Officium Proconsularis | Marcus Vinicius Hungaricus

  • Einer der großen Vorteile, wenn man ein gewisses Vermögen hatte, war, daß man sich einen Sklaven halten konnte, dem man Briefe diktierte, die dieser dann hübsch ins Reine übertrug und die man dann in weiterer Folge nur mehr Siegeln und/oder unterschreiben mußte. Einer der großen Vorteile als Innehaber einer hohen Position war, daß man nicht einmal einen Sklaven haben mußte, sondern ein Scriba sozusagen von Amts wegen bereit gestellt wurde. Hungi hielt sich trotzdem an seinen Scriba-Sklaven. Da wußte er schon, was er an dem hatte.


    Also? Was steht heute an Korrespondenz an?
    "Eine Antwort an Aurelius Corvinus, eine Antwort an Tiberius Durus wegen der Factio-Versammlung und dann hätten wir noch die zwei aufgeschobenen Briefe."
    Gut. Fangen wir mit dem an Durus an.
    Und so begann Hungi mit seinem Diktat.


    An Durus, Villa Tiberia, Roma


    Salve mein Klient,


    vor wenigen Tagen erreichte mich dein Brief bezüglich der Factio-Versammlung. Wie du dir sicher denken kannst, ist es mir leider nicht möglich, bei dieser Versammlung zu erscheinen. Dennoch bin ich begierig zu hören erfahren, welche Beschlüsse in der Versammlung getroffen wurden. Ich hoffe, daß du mir bald in Rom selbst davon berichten kannst, denn bald werde ich hier ja vermutlich abgelöst. Ein entsprechender Brief an den Consul habe ich schon abgeschickt, ich nehme daher an, daß meine Causa dieses Thema im Senat behandelt wird.


    Mögen die Götter weiterhin auf unserer Seite wandeln.


    M. Vinicius Hungaricus
    Siegel


    Keine rhetorische Meisterleistung, aber ich kandidiere ja auch nicht für ein Amt. sagte Hungi, als er sich den Inhalt des Briefes vorlesen ließ, zur Kontrolle. Dann den nächsten Brief.


    An Corvinus, Villa Aurelia, Roma


    Salve mein Klient,


    viel Freude hat mir die Nachricht von deiner Hochzeit bereitet. Leider war es mir nicht möglich, persönlich zu erscheinen, ich bin mir jedoch sicher, daß es ein rauschendes Fest war. Als kleine Entschädigung erlaube ich mir die Übersendung von zwei Geschenken, ich hoffe denke, sie werden euch dir und deiner Frau viel Freude bereiten.


    Mögen die Götter euch beiden auf eurem weiteren Lebensweg beistehen.


    M. Vinicius Hungaricus
    Siegel


    Auch diesen Brief ließ er sich vorlesen. Auf einem Schiff eine Hochzeit feiern... schon fast dekadent.
    "Welche Geschenke sollen mitgesandt werden?"
    Hm. Was schenkt man einem patrizischen Senator, der ohnehin alles hat?
    "Einen Siegelring vielleicht?"
    Dummkopf. Hat er doch schon.
    "Vielleicht eine Sänfte?"
    Wenn du keine guten Ideen hast, dann halt deinen Mund.
    "Das übliche?"
    Wird wohl am besten sein. Such was schönes aus. Aber um Iuno's Willen keine nautischen Symbole oder floralen Schwachsinn drauf. Es soll zumindest den Anschein haben, als hätte ich mir das ausgesucht.
    "Ja, Herr. Die anderen zwei Briefe?"
    Verschieben wir. Das hat Zeit.

  • Auch wenn er noch keine Nachricht vom Senat erhalten hatte, Hungi war sich sicher, daß seine Abberufung bald erfolgte. Daher war in den letzten Tagen ein reges Kommen und Gehen zu beobachten. Berichte sollten geschrieben werden, Papyri sortiert und Texte der Wachstafeln ins Reine übertragen. Hungi war in den letzten Tagen nur sporadisch im Officium und überwachte ein wenig das Treiben und gab hier und dort ein paar Anweisungen.


    An seinem letzten Tag als Proconsul kam er noch ein letztes Mal ins Officium, verteilte noch ein paar kleinere Geschenke unter den höchsten Beamten, meist pekuniärer Natur, dann liess er die restlichen Kleinigkeiten einpacken und verließ das Officium.

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