Ànthimos' Training

  • "Da hast du recht. Ich bin auch immer froh, wenn ich aus der Schreibstube rauskomme und mich hier entspannen kann."


    Er überlegte.


    "Aber so ein paar Wochen vor einem Wettkampf kann ich mich dann beim Sport nicht mehr entspannen, da fängt mich dann der Ehrgeiz. Aber das ist auch kein Problem, denn ich habe herausgefunden, dass ich mich beim Zeichnen sehr gut entspannen kann. Wenn ich genug Geld habe, werde ich mir vielleicht sogar einen Laden mieten und meine Bilder verkaufen. Allerdings kann das noch eine Weile dauern, denn noch habe ich hier gar keine Bilder die ich verkaufen könnte. Die sind alle noch in Memphis." Erzählte er und ergänzte in Gedanken "zumindest die Asche meiner Bilder ist dort".

  • "Du kannst gut zeichnen? Muss ich mir merken, vielleicht möchte ich mal ein Bild. Ich bin zwar ein ziemlich schlechter Zeichner, aber dafür spile recht gut Flöte. Bambusflöte. Noch lieber habe ich zwar die Guqin gespielt, aber leider konnte ich das Instrument nicht auf meine Reise mitnehmen. Wahrscheinlich wäre sie kaputt gegangen. Aber..." Ich nahm wieder einen Speer und bereitete ihn auf den Wurf vor, während ich weiter sprach. "Am liebsten habe ich Kommentare zu philosophischen Texten geschrieben. Oder mit anderen Beamten philosophiert."


    Ich nahm den Speer und schleuderte ihn weg. Knapp neben meinem ersten Speer schlug auch der ein.

  • "Guter Wurf." Meinte er anerkennend.


    "Klar, wenn du ein Bild brauchst kannst du jederzeit zu mir kommen. Sag mal, wird die Musil im Museion auch gefördert? Ich kenne da eine ausgezeichnete Kitharaspielerin, die Arbeit sucht. Ich bewundere die Musik sehr, auch wenn ich da leider völlig talentfrei bin."

  • "Wenn ich mich nicht allzu sehr irre, ist Aoide die Msue der Musik und das Museion ist ein Tempel der Musen. Also, auch wenn ich mich damit noch nicht beschäftigt habe, denke ich doch, dass Musik am Museion gefördert wird. Und wenn die Kitharaspielerin wirklich gut ist, dann wird sie ganz sicher gefördert. Sie wird wahrscheinlich etwas vorspielen müssen, aber das dürfte dann ja kein Problem sein. Ich würde ihr raten, es einfach mal zu versuchen. Da mir kein Lehrer für Musik am Museion bekannt ist, würde ich ihr raten, direkt beim Epistratos vorzusprechen. Ich bin lider kein Lehrer am Museion, deshalb bin ich wahrscheinlich keine große Hilfe. Als Fürsprecher stehe ich aber auf jeden Fall zur Verfügung."

  • "Super, ich werd das so mal weitergeben. Da wird sie sich sicher freuen."


    Dann wurde er aber doch etwas neugierig.


    "Wie lange hast du denn vor im Museion zu bleiben? Ich meine du wirst doch auch irgendwann eine Familie gründen wollen, oder? Und ich denke im Museion wird es nicht allzu viele Frauen geben." Dann fiel der Groschen: Vielleicht mochte er ja auch gar keine Frauen...das sagte man ja vielen Griechen nach.

  • "Ich war bereits verheiratet. Sie starb bei der Geburt meines Sohnes. Er starb kurz darauf. Seitdem lebe ich enthaltsam." Es war eine ganz objektive Aussage. Keinerlei Emotion lag in meiner Stimme.

  • Ànthimos war geschockt. Kein Wunder, dass er sich einer Lehre angeschlossen hatte, die Gleichgültigkeit propagierte.


    "Oh, das tut mir leid...ich...ich..." stammelte er betreten und wusste dann nicht, was er sagen sollte.

