Officium Proconsularis | Marcus Vinicius Hungaricus

  • Das erste, was er an diesem Tag anordnete war - außer die nur mehr wenigen persönlichen Sachen des vorigen Amtsinhabers von diesem Officium zum Senator zu schicken - die Aufstellung einer ordentlichen Kanne Wein (natürlich gemischt) mit dazugehörigem Becher und ein paar Happen zu essen.


    Das zweite war, dem Comes Fabius Rusticus ausrichten zu lassen, daß der Proconsul ein Gespräch mit ihm zu führen wünschte.

  • Herein! sprach der neue Proconsul laut. Ah, der Comes Fabius. Sehr gut. Setz dich. sagte er, als der Comes hereinkam und wies ihm mit der Hand die Sitzgelegenheit direkt vor seinem Schreibtisch zu. Und nimm dir ruhig etwas zu trinken. Ich denke, das hier wird länger dauern.


    Er raschelte noch etwas mit seinen Papieren auf dem Schreibtisch herum, legte sie aber dann beiseite. Gut, gehen wir gleich in medias res. Du hast bei deiner Ankunft gesagt, daß der Senator Flavius Furianus durch seine Krankheit sehr stark eingeschränkt in seiner Amtsfähigkeit war. Berichte mir genaueres.

  • >Salve, Proconsul.<


    begrüßte Rusticus den neuen Proconsul und setzte sich. Da er keinen Durst hatte bediente er sich nicht bei den Getränken. Er bezweifelte außerdem, dass der Proconsul Posca hatte.


    >Nun es ist schon einige Monate her da erkrankte der Proconsul schwer. Ich glaube es war etwas mit Husten und einem Riss in der Lufröhre, aber das weiß sein Medicus sicher besser als ich. Es war kurz nach der Ankunft des neuen Quaestors. Diesem Annaeer. Da er zu krank war, machte er den Annaeer zu seinem Stellvertreter und übergab ihm die Amtsgeschäfte. Der Senat hat das später auch beschäftigt. Vor kurzem ging es ihm wieder etwas besser und ich habe auch ein Gespräch mit ihm geführt, aber mittlerweile scheint sich sein Gesundheitszutstand wieder verschlechtert zu haben. Ich schätze seit Beginn der Krankheit hat der die Villa nicht mehr verlassen. Und er hat wenn überhaupt nur über einen Mittelsmann Anweisungen überbracht.<

  • Der genaue Krankheitsverlauf des Flavius tangierte Hungi nur peripher, und über die Einsetzung des Quästor zum Stellvertreter war er natürlich unterrichtet, hatte er das doch schon im Senat gehört. Annaeus Modestus, richtig? Ich entsinne mich. sprach er wie nebenbei, ohne jeglichen inneren Zwang, dieses Thema weiter ausführen zu wollen.


    Gut, dann bring mich auf den neuesten Stand. Politische Verhältnisse, Wirtschaft, Kriminalität, gesellschaftliches Leben, Zustand des Cultus Deorum, kurz alles. Fang am besten bei der Curia Provincialis an.

  • >Wie du wünscht, Proconsul.<


    sagte Rusticus und musste einen Moment lang überlegen womit er anfangen sollte.


    >Vor kurzem wurde erst ein neuer Vorstand gewählt. Ich bin zum Princeps Curiae gewählt worden und der Duumvir von Tarraco ist mein Stellvertreter. Doch bisher gab es noch keine großen Debatten oder wichtige Anträge. Was die sonstige Politik in Hispania betrifft fällt mir nur ein, dass noch einige Beförderungen ausstehen. Wirtschaftlich geht es Hispania soweit wieder gut nach der desaströsen Rebellion. Die Kriminalität ist auf einem normalen Niveau und sie wird meist erfolgreich bekämpft, aber ganz ausrotten lässt sie sich nicht. Vor kurzem wurde erst eine ganze Bande von Schutzgelderpressern zerschlagen, aber ich warte im Moment noch auf einen genauen Bericht des zuständigen Magistratus. In denn nächsten Tagen ist in Tarraco noch ein Stadtfest geplant, denn es wird eine Bronzestatue zu Ehren des verstorbenen Augustus Iulianus aufgestellt werden. Der Cultus Deorum ist leider unterbesetzt, aber bemüht sich dennoch seiner Aufgabe gerecht zu werden.<

  • Bona Dea, das war ein knapper Bericht. Hungi fühlte sich danach nur unwesentlich informierter als vorher.


