Inhapy - Hebamme und Freizeitseelsorger

  • Man sah noch nicht einmal was. Penelope fühlte noch nicht einmal etwas von dem Kind, und Ánthimos sah so aus, als wolle er gleich losgehen, sich ein paar Bretter schnappen und daraus eine Wiege zimmern. Penelope musste lächeln.
    "Da musst du dich aber noch eine ganze Weile gedulden. 35 Wochen ist eine lange Zeit. Über ein halbes Jahr."
    Viel Zeit, um alles vorzubereiten, und doch so wenig Zeit. Sie würden in dieser Zeit heiraten, sie würden sich vielleicht eine größere Wohnung suchen, oder auch nicht. Vielleicht würde Großvater zu ihnen ziehen. Viele Dinge, die noch in der Schwebe waren.

  • "Das mag lange klingen, aber ich bin sicher es geht ganz schnell. Wir sollten schon einmal anfangen uns Namen für unsere Tochter zu überlegen.Das ist wichtig und je schneller sie einen Namen hat, desto schneller gehört sie auch richtig zur Famile."



    Anthi war so glücklich. Es lagen wunderbare Monate vor ihm und er freute sich darauf.

  • "Aber das bringt Unglück."
    Penelope fuhr sich auf einmal sanft über den Bauch. Kinder erhielten ihren Namen erst drei Tage, nachdem sie geboren waren. Mindestens. Davor schon einen bestimmen brachte Unglück, denn wenn man einen Namen hatte, konnten böse Zauber auf einen wirken. Nicht, dass sie Angst hatte, jemand würde einen solchen gegen sie oder das Kind wirken, aber man musste es ja nicht heraufbeschwören.
    Und natürlich gab es sehr viel, was passieren konnte. Wenn das Kind schon einen Namen hatte und sie es dann noch verlor, wäre der Schmerz doppelt schlimm. Dann hätte sie nicht nur ein Kind verloren, sondern eine Person mit Namen. Selbst wenn Kinder auf der Welt waren, konnte soviel passieren. Hier in Rhakotis starb jedes fünfte Kind, bevor es zehn Jahre alt war. Und Penelope hatte da zu viele Geschichten mitbekommen, um das Ganze sorgenfrei zu betrachten.

  • "Ach wirklich? Dann sollten wir das natürlich unterlassen. Aber ich hab noch eine andere gute Idee: Weißt du ob es in Alexandria einen Tempel der Bastet gibt? Soweit ich weis ist sie nämlich die ägyptische Schutzgottheit der Schwangeren. Und dann müssen wir natürlich auch noch Hera opfern. Dann dürften wir da ziemlich auf der sicheren Seite sein."


    Er war sich gar nicht bewusst, das es unglück bringen sollte Kinder zu früh zu benennen. Nun wollte er davon natürlich nichts mehr wissen!

  • "Bastet?"
    Penelope musste jetzt doch ein wenig lachen. Ánthimos schien dieses Kind wirklich sehr zu wollen, wenn er sogar den ägyptischen Göttern gleich mit opfern wollte.
    "Das weiß ich nicht sicher. Auch nicht, ob sie dafür zuständig ist. Inhapy hat jede Menge Statuen von Nilpferden bei sich in der Wohnung dafür. Ich dachte, Bastet sei die Katze? Aber ich muss ehrlich sagen, ich weiß es nicht. Aber wir können ja mal rumfragen. Wenn es so einen Tempel gibt, ist er sicher hier irgendwo in Rhakotis. Hier sind ja sehr viele Ägypter."
    Penelope hatte sich noch nie sehr viel aus den ägyptischen Göttern gemacht. Außer natürlich Isis und Serapis, die beiden konnte kein Grieche in Alexandria völlig außer acht lassen. Aber mit den hundert tiergesichtigen, kleinen Göttern und Göttinnen hatte sie sich so genau nie befasst. Auch wenn sie diese selbstverständlich nicht verärgern wollte.
    "Wir könnten auch mal schauen, ob es einen Schutzzauber gibt, den man kaufen könnte. Ich weiß, Bernstein ist wahrscheinlich zu teuer, aber er ist ja auch ein sehr mächtiger Schutz. Vielleicht finden wir etwas ähnliches?"

  • "Ja genau, das ist die Katzengöttin. Bei uns auf dem Hof eine alte Ägypterin gearbeitet. Die meinte diese Göttin sei uns besonders hold, weil wir relativ viele Katzen auf dem Hof hatten. Außerdem meinte sie, immer wenn unsere Mutter schwanger war, wären es noch mehr gewesen, denn Bastet habe sie beschützt. Ich weis natürlich nicht, ob das stimmt aber schaden kann es schließlich nicht."


    Dann ging er auf ihre letzte Frage ein.