  • "Das konntest du nicht wissen," sagte ich mit einem gütigen Lächeln.


    "Deine Frage habe ich aber noch nicht beantwortet. Ich werde so lange im Museion bleiben, bis ich die Schriften aus Indien und aus Han übersetzt habe. Danach werde ich sehen, wo ich den Menschen am besten helfen kann. Mal sehen, vielleicht werde ich mir auch etwas Geld verdienen, um mir ein kleines Kloster zu bauen. Aber eigentlich bedeutet mir Besitz nicht allzu viel. Zu schnell kann man alles verlieren, selbst das Leben." Merkwürdigerweise war keine Spur von Traurigkeit in meinen Worten, obwohl ich recht nachdenklich war.

  • Anthi empfand Mitleid mit seinem Gegenüber. Den Gedanken wenn Penelope etwas passieren würde, wollte er besser gar nicht weiterdenken. Ein anderes Thema musste her!


    "Was ist dieses Han eigentlich? Sehen die Menschen dort ebenso aus, wie in Indien? Und ist dort die Welt dann zu Ende? ich dachte immer weiter als Indien geht gar nicht."

  • "Die Menschen sehen dort fast so aus, wie in Indien. Nur, dass ihre Augen leicht schräg stehen und mehr mandelförmig sind, also, wie soll ich sagen... muss man gesehen haben. Das Land selbst ist ein großes Reich, vermutlich so groß wie Rom. Nördlich von Indien und östlich von Baktrien sind sehr hohe Berge. Dahinter ist Han. Eigentlich heißt es Ch'in, aber die Menschen nennen es nach der Herkunft der jetzigen Dynastie lieber Han. Das liegt daran, dass die Kaiser aus Ch'in, die das Reich vereinigt haben, sehr hart geherrscht haben. Selbst Philosophie hatten sie verboten, weil nur die Gesetze den Menschen den rechten Weg weisen sollten und die Strafen waren sehr hart. Deshalb versucht man, diese Zeit zu vergessen. Das Reich erstreckt sich von den Bergen bis zu einem Meer im Osten, aber bis dahin bin ich noch nie gekommen. Das Meer muss dann aber das Ende der Welt sein. Der Weg nach Han ist unglaublich beschwerlich, der Rückweg auch, aber dafür kommt aus Han die Seide. Alle Beamten, selbst die niedersten, haben eine Festtagsrobe aus Seide. Das Land ist unglaublich reich und hat eine hochstehende Philosophie, Wissenschaft und Kriegskunst. Sie kennen sogar so etwas wie Theater, aber das kommt nicht an unsere Theater heran. Es hat mir dort gefallen. Wenn ich doch nur zeichnen könnte, dann könnte ich dir ja zeigen, wie es da aussieht." Ich lächelte seltsam glücklich, während ich erzählte.

  • "Vielleicht solltest du nicht nur irgendwelche Texte übersetzen, sondern die Geschichte deiner Reise und deine Eindrücke aufschreiben. Also ich würde das sehr gerne lesen. Wobei es natürlich interessanter ist von dir erzählt zu bekommen."


    Die Menschen mussten dort ja auch komisch aussehen. Momentan stellte Anthi sich ein Volk von schielenden Zwergen vor. Aber wenn sie den Griechen und Rhomäern so überlegen waren, wie konten sie nicht einmal richtiges Theater haben, und wie war Marcus Achilleos dort so schnell in eine Beamtenlaufbahn gekommen? Aber wenigstens war nun geklärt wo das Ende der Welt war.

  • Ich grinste amüsiert. "Seltsam, das hat mir neulich schon mal jemand geraten. Allerdings bleibt meine Antwort die gleiche: Ich bin ein ziemlich schlechter Schriftsteller. Insofern halte ich es für eine schlechte Idee, die meisten Leser würden vermutlich beim Lesen einschlafen."

  • "Ach Leute die schreiben können gibt es doch genug. Such dir jemanden der für dich schreibt, und erzähle ihm deine Geschichte. Ich bin sicher, dass könnte interessant werden. Vor allem auch fürs Museion. Ich denke nicht, dass es schon viele Reiseberichte zu diesem Han gibt."