    Welcher Duumvir ist dein Stellvertreter? Wer ist sonst noch in diesem Gremium vertreten? Wer gehört eher der konservativen Strömung an, wer ist deutlich liberaler? Was für Beförderungen stehen noch aus? Was war der nächste Punkt? Ahja, die Wirtschaft. Wie sieht das Budget der Provinz derzeit aus? Die Kriminalität sparte er aus, das war ohnehin ein Punkt, der gesondert diskutiert werden musste. Und wann soll dieses Stadtfest sein?

  • >Der Duumvir von Tarraco Marcus Artorius Didianus Nero. Weitere namhafte Sodalis sind Manius Valerius Pandus, der Magistratus Lucius Germanicus Matrinius, Paullus Seius Rullus, Aulus Patuleius Cilnianus Carbo, der Procurator Aquarum Gaius Didius Sevycius und Servilius Valerius Celsus. Die beiden Valerier sind Brüder und sind wohl die Köpfe der Konservativen und der wenigen Patrizier hier in Hispania. Patuleius Cilnianus und Seius Rullus führen die Abteilung der Plebejer an und sind weitaus liberaler als die Valerier und ihr Gefolge.<


    erkärte Rusticus nun sehr ausführlich.


    >Mit den Finanzen der Provinz bin ich nicht sehr vertraut, denn das ist eher das Metier des Procurators, aber laut dem letzten Finanzbericht hatte Hispania Einnahmen von etwa anderthalb Millionen Sesterzen und Ausgaben von einer Million Sesterzen. Und eine halbe Million müsste noch in der Kasse sein, aber das solltest du wirklich mit dem Procurator besprechen.<


    sagte er nachdem er kurz überlegen musste.


    >Das Stadtfest findet in drei Tagen stadt.<

  • Na also, das hörte sich schon viel besser an. Valerius... Patuleius und Seius... gut. wiederholte er leise, um sich die Namen zu merken. Wann waren eigentlich die letzten Wahlen zur Curia? fragte er, bevor er es vergaß. In Gedanken notierte er sich auch seinen Vorsatz, sich das entsprechende Gesetz einmal zu Gemüte zu führen.


    Dann werde ich mit dem Procurator über die Finanzen der Provinz sprechen. Kommen wir zur Regio. Was gibt es hier zu berichten?

  • >Das müsste ich ihm Archiv nachschlagen. Die letzten Sodalis wurden allesamt vom deinem Vorgänger ernannt.<


    erklärte Rusticus und überlegte ob es erwähnenswerte Vorkommnisse in seiner Regio gegeben hatte.


    >Nun es gab in Locus Augusti einige Probleme mit den dortigen Wahlen. Ein Kandidat für das Amt des Duumvir, der die Wahl verloren hatte, bezichtete den neuen Duumvir der Wahlfälschung. Ich habe mich selbst um die Angelgenheit gekümmert und es stellte sich heraus, dass die Anschuldigungen haltlos waren.<


    erzählte er und erinnerte sich noch gut an seine Reise zu der Stadt, die auf der anderen Seite der Provinz lag.


    >Ansonsten läuft alles alles in geordneten Bahnen. Es stehen ein paar Beförderungen an, die du durchführen solltest. Marcus Artorius Didianus Nero wäre ein fähiger neuer Magister Scriniorum.<


    sagte Rusticus und kam nun zu dem Punkt, der ihn schon seit dem Gespräch mit dem Reporter nicht mehr aus dem Kopf ging.