    "Ein Schutzamulett kann sicher nicht schaden. Sicher finden wir eines auf dem Fremdenmarkt. Man kann da gar nicht vorsichtig genug sein. Aber wo wir gerade bei dem Thema sind: Meinst du Inhapy würde mir ein bisschen was von ihrem Wissen beibringen? Also nicht unbedingt wie man Kinder entbindet, aber zum Beispiel auf was man achten muss, und was es so für Salben und Mittel und sowas gibt. Dann kann ich sicher besser auf dich achtgeben."

  • "Wir könnten uns natürlich auch eine Katze beschaffen. Die sind ja auch so gut gegen Mäuse und Ratten. Vielleicht hilft das ja auch?"
    Wenn Bastet selber eine Katze war und ihr Katzen heilig waren, dann war es doch sicher nicht schlecht, eine zu besitzen? Penelope sah darin zumindest keinen Nachteil. Ab und an ein bisschen eine Katze zu füttern, damit sie bei einem blieb, konnte so schwer nicht sein. Und ihr hatte noch nie eine Katze etwas getan.
    Bei der Frage mit Inhapy musste sie aber die Stirne kurz runzeln. Warum wollte Ánthimos denn wissen, welche Kräuter man bei einer Geburt verwendete?
    "Nun, ich weiß nicht. Du kannst sie natürlich fragen. Aber bei einer Geburt haben Männer eigentlich nichts zu suchen. Ich weiß nicht, ob sie dir da dann Einblick in die Mysterien gewährt. Und ich hoffe mal, dass ich bis zur Geburt keine Kräuter mehr brauche.
    Aber wenn du einfach nur so lernen willst, was die Kräuter so machen, da hat sie sicher nichts dagegen. Nur bei der Geburt ist denke ich mit ihrer Freigiebigkeit Schluss, immerhin bist du ein Mann.
    "

  • "Bei der Geburt einer fremden Frau möchte ich auch gar nicht dabei sein." Er verzog das Gesicht. "Aber sie scheint sehr viel über Kräuter und über Heilkunst allgemein zu wissen. Ich hab mir eh schon überlegt, ob ich mal ins Museion gehe und etwas über die Heilkunst lerne. Ich meine ich weis viel über Muskeln, aber auch über Prellungen und Platzwunden, und das Museion ist bekannt für seine Heilkundigen."

  • Penelope nickte.
    "Ja, muss sie als Hebamme ja auch wissen. Es geht ja nicht nur um die Geburt, sondern auch das ganze drum herum. Und wenn es Schwierigkeiten gibt, muss sie das ja auch wissen, was sie dann tun muss.
    Interessiert dich das denn? Also, wie man heilt und so? Ich glaube, ich könnte das nicht. Das klingt vielleicht zimperlich, aber ich mag kein Blut. Ich schlachte noch nichtmal gerne eine Ente, ich glaube, bei einer offenen Wunde müsste ich mich ein wenig überwinden.
    "

  • "Ich bin da nicht so zimperlich. Ich hab mit 10 Jahren mein erstes Schaf geschlachtet. Mal ganz davon abgesehen dass bei meinem Sport nicht selten Blut fließt. Ja aber ich interessiere mich schon länger für die Heilkunst und die Anatomie. Ich habe früher schon oft Zeichnungen von Muskeln und Köperteilen gemacht. Leider sind sie alle verbrannt. Vielleicht geh ich wirklich mal ins Museion und frag ob die dort Hilfe brauchen."


    Anthi wackelte ein wenig mit dem Kopf.


    "Das mit der Katze ist eine gute Idee. Dan brauchen wir wohl gar keinen Tempel zu finden. Aber Hera sollten wir nicht vergessen."

  • Penelope war sich nicht ganz sicher, ob Hera und Isis nicht dieselbe Gottheit waren. Hera war immerhin die Frau von Zeus. Dieser war hier vereint mit Serapis. Und der wiederum war der Mann von Isis. Ein wenig verwirrend, wenn man es genau betrachtete, aber wer war sie, die göttliche Ordnung in Frage zu stellen? Und man konnte gar nicht zuviel opfern, wenn man etwas wünschte.
    "Ja, dann kannst du wirklich mal im Museion vorbeischauen. Oder auch Inhapy fragen. Oder beides. Das wäre doch sehr schön, wenn du dann eines Tages Gelehrter, Kosmetes und Gewinner bei Olympia bist. Was wir dann eines Tages alles unseren Enkeln erzählen können?"
    Penelope musste lächeln und lehnte sich dabei an Anthis Schulter an.

  • "Mit einer großen Musikerin und Gelehrten an meiner Seite. Da haben wir sicher einiges zu erzählen. Aber von unseren Anfängen dürfen wir ihnen nicht erzählen, sonst werden sie noch ebenso verdorben wie wir." Er grinzte schelmisch. "Aber ich werde Inhapy auf jeden Fall fragen. Ich meine ihr ist noch nie eine Frau gestorben. Sie weis sicher einiges was die Gelehrten nicht wissen, sich aber zu schade sind eine einfache ägyptische Hebamme um Rat zu fragen."

