bedeckt waren, Duftöle luden zum Entspannen ein und der Sklave brachte nicht nur Wein, sondern halft natürlich auch bei allem, was Sparsus wünschte und brauchte. Auch das Gästezimmer – mit Blick auf den flavischen Rosengarten und den Fischteich – war schon her gerichtet. Ein breites Bett lud ein, eine tönerne Schüssel für die morgendliche Gesichtswäsche, und allerlei kleinere Komfortdinge, die man sich so in so einem patrizischen Gästezimmer eben vorstellte und auch fand.

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