    >Davon abgesehen möchte ich dich darüber informiere, dass ich in etwa zwei Wochen meine öffentlichen Ämter niederlegen werde.<

  • Ah, es wurden gar keine Wahlen abgehalten? Interessant... Das war es tatsächlich, denn eigentlich sollten ja Wahlen abgehalten werden. Oder etwa nicht? Es war doch ziemlich vonnöten, dieses Gesetz sich einmal anzuschauen.


    Welche Beförderungen ich durchführen werde, werden wir noch sehen. übersprang Hungi den Punkt und widmete sich eher dem nächsten bzw. letzten Satz, den der Comes gerade von sich gegeben hat. In zwei Wochen schon? Gibt es einen speziellen Grund?

  • >Ein Unglücksfall in der Familie. Mein Onkel ist gestorben und ich muss seine letzten Angelegenheiten regeln, denn er hatte keine Kinder. Und danach werde ich wohl das Familiengeschäft übernehmen.<


    log Rusticus dem Proconsul ins Gesicht. Der Proconsul wusste vermutlich noch nichts von den Schnüfflern der Acta Diurna und sobald herauskommen würde, wonach dieser Caius Columnus suchte, wollte Rusticus nicht mehr in Hispania sein. Dass es weder einen toten Onkel in Britannia noch ein Familiengeschäft gab, musste der Proconsul ja nicht wissen. Genausowenig, dass sein Ziel die Provinz Thracia war.

  • Im Grunde genommen hätte der Fabier vor ihm erzählen können, daß Bacchus persönlich ihm im Traum erschienen ist und ihm aufgetragen hätte, er solle einen Kult bei den Parthern etablieren. Es wäre Hungi ebenso gleich gewesen. Die zwei Wochen Frist störten ihn schon eher.


    Das tut mir leid. sagte er, was weder die Wahrheit noch eine Lüge war, denn es war ihm schlichtweg egal. In solchen Fällen versteh ich deine Amtsniederlegung. Das hingegen war tatsächlich gelogen, er verstand es nicht. Denn wofür gab es sonst Sklaven, die einen Betrieb übernehmen konnten? Es wird schwer werden, einen Ersatz zu finden. Schon alleine deswegen, weil er die Leute in der Verwaltung nicht kannte, aber wenn sich der Fabius von diesem Satz ein gutes Gefühl holen wollte, so hatte der Proconsul auch nichts dagegen.

  • >Ich danke dir für deine Anteilnahme. Aber ich bin mir sicher, dass du einen Ersatz finden wirst. Gibt es noch etwas, wofür du mich brauchst?<


    fragte Rusticus nachdem er etwas betrübt zum Boden gesehen hatte, als der Proconsul ihm sein Beileid ausgesprochen hatte.

  • In der Tat. begann der Proconsul, denn er dachte beileibe nicht daran, die nächsten zwei Wochen zum bezahlten Urlaub für den Comes zu machen. Wo kommen wir denn dahin.


    Ich möchte Berichte über alles, was in der Regioverwaltung so passiert ist. Erneuerung der Straßenabschnitte, Einhebung der Steuern, Milizeinsätze, Katastrophen, Etablierung von Handelsrouten, Betriebe und Wirtschaft... schlicht alles, was in euer Ressort fällt. Ein 'und das bis gestern' dachte er sich in Gedanken dazu. Ich bin mir sicher, du kannst die Aufsetzung der Berichte in der dir verbleibenden Zeit als Comes ohne Qualitätsverlust beaufsichtigen.

  • In Ordnung, dann an die Arbeit. Ja, der Militärmensch in ihm war noch nicht ganz herausgetrieben. Ich erwarte dann die Berichte. Dokumentiere auch die Arbeit, die du nicht mehr erledigen kannst, damit dein Nachfolger nichts wichtiges vergisst. Wobei er noch keine Ahnung hatte, wo er den Nachfolger hernehmen sollte. In der kurzen Zeit von zwei Wochen die möglichen Kandidaten begutachten... solche Situationen "liebte" er.

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