  • "Ja, da hab ich auch schon ein bisschen Angst davor.
    Als Penelope den fragenden Blick ihres Mannes bemerkte, musste sie verlegen lächeln.
    "Also, ich meinte die Gelehrten. Versteh mich nicht falsch. Ich bin sehr froh, wenn ich bei dir wohne, und wenn wir vielleicht genug Geld haben um richtig in Brucheion zu leben, weit weg von dem ganzen hier.
    Mit einer Handbewegung schloss sie ganz Rhakotis ein.
    "Aber ich will mich immer daran erinnern, wie es hier war. Nicht nur das schlechte. Ich möchte nicht mehr so blind sein wie früher. Ich glaube, ich habe viel gelernt, was ich nie gelernt hätte, wäre Großvater nicht geworden, wie er ist. Ich wäre ins Museion gegangen und hätte mein Leben unter Gelehrten verbracht, bin ich ganz sicher. Ich hätte Inhapy wohl nie kennen gelernt. Oder auch die ganzen anderen Leute, wie Kenamon von der Garküche.
    Penelope atmete einmal tief durch, als müsse sie ihre Gedanken ordnen.
    "Pan sollten wir auch noch opfern. Ich verdanke ihm so viel, mehr als ich je geglaubt hätte. Er ist auch kein Gott für Gelehrte, scheint mir aber manchmal der weiseste der Götter zu sein.

  • "Ja Rhakotis hat dich geprägt. Dieser Ort hat dich zu der Frau gemacht die ich liebe. Aber irgendwann werden wir Bantotakis sicher ein schönes Haus haben, und nicht mehr so nahe an Rhakotis wohnen."


    Er legte seinen Arm um sie.


    "Ja. Pan sollten wir auch noch opfern. Ich denke ihm haben wir einiges zu verdanken."

  • "Ich glaube, das ist das erste, was ich dir beibringe: Syrinx."
    Penelope schmiegte sich in seine Umarmung und genoss einfach seine Nähe. Inhapys drei kleinsten spielten keine zehn Schritt vor ihnen fangen mit ein paar Kindern aus der Nachbarschaft. Penelope fragte sich, wann wohl ihre Kinder ebenso spielen würden, mit aufgeschürften Knien, und sich gegenseitig jagten, bis ihr Lachen durch die Straßen hallte.
    "Außer natürlich, du willst das nicht lernen. Ich will dich ja nicht zwingen. Aber unsere Tochter wird da weniger Glück haben."

  • "Doch das werde ich mal probieren. Aber ich muss dich warnen, das könnte gefährlich für alle Beteiligten werden. Ich werde unserer Tochter Ringen und Faustkampf beibringen. Dann kann sie die kleinen Jungen verhauen, wenn die frech werden." Er grinste.


    "Ich hoffe ja sie kommt nach dir. Wen sie mehr nach mir kommt, werden die Männer nichts zu lachen haben." Prustete er los.

  • "Du kannst einem Mädchen doch nicht Boxen beibringen", lachte Penelope los. Manchmal kam Ánthimos auch auf die herrlichsten Ideen. Sie würde einem Jungen doch auch nicht beibringen, Wolle zu spinnen. Der Gedanke war schon irgendwie witzig.
    "Als nächstes bringst du es mir dann auch noch bei. Wobei, wenn ich so an heute morgen denke. So ein kleiner Ringkampf…"
    Sie neckte ihn leicht mit ihren Fingern und kitzelte ihn leicht am Bauch. Das machte sie gern, auch heute morgen.

  • Anthi hübfte ein bissen beiseite, er war ja schließlich kitzelig.


    "He, nicht kitzeln!" Meinte er gespielt vorwurfsvoll.


    "Ne dir bring ich da lieber nicht dabei. Sonst haust du mich noch fester als du das eh schon machst. Aber Übung im Ringen brauchst du nicht. Da legst du mich schon flott genug auf den Rücken."


    Anthi ignorierte einfach mal Penelopes Einwand, dass Mädchen nicht Boxen lernen sollten.

  • "Als ob du dich dagegen wehren würdest."
    Sie küsste ihn leicht und sanft und drückte ihn dabei ganz leicht nach hinten. Natürlich nicht genug, dass er sich wirklich hier auf die Treppe legen musste, aber genug für eine Andeutung.
    "Und hauen würd ich dich auch nie. Höchstens ein bisschen kratzen."
    Penelope merkte, wie ihr Gespräch in eine Richtung abglitt. Aber dafür war hier definitiv nicht der richtige Ort, und bis nach Hause war es ein gutes Stück.
    "Was meinst du, gibt es hier wohl irgendwo junge Katzen, die man einfach mitnehmen kann? Ich habe keine Ahnung, wann die groß genug sind, oder wie man das überhaupt mit ihnen macht. Ich hatte noch nie eine."

  • "Ich glaube da gehen wir am Besten auf den Markt. Dort werden eigentlich immer so ziemlich alle Tiere verkauft, die man sich so vorstellen kann. Da können wir dan auch gleich nach einem Schutzamulett schauen."


    Anthi stand auf un reichte Penelope seine Hand um ihr aufzuhelfen.

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