    Dann hatte er aber noch eine Frage.


    "Wie bist du denn auf die Idee gekommen überhaupt dorthin zu gehen? Ich meine die bekannte Welt ist doch auch schon groß genug. Es muss doch sehr gefährlich sein, alleine in ein fremdes Land zu gehen, weit weg von daheim, und ohne die Sprache dort zu kennen."

  • Ich lachte herzlich.


    "Die bekannte Welt ist eben - bekannt! Ich wollte aber an einen Ort, den ich nicht kenne. Germanien war zu kalt, die Skythen waren mir zu seltsam und der Süden war mir zu heiß. Also blieb nur noch der Osten. Abgesehen davon hatte ich ja eine Ahnung, dass da noch so viel Land sein würde. Ich hatte damals auch nicht damit gerechnet, dass die ganze Reise 17 Jahre dauern würde. Sonst hätte ich es mir wahrscheinlich nochmal überlegt. Aber ich war 15 Jahre alt und furchtbar neugierig."

  • "Du warst 17 Jahre unterwegs? SIEBZEHN? Das ist ja eine furchtbar lange Zeit. Hast du da nicht großes Heimweh bekommen? Ich meine ich bin jetzt fast 19 Jahre alt und da erscheint mir diese Zeitspanne fast unglaublich lang."


    Wenn er so lange unterwegs war, musste dieses Han ja fast unendlich weit weg sein.

  • "Naja, die Hinreise hat nur zwei Jahre gedauert. Und bei der Rückreise verbrachte ich drei Jahre in Indien, also war ich knapp 11 Jahre in Han," präzisoerte ich meine Aussage. "Heimweh hatte ich nur am Anfang, danach wurde Han zu meiner neuen Heimat. Mehr oder weniger. Inzwischen würde ich sagen, dass die ganze Welt meine Heimat ist."

  • "Du musst ein sehr ruheloser Mensch sein. Möchtest du denn hier in Alexandria bleiben, oder hast du schon die nächste Reise geplant?"


    Anthi konnte sich nicht voratellen so zu leben. Er brauchte einen Anker, denn einfach so ziellos und alleine dahin zu treiben wäre nichts für ihn gewesen. Er brauchte seine Familie und jetzt auch seine Frau. Aber Marcus Achilleos hatte das alles verloren...armer Kerl.

  • "Bei Gelegenheit werde ich nach Athen, Tarraco und Rom reisen. Dort hoffe ich, Informationen zu finden und mich mit meiner Familie auszusprechen. Vor allem meinem Großvater möchte ich verzeihen. Von Angesicht zu Angesicht, nicht in einem Brief. Und danach... mal sehen."


    Ich zuckte mit den Schultern.


    "Alexandria ist schön. Auch wenn es mir eigentlich etwas zu heiß ist. Dennoch, hier könnte ich es aushalten. Vielleicht kehre ich auch irgendwann nach Han zurück. Aber ich plane nicht mehr allzu weit in die Zukunft. Jedesmal, wenn ich das gemacht habe, haben mir die Götter, vor allem die Moiren Knüppel zwischen die Beine geworfen und Leid zugefügt. Nur Athene hat mich immer beschützt. Sie war immer für mich da."

  • "Die Wege der Götter sind unergründlich. Du Armer, man könnte meinen du wärst ein zweiter Odysseus." Er musste grinsen, denn das seine Freundin Penelope hieß, machte den vergleich mit Odysseus irgendwie lustig.

  • "Ich bin nicht arm," sagte ich mit einem seltsam verklärten Blick. "Ich bin reich. Reich an Wissen."


    Dann musste ich auch grinsen. "Der Vergleich mit Odysseus ist irgendwie witzig. Der wurde auch von Athene beschützt. Allerdings kann ich kein Schiff steuern. Und ganz so listig wie Odysseus bin ich auch nicht - noch nicht."

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